Urteil des OLG Celle vom 10.02.2005
OLG Celle: vergütung, entschädigung, bedürfnis, rückgriff, verfahrensrecht, abrechnung, beteiligter, scheidungsverfahren, datum, verfügung
Gericht:
OLG Celle, 10. Familiensenat
Typ, AZ:
Beschluss, 10 WF 48/05
Datum:
10.02.2005
Sachgebiet:
Normen:
JVEG § 4 Abs 4 Satz 2
Leitsatz:
Bei gerichtlichen Entscheidungen des Amtsgerichts nach dem JVEG ist Beschwerdegericht im Sinne
des § 4 Abs. 4 Satz 2 JVEG auch dann das Landgericht (nicht das Oberlandesgericht), wenn das
Amtsgericht als Familiengericht entschieden hat.
Volltext:
10 WF 48/05
607 F 5865/03 Amtsgericht Hannover
B e s c h l u s s
In der Familiensache
M. K. J.,
Antragstellerin,
Verfahrensbevollmächtigte:
Rechtsanwältin Z.,
gegen
N. H. J.,
Antragsgegner,
Beteiligter:
S. S.,
Übersetzer und Beschwerdeführer,
hat der 10. Zivilsenat – Senat für Familiensachen – des Oberlandesgerichts Celle unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters am Oberlandesgericht ... sowie der Richter am Oberlandesgericht ... und ... am 10. Februar 2005
beschlossen:
Der Vorlagebeschluß des Amtsgerichts – Familiengericht – Hannover vom 1. Februar 2005 wird teilweise geändert;
das Verfahren wird dem hier zuständigen Landgericht Hannover zur Entscheidung vorgelegt.
Gründe:
I.
Der Beschwerdeführer ist vom Amtsgericht im vorliegenden Scheidungsverfahren mit am 16. Juli 2004
abgegangenem Schreiben für die Auslandszustellung der Antragsschrift, eines gerichtlichen Beschlusses sowie der
Terminsladung als Übersetzer in die lettische Sprache beauftragt worden. Seine diesbezüglich eingereichte
Rechnung hat der Kostenbeamte des Amtsgerichts - entsprechend der Stellungnahme des angehörten Vertreters der
Landeskasse - aus mehreren Gründen um rund 135 EUR gekürzt.
Die dem Beschwerdeführer zu zahlende Vergütung ist anschließend auf seinen Antrag hin auch mit Beschluß vom
10. Dezember 2004 richterlich nur in der gekürzten Höhe festgesetzt worden; zugleich hat das Amtsgericht allerdings
wegen grundsätzlicher Bedeutung die Beschwerde zugelassen.
Gegen den Festsetzungsbeschluß hat der Beschwerdeführer nunmehr Beschwerde erhoben. Er wendet sich - allein
noch - dagegen, daß das Amtsgericht in die Abrechnung je Zeile (bzw. 55 Anschlägen) einen Satz von nur 1,25 EUR
statt der begehrten 1,85 EUR eingestellt hat. Er ist insofern der Ansicht, daß vorliegend die Übersetzung „erheblich
erschwert“ im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 2 JVEG gewesen sei. Dies ergebe sich bereits daraus, daß der zu
übertragende Text juristische Fachausdrücke und Wendungen enthalten habe. Darüber hinaus stünden für die
Übersetzungen in die lettische Sprache nur unzureichende übersetzungswissenschaftliche Hilfsmittel zur Verfügung;
aufgrund lückenhafter terminologischer Erschließung in den wenigen vorhandenen Wörterbüchern sei häufig nur der -
erheblich zeitaufwendigere - Weg über eine dritte Sprache möglich.
Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 1. Februar 2005 der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem
Oberlandesgericht Celle zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Der Vorlagebeschluß des Amtsgerichts war insofern zu ändern, als darin eine Vorlage an das Oberlandesgericht
(Celle) ausgesprochen wird. Zuständig für das vorliegende Beschwerdeverfahren ist das Landgericht (Hannover).
1. Zutreffend ist das Amtsgericht davon ausgegangen, daß im Streitfall für die Vergütung des Übersetzers und das
anzuwendende Verfahrensrecht das JVEG maßgeblich ist, da die Beauftragung des Übersetzers nach dem 1. Juli
2004 erfolgt ist (§ 25 JVEG).
2. Die gerichtliche Festsetzung von Vergütungen nach dem JVEG sowie die insofern eröffneten Rechtsbehelfe sind
in § 4 JVEG gesondert geregelt. Nach § 4 Abs. 4 Satz 2 JVEG ist Beschwerdegericht „das nächsthöhere Gericht“.
„Nächsthöheres Gericht“ in diesem Sinne ist jedoch bei Entscheidungen des Amtsgerichts - auch wenn es als
Familiengericht entscheidet - nicht das Oberlandesgericht, sondern das Landgericht (so auch ausdrücklich
Zöller25Gummer, GVG § 119 Rz. 8 a.E.; Meyer/Höver/Bach23, Die Vergütung und Entschädigung von
Sachverständigen, Zeugen, Dritten und ehrenamtlichen Richtern nach dem JVEG, § 4 Rz. 4.17 lit. a); anders -
jedoch jeweils ohne nähere Begründung - Hartmann, Kostengesetze34, § 4 JVEG Rz. 26 unter Hinweis auf § 119
Abs. 1 Ziffer 1 a GVG; Musielak4, GVG § 119 Rz 16, allerdings ausdrücklich noch zu Beschwerden gem. § 16
ZSEG; Kissel/Mayer4 (2005), GVG § 119 Rz. 20 unter Berufung auf zwei ältere, zum ZSEG ergangene
Entscheidungen; Rechtsprechung dazu ist bislang nicht ersichtlich).
Die Beschwerdezuständigkeit des Landgerichtes ist insbesondere einer Gesamtbetrachtung der kürzlich erfolgten
umfassenden Neugestaltung des Kostenrechts zu entnehmen.
Dabei hat der Gesetzgeber in der Vorschrift des § 66 Abs. 3 Satz 2 GKG n. F., die ebenso wie § 4 Abs. 4 Satz 2
JVEG auf dem KostRMoG beruht, bereits hinreichend deutlich gemacht, daß das dem Amtsgericht „nächsthöhere
Gericht“ (im Sinne des KostRModG) nicht das Oberlandesgericht ist (sondern das Landgericht), indem er dort
anordnet „Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht, in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten der in § 119 Abs. 1
Nr. 1, Abs. 2 und 3 des GVG bezeichneten Art jedoch das Oberlandesgericht.“
Weiter heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfes zum Kostenrechtsmodernisierungsgesetz (KostRMoG,
BTDrs. 15/1971 S. 179; abgedruckt auch bei Otto/Klüsener/May, Das neue Kostenrecht, 260 f.) zu § 4 Abs. 4
JVEG: „... im übrigen ist dieser Absatz an § 66 Abs. 3 GKGE angepaßt, so daß auf die Begründung hierzu
verwiesen werden kann. Allerdings fehlt eine Bestimmung, nach der in bürgerlichen Rechtstreitigkeiten der in § 119
Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 und 3 GVG bezeichneten Art das Oberlandesgericht auch dann als Beschwerdegericht
entscheiden soll, wenn das Amtsgericht die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Für den Bereich des JVEG
besteht - anders als für den Bereich des GKG - kein Bedürfnis für eine solche Ausnahmeregelung, da die im Bereich
des JVEG zu treffenden Beschwerdeentscheidungen jedenfalls nicht in gleichem Maße besondere Kenntnisse auf
dem Gebiet des Familienrechts voraussetzen, wie dies im Bereich des GKG - insbesondere in Zusammenhang mit
der Wertfestsetzung - anzunehmen ist“.
Gegen dieses - sowohl dem Wortlaut als auch dem gesetzgeberischen Willen eindeutig zu entnehmende -
Verständnis sind auch den bereits genannten, Gegenteiliges wiedergebenden Kommentarstellen keinerlei inhaltliche
Gründe zu entnehmen. Angesichts der ausdrücklichen spezialgesetzlichen Regelung zur Beschwerdezuständigkeit
ist schließlich auch für einen „Rückgriff“ auf § 119 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) GKG kein Raum.
... ... ...