Urteil des OLG Dresden vom 13.03.2017

OLG Dresden: treu und glauben, abrechnung, vorzeitige rückgabe, fahrzeug, leasingnehmer, verkehrswert, kündigung, beendigung, einstandspreis, verkaufswert

Leitsätze:
1. Geschäftsbedingungen des Leasinggebers in einem Kilome-
terabrechnungsvertrag, die für den Fall vorzeitiger Ver-
tragsbeendigung wegen Zahlungsverzuges eine Abrechnung
nach Restwertgrundsätzen gestatten sowie näher ausformen,
sind unabhängig davon, ob sie einbezogen und transparent
ausgestaltet sind (§§ 305c Abs. 1, 307 Abs. 1 Satz 2
i.V.m. Satz 1 BGB), jedenfalls gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1,
Abs. 2 Nr. 1 BGB wegen unangemessener Benachteiligung des
Leasingnehmers unwirksam, wenn der mit einem festen Pro-
zentsatz des benannten "Einstandspreises" vorgegebene
Restwert, an den die Berechnung des Kündigungsschadens
anknüpft, hinter dem hypothetischen objektiven Fahrzeug-
wert bei regulärem Vertragsende zurückbleibt.
2. Den vertraglich vereinbarten Mehrkilometerausgleich kann
der Leasinggeber auch bei vorzeitiger Vertragsbeendigung
verlangen, wenn und soweit die festgelegte Gesamtlauf-
leistung bereits überschritten ist. Der Ausgleich muss
dann allerdings im Rahmen der Berechnung des Nichterfül-
lungsschadens berücksichtigt werden, indem bei der Be-
stimmung des Fahrzeugwertes im Rückgabezeitpunkt nicht
die tatsächliche, sondern eine um die gesondert auszu-
gleichenden
Mehrkilometer
verminderte
Laufleistung
zugrunde gelegt wird.
OLG Dresden, Urteil vom 09.02.2007 - 8 U 2197/06
2
Oberlandesgericht
Dresden
Aktenzeichen: 8 U 2197/06
1 O 172/06 LG Chemnitz
Verkündet am 09.02.2007
Die Urkundsbeamtin:
Schwarze
Justizobersekretärin
IM
URTEIL
In dem Rechtsstreit
Leasing GmbH
vertr. d. d. Geschäftsführer und ,
,
-Klägerin/Berufungsklägerin-
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt
,
gegen
-Beklagter/Berufungsbeklagter-
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin ,
,
wegen Forderung aus Leasingvertrag
3
hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden auf-
grund der mündlichen Verhandlung vom 07.02.2007 durch
Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Häfner,
Richter am Oberlandesgericht Bokern und
Richter am Amtsgericht Römmelt
für Recht erkannt:
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Einzel-
richters der 1. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz vom
27.10.2006 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt
neu gefasst:
Der
Beklagte
wird
verurteilt,
an
die
Klägerin
2.462,17 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozent-
punkten über dem Basiszins aus 1.104,33 EUR seit dem
19.03.2005, aus 1.163,35 EUR seit dem 14.02.2006 und
aus 194,49 EUR seit dem 07.02.2007 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des ersten Rechtszuges trägt die Klägerin zu
82 %, der Beklagte zu 18 %. Die Kosten des Berufungsver-
fahrens fallen der Klägerin zu 73 %, dem Beklagten zu
27 % zur Last.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
G r ü n d e :
I.
Die Klägerin verlangt aus einem gewerblichen, wegen Zah-
lungsverzuges
wirksam
vorzeitig
gekündigten
Pkw-
Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung rückständige Leasing-
raten und Schadensersatz. Das Landgericht hat die ursprüng-
lich auf Zahlung von 13.927,51 EUR gerichtet gewesene Klage
mit Urteil vom 27.10.2006, auf das wegen der Einzelheiten
verwiesen wird, abgewiesen.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren
in einem Umfang von noch 9.103,89 EUR nebst Zinsen weiter.
Darin sind enthalten unbezahlte Leasingraten (1.104,33 EUR),
hälftige Gutachterkosten (57,69 EUR) und ein Nichterfül-
4
lungsschaden, den die Klägerin nunmehr auf 7.941,87 EUR be-
ziffert. Dieser Betrag ergibt sich nach ihrer Darstellung,
wenn
von
dem
Nettobarwert
der
restlichen
Leasingraten
(1.605,66 EUR) und dem mutmaßlichen Verkaufserlös zum regu-
lären Vertragsende (18.620,69 EUR) der tatsächliche, nach
ihrer Ansicht den Verkehrswert abbildende Verkaufserlös
(12.284,48 EUR) abgezogen wird. Den fiktiven Verkehrswert
zum Vertragsende bei durchschnittlichem Erhaltungszustand
und Einhaltung der vereinbarten Laufleistung habe sie entge-
gen der Ansicht des Landgerichts bereits auf Seite 7 der An-
spruchsbegründung vorgetragen und unter Beweis gestellt. Ihr
damaliger Vortrag zur Höhe dieses Wertes (23.751,27 EUR)
könne allerdings nicht mehr vollständig aufrechterhalten
werden. Das - erstmals im Berufungsverfahren vorgelegte -
Schreiben der DEKRA vom 12.06.2006 (Anlage K 13) belege
vielmehr einen fiktiven Verkehrswert von lediglich noch
18.620,69 EUR.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Die
Richtigkeit der Bewertung(en) in der DEKRA-Stellungnahme vom
12.06.2006 stellt er nicht in Abrede; die Vorlage dieses
Schreibens sei jedoch verspätet.
II.
Die zulässige Berufung ist überwiegend unbegründet.
1. Im Umfang von 1.104,33 EUR brutto hat das Rechtsmittel
allerdings ohne weiteres Erfolg.
Der Beklagte schuldet diesen Betrag unmittelbar vertrag-
lich in Gestalt rückständiger Leasingraten (Juni 2004 und
01.-13.01.2005); für die ein oder zwei Tage zwischen Zu-
gang des Kündigungsschreibens vom 10.01.2005 und Rückgabe
des Fahrzeuges am 13.01.2005 ergibt sich der anteilige
Anspruch dabei aus § 546a Abs. 1 BGB (ebenfalls brutto;
vgl. BGHZ 107, 123 zu § 557 Abs. 1 BGB a.F.). Die Auffas-
sung des Landgerichts, dieser Betrag könne der Klägerin
nicht zugesprochen werden, weil die abzuziehende mögliche
5
Wertdifferenz zum hypothetischen Fahrzeugwert mangels
Darlegungen der Klägerin unbekannt sei, trifft nicht zu.
Schon die Ausgangsüberlegung ist verfehlt. Gleichgültig,
wie hoch im Rahmen der Schadensberechnung ein etwaiger
Wertdifferenzvorteil ausfällt, ist dieser keinesfalls auf
den vertraglichen Erfüllungsanspruch der Klägerin anzu-
rechnen.
2. Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung steht der
Klägerin ein zusätzlicher vertraglicher Anspruch i.H.v.
194,49 EUR zu.
a) Dahinter verbirgt sich der vertraglich vereinbarte
Ausgleich
für
gefahrene
Mehrkilometer
i.H.v.
19,25 Pf/km brutto. Die Parteien haben eine Gesamt-
laufleistung von 60.000 km (4 Jahre à 15.000 km) ver-
einbart. Bei Rückgabe am 13.01.2005 wies der vom Be-
klagten übernommene Vorführwagen BMW 730d einen Kilo-
meterstand von 69.976 auf (Anlage B 2). Bei Übernahme
am 29.03.2001 hatte der Tacho des am 17.10.2000 auf
den ausliefernden Händler erstmals zugelassenen Fahr-
zeugs - entsprechend der Darstellung des Beklagten,
der die darlegungsbelastete Klägerin nicht widerspro-
chen hat - etwa 6.000 km bis 8.000 km angezeigt. Die
damit sicher feststellbare Überschreitung der verein-
barten Laufleistung um 1.976 km ergibt einen Aus-
gleichsanspruch von 194,49 EUR.
b) Den Anspruch auf Mehrkilometerausgleich hat die Kläge-
rin im Prozess zwar zunächst nicht geltend gemacht.
Grund hierfür dürfte gewesen sein, dass sie aufgrund
der unter II 3 a aa wiedergegebenen Regelung im letz-
ten Satz der Ziff. 2 des Leasingvertrages angenommen
hat, einen solchen Anspruch nicht gesondert geltend
machen zu können. Wenn es ihr aber - nach richtiger
Ansicht - verwehrt ist, bei der Abrechnung des vorzei-
tig beendeten Kilometerabrechnungsvertrages auf die
Restwertabrechnung umzuschwenken, spricht nichts dage-
gen, ihr den vertraglich vorgesehenen Mehrkilometer-
6
ausgleich jedenfalls insoweit zuzubilligen, als die
für die reguläre Vertragsdauer vorgesehene Gesamtlauf-
leistung bereits überschritten ist (was bei vorzeiti-
ger Beendigung in der Regel nicht der Fall sein wird).
Allerdings muss dieser Ausgleich dann bei der Berech-
nung des Nichterfüllungsschadens berücksichtigt wer-
den, indem im Rahmen der Ermittlung des - für den et-
waigen
Wertdifferenzvorteilsausgleich
bedeutsamen -
Fahrzeugwertes bei Rückgabe eine um die gesondert aus-
zugleichenden
Mehrkilometer
reduzierte
Laufleistung
zugrunde gelegt wird.
Auf diesen von allen Beteiligten zunächst übersehenen,
aber zur angestrebten vollständigen Abrechnung der An-
sprüche der Klägerin dazugehörenden Gesichtspunkt hat
der Senat in der mündlichen Verhandlung hingewiesen.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat anschlie-
ßend zu erkennen gegeben, dass sich die Klägerin auf
den vertraglichen Mehrkilometerausgleich stütze; der
Beklagte seinerseits hat insoweit keine Einwendungen
erhoben.
3. Der Klägerin steht darüber hinaus nur ein Schadensersatz-
anspruch i.H.v. 1.163,35 EUR zu.
a) Im Ergebnis, wenn auch nicht in allen Teilen der Be-
gründung hat das Landgericht zu Recht angenommen, dass
der Klägerin eine Abrechnung nach Restwertgrundsätzen
versagt ist.
aa) Allerdings hat das Landgericht übersehen, jeden-
falls nicht erörtert, dass sich Regelungen zum
Kündigungsschaden und dessen Berechnung - anders
als in den bislang vom Bundesgerichtshof und dem
Senat unter dem Gesichtspunkt überraschender Klau-
seln
entschiedenen
Fällen -
nicht
nur
in
Ziff. XV.1
der
Allgemeinen
Geschäftsbedingungen
(AGB) der Klägerin finden. Vielmehr enthält das
Leasingantragsformular selbst auf Seite 2 unter
7
Ziff. 2 vor der Unterschrift des Beklagten folgen-
de Bestimmungen:
"Bei vorzeitiger Vertragsbeendigung durch eine
vom
Leasingnehmer
zu
vertretende
außerordentliche Kündigung gemäß Abschnitt XIV
Ziff. 2 oder 3 bzw. Abschnitt X 6 der AGB wird
der
Ablösewert
durch
Abzinsung
der
um
3%
ersparter
laufzeitabhängiger
Gemeinkosten
reduzierten
Restleasingraten
und
des
kalkulierten Restwerts (netto) ermittelt...
Der kalkulierte Restwert wird vom Leasingnehmer
bei der Vertragsart mit Kilometer-Abrechnung nur
für den Fall einer vorzeitigen Vertragsbeendi-
gung gemäß Abs. 1 mit 42,00 % vom Einstandspreis
(netto) garantiert, da in diesem Fall keine Ki-
lometer-Abrechnung erfolgen kann."
bb) Dennoch kann die Klägerin nicht nach Restwert-
grundsätzen abrechnen. Selbst wenn das auf die Er-
mittlung des zu ersetzenden Kündigungsschadens be-
zogene Klauselwerk der Klägerin - um solches han-
delt es sich auch bei den zuletzt zitierten Rege-
lungen -
insgesamt
weder
überraschend
noch
intransparent sein sollte (vgl. hierzu etwa BGH
NJW 2004, 2823 unter II 2 a aa; BGH WM 1995, 438
unter II 1), hält es jedenfalls einer Inhaltskon-
trolle gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB
(§ 9 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 AGBG a.F.) nicht stand.
Die dem Beklagten gestellte "zentrale" Bedingung,
für den Fall einer vorzeitigen Vertragsbeendigung
einen Restwert von 42 % des Einstandspreises zu
garantieren und zu akzeptieren, dass dies der Er-
mittlung des Ablösewertes zugrunde gelegt wird,
benachteiligt den Beklagten entgegen den Geboten
von Treu und Glauben unangemessen. Sie kann dazu
führen, dass die Klägerin bei vorzeitiger Kündi-
gung insgesamt deutlich mehr an Zahlungen verlan-
gen kann, als der Leasingnehmer bei ordentlicher
Beendigung schulden würde. Das zeigt gerade der
vorliegende Fall in aller Deutlichkeit. Wäre es
nicht zur Kündigung kurz vor Vertragsablauf gekom-
8
men, hätte die Klägerin - abgesehen von den in
diesem Zusammenhang nicht interessierenden rück-
ständigen Raten - lediglich die wenigen restlichen
Leasingraten, den Mehrkilometerausgleich und einen
gewissen Ersatz für (behauptete) Schäden am Fahr-
zeug verlangen können; das Restwertrisiko verblie-
be bei ihr. Demgegenüber bewirkt die Umstellung
auf die Restwertabrechnung, dass die Klägerin mit-
telbar sicherstellt, 42 % des Einstandspreises als
"Restwert" vom Leasingnehmer zu erlangen. Diese
intern kalkulierten 42 % können, zumal sie auf den
- offenbar den Listenpreis eines entsprechenden
Neuwagens
darstellenden -
"Einstandspreis"
(110.603,46 DM netto) und nicht auf den im Hin-
blick auf die vorherige Nutzung als Vorführwagen
deutlich
geringer
veranschlagten
"Vertragswert"
(91.105,34 DM netto) bezogen sind, den realisti-
schen hypothetischen Restwert spürbar übersteigen.
Dabei handelt es sich keineswegs um eine bloß the-
oretische Möglichkeit. Vielmehr bestätigen die ei-
genen aktuellen Darlegungen der Klägerin, dass ih-
re
Kalkulation
des
Restwertes
(umgerechnet
23.751,27 EUR) objektiv beträchtlich überhöht war.
Die von ihr nunmehr vorgelegte Stellungnahme der
DEKRA vom 12.06.2006 ergibt als hypothetischen
Händlereinkaufs- bzw. -verkaufswert lediglich Be-
träge von 15.387,93 EUR bzw. 18.620,69 EUR. Selbst
der
letztgenannte
Wert
bleibt
mehr
als
5.000,00 EUR hinter dem kalkulierten Restwert zu-
rück. War die Kalkulation hingegen, worauf die in
Kündigungsfällen regelmäßige Verwertungspraxis der
Klägerin hindeuten könnte, auf den Händlerein-
kaufswert ausgerichtet, beträgt die Differenz gar
8.363,34 EUR (= 23.751,27 EUR - 15.387,93 EUR).
Diese signifikante Fehlkalkulation wäre bei ord-
nungsgemäßer Vertragsbeendigung im Verhältnis der
Vertragsparteien nicht dem Leasingnehmer, sondern
ausschließlich der Klägerin - mittelbar dann al-
lerdings dem rückkaufverpflichteten Vertragshänd-
9
ler - zur Last gefallen. Sich durch formularmäßige
Regelung von diesem selbst heraufbeschworenen, ri-
sikoverteilungstypischen Nachteil für den Fall zu
befreien, dass es zur vorzeitigen Kündigung kommt,
übersteigt ihr reguläres Erfüllungsinteresse und
benachteiligt
den
Beklagten
unangemessen.
Die
Rückkaufvereinbarung, die sie mit dem Händler für
den Fall der ordnungsgemäßen Beendigung getroffen
hatte, ändert hieran schon deshalb nichts, weil
eine Rückkaufverpflichtung des Händlers auch bei
konkreter Schadensberechnung nicht zu berücksich-
tigen ist (BGH NJW 2004, 1823 unter II 2 a bb).
b) Die Klägerin ist deshalb gehalten, ihren ersatzfähigen
Nichterfüllungsschaden nach den vom Landgericht zu-
treffend dargestellten Grundsätzen, die nach höchst-
richterlicher, vom Senat in ständiger Praxis geteilter
Rechtsprechung für die Abrechnung vorzeitig beendeter
Kilometerabrechnungsverträge gelten (grundlegend OLG
Celle NJW-RR 1994, 743, 744, gebilligt in BGH WM 1995,
438 unter II 2; BGH NJW 2004, 2823 unter II 2 a bb
m.w.N.), konkret darzulegen und ggf. zu beweisen. Dies
ist ihr nur i.H.v. 1.163,35 EUR gelungen.
aa) In einem Punkt ist die neue Schadensberechung be-
reits teilweise unschlüssig.
Während sie für den tatsächlichen Fahrzeugwert bei
Rückgabe am 13.01.2005 auf den im DEKRA-Gutachten
vom 18.01.2005 (Anlagen K 5, K 11) ermittelten
Nettohändlereinkaufswert
von
12.284,48 EUR
ab-
stellt, zieht sie als Vergleichsgröße des mutmaß-
lichen Fahrzeugwertes bei regulärem Vertragsablauf
am 29.03.2005 und Einhaltung einer Laufleistung
von 60.000 km den in der DEKRA-Stellungnahme vom
12.06.2006
mitgeteilten
Nettohändlerverkaufswert
von 18.620,69 EUR heran. Verglichen werden müssen
dagegen einheitlich entweder die Einkaufs- oder
die Verkaufsnotierungen. Hebt man, weil an sich
10
dem objektiven Verkehrswert näher kommend, auf die
Händlerverkaufswerte ab, schrumpft der im Ansatz
als ersatzfähig in Betracht kommende Schaden in
diesem Punkt von 6.336,21 EUR (= 18.620,69 EUR -
12.284,48 EUR; im Berufungsverfahren geltend ge-
macht)
auf
3.448,28 EUR
(=
18.620,69 EUR
-
15.172,41 EUR). Stellt man dagegen, der ansonsten
in Kündigungsfällen praktizierten Abrechnung der
Klägerin
entsprechend,
die
Händlereinkaufswerte
gegenüber,
beträgt
dieser
Schaden
sogar
nur
3.103,45 EUR (= 15.387,93 EUR - 12.284,48 EUR).
Im Übrigen befremdet es, dass die Prozessbevoll-
mächtigten der Klägerin die von ihnen außerge-
richtlich angeforderte Wertmitteilung der DEKRA
vom 12.06.2006 am selben Tag vorliegen hatten, sie
die daraus gewonnenen Erkenntnisse aber in nach-
folgenden Schriftsätzen gegenüber dem Landgericht
verschwiegen und stattdessen weiterhin an der fal-
schen Behauptung eines hypothetischen Fahrzeugwer-
tes von 23.751,27 EUR festgehalten haben. Erst im
Berufungsverfahren haben sie den Vortrag der Klä-
gerin - unkommentiert - dem Inhalt des DEKRA-
Schreibens vom 12.06.2006 angepasst.
bb) Gleichwohl beanstandet die Klägerin grundsätzlich
zu Recht die Annahme des Landgerichts, sie habe
erforderlichen Vortrag zum hypothetischen Wert des
Fahrzeugs bei regulärem Vertragsende nicht gehal-
ten. Das Gegenteil war ausweislich des unter Be-
weis gestellten Vorbringens auf Seite 7 der An-
spruchsbegründung der Fall. Dass der erstinstanz-
liche Vortrag nach dem gegenwärtigen Erkenntnis-
stand aller Beteiligten und den im Verlaufe des
ersten Rechtszuges von der Klägerin selbst gewon-
nenen Erkenntnissen nicht richtig war, ändert im
Grundsatz nichts an seiner damaligen Beachtlich-
keit.
11
Im Berufungsverfahren kommt es auf all dies frei-
lich nicht an. Denn die von der Klägerin nunmehr
dargelegten
hypothetischen
Fahrzeugwerte
(Ein-
kaufs- und Verkaufswert) sind unstreitig. Die blo-
ße "Verspätungsrüge" des Beklagten geht ins Leere.
cc) Dass die Klägerin ausdrücklichen Vortrag zu einem
Wertdifferenzvorteil nicht gehalten hat, gereicht
ihr entgegen der Ansicht des Landgerichts eben-
falls nicht zum Nachteil. Denn einen solchen Vor-
teil gab und gibt es nach Darstellung der Klägerin
nicht. Die Richtigkeit dieser Darstellung liegt im
Übrigen angesichts der geringen Zeitspanne zwi-
schen tatsächlichem und regulärem Vertragsende
(2½ Monate) auf der Hand, sofern das Fahrzeug -
wie die Klägerin schon in erster Instanz behaup-
tet hat - Mängel und Schäden aufwies, die es bei
Übernahme durch den Beklagten am 29.03.2001 noch
nicht hatte. Ein Schlüssigkeitsproblem liegt inso-
weit keinesfalls vor.
dd) Ob der unter II 3 b aa bezeichnete Schadensbetrag
(3.448,28 EUR bzw. 3.103,45 EUR) ganz oder teil-
weise zu Gunsten der Klägerin in die Abrechnung
einzustellen ist, hängt vielmehr maßgeblich davon
ab, ob und in welchem wertmäßigen Umfang das Fahr-
zeug bei Rückgabe tatsächlich Mängel und Schäden
aufwies, die nicht auf eine gewöhnliche Abnutzung
zurückzuführen sind. Hierzu lassen sich mangels
Beweisantritts der Klägerin keine ihr günstigen
Feststellungen treffen.
Das von ihr allein in Bezug genommene DEKRA-
Gutachten vom 18.01.2005 stellt lediglich qualifi-
zierten Parteivortrag dar. Die entsprechenden An-
gaben hat der Beklagte schon im ersten Rechtszug
substanziiert bestritten, indem er auf das Überga-
beprotokoll vom 13.01.2005 verwiesen hat, wo es
unterhalb der Unterschriften des Vertreters des
12
BMW-Autohauses und des Beklagten heißt: "Keine
sichtbaren
Mängel;
Serviceunterlagen
vorhanden
(kompl.); 4x Schlüssel; Fahrzeug abgemeldet über-
nommen" (Anlage B 2). Eben hierauf hatte der Be-
klagte die Prozessbevollmächtigten der Klägerin im
Übrigen bereits mit Schreiben vom 25.01.2005 - in
einer zeitnahen Reaktion auf das ihm übersandte
DEKRA-Gutachten vom 18.01.2005 - ausdrücklich hin-
gewiesen und ferner mitgeteilt: "Sitzheizung nicht
defekt; Inspektion nicht fällig nur Ölwechsel;
Kofferraumklappe wurde seit meiner Übernahme 2001
immer wieder reklamiert konnten Fehler nicht fin-
den; Neue Reifen vorhanden" (Anlage B 3). Da die
beweisbelastete Klägerin im Prozess keinen Beweis
(etwa durch Benennung des damals tätigen DEKRA-
Gutachters als sachverständigen Zeugen) angeboten
hat, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die
vorgenommenen Abzüge insbesondere für ausstehende
Reparaturen (3.072,00 EUR) nach Art und Umfang
tatsächlich berechtigt sind. Vielmehr ist zuguns-
ten des Beklagten anzunehmen, dass das Fahrzeug
bei Rückgabe nur gewöhnliche Abnutzungen aufwies.
ee) Damit brachte umgekehrt die vorzeitige Rückgabe
des Fahrzeuges für die Klägerin Vorteile mit sich,
die sie sich anrechnen lassen muss. Den Wertdiffe-
renzvorteil (geringerer Wertverlust) für zwei Mo-
nate und 18 Tage schätzt der Senat gem. § 287 ZPO
unter Berücksichtigung des Fahrzeugalters und des
ursprünglichen "Vertragswertes" von 91.105,34 DM
netto sowie bei Zugrundelegung einer korrigierten
Laufleistung
von
68.000 km
(wegen
gesonderten
Mehrkilometerausgleichs) einschließlich des Zins-
vorteils
wegen
vorzeitigen
Rückflusses
auf
500,00 EUR.
ff) Um diesen Betrag ist der der Klägerin zustehende,
als solches unstreitige und die Gemeinkostener-
sparnis bereits berücksichtigende Barwert der of-
13
fenen (Netto-)Leasingraten von 1.605,66 EUR zu
mindern.
gg) Die hälftigen Gutachterkosten von 57,69 EUR stel-
len einen ersatzfähigen Kündigungsschaden dar. Un-
ter Hinzurechnung von 1.105,66 EUR kann die Kläge-
rin damit als Schadensersatz 1.163,35 EUR verlan-
gen.
4. Insgesamt stehen der Klägerin also in der Hauptsache zu:
1.104,33 EUR (Ziff. 1)
+ 194,49 EUR (Ziff. 2)
+ 1.163,35 EUR (Ziff. 3)
2.462,17 EUR
5. Zinsen in der beantragten Höhe (5 Prozentpunkte über Ba-
siszins) stehen der Klägerin für den begehrten Zeitraum
(seit dem 19.03.2005) unter Verzugsgesichtspunkten nur
hinsichtlich der rückständigen Raten zu. Hinsichtlich der
berechtigten Schadensersatzforderung ist wegen der vor-
prozessual ganz außergewöhnlich hohen Zuvielforderung
kein Verzug eingetreten, sondern kann die Klägerin nur
Rechtshängigkeitszinsen
beanspruchen
(Zustellung
An-
spruchsbegründung am 14.02.2006). Der Anspruch auf den
vertraglichen Mehrkilometerausgleich ist erst in der
mündlichen Verhandlung vor dem Senat rechtshängig gewor-
den.
III.
Die
Nebenentscheidungen
beruhen
auf
§§ 92
Abs. 1,
708
Nr. 10, 713 ZPO. Gründe, die Revision zuzulassen, liegen
nicht vor.
Häfner
Römmelt
Bokern