Urteil des OLG Celle vom 13.02.2012

OLG Celle: rücknahme, verfahrensrecht, scheidungsverfahren, veröffentlichung, verweigerung, offenkundig, anfechtung, unrichtigkeit, hauptsache, unterhalt

Gericht:
OLG Celle, 10. Zivilsenat
Typ, AZ:
Beschluss, 10 WF 30/12
Datum:
13.02.2012
Sachgebiet:
Normen:
FGGReformG Art 111, FamFG § 57, FamFG § 113 Abs 1 S 2, ZPO § 269 Abs 5
Leitsatz:
1. Ein im Rahmen eines vor dem 1. September 2009 eingeleiteten Scheidungsverbundverfahrens
geführtes unselbständiges Verfahren auf einstweilige Anordnung zum Trennungsunterhalt ist ab dem
1. September 2010 jedenfalls dann zum selbständigen Verfahren geworden, wenn für das die
Folgesache Versorgungsausgleich mitumfassende Scheidungsverbundverfahren zu diesem Zeitpunkt
nach Art. 111 Abs. 5 FGGReformG das seit dem 1. September 2009 geltende Verfahrensrecht
maßgeblich geworden ist und das Anordnungsverfahren danach noch weiterbetrieben wurde.
2. Die isolierte Kostenentscheidung in einem einstweiligen Anordnungsverfahren, das nicht die in § 57
Satz 2 FamFG bezeichneten Gegenstände betrifft, ist auch dann unanfechtbar, wenn sie nach §§ 113
Abs. 1 Satz 2 FamFG, 269 Abs. 5 ZPO grundsätzlich in Betracht käme.
Volltext:
10 WF 30/12
626 F 4774/06 Amtsgericht Hannover
Beschluss
In der Familiensache
L. G.,
Antragsteller und Beschwerdeführer,
Verfahrensbevollmächtigter:
Rechtsanwalt Dr. G. S.
gegen
I. G.,
Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin,
Verfahrensbevollmächtigte:
Anwaltsbüro D. + v. H.,
hat der 10. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am
Oberlandesgericht W. und die Richter am Oberlandesgericht G. und H. am 13. Februar 2012 beschlossen:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Hannover vom 22.
Dezember 2011 wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.
Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren: Gebührenstufe bis 2.500 €
G r ü n d e :
I.
Im Verfahren 626 F 4774/06 AG Hannover hat der Antragsteller mit am 6. Oktober 2006 beim Amtsgericht
eingegangenem Schriftsatz die Scheidung der am 30. Januar 1990 geschlossenen Ehe der Beteiligten beantragt. Ein
amtsgerichtliches Urteil vom 17. Juli 2009, mit dem unter Abtrennung der Folgesache nachehelicher Unterhalt die
Ehe der Beteiligten geschieden worden war, hat der Senat mit Urteil vom 24. November 2009 aufgehoben und die
Sache an das Amtsgericht zurückverwiesen. Einer im Rahmen des Berufungsverfahrens vom
Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers erklärten Rücknahme des Scheidungsantrages hatte die
Antragstellerin widersprochen, so daß das Scheidungsverfahren dadurch nicht beendet wurde.
Am 19. Oktober 2009 hat die Antragsgegnerin in der Hauptsache (626 F 5322/09 AG Hannover) wie im Wege
einstweiliger Anordnung (626 F 5323/09 AG Hannover) die Verpflichtung des Antragstellers zu Trennungsunterhalt
begehrt. das diesbezüglich zunächst gesondert geführte Verfahren auf einstweilige Anordnung ist vom Amtsgericht
zum Scheidungsverfahren verbunden, dort als Sonderheft geführt worden, und dem Antrag ist mit Beschluß vom 15.
Januar 2010 teilweise stattgegeben worden. Am 30. Mai 2011 hat der Ehemann beantragt, die einstweilige
Anordnung zum Trennungsunterhalt ´aufzuheben´, und dazu in der Folgezeit zur Unrichtigkeit der zugrundeliegenden
eidesstattlichen Versicherungen der Ehefrau vorgetragen. das Amtsgericht hat die Staatsanwaltschaft um Prüfung
der geltend gemachten Vorwürfe gebeten, über den Antrag auf Änderung der einstweiligen Anordnung bislang aber
noch nicht entschieden.
Nachdem der Antragsteller am 30. September 2011 im Wege eines Stufenantrages auch die Folgesache Güterrecht -
zunächst mit einem Auskunftsantrag - anhängig gemacht hatte, hat der Verfahrensbevollmächtigte der
Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 22. November 2011 erklärt, nunmehr ausdrücklich der Rücknahme des
Scheidungsantrages vom 4. November 2009 zuzustimmen. Das Amtsgericht hat daraufhin mit Beschluß vom 5.
Dezember 2012 festgestellt, daß die Rücknahme des Scheidungsantrages nunmehr wirksam geworden sei, sowie -
auf dahin verstandenen Antrag der Antragsgegnerin - die Kosten des Verfahrens dem Antragsteller auferlegt. Auf die
sofortige Beschwerde des Antragstellers hin hat der Senat mit parallelem Beschluß vom 13. Februar 2012 (10 UF
4/12 - zur Veröffentlichung bestimmt) diesen Beschluß aufgehoben, da die seinerzeit vom Antragsteller erklärte
Antragsrücknahme durch die Verweigerung der erforderlichen Zustimmung seitens der Antragsgegnerin wirkungslos
geworden war.
Mit weiterem Beschluß vom 22. Dezember 2011 hat das Amtsgericht - wiederum unter Hinweis auf die Zustimmung
der Antragsgegnerin zur Rücknahme des Scheidungsantrages durch den Antragsteller - dem Antragsteller auch die
Kosten des einstweiligen Anordnungsverfahrens auferlegt.
Gegen diesen, am 4. Januar 2012 an die Verfahrensbeteiligten abgesandten Beschluß hat der Antragsteller am 13.
Januar 2012 Beschwerde eingelegt, mit der er das Fehlen jeglicher Begründung rügt und auf die Beschwerde in der
Ehesache hinweist. das Amtsgericht hat die Beschwerde dem Senat vorgelegt.
II.
1. Für das vorliegende Beschwerdeverfahren ist das zum 1. September 2009 in Kraft getretene Verfahrensrecht
maßgeblich.
Dabei kann dahinstehen, ob das Amtsgericht tatsächlich das nach dem 1. September 2009 parallel zu einem
entsprechenden Hauptsacheverfahren eingeleitete vorliegende Verfahren betreffend eine einstweilige Anordnung über
Trennungsunterhalt zum damals anhängigen und noch dem vor dem 1. September 2009 unterliegenden
Scheidungsverbundverfahren verbinden durfte.
Jedenfalls nämlich mit dem 1. September 2010, zu dem auch für das - auch die Folgesache Versorgungsausgleich,
über die noch keine erstinstanzliche Endentscheidung ergangen war, umfassende - Scheidungsverbundverfahren
gemäß Art. 111 Abs. 5 FGGReformG das zum 1. September 2009 in Kraft getretene Verfahrensrecht maßgeblich
wurde, ist das vorliegende, damals nicht bereits abgeschlossene Anordnungsverfahren wieder zur selbständigen
Familiensache geworden.
2. Mithin handelt es sich bei dem Beschluß des Amtsgerichts vom 22. Dezember 2011 um die isolierte
Kostenentscheidung in einer selbständigen Familienstreitsache. Gegen eine solche wäre zwar nach §§ 113 Abs. 1
Satz 2 FamFG, 91a, 269 Abs. 5 ZPO grundsätzlich die sofortige Beschwerde eröffnet.
Dem steht jedoch im Streitfall durchgreifend entgegen, daß die Kostenentscheidung in einem Einstweiligen
Anordnungsverfahren ergangen ist, für welches § 57 Satz 1 FamFG - da ein Gegenstand des Kataloges in Satz 2
der Norm offenkundig nicht vorliegt - die Beschwerde ausschließt. dieser Ausschluß der Beschwerde erstreckt sich
nach - soweit ersichtlich - einhelliger Auffassung in obergerichtlicher Rechtsprechung und Schrifttum, der sich der
Senat anschließt, auch auf eine Anfechtung
der Kostenentscheidung (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluß vom 18. Oktober 2010
2 WF 123/10 - FamRZ 2011, 496 f. OLG Hamburg, Beschluß vom 26. November 2010 - 7 UF 154/10 - MDR 2011,
104 = FamRZ 2011, 752 (dort nur LS). KG, Beschluß vom 16. Dezember 2010 - 16 UF 151/10 - MDR 2011, 232 =
FamRZ 2011, 577. OLG Zweibrücken, Beschluß vom 15. Juni 2011 - 2 WF 25/11 - FamRZ 2012, 50. Keidel16–
Giers, FamFG § 57 Rz. 3. Zöller29Feskorn, FamFG § 57 Rz. 3. MüKoZPO3–Schindler, FamFG § 81 Rz. 78.
SchulteBunert/Weinreich2–Schwonberg, FamFG § 57 Rz. 15).
W. G. H.