Urteil des OLG Celle vom 20.01.1999

OLG Celle: einstweilige verfügung, erlass, dringlichkeit, abmahnung, vollstreckbarkeit, datum, werbung, gespräch

Gericht:
OLG Celle, 13. Zivilsenat
Typ, AZ:
Urteil, 13 U 307/98
Datum:
20.01.1999
Sachgebiet:
Normen:
UWG § 24
Leitsatz:
Die Dringlichkeitsvermutung des § 25 UWG entfällt, wenn der Verletzte nach Kenntnis des
Wettbewerbsverstoßes längere Zeit weder abgemahnt hat noch gegen den Verletzer gerichtlich
vorgegangen ist. Eine feste zeitliche Grenze läßt sich nicht ziehen, es kommt auf die Umstände des
Einzelfalles an.
Volltext:
Oberlandesgericht Celle
Im Namen des Volkes
Urteil
13 U 307/98
2 O 390/98 LG Hildesheim
Verkündet am
20. Januar 1999
Justizsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung
pp.
XXXXXXX
XXXXXX
gegen
XXXXX
XXXXX
hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle unter Mitwirkung der Richter am Oberlandesgericht #####, #####
und ##### aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 8. Januar 1999 für Recht erkannt:
Die Berufung der Verfügungsklägerin gegen das Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 23. September 1998 wird
zurückgewiesen.
Die Verfügungsklägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Streitwert: 30.000 DM.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.
Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung jedenfalls im Ergebnis mit Recht
zurückgewiesen. Das Verfügungsverfahren ist nicht zulässig, weil es an einem Verfügungsgrund fehlt.
1. Der Verfügungskläger ist bei der Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs nach dem Gesetz gegen den
unlauteren Wettbewerb zunächst davon befreit, den Verfügungsgrund darzulegen und glaubhaft zu machen; aus § 25
UWG folgt, dass die Dringlichkeit einer Wettbewerbssache tatsächlich vermutet wird. Diese aus dem Gesetz
abgeleitete Vermutung kann indes widerlegt werden. Sie entfällt nach allgemeiner Auffassung u.a. dann, wenn der
Verletzte nach Kenntnis des Wettbewerbsverstoßes längere Zeit weder abgemahnt hat noch gegen den Verletzer
gerichtlich vorgegangen ist. Denn dann gibt der Verletzte durch sein eigenes Verhalten zu erkennen, dass die
Verfolgung des beanstandeten Verhaltens für ihn nicht eilig ist (vgl. Baumbach/Hefermehl, 20. Aufl., § 25 Rd.Nr. 13;
Stein/Jonas/Grunsky, 20. Aufl., § 940 Rd.Nr. 7, jeweils m.w.N.).
Eine feste zeitliche Grenze lässt sich nicht ziehen, es kommt stets auf die Umstände des Einzelfalls, insbesondere
den Grund des Wartens an (Senat, Urteile vom 17. September 1997 - 13 U 124/97 , vom 2. Dezember 1998 - 13 U
233/98 ; Baumbach/Hefermehl, § 25 UWG Rd.Nr. 15). In der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte schwankt die
Spanne, innerhalb der derer der Verletzte nach Erlangung der Kenntnis von dem Verstoß tätig werden muss, damit
die Dringlichkeitsvermutung nicht entfällt, zwischen vier Wochen und mehreren Monaten (Baumbach/Hefermehl,
a.a.O; Berneke, Die einstweilige Verfügung in Wettbewerbssachen, Rd.Nr. 76 ff., jeweils m.w.N.). Der Senat hat bei
einer wettbewerbswidrigen Werbung angenommen, dass in dem dort entschiedenen Einzelfall die Vermutung der
Dringlichkeit nach einem gut sechswöchigen Untätigbleiben beseitigt sei (Senatsurteil vom 17. September 1997 - 13
U 124/98).
2. Die Verfügungsklägerin stützt die der Klage zugrunde liegenden Behauptungen auf Mitteilungen ihrer früheren
Kunden K####, Kr### und E####, welche der Ehemann der Verfügungsklägerin bereits am 5. Januar 1998 (Frau
Kr###, Bl. 18 d.A.), am 17. April 1998 (Herr E#####, Bl. 19, 28 d.A.) und am 20. Mai 1998 (Frau K####, Bl. 17 ff.
d.A.) erhalten haben will. Zugunsten der Verfügungsklägerin geht der Senat davon aus, dass das Gespräch mit Frau
Kr### tatsächlich erst im April oder Mai1998 stattfand, wie diese in ihrer von der Verfügungsbeklagten vorgelegten
eidesstattlichen Erklärung vom 7. Januar 1999 angegeben hat. Die Abmahnung der Verfügungsklägerin stammt vom
3. August 1998, der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wurde bei dem Landgericht am 28. August 1998
eingereicht. Ein besonderer Grund, weshalb die Verfügungsklägerin nach dem 20. Mai 1998 bis zur Abmahnung der
Verfügungsbeklagten etwa 11 Wochen abwartete, und weshalb bis zur Klageeinreichung fast ein weiterer Monat
verging, ist nicht ersichtlich. Die Verfügungsklägerin hat, wie in der mündlichen Verhandlung erörtert worden ist, nach
dem Zeitpunkt Ende Mai 1998 bis zum Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung keine wesentlichen weiteren
Erkenntnisse im Hinblick auf den geltend gemachten Wettbewerbsverstoß erlangt. Soweit der Verfügungsklägerin
eine Frist zuzubilligen war, unter Einschaltung eines Rechtsanwalts die Rechtslage zu prüfen, rechtfertigt dies - auch
im Hinblick auf die allenfalls durchschnittliche Schwierigkeit der Rechtslage - das lange Zuwarten nicht. Im übrigen
trägt die Verfügungsklägerin keine nachvollziehbaren Gründe für das Abwarten vor.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist
nicht zu treffen, weil das Urteil rechtskräftig ist.
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