Urteil des OLG Celle vom 23.01.2004

OLG Celle: fahrtkosten, sperrung, verzinsung, verkehrsunfall, beendigung, wiese, gebäude, vwvg, wohnung, bezahlung

Gericht:
OLG Celle, Vergabesenat
Typ, AZ:
Beschluss, 13 Verg 1/04
Datum:
23.01.2004
Sachgebiet:
Normen:
BRAGO § 28 Abs. 1
Leitsatz:
Auslagen
Auslagen des Rechtsanwalts für Fahrten zu einem auswärtigen Verhandlungstermin sind auch dann
gemäß § 28 Abs. 1 BRAGO erstattungsfähig, wenn der Rechtsanwalt wegen einer mehrstündigen
Sperrung der Autobahn das Gericht erst nach dem Ende des Verhandlungstermins erreicht.
Volltext:
13 Verg 1/04
203 VgK 14/2003
B e s c h l u s s
in der Vergabesache
E. R. GmbH, vertreten durch die Geschäftsführerin S. E., M.Straße, B.,
Antragstellerin und Beschwerdeführerin,
Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt B. S.H., W.Straße, G.,
Geschäftszeichen: 00251/03
gegen
G.U. G., vertreten durch den Präsidenten Prof. Dr. K., R.Straße, G.,
Geschäftszeichen: RG1be
Auftraggeber,
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der Vergabekammer bei der
Bezirksregierung Lüneburg vom 16. Dezember 2003 unter Zurückweisung der weiter gehenden Beschwerde teilweise
abgeändert. Die der Antragstellerin von dem Auftraggeber zu erstattenden Aufwendungen werden auf 1.283,94 EUR
festgesetzt.
Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Antragstellerin 7/10 und der Auftraggeber 3/10 zu tragen.
Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 750 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Auftraggeber ist in dem Nachprüfungsverfahren unterlegen und hat nach dem Beschluss der Vergabekammer
vom 15. Juli 2003 die Kosten des Nachprüfungsverfahrens zu tragen. Mit Schriftsatz ihrer
Verfahrensbevollmächtigten vom
15. Juli 2003 hat die Antragstellerin beantragt, die ihr entstandenen Kosten auf 1.283,84 EUR, darin enthalten 180,74
EUR Fahrtkosten und Abwesenheitsgeld ihres Rechtsanwalts (§ 28 BRAGO), festzusetzen und auszusprechen,
dass der festgesetzte Betrag gem. § 104 Abs. 1 ZPO mit 5 % über dem Basiszinssatz verzinst wird. Die
Vergabekammer hat die der Antragstellerin zu erstattenden Aufwendungen nur auf 1.103,20 EUR festgesetzt. Zur
Begründung hat sie ausgeführt: Der Antrag sei unbegründet, soweit die Antragstellerin die Kosten für die Reise des
Rechtsanwalts zur mündlichen Verhandlung (9 Stunden Abwesenheit und Fahrtkosten) geltend mache. Der
Rechtsanwalt habe seinen Vertretungsauftrag bei der mündlichen Verhandlung wegen eines Verkehrsstaus nicht
wahrgenommen. Das rechtzeitige Erscheinen des Rechtsanwalts falle in seinen Risikobereich. Zwar könne die
unterlegene Partei zur Bezahlung der entstandenen Kosten dann verpflichtet sein, wenn der Rechtsanwalt den
Termin infolge unvorhergesehener Verkehrsschwierigkeiten versäume. Eine unvorhergesehene
Verkehrsschwierigkeit habe hier jedoch nicht vorgelegen, weil Verkehrsstaus heute zum üblichen
Verkehrsgeschehen zählten und der Rechtsanwalt dies bei der Berechnung seines Fahrzeit zu berücksichtigen habe.
Soweit die Antragstellerin die Verzinsung der festgesetzten Kosten gem. § 104 ZPO beantragt habe, sei ihr Antrag
zurückzuweisen, da gem. § 128 Abs. 4 GWB, § 80 VwVfG entsprechend anzuwenden seien.
Mit ihrer sofortigen Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren Kostenfestsetzungsantrag weiter, soweit die
Vergabekammer ihm nicht stattgegeben hat.
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Der Kostenfestsetzungsbeschluss der Vergabekammer ist selbstständig mit
der sofortige Beschwerde nach
§ 116 ff GWB anfechtbar. Die Entscheidung des Senats über die Beschwerde kann ohne mündliche Verhandlung
ergehen.
In der Sache hat die Beschwerde Erfolg, soweit sie sich dagegen wendet, dass
die Vergabekammer den im Antrag vom 15. Juli 2003 genannten Betrag von 180,74 DM wegen Fahrtkosten und
Abwesenheitsgeld des Rechtsanwalts nicht festgesetzt hat. Gemäß § 28 Abs. 1 BRAGO sind dem Rechtsanwalt für
Reisen, deren Ziel außerhalb der Gemeinde liegt, in der sich die Kanzlei oder die Wohnung des Rechtsanwalts
befindet, die Fahrtkosten zu erstatten; ferner erhält ein Tage und Abwesenheitsgeld. Diese Voraussetzungen liegen
hier bezüglich der Reise am 14. Juli 2003 nach L. zur mündlichen Verhandlung vor. Auslagen für Fahrten zu einem
auswärtigen Verhandlungstermin sind, wie die Vergabekammer nicht verkennt, auch dann erstattungsfähig, wenn der
Rechtsanwalt den Termin wegen unvorhergesehener Verkehrsschwierigkeiten nicht wahrnehmen kann (Madert in:
Gerold/Schmidt, 15. Aufl., § 28 Rdn. 12; Göttlich/Mümmler/Rehberg/ Xanke, Gebührenordnung für Rechtsanwälte,
20. Aufl., S. 1254). Eine mehrstündige Sperrung der Autobahn wegen eines Verkehrsunfalls stellt ein
unvorhergesehenes Verkehrshindernis dar. Mit ihr muss bei der Anreise zu einem Gerichtstermin jedenfalls dann
nicht gerechnet werden, wenn die Sperrung erst nach Antritt der Fahrt erfolgt ist. Der Rechtsanwalt der
Antragstellerin trägt glaubhaft vor, dass er die Fahrt zum Verhandlungstermin am 14. Juli 2003 mit dem Pkw
angetreten habe, dass er das Gebäude der Bezirksregierung Lüneburg aber erst nach Beendigung der Verhandlung
erreicht habe, weil die Autobahn nach einem Verkehrsunfall mehrere Stunden lang gesperrt und ein Ausweichen auf
die Landstraße nicht möglich gewesen sei.
Die sofortige Beschwerde ist unbegründet, soweit die Vergabekammer es abgelehnt hat, eine Verzinsung des
Erstattungsanspruchs gem. § 104 ZPO anzuordnen. § 104 ZPO ist nicht anzuwenden. Vielmehr gilt gem. § 128 Abs.
4 GWB, § 80 VWVG und das Nds. Verwaltungsverfahrensgesetz entsprechend. Darin ist eine Verzinsung des
Erstattungsanspruchs wie in § 104 ZPO nicht vorgesehen (vgl. BayObLG, Beschluss vom 29. März 2001 - Vergab.
2/01 = VergabE
C - 2 - 2/01).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
Celle, 23. Januar 2004
Oberlandesgericht
Vergabesenat
Dr. Knoke Ulmer Wiese
Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Richter am Oberlandesgericht Richter am Oberlandesgericht