Urteil des OLG Celle vom 08.10.2002
OLG Celle: ende der frist, nachträgliche bewilligung, grundstück, vergleich, zwangsversteigerung, beendigung, eigentümer, erlass, prozess, einzelrichter
Gericht:
OLG Celle, 06. Zivilsenat
Typ, AZ:
Beschluß, 6 W 119/02
Datum:
08.10.2002
Sachgebiet:
Normen:
ZPO § 114
Leitsatz:
Wird ein Rechtstreit durch Vergleich beendet, so kommt eine nachträgliche Bewilligung von
Prozesskostenhilfe nicht in Betracht, wenn die inhaltlich richtigen und vollständigen Unterlagen über
die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erstmals im Beschwerdeverfahren nach Abschluss
des Vergleichs eingereicht werden, auch wenn der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und
die Prozesskostenhilfe versagende Entscheidung des Landgerichts zeitlich vor Vergleichsschluss
lagen. Maßgebend ist vielmehr der Zeitpunkt der Bewilligungsreife.
Volltext:
6 W 119/02 5 O 177/01 Landgericht Lüneburg B e s c h l u s s In dem Rechtsstreit pp. hat der 6. Zivilsenat
des Oberlandesgerichts Celle auf die Beschwerde des Klägers zu 1 vom 23. September 2002, die als sofortige
Beschwerde gegen den Beschluss der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 19. August
2002 aufzufassen ist, durch den Richter am Oberlandesgericht ############## als Einzelrichter am 8. Oktober
2002 beschlossen: Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen. Gründe Die sofortige Beschwerde ist zulässig,
aber unbegründet. Die Frist für die Einlegung der sofortigen Beschwerde von einem Monat gem. § 569 Abs. 1 S. 1
i. V. m. § 127 Abs. 2 S. 3 ZPO ist gewahrt. Der Prozesskostenhilfe versagende Beschluss des Landgerichts vom
19. August 2002 wurde den Prozessbevollmächtigten des Beschwerdeführers am 21. August 2002 zugestellt (Bl.
183 d. A.). Da das Ende der Frist mit dem 21. September 2002 auf einen Sonnabend fiel, endete die Frist gem. §
222 Abs. 2 ZPO mit Ablauf des nächsten Werktages. Dies war hier Montag, der 23. September 2002. An diesem
Tag ist die Beschwerde beim Landgericht eingegangen (Bl. 16 des PKH-Heftes). Die sofortige Beschwerde ist jedoch
unbegründet. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gem. § 114 ZPO kommt nicht mehr in Betracht. Hierbei kann
offen bleiben, inwieweit sich aus den vom Beschwerdeführer mit Schriftsätzen vom 23. September 2002 (Bl. 16 - 18
PKH-Heft) und 4. Oktober 2002 (Bl. 21 - 42 PKH-Heft) vorgelegten Unterlagen nunmehr ein Nachweis ergibt, dass
der Beschwerdeführer nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung
nicht aufbringen kann. Hier kommt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe indessen bereits deshalb nicht mehr in
Betracht, weil der Rechtsstreit durch den am 16. September 2002 vor dem Landgericht geschlossenen Vergleich
rechtskräftig abgeschlossen ist. Zweck der Prozesskostenhilfe ist es, die Prozessführung zu ermöglichen, nicht
aber, nachträglich der Partei die Kosten für einen bereits geführten Prozess oder ihrem Rechtsanwalt das Honorar zu
beschaffen (KG, FamRZ 2000, 838, 839; Zöller-Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 117 Rdnr. 2 a). Daran ändert auch der
Umstand nichts, dass der Beschwerdeführer bereits am 17. Juli 2002, d. h. noch während des laufenden Verfahrens,
Prozesskostenhilfe beantragt hatte (Bl. 155 d. A.). Zwar wirkt ein Prozesskostenhilfe bewilligender Beschluss,
soweit er hierzu keine anderweitigen Angaben enthält, in der Regel auf den Zeitpunkt der Antragstellung zurück
(Musielak-Fischer, ZPO, 3. Aufl., § 119 Rdnr. 10). Dies setzt jedoch Bewilligungsreife im Zeitpunkt des Antrages,
d. h. einen formgerechten Antrag mit inhaltlich zutreffenden und vollständigen Angaben einschließlich der dazu
gehörigen Belege voraus (Musielak, a. a. O., Rdnr. 10 f.). Wird deshalb die erforderliche Erklärung über die
persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erst nach Abschluss der Instanz vorgelegt, so kommt die Bewilligung
von Prozesskostenhilfe nicht in Betracht (OLG Celle, OLGR 1997, 33, 34; KG a. a. O.; OLG Karlsruhe, FamRZ
1999, 305; Zöller, a. a. O., Rdnr. 2 b). So lag es hier. Aufgrund der mit dem Antrag vom 17. Juli 2002 vorgelegten
Erklärung über die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse schied die Bewilligung von Prozesskostenhilfe
aus. Der Beschwerdeführer hatte unter ´G´ der Erklärung als Grundvermögen ein Grundstück, bebaut mit einem
Rohbau, mit einem Wert von 140.000 DM angegeben (Bl. 1 R PKH - Heft). Diese Erklärung enthielt weder einen
Hinweis darauf, dass der Beschwerdeführer nur Eigentümer zu ½ dieses Grundstücks ist, eine Zwangsversteigerung
bevor stand bzw. schon lief noch wurden Art und Höhe der auf dem Grundstück liegenden Belastungen mitgeteilt.
Bei dieser Sachlage hat das Landgericht mit dem angefochtenen Beschluss zu Recht Prozesskostenhilfe
verweigert, da dem Beschwerdeführer insoweit der Einsatz seines Vermögens gem. § 115 Abs. 2 ZPO i. V. m.
§ 88 BSHG zumutbar war. Das Landgericht war auch nicht verpflichtet, dem Beschwerdeführer vor Erlass seiner
Entscheidung Gelegenheit zu ergänzender Stellungnahme zu geben. Zwar muss das Gericht, wenn es die
vorgelegten Unterlagen für nicht ausreichend oder unvollständig hält, hierauf binnen angemessener Frist hinweisen
(OLG Karlsruhe, FamRZ 1991, 1458, 1459; Musielak, a. a. O., Rdnr. 11). Dafür bestand hier indessen keine
Veranlassung, da die mit dem Antrag auf Prozesskostenhilfe abgegebene Erklärung in sich vollständig und
widerspruchsfrei war. Weitere Unterlagen oder Belege wurden nicht benötigt. Schließlich hätte der Beschwerdeführer
auch noch die Möglichkeit gehabt, vor Beendigung des Rechtsstreits sofortige Beschwerde einzulegen und die
erforderlichen zusätzlichen Erklärungen über die Eigentumsverhältnisse am Grundstück, das
Zwangsversteigerungsverfahren und die auf dem Grundstück lastenden Verbindlichkeiten abzugeben. Der
Prozesskostenhilfe versagende Beschluss wurde am 21. August 2002 zugestellt (Bl. 183 d. A.). Der
Verhandlungstermin, in dem der Vergleich geschlossen wurde, fand indessen erst am 16. September 2002 statt (Bl.
185 d. A.). Statt dessen ist erst mit Schriftsatz vom 23. September 2002 die sofortige Beschwerde eingelegt
worden. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage gewesen wäre, die erforderlichen
Erklärungen bereits vor Abschluss des Vergleichs abzugeben oder zumindest darauf hinzuwirken, dass ihm das
Gericht gestattet, fehlende Unterlagen innerhalb einer bestimmten Frist nachzureichen (hierzu Zöller, a. a. O.).
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