Urteil des OLG Celle vom 06.07.2006

OLG Celle: ergänzung, zivilprozessordnung, beschränkung, zwangsvollstreckung, einzelrichter, datum, gefahr

Gericht:
OLG Celle, 07. Zivilsenat
Typ, AZ:
Beschluss, 7 W 57/06
Datum:
06.07.2006
Sachgebiet:
Normen:
ZPO § 313a, ZPO § 313b, AVAG § 30
Leitsatz:
Die nachträgliche Vervollständigung eines ohne Tatbestand und Entscheidungsgründen ergangenen
Versäumnisurteils, das sich gegen eine im Ausland ansässige Partei richtet, ist zulässig.
Volltext:
7 W 57/06
16 O 346/05 Landgericht Hannover
B e s c h l u s s
In der Beschwerdesache
F. T., ...
Kläger und Beschwerdeführer,
Verfahrensbevollmächtigte:
Rechtsanwälte L., ...
gegen
V. GmbH,
Beklagte und Beschwerdegegnerin,
Verfahrensbevollmächtigte:
Rechtsanwälte E., ...
hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Richter am Oberlandesgericht ... als Einzelrichter am 6.
Juli 2006 beschlossen:
Die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 2. Juni 2006 gegen den Beschluss der Einzelrichterin der 16.
Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 23. Mai 2006 - betreffend die Ergänzung des Versäumnisurteils vom
23. März 2006 - wird zurückgewiesen.
Gründe
Die Beklagte wendet sich gegen die mit dem angefochtenen Beschluss erfolgte Ergänzung eines Versäumnisurteils
um Tatbestand und Entscheidungsgründe.
I.
Das Landgericht hat am 23. März 2006 ein Versäumnisurteil mit den Erleichterungen gemäß § 313 b Abs. 1 ZPO
gegen die in Ö. ansässige Beklagte verkündet. Nach Hinweis der Beklagten beantragte der Kläger die
Vervollständigung des Versäumnisurteils mit Schriftsatz vom 15. Mai 2006. Dem kam das Landgericht mit dem
angefochtenen Beschluss nach. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Beklagten. Auf die
Beschwerdebegründung wird Bezug genommen.
II.
1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig.
Insbesondere ist die Beklagte beschwert. Das ursprünglich verkündete Versäumnisurteil hätte gemäß §§ 313 a Abs.
4 Nr. 5, 313 b Abs. 3 ZPO mit Tatbestand und Entscheidungsgründen versehen sein müssen. Dies ist im
allgemeinen für die Vollstreckung des Urteils im Ausland erforderlich (MusielakMusielak, ZPO, 4. Aufl., § 313 a Rn
1, § 313 b Rn 5). Erst durch die gemäß § 30 Abs. 1 AVAG erfolgte Vervollständigung sieht sich die Beklagte der
ernstlichen Gefahr einer Zwangsvollstreckung ausgesetzt.
2. Die sofortige Beschwerde ist hingegen unbegründet.
Die Vervollständigung des Versäumnisurteils vom 23. März 2006 ist wirksam und begegnet keinen rechtlichen
Bedenken.
a) Die Vervollständigung ist nicht fristgebunden. § 30 AVAG - auf den § 313 a Abs. 5 ZPO verweist - setzt wie die
anderen in Abschnitt 8 des AVAG genannten Vorschriften keine Frist voraus, binnen derer eine Vervollständigung
beantragt werden muss. Gleiches gilt für die Regelungen in der Zivilprozessordnung.
Insbesondere ist eine - fristgebundene - Ergänzung des Urteils gem. § 321 ZPO nicht erfolgt. Die Voraussetzungen
des § 321 Abs. 1 ZPO liegen nicht vor, da das Landgericht weder einen Haupt oder Nebenanspruch oder
Kostenpunkt ganz oder teilweise übergangen hat.
b) Die Vervollständigung ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht deshalb unzulässig, weil das nicht mit
Tatbestand und Entscheidungsgründen versehene Urteil - nur - durch das Rechtsmittelgericht aufzuheben wäre. Die
Zulässigkeit der Vervollständigung ergibt sich bereits daraus, dass sie im Gesetz (§§ 313 a Abs. 5 ZPO, 30 AVAG)
vorgesehen ist. Die Kommentierung bei Musielak bezieht sich ersichtlich auf eine andere Fallgestaltung.
c) Die Vervollständigung ist nicht deswegen unzulässig, weil der Auslandsbezug bei Absetzung des
Versäumnisurteils zu erkennen war. Die gesetzlichen Vorschriften enthalten keine entsprechende Bestimmung. Eine
Beschränkung der Vervollständigungsregelung auf die Fälle, in denen bei Abfassung des Versäumnisurteils der
Auslandsbezug nicht ersichtlich ist, sondern sich erst nachträglich im Laufe des Verfahrens herausstellt, ist nicht
gegeben.
§ 313 a Abs. 5 ZPO enthält - wie § 30 AVAG - eine solche oder eine andere damit in Zusammenhang stehende
Einschränkung nicht.
§ 313 b Abs. 3 ZPO läßt sich nur entnehmen, dass ein Absehen von Tatbestand und Entscheidungsgründen nicht in
Betracht kommt, wenn „zu erwarten ist, dass das Versäumnisurteil ... im Ausland geltend gemacht werden soll“.
Eine Aussage über die Zulässigkeit der Vervollständigung wird damit nicht getroffen.
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