Urteil des OLG Celle vom 03.11.2011

OLG Celle: niederkunft, ermessen, strafprozessordnung, anhörung, verfassungsrecht, datum

Gericht:
OLG Celle, 01. Strafsenat
Typ, AZ:
Beschluss, 1 Ws 434/11
Datum:
03.11.2011
Sachgebiet:
Normen:
StPO § 213, STPO § 304
Leitsatz:
Der Senat neigt dazu, sich entgegen OLG Celle, NStZ 1984, 72 der im Vordringen befindlichen
Auffassung anzuschließen, nach der eine Beschwerde gegen den einen Verlegungsantrag
ablehnenden Beschluss jedenfalls in Einzelfällen statthaft sein kann, etwa bei rechtswidriger, weil
ermessenfehlerhafter Ablehnung.
Volltext:
Oberlandesgericht Celle
1 Ws 434/11
62 Ns 53/11 LG Hannover
6332 Js 30237/11 StA Hannover
B e s c h l u s s
In der Strafsache
gegen D. G.,
geboren am xxxxxxxxxx 1994 in H.,
wohnhaft O., H.,
Verteidiger: Rechtsanwalt I. aus H.,
wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln
hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft durch den
Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht xxxxxxxxxx und die Richter am Oberlandesgericht xxxxxxxxxxxxxx und
xxxxxx am 3. November 2011 beschlossen:
Die Beschwerde des Verteidigers vom 1. November 2011 gegen den Beschluss des Vorsitzenden der kleinen
Jugendkammer des Landgerichts Hannover vom 31. Oktober 2011 hat sich erledigt, nachdem der Verteidiger zum
Hauptverhandlungstermin am 3. November 2011 erschienen ist.
Lediglich ergänzend bemerkt der Senat:
Der Senat neigt dazu, sich der im Vordringen befindlichen Auffassung anzuschließen, nach der eine Beschwerde
gegen den einen Verlegungsantrag ablehnenden Beschluss jedenfalls in Einzelfällen statthaft sein kann, etwa bei
rechtswidriger, weil ermessenfehlerhafter Ablehnung (vgl. zum Ganzen etwa LRJäger, StPO, 26. Aufl., § 213 Rn. 16.
KKGmel, 6. Aufl., § 213 Rn. 6. MeyerGoßner, Strafprozessordnung, 54. Aufl., § 213 Rn. 8. anders noch der hiesige -
frühere - 1. Strafsenat, NStZ 1984, 72). Vorliegend hätte die Beschwerde jedenfalls in der Sache aber keinen Erfolg
gehabt. Zwar lässt die angefochtene Entscheidung nicht erkennen, dass bzw. wie der Vorsitzende bei Ablehnen des
Verlegungsantrags sein Ermessen ausgeübt hat. Insoweit wäre das Darstellen einer Abwägung zwischen den
Interessen des Antragstellers einerseits und denen am Aufrechterhalten des Termins andererseits (etwa
Kammerbelastung, Beschleunigung, Umfang von Umladungen und dergl.) erforderlich gewesen. Der Senat als
Beschwerdegericht kann das allein vom Vorsitzenden auszuübende Ermessen nicht ersetzen. Der Antragsteller
selbst hat jedoch im Rahmen seines erneuten, mit der Beschwerde verbundenen Verlegungsantrags erklärt, er
befinde sich wegen der erwarteten Niederkunft seiner Freundin am Terminstag - sozusagen auf Abruf - in seinen
Kanzleiräumen. Weshalb er dann nicht auch an der Hauptverhandlung soll teilnehmen können, erschließt sich nicht.
Der Senat geht hierbei davon aus, dass im Falle der Niederkunft der Lebensgefährtin des Verteidigers am
anberaumten Verhandlungstag der Termin selbstredend noch kurzfristig aufgehoben oder die bereits begonnene
Hauptverhandlung unterbrochen worden wäre. Im Übrigen ist es zumindest senatsbekannt, dass auch
Richterkollegen am Tag der Niederkunft ihrer Ehefrau den Kreißsaal zumindest vorübergehend verlassen haben, um
an einer notwendigen Hauptverhandlung teilzunehmen. Weshalb dies nicht auch für Verteidiger gelten soll, erschließt
sich ebenfalls nicht.
xxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxx xxxxxx