Urteil des OLG Dresden vom 13.03.2017

OLG Dresden: rechtliches gehör, ulcus ventriculi, diagnose, magengeschwür, wahrscheinlichkeit, medikament, befund, substantiierungslast, fachkenntnis, peritonitis

Leitsatz:
Es stellt einen Verfahrensfehler im Sinne von § 538 Abs. 1
Nr. 1 ZPO dar, wenn das Landgericht in Arzthaftungssachen
die Klage ohne vorherige Hinzuziehung eines medizinischen
Sachverständigen abweist. Im Arzthaftungsprozess darf das
Gericht nur maßvolle Anforderungen an die Darlegungs- und
Substantiierungslast des klagenden Patienten stellen, da
diesem typischerweise die nötige medizinische Fachkenntnis
fehlt. Der Patient darf sich daher auf den Vortrag beschrän-
ken, der die Vermutung behandlungsfehlerhaften Verhaltens
des Arztes gestattet. Das Gericht muss diesen Sachverhalt
dann "von Amts wegen" aufklären. Dabei darf es den medizini-
schen Sorgfaltsmaßstab regelmäßig nicht ohne gutachterliche
Beratung durch einen medizinischen Sachverständigen festle-
gen.
OLG Dresden, 4. Zivilsenat, Az.: 4 U 1704/09, Urteil vom
23.04.2010
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Oberlandesgericht
Dresden
4. Zivilsenat
Aktenzeichen: 4 U 1704/09
4 O 164/09 LG Chemnitz
Verkündet am 23.04.2010
Die Urkundsbeamtin:
Bachmann
Justizobersekretärin
IM
URTEIL
In dem Rechtsstreit
xxx
Kläger und Berufungskläger
Prozessbevollmächtigte: xxx
gegen
xxx
Beklagter und Berufungsbeklagter
Prozessbevollmächtigte: xxx
wegen Schadensersatz und Schmerzensgeld
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hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden im
schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO, in dem
Schriftsätze bis zum 12.04.2010 eingereicht werden konnten,
durch
Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Möhring,
Richter am Oberlandesgericht Hörner und
Richter am Oberlandesgericht Schlüter
für Recht erkannt:
1. Auf die Berufung des Klägers wird das am 30.09.2009 ver-
kündete Urteil des Landgerichts Chemnitz, Az.: 4 O
164/09, einschließlich des ihm zu Grunde liegenden Ver-
fahrens aufgehoben.
2. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung,
auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das
Landgericht zurückverwiesen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
5. Der
Streitwert
für
das
Berufungsverfahren
beträgt
28.998,50 EUR.
G r ü n d e :
I.
Der Kläger nimmt den Beklagten auf Schadenersatz, Schmer-
zensgeld und die Erstattung vorprozessualer Rechtsanwalts-
kosten wegen eines von diesem nicht erkannten Ulcus ventri-
culi (Magengeschwüres) in Anspruch. Er ist der Ansicht, dem
Beklagten seien sowohl ein Diagnose- als auch ein Befunder-
hebungsfehler vorzuwerfen. Die Verschreibung des Schmerzmit-
tels Diclofenac 75 über einen Zeitraum von annähernd zwei
Wochen (22.11. bis 5.12.2005) sei kontraindiziert und be-
handlungsfehlerhaft gewesen. Es wird im Übrigen auf den Tat-
bestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Das Land-
gericht hat die Klage ohne Beweiserhebung abgewiesen. Ein
Diagnosefehler könne dem Beklagten nicht vorgeworfen werden,
weil der Kläger auch an dem vom Beklagten diagnostizierten
Lumbalsyndrom gelitten habe. Für weitere Maßnahmen habe kei-
ne Veranlassung bestanden, auch die Medikation sei unter Be-
achtung der Diagnose arthrotischer Veränderungen sachgerecht
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und nicht kontraindiziert gewesen. Mit der form- und frist-
gerecht eingelegten Berufung macht der Kläger geltend, das
Landgericht habe die Einholung eines Sachverständigengutach-
tens verabsäumt und ohne hinreichende Beweisgrundlage das
Vorliegen eines Diagnosefehlers verneint. Das Gutachten des
Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK), auf das es
sich bezogen habe, sei in weiten Teilen unbrauchbar und kön-
ne keine Grundlage für die Entscheidungsfindung sein. Der
Frage, ob die Verabreichung des Medikamentes Diclofenac über
einen längeren Zeitraum kontraindiziert gewesen sei, sei das
Landgericht gleichfalls nicht nachgegangen.
Er beantragt,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Beklagte
zur Zahlung von 3.998,50 sowie zur Zahlung von weiteren
25.000,00 EUR und Erstattung vorgerichtlicher Kosten in
Höhe von 1.196,43 EUR nebst Zinsen in Höhe von jeweils
5 % über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 25.6.2008
zu verurteilen.
Hilfsweise beantragt er,
das am 30.09.2009 verkündete Urteil des Landgerichts
Chemnitz, Az.: 4 O 164/09, einschließlich des ihm zu
Grunde liegenden Verfahrens aufzuheben und die Sache
zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Land-
gericht zurückzuverweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er nimmt Bezug auf sein erstinstanzliches Vorbringen und
vertritt die Auffassung, weil der Kläger kein Symptom darge-
legt hätte, das ihm Veranlassung hätte geben müssen, ein Ma-
gengeschwür in Betracht zu ziehen, sei das Landgericht be-
rechtigt gewesen, ausnahmsweise ohne Einholung eines Sach-
verständigengutachtens zu entscheiden.
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Zur Ergänzung des Parteivorbringens wird auf die wechselsei-
tigen Schriftsätze Bezug genommen. Die Parteien haben Ein-
verständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfah-
ren erklärt.
II.
Die Berufung ist zulässig und hat im Sinne der Aufhebung und
Zurückverweisung Erfolg.
Das Urteil beruht auf einem Verfahrensfehler im Sinne des
§ 538 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, der eine aufwändige Beweiserhebung
erfordert. Das Landgericht hat mit der Annahme, dass die
Klage ohne vorherige Hinzuziehung eines medizinischen Sach-
verständigen abgewiesen werden dürfe, die besonderen prozes-
sualen Grundsätze für Arzthaftungssachen verkannt. Darin
liegt zugleich eine Verletzung des Anspruchs des Klägers auf
rechtliches Gehör gem. Art. 103 Abs. 1 GG. Im Arzthaftungs-
prozess darf das Gericht nämlich nur maßvolle Anforderungen
an die Darlegungs- und Substantiierungslast des klagenden
Patienten stellen, da diesem typischerweise die nötige medi-
zinische Fachkenntnis fehlt (allg. Auffassung, vgl. nur
Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 6. Aufl., E Rn 2.). Die
Partei darf sich daher auf Vortrag beschränken, der die Ver-
mutung behandlungsfehlerhaften Verhaltens des Arztes gestat-
tet. Das Gericht muss diesen Sachverhalt dann "von Amts we-
gen" aufklären. Dabei darf es den medizinischen Sorgfalts-
maßstab regelmäßig nicht ohne gutachterliche Beratung durch
einen medizinischen Sachverständigen festlegen (s. BGH VersR
2008, 1216; VersR 2002, 480; NJW 1995, S. 776; OLG Branden-
burg OLGR 2005, 489; Geiß/Greiner, aaO., E Rn 6). Diesen
Vorgaben hat das Landgericht nicht entsprochen.
1. Ohne Fehler in der Beweiserhebung ist es allerdings davon
ausgegangen, dass der Kläger dem Beklagten bei seinen
Vorsprachen im November und Dezember 2005 nur diejenigen
Beschwerden mitteilte, die auch in der Behandlungskartei
(Anlage, Klarsichtfolie) verzeichnet sind, mithin bewe-
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gungsabhängige Rückenschmerzen "manchmal rechts bis in
den Bauch ziehend" sowie eine Seitneigestörung mit
Schmerz paravertebral, nicht hingegen Schmerzen im Ober-
bauch, ausgebliebenen Stuhlgang, Übelkeit oder Brechreiz.
Der Kläger selbst hat seine entgegenstehende Behauptung
im Termin vom 19.8.2009 revidiert und ausgesagt, er könne
heute nicht mehr sagen, ob er derartige Beschwerden auch
dem Beklagten gegenüber angegeben habe. Unabhängig davon,
dass er damit für derartige Angaben beweisfällig bleibt,
begründet die Dokumentation eines Anamnesegespräches in
den Behandlungsunterlagen auch eine gewisse Wahrschein-
lichkeit dafür, dass es ein Gespräch mit diesem Inhalt
gegeben hat; dies auch mit Rücksicht darauf, dass aus
vielerlei verständlichen Gründen sich die Patienten im
Nachhinein an den gesamten Inhalt eines solchen Gesprä-
ches nicht mehr erinnern (vgl. BGH NJW 1985, 1399; Senat,
Beschluss vom 24.11.2006 – 4 U 1299/06 - zum Aufklärungs-
gespräch).
2. Keinen Bedenken begegnet auch die Ablehnung eines funda-
mentalen Diagnosefehlers durch das Landgericht. Denn un-
streitig litt und leidet der Kläger an einem Lumbal-
syndrom mit Steilstellung im sagittalen Strahlengang und
erheblichen osteochondrotischen und spondylarthrotischen
Veränderungen, die die vom Beklagten angestellte Diagnose
rechtfertigten. Anderes behauptet auch die Berufung
nicht. Der vom Kläger aufgestellte Vorwurf eines Behand-
lungsfehlers geht allerdings auch nicht in erster Linie
dahin, der Beklagte habe in unvertretbarer Weise seinen
ulcus als Lumbalsyndrom fehlgedeutet. Der Kläger behaup-
tet vielmehr, der Beklagte habe es versäumt, durch wei-
tergehende Differentialdiagnosen das dahinterliegende und
durch die Rückenprobleme verdeckte Krankheitsbild eines
Magengeschwüres rechtzeitig zu diagnostizieren. Ein sol-
ches Unterlassen stellt, wäre es dem Beklagten vorzuwer-
fen, in erster Linie einen Befunderhebungsfehler dar.
Sieht ein Arzt von einer unzutreffenden Diagnose ausge-
hend von weiteren Befunderhebungen ab, kommt es für die
Abgrenzung zwischen Befunderhebungs- und Diagnosefehler
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nämlich im Rahmen einer Schwerpunktbetrachtung darauf an,
ob der Schwerpunkt des vorwerfbaren Verhaltens in der
fehlerhaften Diagnose oder in der unterlassenen Erhebung
weiterer Befunde zur Absicherung der Diagnose liegt (vgl.
OLG Schleswig, OLGR 2009, 296; KG GesR 2004, 136; Mar-
tis/Winkhart, Arzthaftungsrecht, 2. Aufl. S. 809 ff
m.w.N.). So liegt der Fall auch hier.
3. Dem Vorwurf eines Befunderhebungsfehlers ist das Landge-
richt allerdings fehlerhaft nicht weiter nachgegangen,
obwohl die Behandlungsunterlagen und der Vortrag des Klä-
gers hierzu Veranlassung geboten hätten. Unstreitig ist
dem Kläger seit dem 22.11.2005 bis zur Einweisung in das
Klinikum xxxx das Medikament Diclofenac 75 verordnet wor-
den, bei dem es sich um ein entzündungshemmendes Medika-
ment mit schmerzstillender Funktion handelt. Aus den Be-
handlungsunterlagen ist weiterhin ersichtlich, dass die
Behandlung mit diesem Medikament nicht anschlug, die
Schmerzen des Klägers sich vielmehr mit jeder Behandlung
noch weiter steigerten. Dies legt die auch vom Kläger
aufgeworfene Frage nahe, ob die fehlende Wirkung dieses
Medikaments dem Beklagten nicht zeitnah, d.h. vor dem
5.12.2005 hätte Veranlassung sein müssen, auch ein Magen-
geschwür als Verdachtsbefund anzunehmen und eine entspre-
chende Differentialdiagnostik in die Wege zu leiten. In
diesem Zusammenhang wäre auch sachverständig abzuklären
gewesen, ob die erheblichen und in den Behandlungsunter-
lagen dokumentierten Vorerkrankungen des Klägers nicht
ebenfalls Hinweise auf die Möglichkeit einer derartigen
Erkrankung hätten geben oder hierfür als Risikofaktoren
in Betracht kommen können. So litt der Kläger an einer
Hyperlipoproteinämie, einer Steatose, wohl auch zeitwei-
lige an Alkoholabusus (vgl. den Bericht der Dipl. med
xxxx vom 7.12.2004, Behandlungsunterlagen), einer "alter-
suntypischen Arteriosklerose der Karotiden" (BB des
Dipl.med xxxx vom 25.5.2005) und Bluthochdruck. Schließ-
lich hat der Kläger auch nach der Behandlungsdokumentati-
on und der Anhörung des Beklagten zumindest am 5.12.2005
angegeben, an "bewegungsabhängigen Schmerzen rechts, bis
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in den Bauch ziehend" zu leiden. Auch war er an diesem
Tag sehr blass, was den Beklagten zu der Notierung "Anä-
mie" veranlasste, nicht hingegen primär auf ein Lumbal-
syndrom hinwies. Ob und gfs. ab welchem Zeitpunkt sich
aus der unstreitigen Unwirksamkeit des Medikaments gfs.
in Verbindung mit diesen von dem Kläger geschilderten Be-
schwerden und seinen Vorerkrankungen die Notwendigkeit
weiterer Differentialdiagnosen ergab, hätte das Landge-
richt nicht ohne Einholung eines internistischen Sachver-
ständigengutachtens entscheiden dürfen. Hiervon durfte es
auch nicht im Hinblick darauf absehen, dass der Beklagte
am 28.11.2005 die Anfertigung einer Röntgenaufnahme ver-
anlasst und den Kläger noch am 5.12.2005 zur weiteren Ab-
klärung zum Orthopäden überwies, handelte es sich hierbei
doch ausschließlich um Maßnahmen, die der weiteren Diffe-
rentialdiagnostik im orthopädischen Bereich dienten,
nicht jedoch die Aufdeckung einer internistischen Erkran-
kung möglich gemacht hätten.
4. Der Notwendigkeit weitergehender Beweiserhebung war das
Landgericht auch nicht wegen des vom Kläger als Anlage
K 2 vorgelegten Gutachtens des MDK vom 18.4.2007 entho-
ben, das zu dem Ergebnis gelangte, die Befundlage sei
nicht ausreichend, um den Vorwurf einer Sorgfaltpflicht-
verletzung zu bestätigen, weil der Kläger die typischen
Symptome eines ulcus wie krampfartige Bauchschmerzen nach
der Nahrungsaufnahme, Sodbrennen und Erbrechen sowie eine
brettharte Bauchdecke im Sinne einer Peritonitis nicht
angegeben habe. Zu den o.a. Fragen nimmt dieses - im Üb-
rigen recht knapp begründete - Gutachten jedoch keine
Stellung. Keine Stellungnahme findet sich auch zu der
Frage, ob die Verordnung des Medikamentes Diclofenac über
einen Zeitraum von mehreren Wochen angesichts der Vorer-
krankungen des Klägers, die sich zwar nicht auf den Ma-
gen, jedoch auf Leber und Nieren bezogen, möglicherweise
für sich genommen behandlungsfehlerhaft war, wie dies der
Kläger behauptet hat und ob der Beklagte hierdurch gfs.
gegen eindeutig bewährte ärztliche Behandlungsregeln ver-
stoßen und einen Fehler begangen hat, der aus objektiver
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Sicht nicht mehr verständlich erscheint, weil er einem
praktischen Arzt schlechterdings nicht unterlaufen darf.
Nach der Rechtsprechung des BGH darf der Tatrichter bei
Vorliegen eines medizinischen Gutachtens aus dem voraus-
gegangenen Verfahren ärztlicher Schlichtungsstellen oder
des MDK aber nur dann von der Einholung eines medizini-
schen Sachverständigengutachten absehen, wenn eine Ver-
wertung des Vorgutachtens im Wege des Urkundsbeweises al-
le Fragen abschließend beantwortet (BGH VersR 2008, 1216;
vgl. VersR 1993, 749; OLG Bremen OLGR 2001, 398; vgl.
auch OLG Köln VersR 1990, 311).
5. Auf diesem verfahrensfehlerhaften Übergehen des Sachvor-
trages des Klägers und der Unterlassung der Einholung ei-
nes Sachverständigengutachtens beruht auch das angefoch-
tene Urteil. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass
das Landgericht bei Durchführung einer Beweisaufnahme zu
einem anderen Ergebnis gelangt wäre. Aufgrund dieses Ver-
fahrensmangels wird eine umfangreiche und aufwändige Be-
weisaufnahme erforderlich. Zu dem von Klägerseite erhobe-
nen Vorwurf eines Befunderhebungsfehlers ist die Einho-
lung eines Sachverständigengutachtens geboten. Diese Be-
weisaufnahme ist auch als umfangreich anzusehen. Zwar ist
das Beweisthema vergleichsweise überschaubar. Nach der
Erfahrung des Senats ist es jedoch regelmäßig nicht al-
lein mit der Einholung eines schriftlichen Gutachtens
durch den Sachverständigen getan, vielmehr wird zumeist
eine ergänzende Befragung des gerichtlichen Sachverstän-
digen zu den von den Parteien in ihren Stellungnahmen
aufgeworfenen Fragestellungen sowie gegebenenfalls auch
eine mündliche Erläuterung des Gutachtens durch den Sach-
verständigen im Termin zur mündlichen Verhandlung erfor-
derlich.
6. Für das weitere Verfahren weist der Senat noch auf Fol-
gendes hin:
Auch wenn sich im Anschluss an dieses Gutachten und inso-
fern in Übereinstimmung mit dem Gutachten des MDK kein
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grober Befunderhebungsfehler des Beklagten ergeben soll-
te, kommt eine Beweislastumkehr für den Primärschäden,
d.h. hier den Durchbruch des Ulcus mit den unmittelbar
hiermit in Zusammenhang stehenden Folgeschäden (Sepsis,
Peritonitis, Begleitpankreatitis und Multiorganversagen)
bei einem einfachen Befunderhebungsfehler nach ständiger
Rechtsprechung (grundlegend BGH VersR 2004, 909) dann in
Betracht, wenn der Befund mit hinreichender Wahrschein-
lichkeit ein reaktionspflichtiges Ergebnis gehabt hätte
und zugleich auf einen groben Behandlungsfehler zu
schließen gewesen wäre, weil sich bei der unterlassenen
Abklärung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein so
deutlicher und gravierender Befund ergeben hätte, dass
sich dessen Verkennung als fundamental oder die Nichtre-
aktion auf ihn als grob fehlerhaft darstellen würde. Ob
und gfs. mit welcher weiteren Differentialdiagnostik das
Magengeschwür noch vor dessen Durchbruch hätte entdeckt
werden können, bedarf dann gfs. weiterer sachverständiger
Aufklärung, während auf der Hand liegt, dass ein derarti-
ges Magengeschwür schon wegen der Gefahr des Durchbruches
durch die Magenwand ein reaktionspflichtiger Befund gewe-
sen wäre.
III.
Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung des Landge-
richts vorbehalten. Die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713
ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgrün-
de im Sinne des § 543 ZPO nicht bestehen. Die Festsetzung
des Streitwertes folgt den gestellten Anträgen.
Möhring
Hörner
Schlüter