Urteil des OLG Celle vom 19.10.2005
OLG Celle: verkäuferin, beurkundung, kaufvertrag, feststellungsklage, gestaltung, gefahr, urkunde, form, vollstreckung, fälligkeit
Gericht:
OLG Celle, 03. Zivilsenat
Typ, AZ:
Urteil, 3 U 98/05
Datum:
19.10.2005
Sachgebiet:
Normen:
BNotO § 19 I, BNotO § 14 I 2
Leitsatz:
Durch die Gestaltung eines Kaufvertrages, nach dessen Inhalt einer der Urkundsbeteiligten eine
ungesicherte Vorleistung zu erbringen hat, verstößt der Notar gegen die ihm obliegende Pflicht zur
betreuenden Belehrung nach § 14 I 2 BNotO.
Ein Verstoß gegen § 17 BeurkG liegt zudem vor, wenn der Notar § 3 Abs. 1 Nr. 3 MaBV - Keine
Vermögenswerte an den Gewerbetreibenden bevor eine Freistellung von den Grundpfandrechten
erfolgt ist - nicht beachtet.
Volltext:
Oberlandesgericht Celle
Im Namen des Volkes
Urteil
3 U 98/05
8 O 194/04 Landgericht Hildesheim Verkündet am
19. Oktober 2005
B...,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
In dem Rechtsstreit
Notar H...B... S..., P... ..., .... A...,
Beklagter und Berufungskläger,
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte S..., P... ..., ... A...,
gegen
A... W..., H... ..., ... H...,
Klägerin und Berufungsbeklagte,
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte W..., R... ..., ... H...,
Geschäftszeichen: ...
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 5. Oktober 2005 unter
Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht S..., des Richters am Amtsgericht S... sowie des
Richters am Oberlandesgericht Dr. S... für Recht erkannt:
Die Berufung des Beklagten gegen das am 31. März 2005 verkündete Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer
des Landgerichts Hildesheim wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin
den Schaden zu ersetzen, der ihr aus der Beurkundung des notariellen WohnungseigentumsKaufvertrages vom 22.
März 2002 entstanden ist und noch entstehen wird.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird gestattet, die Vollstreckung der Klägerin gegen
Sicherheitsleistung in Höhe eines die vollstreckbare Forderung um 10 % übersteigenden Betrages abzuwenden,
soweit nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit leistet, die den jeweils zu vollstreckenden Betrag um 10 %
übersteigt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin begehrt aus eigenem und abgetretenem Recht ihres Lebensgefährten, des Zeugen B..., die
Feststellung, dass der Beklagte Schadensersatz wegen notarieller Amtspflichtverletzung schuldet.
Die Klägerin erwarb gemeinsam mit dem Zeugen B... im Jahr 2002 eine Eigentumswohnung in H.... Den Kaufvertrag
für die Wohnung, die durch die Verkäuferin, die V... GmbH umgebaut, in das Dachgeschoss hinein erweitert und
insgesamt saniert werden sollte, beurkundete der Beklagte. Die Klägerin und der Zeuge B... zahlten am 4./5. Juni
2002 einen Teil des Kaufpreises in Höhe von 88.935 EUR an die Verkäuferin, und zwar entsprechend der Rechnung
der V... GmbH vom
27. Mai 2002 auf ein Konto bei der X Bank in H.... Zu diesem Zeitpunkt lag weder eine Pfandfreigabe der Ybank H...
als Globalfinanziererin vor noch war eine Baugenehmigung für die zu erstellende Wohnung erteilt. In der Folgezeit ist
die Sanierung des Objekts über geringe Anfangsmaßnahmen nicht hinausgekommen. Die Verkäuferin, die zur
Durchführung der Baumaßnahmen verpflichtet war, ist insolvent. Der Kaufvertrag ist rückabgewickelt: Die Klägerin
hat von der Ybank H... für die Bewilligung der Löschung der zu ihren Gunsten eingetragenen Auflassungsvormerkung
einen Betrag von 6.000 EUR erhalten.
Die Klägerin wirft dem Beklagten vor, er habe im Rahmen der Beurkundung und nachfolgend bei der Abwicklung des
Kauf und Sanierungsvertrages seine notariellen Amtspflichten verletzt. Der Vertrag entspreche nicht den
Vorschriften der Makler und Bauträgerverordnung, verstoße insbesondere gegen § 3 MaBV. Im Übrigen sei die
Zahlung des Teilkaufpreises aufgrund der Fälligkeitsmitteilung des Beklagten in dessen Schreiben vom 3. Juni 2002
erfolgt, in dem es heißt, dass nach der erfolgten Aufteilung des Grundstücks in Wohnungseigentum und Eintragung
der Auflassungsvormerkung zugunsten der Klägerin sowie Vorliegen der zum Vollzug des Grundstückskaufvertrages
erforderlichen Genehmigungen Kaufpreisfälligkeit nunmehr gegeben sei.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den Schaden zu ersetzen, der ihr aus der Beurkundung
des notariellen „Wohnungseigentumskaufvertrages“ vom 22. März 2002 sowie der Übersendung der
Fälligkeitsmitteilung des Beklagten vom 3. Juni 2002 entstanden ist und noch entstehen wird.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat eingewandt, die Klage sei, da der geltend gemachte Schaden nunmehr beziffert werden könne, in der Form
der Feststellungsklage unzulässig. Im Übrigen hat er behauptet, die Klägerin sei mit den vertraglichen Regelungen
des Kaufvertrages, soweit dieser von zwingenden Vorschriften der Makler und Bauträgerverordnung abweicht,
ungeachtet entsprechender Belehrungen einverstanden gewesen. Die Zahlung des Teilkaufpreises von 88.935 EUR
sei im Übrigen nicht aufgrund seiner Fälligkeitsmitteilung vom 3. Juni 2002 erfolgt, da dieses Schreiben dem Zeugen
B... im Zeitpunkt der Zahlung noch nicht vorgelegen habe. Zudem sei der Zeuge B... vor der Zahlung und vor
Abfassung des Schreibens vom 3. Juni 2002 in einem Telefongespräch durch die Zeugin S..., die Ehefrau des
Beklagten, ausdrücklich auf das Risiko einer Zahlung auf ein Konto der X Bank hingewiesen worden. Bei jenem
Konto habe es sich um das Privatkonto des Geschäftsführers der Verkäuferin gehandelt.
Das Landgericht hat Beweis erhoben u. a. durch Vernehmung der Zeugen B..., S... und K... sowie durch Anhörung
des Beklagten gemäß § 141 ZPO. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die
Protokollniederschriften des Landgerichts vom 12. Dezember 2004 (Bl. 91 ff. d. A.) sowie vom 10. März 2005 (Bl.
200 ff. d. A.) verwiesen. Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme hat das Landgericht der Klage
stattgegeben. Durch die Regelungen im notariellen Kaufvertrag habe der Beklagte gegen seine Amtspflichten
verstoßen. Er sei daher beweisbelastet für seine Behauptung, die Kläger entgegen dem Inhalt des notariellen
Vertrages hinreichend aufgeklärt zu haben. Diesen Beweis habe er nicht zu führen vermocht.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten, der weiterhin die Unzulässigkeit der Feststellungsklage
rügt und meint, aus dem Urteil des Landgerichts ergebe sich, dass schon bei Klagerhebung der Schaden entstanden
und bezifferbar gewesen sei. Im Übrigen nimmt er jede Pflichtverletzung in Abrede. Die Gestaltung des Vertrages
beruhe auf Änderungswünschen der Vertragsparteien, was sich daraus ergebe, dass der von ihm beurkundete
Vertrag Abweichungen gegenüber einem Vorentwurf enthalte. Sein Sachvortrag sei auch durch die Beweisaufnahme
bestätigt: Das Landgericht habe die Aussagen der vernommenen
Zeugen unzutreffend gewürdigt und zudem prozessordnungswidrig ihn selbst nicht als Partei gemäß § 448 ZPO
vernommen.
Der Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und macht geltend, auch bei einer Zahlung des Teilkaufpreises auf das Konto
der Verkäuferin bei der Ybank H... wäre der Schaden, wie tatsächlich eingetreten, entstanden, da im Zeitpunkt der
Überweisung des Teilkaufpreises keine auflagenfreie Pfandfreigabe der Ybank vorgelegen habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils, wegen des Vorbringens der
Parteien im Berufungsrechtzug auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II.
Die zulässige Berufung des Beklagten bleibt ohne Erfolg. Der Beklagte hat gegen die ihm obliegenden Amtspflichten
als Notar verstoßen und haftet der Klägerin auf Ersatz des hierdurch entstandenen Schadens gemäß § 19 Abs. 1
BNotO. Dies war auf Antrag der Klägerin festzustellen.
1. Die Klage ist als Feststellungsklage zulässig. Die Klägerin hatte - schon wegen der möglichen Verjährung von
Schadensersatzansprüchen - ein rechtlich schützenswertes Interesse an der Feststellung der Schadensersatzpflicht
des Beklagten. Die Klägerin war im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht in der Lage, ihren Ersatzanspruch der Höhe
nach zu beziffern. Zwar stand bereits bei Erhebung der Klage fest, dass die Klägerin und der Zeuge B... infolge der
ungesicherten Vorleistung, die sie an die - inzwischen insolvente - Verkäuferin erbracht hatten, einen Schaden
erleiden würden. Jedoch war die Höhe dieses Schadens noch unbekannt, da weder die Entscheidungen des
Insolvenzverwalters noch die des Globalfinanzierers, der Ybank H..., absehbar waren. Dies belegt die weitere
Entwicklung: Die Rückabwicklung des Vertrages ist aufgrund von Verhandlungen mit der Ybank und dem
Insolvenzverwalter zustande gekommen. Deren wirtschaftliches Ergebnis konnte die Klägerin bei Beginn des
Verfahrens nicht absehen. Ob der Schaden nunmehr vollständig bezifferbar ist, ist unerheblich. Die zunächst
zulässig erhobene Feststellungsklage bleibt als Feststellungsklage auch dann zulässig, wenn im Laufe des
Verfahrens eine Bezifferung möglich wird (BGHZ 70, 39 ff.; BGH NJW 1952, 546).
2. Es steht fest, dass der Beklagte durch Beurkundung des notariellen Wohnungseigentumskaufvertrages die ihm
obliegenden Pflichten als Notar verletzt hat.
a) Mit der Beurkundung des Vertrages vom 22. März 2002 (URNr. 99/2002) hat der Beklagte gegen seine Pflichten
aus § 17 BeurkG verstoßen. Nach § 17 Abs. 1 BeurkG soll der Notar den Willen der Beteiligten erforschen, den
Sachverhalt klären, die Beteiligten über die rechtliche Tragweite des Geschäfts belehren und ihre Erklärungen klar
und unzweideutig in der Niederschrift wiedergeben. Die Vorschrift soll gewährleisten, dass der Notar eine
rechtswirksame Urkunde über den wahren Willen der Beteiligten errichtet. Aus diesem Zweck folgt die inhaltliche
Begrenzung der Pflicht zur Rechtsbelehrung: Sie geht nur so weit, wie eine Belehrung für das Zustandekommen
einer formgültigen Urkunde erforderlich ist, die den wahren Willen der Beteiligten vollständig und unzweideutig in der
für das beabsichtigte Rechtsgeschäft richtigen Form rechtswirksam wiedergibt. Dabei soll der Notar darauf achten,
dass unerfahrene und ungewandte Beteiligte nicht benachteiligt werden (ständige Rechtsprechung BGH DNotZ 1989,
45).
Diesen Anforderungen genügt der vom Beklagten beurkundete Vertrag nicht. Dieser verstößt vielmehr gegen § 3
Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 MaBV. Danach darf der Gewerbetreibende, der - wie hier die Verkäuferin - dem Käufer das
Eigentum an einer Wohnung verschafft und zugleich die Renovierungsverpflichtung übernimmt, Vermögenswerte des
Auftragsgebers zur Ausführung des Auftrags erst entgegennehmen oder sich zu deren Verwendung ermächtigen
lassen, wenn die Freistellung des Vertragsobjekts von allen Grundpfandrechten, die der Vormerkung im Range
vorgehen oder gleichstehen und nicht übernommen werden sollen, gesichert ist, und zwar auch für den Fall, dass
das Bauvorhaben nicht vollendet wird. Diesen nach § 12 MaBV zwingenden Grundsatz, dessen Nichtbeachtung zur
Nichtigkeit der Regelung nach § 134 BGB führt, hat der Beklagte nicht beachtet. Die in § 7 des Kaufvertrages
enthaltene Klausel, wonach den Käufern wegen der Globalgrundschuld eine Erklärung der Bank ausgehändigt wird, in
welcher die Ybank eine auflagenfreie Pfandfreigabe erklären wird, genügt den Voraussetzungen der Makler und
Bauträgerverordnung nicht: Weder enthält die vom Beklagten beurkundete Klausel die erforderlichen Hinweise auf
den notwendigen Inhalt der Freigabeerklärung, die es der Klägerin und dem Zeugen B... ermöglicht hätten, den Inhalt
des nach der Beurkundung abzugebenden Freigabeversprechens zu prüfen, noch enthält die Klausel die erforderliche
Erläuterung, durch wen und insbesondere zu welchem Zeitpunkt die Käufer die Erklärung der Bank ausgehändigt
erhalten sollten. Jedenfalls war die Fälligkeit des Kaufpreises nicht von der vorherigen Aushändigung einer die
Klägerin sichernden Freigabeerklärung abhängig. Der vorliegende Sachverhalt ist daher mit demjenigen der der
Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 10. März 2005 (IX ZR 73/01) zugrunde lag, nicht vergleichbar.
b) Unabhängig hiervon hat der Beklagte im Rahmen der Beurkundung auch gegen die ihm nach § 14 Abs. 1 S. 2
BNotO obliegenden Pflichten verstoßen. Nach § 14 Abs. 1 S. 2 BNotO hat der Notar im Rahmen der ihm
obliegenden betreuenden Belehrungspflicht als Amtsträger die Aufgabe, einem Beteiligten, der ihn im Vertrauen
darauf angegangen hat, vor nicht bedachten Folgen seiner Erklärungen bewahrt zu bleiben, die nötige Aufklärung zu
geben. Der Notar darf es nicht geschehen lassen, dass Beteiligte, die über die rechtlichen Folgen ihrer Erklärung
falsche Vorstellungen haben, durch die Abgabe ihrer Erklärung ihre Vermögensinteressen vermeidbar gefährden. Die
betreuende Belehrungspflicht besteht, wenn der Notar aufgrund besonderer Umstände des Falles Anlass zu der
Vermutung haben muss, einem Beteiligten drohe ein Schaden vor allem deshalb, weil er sich wegen mangelnder
Kenntnis der Rechtslage der Gefahr nicht bewusst ist (BGH DNotZ 1987, 157; 1989, 45; ständige Rechtsprechung).
Die dem Beklagten insoweit vorzuwerfende Pflichtverletzung besteht darin, dass er das Erfordernis einer
Baugenehmigung nicht als Voraussetzung für die Kaufpreiszahlung in den Kaufvertrag aufgenommen hat. § 7 des
notariellen Vertrages enthält keine entsprechende Regelung. Hieraus ergab sich für die Klägerin und den Zeugen B...
als Käufer die Gefahr, einen Teil des Kaufpreises zahlen zu müssen, ohne dass die Baugenehmigung und damit die
Durchführbarkeit der geschuldeten Baumaßnahmen gesichert war - eine Gefahr, die sich bei der weiteren Abwicklung
in der Weise verwirklicht hat, dass die Durchführung des Bauvertrages (auch) an der fehlenden und nicht zu
erlangenden Baugenehmigung scheiterte.
3. Der der Klägerin und dem Zeugen B... entstandene Schaden, der zumindest in Höhe von 82.935 EUR (dem an die
Verkäuferin gezahlten - verlorenen - Kaufpreisteil abzüglich der von der Ybank erstatteten 6.000 EUR) besteht, ist
ursächlich auf die dargestellten Pflichtverletzungen des Beklagten zurückzuführen . Die vorzeitige, ungesicherte
Zahlung der ersten Kaufpreisrate in Höhe von insgesamt 88.935 EUR und damit der Eintritt des der Klägerin und
dem Zeugen B... entstandenen Schadens beruht auf der vom Beklagten zu verantwortenden Regelung in § 7 des
notariellen Kaufvertrages, der zur Folge ein Kaufpreisteil von 36,3 % sofort nach Bildung und grundbuchrechtlicher
Eintragung von Wohnungseigentum sowie Eintragung einer Auflassungsvormerkung zugunsten der Kläger im
Grundbuch zu zahlen war. Diese Voraussetzungen lagen im Zeitpunkt der Zahlung der ersten Kaufpreisrate vor. Die
Zahlung auf ein bestimmtes Konto, insbesondere ein solches der Ybank, war im notariellen Kaufvertrag ebensowenig
vorgesehen wie die vorherige Pfandentlassung durch die Ybank H.... Der notarielle Vertrag enthält zum Inhalt dieser
Freigabeerklärung und dem Zeitpunkt der geschuldeten Übergabe der Erklärung keinerlei Regelungen. Die im
Kaufvertrag angelegte Gefährdung der Kläger, ungesicherte Vorleistungen erbringen zu müssen, hat sich damit
verwirklicht.
4. Der Beklagte hat nicht bewiesen, dass diese nach dem Inhalt des von ihm entworfenen und beurkundeten
Kaufvertrages geschuldete Zahlung der ersten Kaufpreisrate von der Klägerin ungeachtet entgegenstehender
Belehrungen und ausschließlich im Vertrauen auf die Redlichkeit des Verkäufers vorgenommen worden wäre.
a) Zutreffend liegt dem angefochtenen Urteil des Landgerichts die Auffassung zugrunde, dass der beklagte Notar
darlegungs und beweispflichtig für die Behauptung ist, er habe die Klägerin und den Zeugen B... ordnungsgemäß
über die mit der Gestaltung des Vertrages verbundenen Gefahren und insbesondere über das mit der Zahlung der
ersten Kaufpreisrate, die sich als ungesicherte Vorleistung darstellt, verbundene Risiko belehrt. Die Darlegungs und
Beweislast für die ordnungsgemäße Aufklärung der Käufer obliegt hier dem beklagten Notar, weil nach dem Inhalt
des von ihm entworfenen schriftlichen Kaufvertrages der Urkundenlage nach eine Pflichtverletzung feststeht.
b) Die Kaufvertragsurkunde selbst enthält keinerlei Hinweis auf die erforderliche Belehrung der Klägerin und des
Zeugen B... durch den Beklagten über die mit dem Kaufvertrag und seiner Durchführung verbundenen Gefahren. Die
eingangs der Urkunde enthaltene Formulierung, der Notar habe den Grundbuchinhalt nicht festgestellt, trotz
Belehrung der damit verbundenen Gefahren und Risiken hätten die Erschienenen die Beurkundung gewünscht, ist
schon inhaltlich unzureichend, um eine ordnungsgemäße Belehrung zu belegen und im Übrigen sowohl im
Kaufvertragsentwurf als auch im geänderten, später beurkundeten Vertragstext wortgleich verwendet. Die Klausel ist
damit weder Beweis noch Indiz für die Richtigkeit der Behauptung des Beklagten, er habe wegen der von den
Parteien gewünschten inhaltlichen Änderungen, insbesondere also dem Abweichen von zwingenden Vorschriften der
Makler und Bauträgerverordnung den Vertragsbeteiligten besondere Belehrungen, insbesondere über die Gefahren
ungesicherter Vorleistungen erteilt.
c) Auch nach dem Ergebnis der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme lässt sich nicht feststellen, dass
der Beklagte die Klägerin über die sich aus der Gestaltung des Kaufvertrages ergebenden besonderen Gefahren
belehrt hätte. Die Behauptung des Beklagten, seine Ehefrau habe den Zeugen B... bei einem Telefongespräch am
30. Mai 2002 auf die mit der Kaufpreiszahlung an die X Bank verbundenen Gefahren hingewiesen, ist nicht
bewiesen. Die Beweiswürdigung des Landgerichts, der der Senat folgt, ist ebensowenig zu beanstanden wie das
Verfahren der Beweiserhebung. Zutreffend hat das Landgericht im angefochtenen Urteil festgestellt, dass die
Aussagen der vernommenen Zeugen hinsichtlich der Frage, wann zwischen dem Zeugen B... und Mitarbeitern des
Beklagten telefoniert worden ist und welche Erklärungen im Rahmen dieser Telefonate abgegeben worden sind,
inhaltlich unvereinbar sind. Der Zeuge B... hat erklärt, er habe mit dem Beklagten persönlich am 3. Juni 2002
telefoniert. Dies ist entgegen der auch in der Berufungsinstanz vertretenen Auffassung des Beklagten als durchaus
möglich anzusehen. Die Behauptung des Beklagten, er sei bei einer ganztägigen Strafverhandlung auswärtig tätig
gewesen, hat sich nach Beiziehung der Strafakten sowie der Vernehmung der Zeugin B..., die der Beklagte beim
Amtsgericht Bückeburg vertreten hatte, als nicht zutreffend herausgestellt. Danach war die Strafverhandlung bereits
um 10:00 Uhr zu Ende. Nach einem Gespräch mit der Zeugin soll der Beklagte gegen 12:00 Uhr die Rückreise
angetreten haben, weshalb er durchaus am Nachmittag des 3. Juni 2002 in seinem Büro ein Telefongespräch mit
dem Zeugen B... geführt haben kann. Auch die Ehefrau des Beklagten hat insoweit eingeräumt, dass der Beklagte
am späten Nachmittag (16:00 Uhr - 17:00 Uhr) wieder im Büro anwesend war. Für die Richtigkeit der Aussage des
Zeugen B... spricht darüber hinaus, dass der Beklagte nicht nur - so die Aussage des Zeugen B... - bei jenem
Telefongespräch am 3. Juni 2002 grünes Licht für die Zahlung der ersten Kaufpreisrate gegeben haben soll, sondern
der Beklagte persönlich der Bitte des Zeugen entsprechend noch am gleichen Tag, dem 3. Juni 2002, diesem das
Bestätigungsschreiben über die Fälligkeit der ersten Kaufpreisrate übersandt hat. Schließlich hat der Zeuge B...
durch Vorlage entsprechender Kontoauszüge nachgewiesen, dass er am Folgetag, am 4. Juni 2002, einen Teil der
Kaufpreissumme überwiesen hat. Die Behauptung des Beklagten, der Überweisungsauftrag müsse bereits am 3.
Juni 2002 und damit vor Eingang seines Schreibens beim Zeugen B... erteilt worden sei, da die Zbank H...
Überweisungen nie am gleichen Tag ausführe, ist, wie der Senat als Spezialsenat auch für Banksachen aus eigener
Kenntnis weiß und beurteilen kann, unzutreffend. Überweisungen werden bei der Mehrzahl der Banken noch dann am
gleichen Tag ausgeführt, wenn sie bis 10:00 Uhr in Auftrag gegeben werden, im Übrigen jedenfalls dann, wenn dies
vom Kunden besonders gewünscht wird.
Die Würdigung des Landgerichts, der Beklagte habe die ordnungsgemäße Belehrung der Klägerin und des Zeugen
B... nicht bewiesen, ist damit nicht nur vertretbar, sondern (zumindest) naheliegend.
d) Das Verfahren des Landgerichts, dass der Beweiserhebung und damit auch dem Beweisergebnis zugrunde liegt,
ist nicht zu beanstanden. Die Auffassung des Beklagten, das Landgericht hätte ihn gemäß § 448 ZPO als Partei
vernehmen müssen, überzeugt auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
(BVerfG NJW 2001, 2531) nicht. Aus jener auch vom Beklagten zitierten Entscheidung ergibt sich allenfalls die
Verpflichtung des Gerichts, den Beklagten entweder, wie geschehen, nach § 141 ZPO anzuhören oder nach § 448
ZPO als Partei zu vernehmen. Diesen Anforderungen genügt das erstinstanzliche Verfahren in vollem Umfang: Das
Landgericht hat den Beklagten gemäß § 141 ZPO als Partei angehört. Eine Parteivernehmung nach § 448 ZPO war
auch nach der zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht erforderlich.
e) Unerheblich ist unter den genannten Umständen, ob die Zeugin S..., wie sich aus einem mit Datum vom 31. Mai
2003 versehenen und mit dem Namenskürzel „Ba“ versehenen Vermerk ergeben soll, darauf hingewiesen hat, dass,
solange keine Auflagenfreie Pfandentlassung der Ybank vorliege, nur an diese gezahlt werden dürfe. Denn auch eine
Zahlung an die Ybank hätte, da eine Pfandfreigabe nicht vorlag, den Schaden der Klägerin nicht gehindert.
Auf die Frage, ob der Klägerin und dem Zeugen B... bei Zahlung der ersten Rate am 4./5. Juni 2002 die schriftliche
Erklärung des Beklagten vom 3. Juni 2002 vorlag, kommt es damit nicht entscheidend an. Die Existenz dieser, vom
Beklagten persönlich unterzeichneten Erklärung spricht allerdings eindeutig für die Richtigkeit der Aussage des
Zeugen B..., der Beklagte habe ihm telefonisch grünes Licht für die Zahlung gegeben. Es ist kaum anzunehmen,
dass der Beklagte dem Zeugen B... schriftlich das Gegenteil dessen, was er ihm mündlich erklärt hatte, bestätigte.
III.
Der Senat hat im Rahmen der Tenorierung des Urteils den Umstand berücksichtigt, dass sich nicht mit Sicherheit
feststellen lässt, dass die Zahlungen der Klägerin und des Zeugen B... aufgrund der Mitteilung des beklagten Notars
vom 3. Juni 2002 erfolgt sind. Wirtschaftlich ergibt sich aus der Änderung des Tenors kein Teilunterliegen der
Klägerin, da der Beklagte - wie ausgeführt - Schadensersatz schon wegen der Gestaltung des von ihm entworfenen
und beurkundeten Kaufvertrages, der die Erbringung der ungesicherten Vorleistung durch die Klägerin verursacht hat,
schuldet.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§
708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen, bei deren Vorliegen die Revision zuzulassen ist (§ 543 Abs. 1 ZPO),
sind nicht gegeben.
S... S... Dr. S...