Urteil des OLG Celle vom 13.08.2003

OLG Celle: solvenz, zwangsvollstreckung, nebenrecht, einzug, verfügung, einfluss, geschäftsführer, pauschal, datum, auskunftspflicht

Gericht:
OLG Celle, 11. Zivilsenat
Typ, AZ:
Beschluss, 11 U 134/03
Datum:
13.08.2003
Sachgebiet:
Normen:
BGB § 242
Leitsatz:
1. Auskunft über die Höhe eines vermeintlichen Anspruchs, dessen Durchsetzung der Gläubiger nicht
im Streitverfahren begehrt, kann ein Gläubiger, dem ein materielles Forderungsrecht gegen den
Verklagten zustehen mag - regelmäßig allenfalls als Nebenrecht zu einem Zahlungsanspruch gestützt
auf § 242 BGB, wenn dessen Voraussetzungen vorliegen , nur dann erhalten, wenn und soweit er über
die Höhe seines Forderungsrechtes in Unsicherheit ist.
2. Ein derart geltend gemachter Auskunftsanspruch dient demgegenüber weder dazu, für den
Gläubiger die Zwangsvollstreckung vorzubereiten, noch ihm das Risiko der Solvenz des
Inanspruchgenommenen im Rahmen des Prozessrisikos abzunehmen.
Volltext:
11 U 134/03
5 O 371/02 Landgericht Stade
B e s c h l u s s
In dem Rechtsstreit
#######
Klägerin und Berufungsklägerin,
Prozessbevollmächtigte:
#######
gegen
#######,
Beklagte und Berufungsbeklagte,
Prozessbevollmächtigter:
#######
hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Richter am Oberlandesgericht #######, den Richter
am Oberlandesgericht ####### und die Richterin am Oberlandesgericht ####### am 13. August 2003 beschlossen:
Es wird erwogen, die Berufung durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Der Berufungsklägerin
wird Gelegenheit zur Stellungnahme und zu einer weitere Kosten teilweise vermeidenden Berufungsrücknahme bis
zum 15. September 2003 gegeben.
Die Rechtssache dürfte keine grundsätzliche Bedeutung haben und eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur
Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich sein. Die Berufung
hat nach vorläufiger Beurteilung aus folgenden Gründen auch keine Aussicht auf Erfolg:
Das Landgericht hat die mit dem Rechtsstreit allein verfolgten Auskunftsansprüche zutreffend verneint.
1. Auskunft über die Höhe eines vermeintlichen Anspruchs, dessen Durchsetzung der Gläubiger nicht im
Streitverfahren begehrt, kann ein Gläubiger, dem ein materielles Forderungsrecht gegen den Verklagten zustehen
mag - regelmäßig allenfalls als Nebenrecht zu einem Zahlungsanspruch gestützt auf § 242 BGB, wenn dessen
Voraussetzungen vorliegen , nur dann erhalten, wenn und soweit er über die Höhe seines Forderungsrechtes in
Unsicherheit ist. Diese Einschränkung ergibt sich aus § 242 BGB selbst, der die Inanspruchnahme des Gegners
allenfalls in dem Maße erlaubt, als der Kläger ihrer bedarf.
Schon eine Unsicherheit der Klägerin über die Höhe ihrer Forderung ist zu verneinen. Die Klägerin hat über die allein
in Rede stehenden Transportentgelte den Versendern sogar Rechnungen zu stellen vermocht; sie ist über ihre Höhe
also nicht in Unsicherheit, sondern bestens informiert. Ferner hat die Klägerin selbst Kenntnis über die
Gewinnspanne, die sie beim Direkteinzug vom Kunden der ####### geschuldet haben würde und die sie deshalb
wohl nicht von der Beklagten verlangen kann.
Daneben geht das beantragte Auskunftsverlangen viel zu weit. Die Klägerin hat den Anspruch pauschal auf einen
Zeitraum von 3 Monaten bezogen. Sie hat aber Kenntnis, an welchen Tagen genau sie welche Transporte für die
####### durchgeführt hat. Ein pauschaler Anspruch für einen Zeitraum von 3 Monaten, hätte danach ohnehin selbst
bei Vorliegen aller weiteren Voraussetzungen nicht in Betracht kommen können, denn jedes Auskunftsverlangen
muss auf dasjenige begrenzt werden, worüber Unsicherheit herrscht.
Ferner wäre Auskunftsschuldner der Klägerin nicht die Beklagte, sondern in erster Linie die von der Klägerin selbst
gewählte Vertragspartnerin. Deren Verhalten hat die Klägerin es zu verdanken, dass sie ihrem Fuhrlohn jetzt bei
Dritten nachläuft. Erst wenn dort etwa geschuldete Auskünfte nicht mehr erlangt werden könnten, käme die
Verpflichtung eines/des Dritten aus § 242 BGB in Betracht. Die Klägerin nimmt aber nicht für sich in Anspruch, sich
insoweit überhaupt einmal an ihre Vertragspartnerin gehalten zu haben.
2. Zutreffend hat das Landgericht weiter die Voraussetzungen eines Auskunftsanspruchs aus § 242 BGB bezüglich
der begehrten Auskunft über den Verbleib des Geldes nach Eingang bei der Beklagten verneint. Ein
Auskunftsanspruch dient grundsätzlich nur dazu, dem Gläubiger über unverschuldete Unkenntnisse hinsichtlich des
Umfangs seines Forderungsrechts hinwegzuhelfen. Er dient demgegenüber weder dazu, für den Gläubiger die
Zwangsvollstreckung (insoweit ist das Erlangen eines Zahlungstitels nebst nachfolgender Vollstreckung das
gebotene Mittel) vorzubereiten, noch ihm das Risiko der Solvenz des Inanspruchgenommenen im Rahmen des
Prozessrisikos abzunehmen. Nur derartige Zwecke sind für den Antrag zu 2) jedoch bislang erkennbar geworden;
auch die Berufungsbegründung lässt nichts anderes erkennen.
Bezüglich der Auskunftsansprüche, die allein Gegenstand des Berufungsverfahrens sind, folgt auch nichts der
Klägerin Günstigeres aus der in Bezug genommenen Entscheidung BGHZ 72, 316; das dortige Verfahren hatte eine
Auskunftspflicht überhaupt nicht zum Gegenstand.
3. Nach dem Vorstehenden hat die im Streitfall verfolgte Berufung keine Aussicht auf Erfolg.
Ergänzend sei allerdings angemerkt, dass die im angegriffenen Urteil vom Landgericht im Rahmen der nicht
tragenden Ausführungen vorgenommene Verneinung eines Anspruchs aus § 826 BGB - sollte das tatsächliche
Vorbringen der Klägerin zutreffen - nicht überzeugt. Sollte die ####### die Forderungen bei Identität der
Geschäftsführer auf die Beklagte verschoben bzw. der Beklagten zum Einzug zur Verfügung gestellt haben,
nachdem sie die Klägerin angewiesen hatte, direkt bei den Versendern zu liquidieren, ließe sich ein Anspruch aus §
826 BGB kaum verneinen. Ob daneben die ####### als vertragliche Schuldnerin steht, hat auf diesen Anspruch
keinen Einfluss. Ob daneben ein Zahlungsanspruch aus §§ 816, 242 BGB bestünde, darauf käme es ebenfalls nicht
mehr an.
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