Urteil des OLG Dresden vom 27.05.2008

OLG Dresden: rechtspflicht, erfüllung, sonderopfer, vorbeugung, weisung, bewährungshilfe, anhalten, gefahr, ergänzung, betäubungsmittelgesetz

Leitsatz:
Zur Führungsaufsicht, § 68 b Abs. 1 Nr. 10 StGB (Regelmäßige
Drogenscreenings und Kostentragungspflicht):
Die Kostenlast verbleibt bei der Staatskasse, wenn sich ein
Verurteilter im Rahmen der Führungsaufsicht regelmäßig Dro-
genscreenings zu unterziehen hat.
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Oberlandesgericht
Dresden
2. Strafsenat
Aktenzeichen: 2 Ws 256/08
II StVK 416/07 LG Leipzig
12 VRs 251 Js 3163/02 StA Leipzig
22 G Ws 306/08 GenStA Dresden
Beschluss
vom 27. Mai 2008
in der Führungsaufsichtssache gegen
L
geboren am
wohnhaft
wegen Diebstahls u.a.
hier: Ausgestaltung der Führungsaufsicht
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Eine Entscheidung des Senats ist nicht veranlasst, weil ein
Rechtsmittel gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer
des Landgerichts Leipzig vom 09. April 2008 nicht vorliegt.
Die Sache wird an die Generalstaatsanwaltschaft zur weiteren
Veranlassung zurück- gegeben.
G r ü n d e:
I.
Mit Beschluss vom 09. April 2008 hat die Strafvollstrek-
kungskammer, gestützt auf § 68 b Abs. 1 Nr. 10 und Abs. 2
StGB, den Verurteilten im Rahmen der gesetzlich eingetrete-
nen Führungsaufsicht unter anderem angewiesen,
"
(von)
(end)
"
Hiergegen wendet sich der Verurteilte mit seinem als "Be-
schwerde" bezeichneten Schreiben vom 22. April 2008, wobei
er allerdings nur die Ergänzung erbittet, dass die Urin-
kontrollen "vom Staat bezahlt" werden.
Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat beantragt, dieses
als Beschwerde auszulegende Begehren als unbegründet zu
verwerfen. Es sei - allerdings nur unter Berufung auf eine
Beschwerdeentscheidung
des
Landgerichts
Heidelberg -
"höchstrichterlich geklärt", dass die Anordnung im Rahmen
von Bewährungsbeschlüssen, sich regelmäßig auf eigene Kos-
ten einem Drogenscreening zu unterziehen, rechtmäßig und
zumutbar sei.
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II.
Der Senat ist nicht zur Entscheidung berufen.
Das Vorbringen des Verurteilten stellt entgegen der Annahme
der Generalstaatsanwaltschaft kein Rechtsmittel gegen die
Anordnung der Strafvollstreckungskammer, sich regelmäßig
einem Drogenscreening zu unterziehen, dar. Insoweit ist of-
fensichtlich kein Anfechtungswille gegeben, zumal der Ver-
urteilte selbst ausdrücklich ausführt: "
Er begehrt lediglich die (zu-
sätzliche) Feststellung, dass die Kosten hierfür von der
Staatskasse zu tragen sind.
Dies ist keine Beschwerde gegen die Anordnung dem Grunde
nach; vielmehr liegt hierin das - nach vorläufiger Ansicht
des Senats wohl auch begründete - Begehren des Verurteilten
um Erteilung einer Kostenübernahmezusage durch die Füh-
rungsaufsichtsstelle.
Die von der Generalstaatsanwaltschaft zur Begründung ihrer
Ansicht herangezogene Entscheidung des Landgerichts Heidel-
berg (Beschluss vom 25. Juli 2006 - 1 Qs 25/06 -; zitiert
nach juris) ist für die Beurteilung der Rechtslage bei der
Führungsaufsicht ungeeignet. Anders als bei der Ausgestal-
tung einer Bewährungsaufsicht sind Auflagen, die der Genug-
tuung für begangenes Unrecht dienen (vgl. § 56 b Abs. 1
StGB), im Bereich des Führungsaufsichtsrechts unzulässig.
Hier berechtigt das Gesetz lediglich Weisungen zur Lebens-
führung zur Verringerung der Gefahr künftiger Straffällig-
keit, vgl. § 68 b StGB. Bereits von daher verbietet sich
eine Bezugnahme auf die zitierte Entscheidung. Soweit das
Landgericht Heidelberg zum Beleg für seine Ansicht, das Ge-
setz kenne auch bei der Bewährungsaufsicht finanziell
nachteilige , auf § 56 c Abs. 2 Nr. 5 StGB hin-
weist, liegt dieses Argument offensichtlich neben der Sa-
che. Nach dieser Vorschrift kann ein Betroffener (nämlich
nur) angewiesen werden, "seinen Unterhaltspflichten nachzu-
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kommen". Dies allerdings ist lediglich das Anhalten zur Er-
füllung einer ohnehin bestehenden Rechtspflicht und stellt
daher kein Sonderopfer dar.
Im Bereich der Führungsaufsicht mit ihren Weisungen zur Le-
bensführung des Betroffenen steht maßgeblich der polizeili-
che Präventionsaspekt (Vorbeugung vor möglichen Straftaten)
im Vordergrund, weshalb auch hier die Kostenlast bei der
Staatskasse verbleiben dürfte. Dessen ungeachtet wird die
Kostentragungslast wohl auch schon aufgrund der derzeit ge-
troffenen Anordnung bei der Staatskasse liegen, nachdem die
Strafvollstreckungskammer bestimmt hat, dass die jeweiligen
Termine des Drogenscreenings von der Bewährungshelferin zu
veranlassen sind, § 68 a Abs. 4 StGB. Der Verurteilte ist
dann allerdings verpflichtet, die von der Bewährungshilfe
in Auftrag gegebenen Kontrolltermine wahrzunehmen.
Zur Nachweisverpflichtung nach § 68 b Abs. 2 StGB regt der
Senat eine Änderung der Weisung dahingehend an, dass die
Ergebnisse des Drogenscreenings nicht der Bewährungshelfe-
rin, sondern der vorzulegen sind.
Drath
Schüddekopf
Gorial