Urteil des OLG Celle vom 30.06.2011

OLG Celle: getrennt lebende ehefrau, zustellung, einstweilige verfügung, vollziehung, vollstreckung, polizei, gerichtssprache, versicherung, offenkundig, abstammung

Gericht:
OLG Celle, 10. Zivilsenat
Typ, AZ:
Beschluss, 10 WF 176/11
Datum:
30.06.2011
Sachgebiet:
Normen:
FamFG § 78 Abs 2
Leitsatz:
1. Für die Stellung eines Antrages auf einstweilige Anordnung von Gewaltschutzmaßnahmen gemäß §
1 GewSchG, der sich auf die Darstellung der Antragstellerin sowie eine Urkunde über von dieser bei
der Polizei gemachte Angaben stützt, ist die Beiordnung eines Rechtsanwaltes nicht erforderlich.
2. Die Notwendigkeit einer Anwaltsbeiordnung für derartige Anträge kann auch nicht aus einem
zusätzlichen Handlungserfordernis im Hinblick auf die Zustellung oder Vollziehung des ergangenen
Beschlusses hergeleitet werden.
3. Die Notwendigkeit einer Anwaltsbeiordnung kann schließlich nicht allein damit begründet werden,
die Antragstellerin sei ´Ausländerin´ bzw. beherrsche die deutsche Sprache nicht perfekt.
Volltext:
10 WF 176/11
601 F 2081/11 Amtsgericht Hannover
Beschluß
In der Familiensache
T. J., …,
Antragstellerin und Beschwerdeführerin,
Verfahrensbevollmächtigte:
Anwaltsbüro L. & Coll., …,
Geschäftszeichen: …
gegen
F. G., …,
Antragsgegner,
hat der 10. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle auf die sofortige Beschwerde der
Antragstellerin gegen den eine Anwaltsbeiordnung im Rahmen der bewilligten Verfahrenskostenhilfe versagenden
Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Hannover vom 3. Mai 2011 durch den Vorsitzenden Richter am
Oberlandesgericht W., den Richter am Oberlandesgericht H. und die Richterin am Amtsgericht C. am 30. Juni 2011
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin ist die seit acht Jahren in Deutschland sowie seit 2009 getrennt lebende Ehefrau des
Antragsgegners und erstrebt im vorliegenden Verfahren zum wiederholten Male - im Wege einstweiliger Anordnung
diesem gegenüber Gewaltschutzmaßnahmen gemäß § 1 GewSchG. zwischen den Eheleuten sind allein seit 2009
insgesamt mindestens sieben weitere familienrechtliche Verfahren vor dem Amtsgericht Hannover geführt worden
bzw. noch rechtshängig, davon mindestens vier weitere Verfahren, in denen (soweit nach dem bis zum 31. August
2009 maßgeblichen Recht: auch) einstweilige Anordnungen Gegenstand waren.
Zur Begründung ihrer - in erheblichen Teilen auch auf den gemeinsamen Sohn der Beteiligten bezogenen -
Gewaltschutzanträge hat sie einen sechsseitigen Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten, zwei ausführliche, im
Original in deutscher Sprache verfaßte eidesstattliche Versicherungen vom 29. April und 2. Mai 2011, in denen u.a.
auch ausdrücklich die Richtigkeit des von der Verfahrensbevollmächtigten gefertigten Schriftsatzes versichert wird,
sowie eine von ihr ohne Hinzuziehung eines Dolmetschers - vor einem örtlichen Polizeirevier in deutscher Sprache
gemachte und als ´gelesen, genehmigt und unterschrieben´ abgezeichnete ausführliche Aussage vorgelegt. In der
Antragsschrift hat sie angegeben, sich in Deutschland etabliert zu haben, von Beruf Lehrerin zu sein und bereits in
der Vergangenheit erfolgreich Deutschkurse absolviert zu haben.
Für das Anordnungsverfahren hat sie schließlich um Verfahrenskostenhilfe (VKH) unter Beiordnung ihrer
Verfahrensbevollmächtigten nachgesucht.
Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 3. Mai 2011, auf den ergänzend Bezug genommen wird, der Antragstellerin
teilweise - nämlich soweit nach § 3 GewSchG hinsichtlich des Sohnes Gewaltschutzanordnungen nicht in Betracht
kommen - VKH versagt und im übrigen - für den sie selbst betreffenden Teil der Gewaltschutzanträge, der durch das
Amtsgericht in einer vollstreckungsfähigen Weise umformuliert worden ist - VKH bewilligt, die Beiordnung einer
Rechtsanwältin jedoch auch insofern unter Hinweis auf § 78 Abs. 2 FamFG wegen fehlender Erforderlichkeit
abgelehnt, da die Rechtssache keine besondere Schwierigkeit tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist.
Im Umfang der VKHBewilligung hat das Amtsgericht durch weiteren Beschluß vom 3. Mai 2011 die erstrebte
(umformulierte) einstweilige Anordnung erlassen und durch Zulassung der Vollstreckung vor Zustellung deren
sofortige Wirksamkeit herbeigeführt. es hat zugleich auch - als Eilsache und unter Hinweis auf die Unabhängigkeit
von einem Kostenvorschuß aufgrund VKHBewilligung - die Übermittlung einer vollstreckbaren Beschlußausfertigung
an die - zudem vorab per Fax informierte - Gerichtsvollzieherverteilerstelle zum Zwecke der Zustellung veranlaßt.
Der Antragsgegner hat sich - wie auch schon im vorangegangenen Gewaltschutzverfahren - in keiner Weise gegen
die ergangene Gewaltschutzanordnung zur Wehr gesetzt.
(Allein) gegen die Ablehnung der Anwaltsbeiordnung richtet sich die form und fristgerecht eingelegte sofortige
Beschwerde der Antragstellerin. Sie macht geltend, das Amtsgericht ´verkenne´, daß sie Ausländerin und ´der
deutschen Sprache nicht mächtig´ sei, insbesondere könne sie sich ´selbstverständlich in den Feinheiten der
Gerichtssprache nicht ausdrücken geschweige denn einen Antrag auf Unterlassung, wie … für sie gestellt …, …
formulieren´. ´daher ist in einem solchen Fall, wo ein Mandant Ausländer ist, die Beiordnung eines Rechtsanwaltes
geboten.´ Dies gelte ´um so mehr, wo das Gericht nicht den vollen Antrag stattgegeben hat, sondern nur Teile des
Antrages. Auch die Vollziehung der Vollstreckung ist für die Mandantin nahezu aussichtslos´.
Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 9. Juni 2011 der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat
vorgelegt. es hat bei seiner Nichtabhilfe insbesondere auf die forensischen Erfahrungen der Antragstellerin aus den
zahlreichen vergleichbaren Verfahren hingewiesen sowie auf die auch aus diesen anderen Verfahren bekannten und
sogar formal durch entsprechende bestandene Prüfungen belegten Deutschkenntnisse. insgesamt sei es ihr ohne
weiteres möglich und zumutbar gewesen, den erforderlichen Antrag unter Angabe des einfachen Sachverhalts nebst
eidesstattlicher Versicherung bei der Rechtsantragsstelle des örtlichen Amtsgerichtes aufnehmen zu lassen.
Der Einzelrichter hat das Verfahren zur Entscheidung auf den Senat übertragen.
II.
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist jedenfalls nicht begründet. Zutreffend hat das Amtsgericht der
Antragstellerin für das vorliegende Anordnungsverfahren die begehrte Beiordnung ihrer Verfahrensbevollmächtigten
versagt.
In Familiensachen, die weder Ehesachen noch Familienstreitsachen sind und in denen daher die Vertretung durch
einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben ist, erfolgt im Rahmen bewilligter Verfahrenskostenhilfe (VKH) die
Beiordnung eines Rechtsanwaltes nach § 78 Abs. 2 FamFG nur dann, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Sach
und/oder Rechtslage erforderlich erscheint. die Erforderlichkeit ist dabei im Hinblick auf die - objektiven wie
subjektiven - Umstände des Einzelfalles danach zu beurteilen, ob ein bemittelter Rechtssuchender in der Lage des
Unbemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragen würde
(BGHZ 186, 70 ff.).
Im Streitfall sind weder in objektiver noch in subjektiver Hinsicht Grundlagen dafür gegeben, von einer die
Beiordnung eines Rechtsanwaltes gebietenden Schwierigkeit der Sach und/oder Rechtslage auszugehen. auch ein
Beteiligter, der selbst zur Aufbringung der entstehenden Kosten in der Lage wäre, hätte vorliegend vernünftigerweise
die Beauftragung eines Rechtsanwaltes nicht für erforderlich erachtet.
1. Im vorliegenden Verfahren war für die Antragstellerin - auch aus heutiger Sicht - allein ein entsprechender Antrag
zu stellen, wie dies auch tatsächlich durch ihre Verfahrensbevollmächtigte (wenn auch versehen mit zahlreichen
zusätzlichen unzulässigen Antragsteilen) erfolgt ist. Ihr war - schon aus dem durch die Polizei bei ihrer
vorangegangenen Anzeigeerstattung wie stets ausgehändigten Merkblatt konkret die Möglichkeit bekannt, einen
solchen Antrag kostenfrei durch die Rechtsantragsstelle des Amtsgerichtes aufnehmen zu lassen, wobei zudem
auch sämtliche etwa erforderliche Hilfestellungen hinsichtlich formaler oder praktischer Erfordernisse erfolgen
(Beifügung der entsprechenden eidesstattlichen Versicherung. Antragstellung hinsichtlich VKH usw.). Dem Senat ist
aus zahlreichen angefallenen Verfahren bekannt, daß von dieser Möglichkeit auch tatsächlich in erheblichem
Umfang Gebrauch gemacht wird, darunter auch von Beteiligten mit zeitnahem ´Migrationshintergrund´. es ist weiter
senatsbekannt, daß die auf diese Weise eingeleiteten Verfahren jedenfalls nicht weniger erfolgreich sind als
vergleichbare, die auf Anwaltsschriftsätzen beruhen.
Vorliegend war auch der für das konkrete Gewaltschutzverfahren maßgebliche Sachverhalt denkbar einfach. die
Antragstellerin war zur eigenen Wiedergabe dieses Sachverhaltes auch völlig unproblematisch ohne weiteres in der
Lage - das ergibt sich bereits aus ihrer entsprechenden und ohne Hinzuziehung eines Dolmetschers bei der örtlichen
Polizei gemachten Aussage, deren Niederschrift sie zudem - wie tatsächlich auch über ihre
Verfahrensbevollmächtigte erfolgt - vorlegen konnte. Im übrigen war der - erheblich forensisch erfahrenen -
Antragstellerin auch noch aus dem bereits vorangegangenen Gewaltschutzverfahren durchaus bekannt, worauf es
für eine erneute Antragstellung maßgeblich ankam.
Insofern entspricht die Sachlage vorliegend in den maßgeblichen Parametern auch weitestgehend derjenigen, für die
der Senat bereits mit Beschluß vom 1. Juli 2010 (10 WF 215/10 - FamRZ 2010, 2005 f. = NdsRpfl 2010, 358 f =
FPR 2010, 579 f.) die Notwendigkeit einer Anwaltsbeiordnung verneint hat.
2. Zusätzliche Gesichtspunkte, die im Streitfall dennoch die Notwendigkeit einer Anwaltsbeiordnung begründen
könnten, sind weder dargetan noch ersichtlich.
a. Dies gilt namentlich schon, soweit die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin auf eine - von ihr gesondert
für notwendig erachtete - ´Vollziehung der Vollstreckung´ abstellen will. ein irgend geartetes weiteres Handeln der
Antragstellerin nach Beschlußerlaß war und ist jedoch - entgegen der Annahme ihrer Verfahrensbevollmächtigten -
nicht erforderlich (und ist zudem offenkundig auch in der Folgezeit nicht etwa durch die Verfahrensbevollmächtigte
erfolgt). Die Notwendigkeit einer Anwaltsbeiordnung für Anträge auf einstweilige Anordnung von
Gewaltschutzmaßnahmen kann daher auch nicht aus einem zusätzlichen Handlungserfordernis im Hinblick auf die
Zustellung oder Vollziehung des ergangenen Beschlusses hergeleitet werden.
Bei einer ohne mündliche Erörterung erlassenen einstweiligen Anordnung über Gewaltschutzmaßnahmen wie
vorliegend gegenständlich gilt nach § 214 Abs. 2 1. Halbsatz FamFG der Antrag auf Erlaß der Anordnung zugleich
ausdrücklich als Auftrag zur Zustellung und Vollziehung durch den Gerichtsvollzieher unter Vermittlung der
Geschäftsstelle und als Auftrag zur Vollstreckung.
Im Streitfall hat das Amtsgericht - das zudem die sofortige Wirksamkeit seines Beschlusses gemäß § 53 Abs. 2
Satz 2 FamFG durch die Zulassung der Vollstreckung der einstweiligen Anordnung vor Zustellung an den
Verpflichteten nach § 53 Abs. 2 Satz 1 FamFG herbeigeführt hatte - dementsprechend unmittelbar die Zustellung
durch den Gerichtsvollzieher veranlaßt und dabei auch darauf hingewiesen, daß angesichts der bewilligten VKH die
Zustellung nicht von der Zahlung eines Kostenvorschusses abhängig gemacht werden darf. Damit waren zugleich
aber auch alle für die Antragstellerin erforderlichen Maßnahmen bereits getroffen.
Denn über die Zustellung der bereits mit einer Androhung von Ordnungsmitteln versehenen Unterlassungsverfügung
im - hier durch das Gericht lediglich vermittelten - ´Parteibetrieb´ hinaus bedurfte es im Streitfall jedenfalls auch
keiner weiteren Vollziehung, da die besagte Zustellung im Fall der Unterlassungsverfügung gerade die erforderliche
Vollziehung darstellt (vgl. für die einstweilige Verfügung nach der ZPO sowie die einstweilige Anordnung nach der
VwGO ausdrücklich BGHZ 120, 82). Anders als im Falle von Schutzanordnungen nach § 2 GewSchG bestand und
besteht im Streitfall - jedenfalls bislang - auch nicht etwa eine ersichtliche Notwendigkeit zur weiteren Vollstreckung
der Verfügung.
b. Auf den somit allein verbleibenden und von ihr auch zentral in den Vordergrund gestellten Gesichtspunkt ihrer
´Eigenschaft´ als ´Ausländerin´ bzw. (allenfalls) geminderter Beherrschung der deutschen Sprache kann sich die
Antragstellerin schließlich nicht erfolgreich zur Begründung der Notwendigkeit einer Anwaltsbeiordnung stützen.
aa. Dabei kann zunächst einmal der bloßen Tatsache ihrer ausländischen Staatsbürgerschaft für sich in keiner
nachvollziehbaren Weise auch nur eine irgend geartete Relevanz für die Frage der Anwaltsbeiordnung abgewonnen
werden - die apodiktische Setzung ´in einem … Fall, wo ein Mandant Ausländer ist, [ist] die Beiordnung eines
Rechtsanwaltes geboten´ ist lediglich abwegig.
bb. Der Senat hat weiter bereits in seiner Entscheidung vom 1. Juli 2010 (a.a.O.) insofern Zweifel angemeldet, ob -
ggf. durch einen Dolmetscher zu behebende - sprachliche Schwierigkeiten überhaupt durch die Beiordnung einer -
auch im Streitfall nicht erkennbar über irgendwelche Kenntnisse in der Muttersprache der Antragstellerin verfügenden
- Verfahrensbevollmächtigten beeinflußt und gar behoben oder auch nur gemindert werden können.
Unabhängig davon wird - soweit nach aktueller Recherche bei juris ersichtlich - auch in der Rechtsprechung in
keinem Fall auch nur ansatzweise die Auffassung vertreten, die Notwendigkeit einer Anwaltsbeiordnung könne sich
isoliert aus eingeschränkten Fähigkeiten eines Beteiligten hinsichtlich der deutschen Sprache ergeben. Vielmehr
kann diesem Aspekt allein dann eine - verstärkende - Bedeutung zukommen, wenn bereits andere Gesichtspunkte
erheblich für die Annahme einer Beiordnungsnotwendigkeit streiten (vgl. etwa OLG Celle [17. Zivilsenat] - Beschluß
vom 11. November 2009 - 17 WF 131/09 - FamRZ 2010, 582 = NJW 2010, 1008 f. [die Tatsache, daß die im
Umgangsverfahren streitenden Kindeseltern ´der deutschen Sprache nicht mächtig sind´ wird lediglich am Rande
erwähnt]. OLG Hamburg - Beschluß vom 2. Juli 2010 - 12 WF 137/10 - FamRZ 2011, 129 = AGS 2011, 241 [´zudem
hat der Beteiligte aufgrund seiner chilenischen Abstammung Schwierigkeiten insbesondere mit der chilenischen
Abstammung´ in einem Vaterschaftsanfechtungsverfahren]. OLG Hamburg - Beschluß vom 23. März 2010 - 10 WF
91/09 - FamRZ 2010, 1459 f. [die Tatsache ´mangelnder Sprachkenntnisse´ wird lediglich als möglicher Grund für die
im Umgangsregelungsverfahren nicht wie erhofft erhaltene Unterstützung durch das Jugendamt erwähnt]. OLG
Schleswig - Beschluß vom 10. Dezember 2009 - 10 WF 199/09 - FamRZ 2010, 826 f. [´es kommt als …
beachtliches subjektives Kriterium hinzu, daß … die Antragstellerin türkischstämmig [ist und] … nicht davon
ausgegangen werden [kann], daß die Antragstellerin in der Lage … wäre, die gebotenen Schritte zur Wahrnehmung
ihrer Rechte eigenständig zu unternehmen und ihr Anliegen dem Gericht ausreichend schriftlich dazulegen´. ob diese
Entscheidung, die ´grundsätzlich´ von einer erforderlichen Anwaltsbeiordnung wegen der existentiellen Bedeutung
einer Kindschaftssache ausgeht, nicht ohnehin durch BGHZ 186, 70 - nach dessen Leitsatz 1 eine Herausbildung
von Regeln, nach denen für bestimmte Verfahren immer oder grundsätzlich eine Beiordnung zu erfolgen hat,
regelmäßig nicht zulässig ist - überholt ist, kann hier dahinstehen]. KG - Beschluß vom 14. Januar 2010 - 19 WF
136/09 - FamRZ 1020, 1460 = NJWRR 2010, 1157 [wonach persönliche Gründe des Antragstellers - der im
Verfahren bezüglich des Aufenthaltsbestimmungsrechtes u.a. auch ´bei Aufregung der deutschen Sprache nicht
völlig fehlerfrei mächtig´ war - eine Beiordnung nicht rechtfertigen können sollen, ist jedenfalls durch BGHZ 186,70
überholt]).
cc. Insbesondere ist im Streitfall aber schließlich nicht einmal ansatzweise erkennbar oder dargetan, daß die
Antragstellerin überhaupt aus sprachlichen Gründen in der Wahrnehmungsmöglichkeit ihrer Rechte für das
vorliegende Verfahren auch nur beeinträchtigt wäre.
Sie lebt seit acht Jahren in Deutschland und nimmt ausdrücklich in Anspruch, hier gut ´etabliert´ zu sein. jedenfalls
noch in der Antragsschrift und den dabei vorgelegten eidesstattlichen Erklärungen gibt sie ausdrücklich an, deutsch
gelernt zu haben bzw. erfolgreich Deutschkurse absolviert zu haben. Sie hat - bereits in früheren Verfahren -
angegeben, Lehrerin zu sein und als solche hier ehrenamtlich an einer kurdischen Sprachförderungsschule tätig zu
sein. weiter, die Prüfung in Deutsch B1 erfolgreich bestanden zu haben. das Bestehen dieser Prüfung ermöglicht
etwa eine Einbürgerung und wird dahin beschrieben, daß ´das entsprechende Zertifikat belegt, daß die deutsche
Sprache kompetent in vielen Situationen des Alltags und auch im Beruf gut angewendet werden kann. Man kann
gängige Situationen, in denen die deutsche Sprache erforderlich ist, ohne Probleme bewältigen´ (vgl.
http://www.deutschakademie.de/muenchen/sprachpruefungen_
zertifikat.htm).
Konkret hat sie sowohl gegenüber der Polizei im Rahmen einer ausführlichen ohne Hinzuziehung eines
Dolmetschers verfaßten - Aussage als auch gegenüber ihrer Anwältin den gesamten verfahrensgegenständlichen
Streitstoff unproblematisch mitteilen können und hat zwei ausführliche diesbezügliche eidesstattliche Erklärungen in
deutscher Sprache abgegeben. Es ist mithin nichts dafür ersichtlich, daß sie nicht auch in der Lage (gewesen) wäre,
die maßgeblichen Sachverhalte bei der Rechtsantragstelle entsprechend vorzutragen. Das wird im übrigen auch von
der Antragstellerin selbst tatsächlich gar nicht in Abrede genommen, die über ihre Verfahrensbevollmächtigte
vielmehr lediglich geltend macht, ´sich … in den Feinheiten der Gerichtssprache nicht ausdrücken´ bzw. ´einen
Antrag auf Unterlassung, wie wir ihn für sie gestellt haben, nicht formulieren´ zu können. Weder derartige ´Feinheiten
der Gerichtssprache´ noch eine abschließende Formulierung des Antrages waren jedoch seitens der Antragstellerin
erforderlich - letzteres wird nicht zuletzt dadurch deutlich, daß gerade im Streitfall der Antrag einen zulässigen
Wortlaut ohnehin erst durch die nicht unerhebliche Umformulierung der Amtsrichterin erhalten hat.
Von einer zwingenden Notwendigkeit perfekter Beherrschung der deutschen Schriftsprache im gerichtlichen
Verfahren geht im übrigen ganz offenkundig auch die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin selbst nicht aus.
W. H. C.