Urteil des OLG Celle vom 26.10.2000

OLG Celle: beratungsstelle, steuerberater, niederlassung, anschrift, fax, leiter, vollstreckbarkeit, geschäftsverkehr, auflage, unterlassen

Gericht:
OLG Celle, 13. Zivilsenat
Typ, AZ:
Urteil, 13 U 64/00
Datum:
26.10.2000
Sachgebiet:
Normen:
StBerG § 34 Abs. 2
Leitsatz:
Eine Steuerberatungsgesellschaft unterhält eine weitere Beratungsstelle i. S. d. § 34 Abs. 2 StBerG,
die durch einen Steuerberater zu leiten ist, bereits dann, wenn sie nur den Eindruck erweckt, an ihrem
handelsrechtlichen Sitz steuerberatende Leistungen zu erbringen.
Volltext:
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil 13 U 64/00 10 O 138/99 LG Hildesheim Verkündet am 26.
Oktober 2000 #######, Justizobersekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle In dem Rechtsstreit pp. hat der
13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle unter der Mitwirkung der Richter #######, ############## und
####### auf die mündliche Verhandlung vom 12. September 2000 für Recht er-kannt: Auf die Berufung der Klägerin
wird das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hildesheim vom 1. Februar 2000 - 10 O 138/99 -
geändert: Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden
Ordnungs-geldes bis zu 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft zu
unterlassen, im ge-schäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs im Zuständigkeitsbereich der Klägerin eine
weitere Beratungs--stelle im Sinne des § 34 Abs. 2 Satz 1 StBerG zu unterhalten, solange diese nicht von einem
anderen Steuerberater oder Steuerbevollmächtigten geleitet wird, der seine berufliche Niederlassung am Ort der
Beratungsstelle oder in deren Nahbereich hat. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist
vorläufig vollstreckbar. Streitwert und Beschwer 20.000 DM. Entscheidungsgründe Die Berufung der Klägerin ist
begründet. I. Die Klägerin kann gemäß § 1 UWG in Verbindung mit § 34 Abs. 2 Satz 2 StBerG verlangen, dass die
Klägerin keine weitere Beratungsstelle in ############## unterhält, solange diese nicht von einem Steuerberater
geleitet wird, der personenverschie-den von ihrem Geschäftsführer ist. Wie zwischen den Parteien entsprechend der
allgemeinen Auf-fassung in Rechtsprechung in Literatur unumstritten ist, darf gemäß § 34 Abs. 2 StBerG eine
weitere Beratungsstelle nicht von der beruflichen Niederlassung des Steuerberaters bzw. der
Steuerberatungsgesellschaft aus geleitet werden. Vielmehr ist die zusätzliche Beratungsstelle immer von einem
anderen Steuerberater als dem Praxisinhaber zu leiten (vgl. OVG Lüneburg StB 1980, 163, LG Hamburg DStRE
1998, 377, BFH DStRE 1996, 604, Behre, Steuerberatungsgesetz, 3. Auflage 1995, § 34 Rd.-Nr. 12 mit weiteren
Nachweisen). Da ########### ca. 50 km von #######, der beruflichen Nieder-lassung des Geschäftsführers der
Klägerin mit eigener Praxis entfernt liegt und damit grundsätzlich die Erreichbarkeit der Beratungsstelle der Klägerin
in ####### durch den Kläger in seiner Eigenschaft als selbständiger Steuerberater in einer angemessenen Zeit
sichergestellt werden kann (vgl. BFH a. a. O.) kommt es für die Frage unzulässigen Unterhaltens einer weiteren
Beratungsstelle im Sinne des § 34 Abs. 2 StBerG entscheidend darauf an, ob die Klägerin an ihrem handels-regis-
terlichen Sitz in ####### steuerberatende Tätigkeit anbietet oder ausübt. Findet hingegen in ####### keine nach
außen erkennbare steuerberatende Tätigkeit statt, sondern be-findet sich dort lediglich ihr handelsregisterli-cher und
ver-waltungstechnischer Sitz, ist die Beratungsstelle in ############# lediglich als einzige Beratungsstelle der
Klägerin anzusehen, sodass diese von der eigenen Praxis des Ge-schäfts-führers der Klägerin aus geleitet werden
kann. Uner-heblich ist in diesem Zusammenhang, ob die Klägerin gegebe-nenfalls nach den Vorschriften des
Handelsrechts und des GmbH-Gesetzes gehalten sein kann, ihren Sitz an den Ort der entsprechend ihrer
Behauptung einzigen Beratungsstelle in ####### zu verlegen, denn vorliegend ist allein die steuer-rechtliche
Relevanz des Handels der Beklagten zu beurteilen. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagte an ihrem Sitz in
########### tatsächlich steuerberatende Leistungen erbringt, oder - entsprechend ihrem Vorbringen - dort nur
Verwaltungs-geschäfte erledigt werden. Nach ihrem eigenen Verhalten im Geschäftsverkehr erweckt die Beklagte
nach außen zumindest den Eindruck, dass sie in ####### eine ständige Einrichtung unterhält, von der aus
steuerberatende Leistungen angeboten und erbracht werden. Durch einige der von der Beklagten ver-wendeten
unterschiedlichen Geschäftspapiere wird dem steuer-beratungsleistungen nachsuchenden Mandanten suggeriert, er
könne in ##############, ################## derartige Leistungen er-langen. So verwendet die Klägerin
Briefbögen auf denen ent-weder im Kopf angegeben wird ‘######################################## #######,
##############, #####################, Tel. #####################, Fax ##########’, oder in denen zwar im
Kopf als Bera-tungsstelle ##############, ############## ausgewiesen wird, jedoch in der Fußzeile unter dem
für den Mandanten nicht sonderlich aus-sagekräftigen Hinweis auf den Verwaltungssitz zusätzlich Anschrift und
Telefonnummer in ############## mitgeteilt werden. Erweckt die Beklagte mithin nach außen für den interessierten
Leser des Geschäftspapiers den Eindruck, steuerrechtliche Beratung an ihrem Sitz zu erbringen, folgt daraus, dass
die Beratungsstelle in ############## eine weitere Beratungsstelle darstellt, für die ein eigener Leiter vorhanden
sein muss. Da dies unstreitig nicht der Fall ist, war der Klage auf Unter-lassung wegen Verstoßes gegen § 34 Abs. 2
StBerG stattzuge-ben. II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit ergeht nach §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Die Festsetzung der Beschwer richtet sich nach § 546
Abs. 2 ZPO.