Urteil des OLG Celle vom 12.01.2012

OLG Celle: culpa in contrahendo, rendite, änderung der rechtsprechung, versicherer, vermittler, rechtliches gehör, verjährungsfrist, abtretung, reserven, versicherungsnehmer

Gericht:
OLG Celle, 08. Zivilsenat
Typ, AZ:
Urteil, 8 U 128/11
Datum:
12.01.2012
Sachgebiet:
Normen:
BGB § 280, BGB § 199
Leitsatz:
Der in den sog. Europlan eingebundene Lebensversicherer kann gegen Ansprüche aus zurechenbarer
Falschberatung im Einzelfall erfolgreich die Einrede der Verjährung erheben.
Volltext:
Oberlandesgericht Celle
Im Namen des Volkes
Urteil
8 U 128/11
2 O 279/09 Landgericht Hannover
Verkündet am
12. Januar 2012
…, Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
In dem Rechtsstreit
W. R., in H.,
Kläger und Berufungskläger,
Prozessbevollmächtigte:
gegen
C., in M.,
Beklagte und Berufungsbeklagte,
Prozessbevollmächtigte:
Beteiligte:
1. T. K. als Insolvenzverwalter der R. GmbH, in M.,
2. W. P., in C.,
Streithelfer,
Prozessbevollmächtigte zu 1:
Prozessbevollmächtigte zu 2:
hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 2. Dezember 2011 durch den
Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht …, den Richter am Oberlandesgericht … und den Richter am
Oberlandesgericht … für Recht erkannt:
1. Die Berufung des Klägers gegen das am 17. Mai 2011 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts
Hannover wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Streithelfer zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird gestattet, die Vollstreckung der Beklagten oder der Streithelfer gegen Sicherheitsleistung eines die
vollstreckbare Forderung um 20 % übersteigenden Betrages abzuwenden, soweit nicht die Beklagte oder die
Streithelfer vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leisten.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 230.000 € festgesetzt, hinsichtlich der ersten Instanz
wird in Abänderung des Beschlusses des Landgerichts Hannover vom 11. Mai 2011 der Streitwert auf bis zu 200.000
€ festgesetzt.
G r ü n d e :
I.
Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche, insbesondere gerichtet auf die Zahlung von Schadensersatz,
wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Einbindung einer
Lebensversicherung der Beklagten in die sog. EuroPlanAnlage, einer darlehensfinanzierten Lebensversicherung,
geltend.
Die Beklagte, Lebensversicherungsgesellschaft englischen Rechts, vertrieb ihre Produkte durch (Haupt) Vermittler
(Masterdistributoren), die wiederum (Unter) Vermittler einschalteten, wie vorliegend die inzwischen insolvente R.
GmbH, die wiederum den weiteren Untervermittler W. P. einschaltete.
EuroPlan ist eine Anlage, die aus mehreren Bausteinen besteht. Es wird ein Lebensversicherungsvertrag
(´Wealthmaster´) geschlossen (Anlagen B 1 ff., Anlagenband Beklagte). Die Prämie wird zu Beginn der
Vertragslaufzeit in Form einer Einmalzahlung erbracht und vom Versicherer in Pools angelegt (Poolinformationen
Anlage B 3). Diese Einmalzahlung wird durch ein tilgungsfreies Darlehen erbracht. Zahlungen auf die Zinsen erfolgen
unter Verwendung der mit der Lebensversicherung erwirtschafteten Beträge. Dritter Baustein neben Darlehen und
Lebensversicherung ist der Investmentfonds. Mit den zu zeichnenden Anteilen soll das endfällige Darlehen nach 15
Jahren getilgt werden. Dem Versicherungsnehmer verbleiben die regelmäßigen Teilauszahlungen aus der
Lebensversicherung.
Auf Vermittlung des Streithelfers zu 2 P. zeichnete der 1953 geborene Kläger, Dipl.Ing. und von Beruf Physiker (Bl.
209 f. sowie Anlagen B 4 und K 12), den EuroPlan mit einer von der B.bank vollfinanzierten Einlage von 250.000
DM. Außerdem zeichnete er Anteile des Fonds M. Wachstum mit einer Einmalanlage in Höhe von 30.000 DM und
zudem einer monatlichen Sparrate von 470 DM bei einer vorgesehenen Spardauer von 15 Jahren (siehe
Zeichnungsschein, Beratungsprotokoll, Versicherungsschein und Darlehensvertrag, Anlagen K 11, K 12,
Anlagenband Kläger, Bd. I). Unterlagen zum EuroPlan selbst sind als Anlagenkonvolut K 10 bis K 10 c (Prospekt,
Kurzberechnung für den Kläger, Poolinformationen sowie bei Vertragsschluss nicht vorliegende, aus dem Jahr 2006
datierende Grundsätze und Usancen bei der Finanzverwaltung für den W. Fund von C.) vorgelegt worden. Bei dem
Darlehen handelt es sich um ein endfälliges Fremdwährungsdarlehn in Schweizer Franken mit einer Laufzeit von 15
Jahren bei einer Zinsfestschreibung von 10 Jahren und einem effektiven Zins von 5,91 % p. a. Der
Versicherungsvertrag mit der Beklagten sah regelmäßige, halbjährliche Auszahlungen in Höhe von zunächst 8.750
DM bis September 2015, dann in Höhe von 12.036 DM vor (Anlage K 12).
Der Kläger erhielt von der Beklagten jährlich Kontoauszüge, die den - sinkenden - Wertzuwachs der
Lebensversicherung dokumentierten. Nach den dem Kläger von der Beklagten übermittelten jährlichen
Kontoauszügen von 2002 bis 2004 betrug der deklarierte Wertzuwachs der Europoolserie 3,5 %, 3,0 % bzw. 1,5 %.
ein Fälligkeitsbonus, neben dem deklarierten Wertzuwachs der zweite Baustein der Rendite, wurde nicht gezahlt
bzw. gutgeschrieben. Nach der Mitteilung von Februar 2004 betrug der Vertragswert nur noch rund 106.750 € (Anlage
B 15), im Oktober 2009 nur noch rund 78.550 € (Anlage B 12). Die als Anlage K 10 b überreichten Poolinformationen
der Beklagten weisen für 1995 einen deklarierten Wertzuwachs von 6,75 % aus, er sank seither ständig. Ähnliches
gilt für den Fälligkeitsbonus.
Der Kläger hat vorgetragen, der Beklagten keine unzureichende Aufklärung über die mit dem EuroPlan insgesamt
verbundenen Risiken vorzuwerfen, sondern dass sie für ihre Lebensversicherungsverträge in Deutschland bewusst
mit falschen und irreführenden Angaben habe werben lassen. Dafür sei auch die Beklagte selbst verantwortlich.
Neben der Darstellung in den Prospektunterlagen und der Kurzberechnung habe der Streithelfer zu 2 Angaben zu
dem EuroPlan und den Verträgen, insbesondere hinsichtlich der Rendite, der Bildung von Pools und der insoweit
bestehenden Garantie und dem Glättungsverfahren gemacht. Im Vertrauen auf diese Angaben habe sich der Kläger
zur Zeichnung des EuroPlans entschlossen.
Nicht hingewiesen worden sei der Kläger, und zwar weder durch den Streithelfer zu 2, der nicht als
Versicherungsmakler aufgetreten sei, noch anderweitig, insbesondere darauf, dass die Vergangenheitsrenditen nicht
vergleichbar seien (Bl. 23 f., 26 ff.), dass außerdem die Prognose der erwarteten Rendite unvertretbar gewesen sei,
die Beklagte nicht verpflichtet sei, alle Gewinne an die Versicherten weiterzugeben, sondern Reserven bilden könne,
dass die Verwaltung der Einzahlungen nur innerhalb der Pools ohne Trennung nach Versicherten und Quartalen
stattfinde, dass die im Rahmen des Glättungsverfahrens gebildeten Reserven nicht wieder zugunsten der
Versicherten verwendet werden müssten und dass die gegenüber den Versicherten abgegebenen Garantien auf die
Risikogemeinschaft der Versicherten umgelegt würden, wofür Garantiekosten von 2 % oder mehr jährlich anfielen,
mit denen die einzelnen Verträge belastet würden, unabhängig davon, ob für die einzelnen Verträge überhaupt
Garantieleistungen angefallen seien. Unter realistischen Bedingungen habe der EuroPlan wegen der Zuweisung von
erheblichen Renditen während der Laufzeit nicht aufgehen können.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von allen Ansprüchen der B.bank und der D.bank AG aus und im
Zusammenhang mit dem Darlehen der B.bank Nr. … (nunmehr geführt bei der D.bank AG unter Nr. …) freizustellen,
Zug um Zug gegen Abtretung aller Rechte aus der Police … der Beklagten sowie den Fondsanteilen des M.
Wachstum International Fonds auf dem Depot …, auf dem Depot … der F.bank GmbH sowie des Anspruchs gegen
die D.bank AG auf Erstattung von zuviel gezahlten Zinsen und Nutzungsentgelt Entschädigung aus oben genanntem
Darlehensvertrag,
2. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der in Antrag 1 genannten Abtretung der Rechte der
Klagepartei in Verzug befindet,
3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 62.661,48 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %Punkten über dem
Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
4. festzustellen, dass die Beklagte über den in Antrag 3 bezifferten Schaden hinaus dem Kläger den weiteren, sich
aus Abschluss des Altersvorsorgemodells EuroPlan am 21.11.2000 entstandenen und noch entstehenden Schaden
zu ersetzen hat,
5. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger außergerichtliche Kosten der Rechtsverfolgung in Höhe von 3.242,04 €
nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
6. hilfsweise (Bl. 44)
für den Fall, dass das Gericht den Kläger nicht für aktivlegitimiert halten sollte,
die Beklagte jeweils zur Leistung an die B.bank bzw. die D.bank AG zu verurteilen,
7. außerdem hilfsweise (Bl. 226),
die Beklagte zu verurteilen, aus dem Versicherungsvertrag des Klägers mit der Nr. … an die D.bank AG (D..) vom
05.09.2011 bis 05.09.2015 jeweils zum 05.09. und 05.03. jedes Jahres 4.473,80 € und vom 05.03.2016 bis
einschließlich 05.09.2041 jeweils zum 05.09. und 05.03. jedes Jahres 6.153,90 € zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ein Feststellungsinteresse und die Aktivlegitimation des Klägers aufgrund der erfolgten Abtretung der
Ansprüche aus der Lebensversicherung an die finanzierende Bank in Abrede genommen. Sie habe keine eigenen
Aufklärungspflichten verletzt und müsse sich auch etwaige Pflichtverletzungen Dritter nicht zurechnen lassen. An
Entwicklung oder Vertrieb des EuroPlans sei sie nicht beteiligt gewesen. Sie hat weiter Kausalität und Schaden in
Abrede genommen sowie schließlich die Einrede der Verjährung erhoben.
Der Streithelfer P. ist dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten gemäß Schriftsatz vom 26. Oktober 2010
beigetreten (Bl. 208) und hat die Anträge der Beklagten gestellt.
Der Streithelfer K. als Insolvenzverwalter der R. GmbH ist dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten gemäß
Schriftsatz vom 24. Februar 2011 (Bl. 223) beigetreten und hat sich dem Klagabweisungsantrag der Beklagten
angeschlossen.
Das Landgericht hat mit am 17. Mai 2011 verkündetem Urteil, berichtigt gemäß Beschluss vom 21. Juli 2011, die
Klage abgewiesen.
Es könne dahinstehen, ob ein Schadensersatzanspruch wegen vorvertraglicher Verletzung von Auskunfts oder
Beratungspflichten aus Verschulden bei den Vertragsverhandlungen bestehe, und ob die Beklagte gegenüber dem
Kläger eigene Aufklärungs oder Beratungspflichten verletzt habe. Ansprüche seien jedenfalls verjährt. Es sei davon
auszugehen, dass der Kläger Kenntnis vom Anspruch und vom Schuldner spätestens seit 2005 besessen bzw. sich
einer solchen Kenntnis grob fahrlässig verschlossen habe. Da die Renditen der Beklagten nicht einmal ansatzweise
die prognostizierte Höhe erreicht hätten, laufend weiter abgesunken seien und es auch zur Auszahlung des
Fälligkeitsbonus nicht gekommen sei, habe für den Kläger Anlass bestanden anzunehmen, dass die als gegeben
behaupteten Zusagen falsch gewesen seien und das Anlagemodell mithin zum Scheitern verurteilt gewesen sei. Von
einer rechtlichen Würdigung sei die Geltendmachung von Ansprüchen nicht abhängig gewesen. Auch eine Kenntnis
vom Schuldner habe spätestens 2005 vorgelegen. Frühzeitige Kenntnis habe der Kläger auch hinsichtlich des
Abschmelzens des von ihm eingebrachten Kapitals gehabt.
Der Hilfsantrag sei unzulässig. Er sei nicht sachdienlich. er werde auf eine neue Grundlage gestützt, die den Inhalt
des Rechtsstreits verändere.
Gegen das Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung unter Aufrechterhaltung seiner Anträge aus der
Klagschrift sowie aus dem Schriftsatz vom 4. April 2011.
Zu Unrecht habe das Landgericht Verjährung angenommen. Zur Kenntnis des Klägers von einem Schaden habe das
Landgericht keine Feststellungen getroffen. Weiter habe das Landgericht den Fehler begangen, die Voraussetzungen
der Verjährung nicht im Hinblick auf die einzelnen vom Kläger geltend gemachten Aufklärungspflichtverletzungen zu
prüfen. Ohne Grundlage habe das Landgericht dem Kläger vorgehalten, von - tatsächlich nicht bestehenden -
Informationsmöglichkeiten nicht Gebrauch gemacht zu haben. Das Landgericht habe weiter verkannt, dass es keine
grob fahrlässige Unkenntnis begründe, wenn der Anleger in Kenntnis des unbefriedigenden Verlaufs einer
Kapitalanlage die Unterlagen nicht noch einmal im Hinblick auf etwaige Aufklärungspflichtverletzungen untersuche.
Entsprechende Informationen hätten sich dem Prospekt auch nicht entnehmen lassen. Nur andeutungsweise lasse
das angefochtene Urteil erkennen, dass es sich mit zwei Aufklärungspflichtverletzungen beschäftigt habe, nämlich
einer zu geringen Rendite, um dem EuroPlan zum Erfolg zu verhelfen, und zum anderen damit, dass aufgrund der
niedrigeren Renditen ein Kapitalverzehr stattgefunden habe. Nicht auseinandergesetzt habe sich das Landgericht mit
den irreführenden Vergangenheitsrenditen, der Bildung von Reserven, der getrennten Verwaltung nach dem Tarif in
dem Quartal des Abschlusses sowie den Garantiekosten. Auch insoweit sei nicht ersichtlich, wie der Kläger schon
früher an entsprechende Kenntnis hätte gelangen können, und sei sein Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt
worden. Auch zu einer Verantwortung der Beklagten habe der Kläger nichts gewusst und auch nichts wissen können,
auch Erkenntnisquellen hätten insoweit nicht zur Verfügung gestanden. Die negative Entwicklung der Rendite sei
nicht aussagekräftig, über diese Möglichkeit sei der Kläger aufgeklärt worden.
Der Kläger beantragt (Bl. 350 f.),
1. das Urteil des Landgerichts Hannover vom 17. Mai 2011, Az.: 2 O 279/09, abzuändern,
2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von allen Ansprüchen der B.bank und der D.bank AG aus und im
Zusammenhang mit dem Darlehen der B.bank Nr. … (nunmehr geführt bei der D.bank AG unter Nr. …) freizustellen,
Zug um Zug gegen Abtretung aller Rechte aus der Police … der Beklagten sowie den Fondsanteilen des M.
Wachstum International Fonds auf dem Depot …, auf dem Depot … der F.bank GmbH sowie des Anspruchs gegen
die D.bank AG auf Erstattung von zuviel gezahlten Zinsen und Nutzungsentgelt Entschädigung aus oben genanntem
Darlehensvertrag,
3. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der in Antrag 2 genannten Abtretung der Rechte der
Klagepartei in Verzug befindet,
4. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 62.661,48 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %Punkten über dem
Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
5. festzustellen, dass die Beklagte über den in Antrag 4 bezifferten Schaden hinaus dem Kläger den weiteren, sich
aus Abschluss des Altersvorsorgemodells EuroPlan am 21.11.2000 entstandenen und noch entstehenden Schaden
zu ersetzen hat,
6. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger außergerichtliche Kosten der Rechtsverfolgung in Höhe von 3.242,04 €
nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
7. hilfsweise
für den Fall, dass das Gericht den Kläger nicht für aktivlegitimiert halten sollte,
die Beklagte jeweils zur Leistung an die B.bank bzw. die D.bank AG zu verurteilen,
8. außerdem hilfsweise
für den Fall, dass das Gericht keinen Schadensersatzanspruch feststellen können sollte,
die Beklagte zu verurteilen, aus dem Versicherungsvertrag des Klägers mit der Nr. … an die D.bank AG (D…) vom
05.09.2011 bis 05.09.2015 jeweils zum 05.09. und 05.03. jedes Jahres 4.473,80 € und vom 05.03.2016 bis
einschließlich 05.09.2041 jeweils zum 05.09. und 05.03. jedes Jahres 6.153,90 € zu zahlen.
Die Beklagte beantragt (Bl. 390),
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Hannover vom 17. Mai 2011 zum Az. 2 O 279/09
zurückzuweisen,
hilfsweise,
das Verfahren an das Landgericht Hannover zurückzuverweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags.
Der Senat hat den Kläger gemäß Verfügung vom 23. November 2011 (Bl. 594 R) persönlich angehört (Bl. 597 ff.).
Wegen der Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien samt Anlagen, das angefochtene Urteil
sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen verwiesen.
II.
Die zulässige Berufung des Klägers bleibt in der Sache insgesamt ohne Erfolg. Ansprüche des Klägers sind
jedenfalls verjährt. der Senat bleibt damit bei seiner Rechtsauffassung, wie sie sich aus dem Senatsurteil vom 1.
Dezember 2011 in 8 U 50/11 ergibt. Der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf vertragsgemäße Zahlung ist
unbegründet.
A. Die Klage ist zulässig.
Gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klagschrift die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes
des erhobenen Anspruchs enthalten. Der damit umrissene notwendige Inhalt der Klagschrift ist von Amts wegen zu
prüfende Prozessvoraussetzung. Den zu stellenden Anforderungen genügt die Klagschrift vom 1. Oktober 2009
noch. Es lässt sich zwar nicht verkennen, dass dem einzelnen Fall kaum Rechnung getragen wird. Aus der
Klagschrift ergibt sich nicht einmal, wann und ggf. wie oft es zu einem Gespräch des Klägers mit dem (Unter)
Vermittler P., dem Streithelfer zu 2, gekommen ist. Auch Einzelheiten über die Finanzierung werden nicht mitgeteilt.
Durch Hinzunahme des Vortrags der Beklagten und des Streithelfers zu 2 sowie der Anlagen ergibt sich jedoch eine
den gesetzlichen Erfordernissen genügende Darlegung.
Ob ´bereits´ die Klagschrift den notwendigen Anforderungen genügte, oder eine ausreichende Konkretisierung erst
später, d. h. nicht mehr im Jahr 2009, sondern erst im Jahr 2010, eingetreten ist, kann zwar an sich möglicherweise
doch Konsequenzen haben, nämlich für die Verjährung (vgl. OLG Hamm, VersR 2002, 1361). Für vorliegenden
Sachverhalt macht dies aber keinen Unterschied.
B. Ansprüche stehen dem Kläger aber nicht zu, weil sie jedenfalls verjährt wären. der hilfsweise geltend gemachte
Anspruch auf vertragsgemäße Zahlung (s. u. unter 6.) ist unbegründet.
1. Auf den streitgegenständlichen Versicherungsvertrag ist gemäß Ziff. 13.7 AVB deutsches Recht anzuwenden.
Bedenken gegen diese Vereinbarung sind nicht geltend gemacht und auch nicht ersichtlich (Art. 27, 29 EGBGB a.
F., Art. 8 EGVVG a. F.).
2. Der Kläger ist trotz der erfolgten Abtretung an die B.bank aktivlegitimiert.
Die Abtretung gemäß Vereinbarung vom 21. Januar 2001 (Anlage B 5) ist wirksam. Sie erfasst (nur) die Rechte aus
dem Versicherungsvertrag. Da es an einer gegenteiligen Vereinbarung fehlt, sind damit Ansprüche wegen
vorvertraglicher Pflichtverletzung nicht erfasst. Der Senat verbleibt insoweit bei seiner Ansicht, wie er sie bereits in
seinem Urteil vom 31. März 2011 in 8 U 154/10 vertreten hat.
Mit Schreiben vom 23. Dezember 2010 (Anlage K 33, Bl. 229) hat die D… als Rechtsnachfolgerin der finanzierenden
Bank überdies erklärt, den Kläger zur Geltendmachung aller vertraglichen und sonstigen Ansprüche zu ermächtigen,
freilich nur insoweit, als Zahlung an die D… erfolgt.
3. In Fortführung seiner Rechtsprechung aus dem Urteil vom 31. März 2011 in 8 U 154/10 geht der Senat auch für
vorliegenden Sachverhalt davon aus, dass bei Anbahnung der Verträge jedenfalls eine Pflicht verletzt wurde.
Gegenüber dem Kläger ist mit Renditen geworben worden, die tatsächlich nicht zu der dann vermittelten Anlage
passten.
a) Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Untervermittler, der Streithelfer zu 2, als Anlageberater oder als
Anlagevermittler tätig wurde. Selbst bei bloßer Anlagevermittlung wäre zwischen dem Kläger und R. bzw. zwischen
dem Kläger und P., dem Steithelfer zu 2, ein jedenfalls stillschweigend geschlossener Auskunftsvertrag zustande
gekommen. Aufgrund dieses Auskunftsvertrags ist der Vermittler zu richtiger und vollständiger Information über
diejenigen tatsächlichen Umstände verpflichtet, die für den Anlageentschluss des Interessenten von besonderer
Bedeutung sind (vgl. BGH, WM 2009, 739. NJWRR 2005, 1120. OLG Frankfurt, OLGR Frankfurt 2006, 780). Ohne
Bedeutung ist es dabei, von wem die Initiative zum Gespräch ausging (vgl. BGH, NJW 1993, 2433 = BGHZ 123,
126).
aa) An einer solchen richtigen und vollständigen Aufklärung fehlte es im Hinblick auf die Vergangenheitsrenditen
allerdings.
Grundsätzlich stellt die Werbung für ein Anlageprodukt unter Hinweis auf in der Vergangenheit erzielte Renditen eine
Pflichtverletzung dar, wenn die Renditen unzutreffend angegeben werden. Erfolgt die Beratung bzw. die Vermittlung
anhand eines vom Initiator des Anlagemodells herausgegebenen Prospekts, ist dieser im Hinblick auf den unter
Zuhilfenahme des Prospekts geschaffenen Vertrauenstatbestand (Prospekthaftung im weiteren Sinne) verpflichtet,
die Prospektangaben auf ihre Richtigkeit und Aktualität hin zu überprüfen und den Kläger über die mit der Anlage
verbundenen Risiken umfassend zu informieren und zu beraten (vgl. OLG Köln, Urteil vom 29. April 2009, Az. 13 U
137/05, zit. nach juris). Der Prospekt hat den Anleger über alle für seine Entschließung relevanten Umstände
sachlich richtig und vollständig zu unterrichten (vgl. BGH, WM 2008, 725). Dazu gehört eine Aufklärung über
Umstände, die den Vertragszweck vereiteln oder den vom Anleger verfolgten Zweck gefährden können (vgl. BGH a.
a. O.). Die Höhe der in der Vergangenheit mit vergleichbaren Versicherungsverträgen erzielten Renditen ist dabei ein
Umstand, der für den Entschluss des potentiellen Anlegers von wesentlicher Bedeutung ist. Zwar kann aus den in
der Vergangenheit erzielten Renditen kein sicherer Schluss auf die weitere Entwicklung gezogen werden. Es liegt
aber auf der Hand, dass Anleger einem nicht bereits bewährten Konzept weitaus skeptischer gegenüberstehen
werden, als einem auf solider Grundlage fußenden Modell. Das ist erst recht dann der Fall, wenn mit der aus dem
Lebensversicherungsvertrag angestrebten Rendite die Zinsen eines zu diesem Zweck abgeschlossenen Darlehens
getilgt werden und die Höhe der prognostisch wahrscheinlichen Rendite nach Möglichkeit nicht hinter der
Zinsbelastung zurückbleiben soll. Für Anleger ist deshalb von grundlegender Bedeutung, ob das ihnen angetragene
Anlagemodell auf einem tragfähigen Konzept beruht.
Angaben zu den in der Vergangenheit erzielten Renditen finden sich zunächst im Prospekt zum EuroPlan (Anlage K
10). Dort werden die von britischen Versicherern bei einer monatlichen Anlage von 50 Pfund in den letzten 15 bzw.
25 Jahren erzielten Renditen dargestellt. Neben anderen Versicherern wird auch die von der Beklagten erzielte
Rendite mit 11,33 % p. a. bzw. 13,35 % p. a. ausgewiesen.
Weiter heißt es im Teil B des Prospekts unter anderem:
´In der Vergangenheit hat der englische Versicherer für seine Anleger langjährig hervorragende Renditen erzielt, die
z. T. erheblich über der im Angebot kalkulierten Rendite von ca. 7,9 % p. a. auf die Bruttoanlage bzw. 8,5 % p. a.
auf die Nettoanlage liegen.´
Dass diese letztgenannten Werte unzutreffend waren, trägt auch der Kläger nicht vor. Allerdings verweist er darauf,
dass die in der Statistik wiedergegebenen Verträge nicht mit dem streitgegenständlichen Vertrag vereinbar seien,
weil jene Verträge unter anderem keine Einmalzahlung, sondern eine monatlich wiederkehrende Prämienzahlung
vorgesehen hätten.
Das ist zutreffend. Die Werbung mit Vergangenheitsrenditen erlaubt nur dann eine Zukunftsprognose, wenn die
Vergangenheitsrenditen mit vergleichbaren Verträgen erzielt wurden. Beruhen die Renditen hingegen auf Verträgen
mit einem anderen wirtschaftlichen Modell, fehlt es an einer Vergleichbarkeit. Letzteres war hier der Fall. Bei der
Renditeberechnung ist bereits von entscheidender Bedeutung, ob der Versicherer aus dem Anlagebetrag regelmäßig
(im Streitfall halbjährlich) an den Versicherungsnehmer Auszahlungen erbringt oder ob dem Versicherer die
erwirtschaftete Rendite verbleibt und er damit weiter arbeiten kann. Garantierte Auszahlungen bergen darüber hinaus
das Risiko einer Abschmelzung des eingezahlten Kapitals mit der Folge, dass in den Folgejahren nur geringe oder
ggf. keine Bonuszahlungen erfolgen können. Hinzu kommt weiter, dass dem Versicherer bei einer Einmalzahlung der
Gesamtbetrag sofort zur Verfügung steht und er damit auch sofort wirtschaften kann, während er bei einer
Ratenzahlung hierauf nur sukzessive Zugriff erhält. Bereits diese beiden Gesichtspunkte lassen erkennen, dass es
an einer Vergleichbarkeit fehlt. Ob demgegenüber auch bei Lebensversicherungsverträgen mit einer Einmahlzahlung
sowie einer jährlichen Ausschüttung und einer Laufzeit von 15 bzw. von 25 Jahren in der Vergangenheit eine
vergleichbare Rendite erwirtschaftet worden ist, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle. Nur vorsorglich weist
der Senat darauf hin, dass das streitgegenständliche Versicherungsmodell nach seiner Kenntnis erst seit 1995
existiert und eine den Angaben im Prospekt vergleichbare Vergangenheitsrendite bereits aus diesem Grund mit dem
streitgegenständlichen Versicherungsmodell nicht erzielt werden konnte.
Auch wenn grundsätzlich keine Verpflichtung zu näheren Angaben zukünftig zu erwartender Renditen besteht, dürfen
die dem Anlageinteressenten hierzu unterbreiteten Informationen gleichwohl nicht falsch sein (vgl. BGH, NJW 2010,
2506, zu der in einem Prospekt prognostizierten Rentabilität eines Fonds auf der Basis von ´Erfahrungswerten aus
der Vergangenheit´, wenn solche Erfahrungswerte für vergleichbare Objekte tatsächlich nicht vorlagen). Falsch
waren die Angaben vorliegend wegen des Vergleichs mit nicht vergleichbaren Angaben zu Vergangenheitsrenditen.
bb) Der Senat lässt es in dieser Sache dahinstehen, ob das dem Kläger vermittelte Modell wegen struktureller
Fehler, insbesondere wegen des ´Abschmelzens´ des Anlagebetrages nicht den in Aussicht gestellten Ertrag bieten
kann oder insoweit jedenfalls eine Gefahr bestand, die des besonderen Hinweises bedurft hätte.
Eine Pflichtverletzung gegenüber einem Anleger kommt auch dann in Betracht, wenn ihm nicht mitgeteilt wird, in
welcher Weise sich das Zusammenspiel der verschiedenen Anlageelemente auf die Möglichkeit einer
Gewinnerzielung auswirken kann (BGH, NJW 1998, 2898, 2899, unter II. 1., für den Fall einer fremdfinanzierten
Lebensversicherung). Den Vermittler trifft, falls ihm dieses Zusammenspiel selbst nicht klar sein sollte, die Pflicht,
sich über eine solche Frage des von ihm vermittelten Geschäfts vorher zu informieren (ebenda).
Die Rendite des Vertrages setzt sich vorliegend aus verschiedenen Elementen zusammen: Zunächst ist dies die
Jahresdividende, welche nach Abzug der jährlichen Managementgebühr dem Pool zugewiesen wird. Der Anteilspreis
steigt dem Satz der Jahresdividende entsprechend. Der Garantie entsprechend kann dieser Preis nicht mehr fallen
und die einmal dem Vertrag gutgeschriebene Dividende nicht mehr zurückgenommen werden (s. a. Bl. 62). In den
Jahresinformationen wird dies als „deklarierter Wertzuwachs“ ausgewiesen. Weiterer Bestandteil der Rendite ist der
Fälligkeitsbonus, der am Ende der vereinbarten Laufzeit und unter den in den “Poolinformationen“ beschriebenen
Umständen eventuell zur Jahresdividende hinzugerechnet wird, aber nicht jährlich, sondern nur unter bestimmten
Umständen. Dies bedeutet, dass der Renditeanteil aus dem Fälligkeitsbonus nicht an der Wertentwicklung der
Folgejahre teilnimmt - auch nicht an einem Zinseszinseffekt - obwohl der prognostizierten Wertentwicklung in der
Musterberechnung nicht zu entnehmen ist, dass dem nicht die Gesamtrendite zugrunde liegt, die für englische
Lebensversicherer erwartet wurde. Liegt der deklarierte Wertzuwachs - wie auch im vorliegenden Fall - unterhalb der
Entnahmen, muss entweder der Kapitalstock in Anspruch genommen, also reduziert werden, was notwendigerweise
zu einem entsprechenden Abschmelzen des Kapitalwertes führt, oder der Anleger muss entgegen der Konzeption
der Anlage die Zinsen auf das Darlehen selbst zahlen.
Der beschriebene Effekt des ´Abschmelzens´ beeinflusst die angenommene Wertentwicklung der
Lebensversicherung aufgrund der gleichmäßigen und unveränderlichen Entnahmen in Gestalt der zu leistenden
Zinszahlungen auf das Darlehen deutlich nachteilig und damit auch den Erfolg des EuroPlans. Auch wenn daraus
nicht folgt, dass der EuroPlan zwangsläufig zum Scheitern verurteilt war, konnte ein wirtschaftlicher Erfolg nur unter
außergewöhnlich günstigen wirtschaftlichen Entwicklungen, die jedenfalls als wenig realistisch angesehen werden
müssen, eintreten, denn es musste ein deklarierter Wertzuwachs mindestens in der Höhe der Entnahmen anfallen,
damit die Wertentwicklung der Lebensversicherung jedenfalls neutral verlief, dies obgleich die Beklagte selbst erklärt
hatte, einen eher niedrigen deklarierten Wertzuwachs gutzuschreiben, weil dessen Höhe nicht nachträglich reduziert
werden konnte (s. a. Anlage K 19, S. 24).
Der schriftsätzliche Vortrag des Klägers nimmt einen solchen strukturellen Fehler an (z. B. Bl. 29 ff., Bl. 532). Ob er
tatsächlich vorliegt, ist bislang von den Gerichten unterschiedlich beantwortet worden. Vorliegend kann sein
Vorliegen im Zusammenhang mit der Verjährung (s. u. unter 5.) unterstellt werden.
cc) Für sonstige Pflichtverletzungen bei Anbahnung des Vertrags sieht der Senat keine ausreichenden
Anhaltspunkte.
Dass - nicht anders als bei jedem deutschen Lebensversicherer - Verwaltungskosten anfallen, versteht sich von
selbst und bedurfte keines besonderen Hinweises. Auf eine jährliche Managementgebühr wird überdies in den
Poolinformationen (Anlage K 10 b) hingewiesen, auf ´Vertriebs, Verwaltungs und Managementkosten´ im Prospekt,
Prospektteil A (Anlage K 10). Damit ist auch klar, dass nicht alle eingezahlten Gelder wieder ausgekehrt werden
können. Ein Anspruch darauf zu erfahren, wie die Beklagte im Einzelnen das an sie geleistete Geld verwaltet und
investiert, besteht nicht. darüber musste sie auch nicht näher informieren, jedenfalls nicht über das Maß hinaus, wie
es sich aus ihren Unterlagen ergibt. Das betrifft auch die Verwaltung von Geldern in Pools. An welchem Pool der
Kläger Anteile erwerben würde, ergab sich bereits aus dem Zeichnungsschein (Anlage K 11), ebenso - damit
übereinstimmend - aus dem Versicherungsschein (Anlage K 12). Allein aus einer nach Quartalen und Pools
getrennten Verwaltung von Geldern könnte ein Anleger ohnehin keine Informationen gewinnen, die seine
Entscheidung für oder gegen die Anlage beeinflussen könnten. Der Kläger trägt insoweit auch nichts konkretes dazu
vor, eine entsprechende Fehlvorstellung gebildet zu haben. Weiter musste auch dem Kläger ohne Weiteres bewusst
sein, dass seine Einlage nicht isoliert verwaltet wird. Kommt es aber zu einer gemeinsamen Verwaltung seiner
Einlage mit den Einlagen einer Vielzahl weiterer Versicherungsnehmer, ist auch die für den jeweiligen
Versicherungsnehmer allein relevante Rendite nur ein Durchschnittswert. Eine Benachteiligung des Klägers ist auch
insoweit nicht erkennbar. Im Gegenteil kann der Kläger ebenso wie andere Versicherungsnehmer von einer solchen
Verrechnung sogar profitieren, wenn sein (nur fiktiv zu berechnender) Überschuss anderenfalls zur Deckung seiner
Garantieansprüche nicht ausreichen würde. Dass Reserven gebildet wurden, war ersichtlich, weil sonst das sog.
Glättungsverfahren nicht möglich gewesen wäre. Außerdem wurde für die Fälligkeitsboni explizit darauf hingewiesen,
dass diese gerade nicht laufend ausgezahlt werden (Anlage K 10 b). Dass keine stillen Reserven wie in Deutschland
vorgesehen gebildet werden, hat die Beklagte im Prospektteil A klar gemacht. Ob die ´Verwaltungspraxis´ deutscher
Versicherer gleich oder anders ist, ist für sich genommen kein Kriterium zur Beurteilung von Pflichtverletzungen der
Beklagten.
b) Den Vorwurf der fehlenden bzw. unrichtigen Aufklärung im Hinblick auf die Vergangenheitsrenditen trifft nicht nur
den Streithelfer zu 2 und den Prospektherausgeber und Vermittler, die R. GmbH, sondern auch die Beklagte.
Wer als Versicherungsmakler auftritt, steht nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich im Lager des
Versicherungsnehmers, womit eine Zurechnung einer fehlerhaften Beratung an den Versicherer ausscheidet (BGH,
VersR 2008, 242, m. w. N.).
Die selbständige Stellung des Maklers steht einer Einordnung als Erfüllungsgehilfe des Versicherers dann jedoch
nicht mehr entgegen, wenn er sich nicht auf reine Maklerdienste beschränkt, sondern mit Wissen und Wollen einer
späteren Vertragspartei Aufgaben übernimmt, die typischerweise dieser obliegen, und damit in deren Pflichtenkreis
tätig wird. Dann ist er zugleich als Hilfsperson zu betrachten, ohne dass es darauf ankäme, ob dem Makler ein
eigener Verhandlungsspielraum eingeräumt ist (BGH, NJW 1996, 451). Wann eine solche Einschätzung
gerechtfertigt ist, lässt sich nur aufgrund einer Gesamtwürdigung der konkreten Maklertätigkeit, mithin nur im
Einzelfall, entscheiden (ebenda). Für eine Zurechnung genügt noch nicht, dass der Vermittler Antragsformulare des
Versicherers zur Verfügung hat und von ihnen bei der Vermittlung des Vertrages Gebrauch macht (BGH, VersR
1999, 1481), wobei es auch nicht darauf ankommt, ob der Makler diese angefordert oder unaufgefordert zugesandt
bekommen hat (ebenda). Es genügt auch nicht, dass ein Versicherer seine Anlageprodukte ausschließlich über
selbständige Makler und ohne eigenen Vertrieb verkauft (s. Anlage K 18, S. 5).
Die Besonderheit des EuroPlans besteht darin, dass die R. GmbH nicht ausschließlich die
Kapitallebensversicherung der Beklagten vermittelt hat. Vermittelt wurde vielmehr das Anlagemodell EuroPlan. In
diesem war die kapitalbildende Lebensversicherung der Beklagten nur ein - unselbständiger - Baustein. die
Absicherung für den Todesfall spielte in Anbetracht einer Todesfallleistung von nur 101 % des Vertragswertes
(Versicherungsschein, Anlage K 12) ersichtlich nur eine untergeordnete Rolle. Bei dem Anlagemodell handelt es sich
um ein komplexes und hochspekulatives, nicht nur auf der Lebensversicherung basierendes und in seinen
Ertragserwartungen auch nicht nur davon abhängiges Finanzierungsmodell. Spekulativen Charakter gewinnt das
Anlagemodell nicht nur durch die Vollfinanzierung, die für sich genommen bereits bedeutet, dass der Ertrag der
Lebensversicherung über die Dauer der Finanzierung konstant höher sein muss als die bloßen Zinskosten, wobei die
Zinsen nicht für die gesamte Laufzeit des Darlehens festgeschrieben waren, was ebenso wie der Umstand, dass es
sich um ein Fremdwährungsdarlehen handelte, ein weiteres Risiko bedeutete. Hinzu kam der zu zeichnende, ganz
überwiegend vom Kläger erst noch anzusparende Fonds, der wiederum eine ähnlich hohe konstante Ertragskraft wie
die Lebensversicherung haben musste, damit nach 15 Jahren Laufzeit des Darlehens dieses aus dem Ertrag des
Fonds abgelöst werden konnte. Ebenso wie für die Versicherung war der Wertzuwachs mit 8,5 % p. a. kalkuliert
(Kurzberechnung Anlage K 10 a), dies obgleich etwa ein dreiviertel Jahr vor Zeichnung der Anlage die
´Technologietitelblase´ an den Börsen nicht nur in Deutschland geplatzt war und die Börsen seither nicht nur
hinsichtlich ihrer Technologietitelindizes deutliche Verluste erlitten hatten, was auch die Pools der Beklagten betraf,
denn das dort eingebrachte Geld der Anleger wurde jedenfalls in großen Teilen in Aktien angelegt (Anlagen B 3, K
10, K 10 c, dort bes. S. 40 ff., K 18. von einem drastischen Einbruch der Aktienmärkte Anfang 2000 spricht auch der
als Anlage K 19 überreichte Prospekt der Beklagten ´W. Fund´, S. 14, 27). Der Kläger hatte außerdem eine
Vermittlungsgebühr zu zahlen. Dem Versicherer mag es gleich sein, wer sein vorgefertigtes Versicherungsprodukt,
das auch der Makler nicht verändern kann, vertreibt. Darum geht es vorliegend aber nicht. Die Lebensversicherung
war hier in Gestalt des EuroPlans in weitere Bausteine eingebunden, die hinsichtlich des letztlich erstrebten Ertrags
einander bedingten. Ein anderer als der ersichtlich hoch angesetzte zukünftige Ertrag des Fonds bedrohte die
Ertragsfähigkeit der Lebensversicherung. Das Gleiche galt für eine Verschlechterung der Zinskonditionen für das
Darlehen nach Ablauf der Zinsbindungsfrist. Die Beklagte als etablierter und jedenfalls in England alteingesessener
Versicherer (nach eigenen Angaben 1824 gegründet, Anlagen K 10 b, K 18) hatte daher anders als beim bloßen
Vertrieb ihrer Lebensversicherung hier ein hohes Interesse daran, wer welches Anlageprodukt unter Einschluss ihrer
Lebensversicherung vertrieb. Es widerspräche jeder Lebenserfahrung, dass die Beklagte keinen Einfluss auf die
Gestaltung des Gesamtprodukts und dessen Vertrieb genommen hätte. Dieser Umstand schlägt sich in den
Anforderungen an den von der Beklagten insoweit zu haltenden Vortrag nieder. Ihr oblag es dazu vorzutragen,
welche Verbindungen zu der R. GmbH bestanden. Das hat sie jedenfalls mit Substanz nicht getan. Ihr Vortrag dazu
in der Klagerwiderung (Bl. 78) ist sehr allgemein gehalten, wenn es dort heißt:
„Soweit die Beklagte in den Besitz von Unterlagen zu fremd konzipierten Anlagemodellen gelangt ist, hat sie
einzelne auf ihre Produkte bezogene Textbausteine gelesen und diese darauf überprüft, dass die Rolle und
Verantwortung der Initiatoren solcher Konzepte auch gegenüber den Versicherungsnehmern offengelegt und die
Funktionsweise ihrer Versicherungsprodukte nicht irreführend dargestellt wurden.“
Damit wusste die Beklagte jedenfalls, dass es nicht um den Vertrieb eines Lebensversicherungsvertrages ging,
sondern um ein komplexes Anlageprodukt. Dass ihr gegenüber ein Versicherungsantrag mit dem
´Versicherungsgrund´ EuroPlan gestellt wurde, wusste sie mit dem Versicherungsantrag des Klägers vom 17.
Oktober 2000 (Anlage B 4). Die Beklagte hatte daneben nicht nur Kenntnis von der Finanzierung, und zwar durch
eine offensichtlich relativ kleine Zahl von Kreditinstituten, hier der B.bank, die nach eigenen Angaben gegenüber
dem Senat in der Sache 8 U 50/11 etwa in 1.000 Fällen Darlehen für Vertragsgestaltungen der hier in Rede
stehenden Art übernommen hat (dort Bl. 602). Gestützt wird die Annahme einer Kooperation mit der R. GmbH weiter
durch ein Protokoll einer mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Coburg (23 O 836/06), das dem Senat in dem
Verfahren 8 U 166/10 vorlag (siehe Senatsurteil vom 31. März 2011, Seite 4), und das für eine Zusammenarbeit
sprach. Weiter hat die Beklagte mit ihrer eigenen Software eine Musterberechnung erstellt, derer sich die R. GmbH
bediente.
Denken lässt sich auch noch an eine eigene Pflichtverletzung der Beklagten, wenn man die aus dem Bereich der
Produkthaftung stammende Idee der Produktbeobachtungspflicht fruchtbar macht. Eine Pflicht zur
Produktbeobachtung hat der BGH nicht nur dem Produkthersteller bezüglich seiner eigenen Produkte auferlegt. Eine
solche Pflicht kann einen Hersteller auch treffen, um rechtzeitig Gefahren, die aus der Kombinierung seines
Produkts mit anderen, nicht von ihm stammenden Produkten entstehen können, aufzudecken und diese zu steuern
(BGH, NJW 1987, 1009, ´Gold Wing´). Auch wenn zwischen Gefahren für Leib und Leben einerseits und Sachen
andererseits differenziert werden muss, kann bezüglich der eigenen Produkte die Pflicht des Herstellers zur
Produktbeobachtung nicht auf solche beschränkt werden, bei denen begründeter Anlass zu der Annahme besteht,
dass sie Gefahren für die in § 823 Abs. 1 BGB erwähnten Rechtsgüter herbeiführen (ebenda). Das genannte Urteil
hat dabei auch gezeigt, dass Voraussetzung der Produktbeobachtungspflicht nicht einmal irgendeine Art der
Zusammenarbeit mit den Herstellern anderer Produkte ist. Der Senat sieht vorliegend aber keine Veranlassung zu
einer Vertiefung und Entscheidung dieser Frage.
4. Zum kausalen Schaden ist anzumerken, dass, unabhängig davon, ob in Ermangelung einer ernsthaften
Handlungsalternative die Vermutung beratungsgerechten Verhaltens gilt, es keinen Erfahrungssatz des Inhalts gibt,
dass bestimmte Kapitalanlagen gegenüber anderen Vermögensanlagen insgesamt vorteilhaft, und ebenso wenig,
dass sie insgesamt nachteilig sind (Lange, Schadensersatz, 2. Aufl. 1990, § 6 XIII 4 d, S. 376, unter Hinweis auf
BGH, NJW 1984, 863, 864 f.).
Steuervorteile, die der Kläger insbesondere in Gestalt der Darlehenszinsen genossen haben dürfte, sind nach der
Differenzhypothese als Vorteilsausgleichung grundsätzlich anzurechnen. Die Behauptung, Steuervorteile seien nicht
anzurechnen, weil Rückflüsse bei Rückabwicklung einer Kapitalanlage zu versteuern seien, ist in dieser
Allgemeinheit jedenfalls nicht zutreffend.
Liegen Werbungskosten vor - wie hier insbesondere in Gestalt der auf das Darlehen zu entrichtenden Zinsen - und
fließen später dem Steuerpflichtigen wieder Beträge zu, die Werbungskosten erstatten, sind dies steuerpflichtige
Einnahmen (sog. negative Werbungskosten, vgl. Kirchhof, EStG, 10. Aufl. 2011, § 8 Rdnr. 139).
Nach der Rechtsprechung des BGH (XI ZR 96/09, Urteil vom 1. März 2011 m. w. N.) kommt eine
schadensmindernde Anrechnung von Steuervorteilen, die sich im Zusammenhang mit dem darlehensfinanzierten
Erwerb einer Eigentumswohnung zu Steuersparzwecken ergeben, im Schadensersatzprozess des Anlegers
grundsätzlich nicht in Betracht, wenn die Rückabwicklung des Erwerbs zu einer Besteuerung führt, die dem
Geschädigten die erzielten Steuervorteile wieder nimmt.
Dabei dürfen an die Darlegung des Geschädigten keine hohen Anforderungen gestellt werden. Da das Gericht gemäß
§ 287 ZPO über die Höhe des Schadens unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach freier Überzeugung zu
entscheiden hat und eine exakte Errechnung unter Gegenüberstellung der tatsächlichen mit der hypothetischen
Vermögenslage im Sinne der Differenzhypothese angesichts der vielfältigen Besonderheiten und Möglichkeiten der
konkreten Besteuerung und ihrer unterschiedlichen Entwicklung in verschiedenen Besteuerungszeiträumen häufig
nahezu unmöglich sein wird oder jedenfalls einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern wird, müssen in der Regel
keine Feststellungen dazu getroffen werden, in welcher genauen Höhe sich die Versteuerung der
Schadensersatzleistung auswirkt (ebenda). Das Risiko, ob eine Besteuerung der Schadensersatzleistung am Ende
tatsächlich erfolgt, darf regelmäßig nicht dem Geschädigten auferlegt werden (ebenda).
Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Schädiger Umstände darlegt, auf deren Grundlage dem Geschädigten auch
unter Berücksichtigung der Steuerbarkeit der Ersatzleistung außergewöhnliche Steuervorteile verbleiben (ebenda).
An solchen Darlegungen der Beklagten fehlt es.
Zwar hat der BGH auch angenommen, dass zwischen Werbungskosten und Anschaffungskosten (§ 255 Abs. 1
HGB) insoweit zu differenzieren ist. Zurückgeflossene Anschaffungskosten können nicht wie ´negative
Werbungskosten´ behandelt werden (BGH, II ZR 329/04, Versäumnisurteil vom 6. Februar 2006). Insbesondere sind
aber die Darlehenszinsen keine Anschaffungskosten (vgl. MünchKommHGB/Bollwieser, Band 4, 2. Aufl. 2008, § 255
Rdnr. 14). Anschaffungskosten sind wohl die Kosten für die Vermittlung des Darlehens. Aber dieser Betrag und die
daraus sich möglicherweise für den Kläger erzielten Steuervorteile reichen für sich genommen im Hinblick auf die
oben genannte Rechtsprechung und § 287 ZPO (dazu s. a. Lange, a. a. O., § 6 XIII 4 c und 4 d) nicht aus, dem
Kläger doch wieder das Risiko aufzubürden. Der Senat neigt daher der Auffassung zu, dass grundsätzlich
Steuervorteile einem kausalen Schaden nicht entgegenstehen. Es kommt aus den nachfolgenden Gründen in
vorliegender Sache darauf aber nicht entscheidend an.
5. Ansprüche des Klägers auf Schadensersatz sind jedenfalls verjährt.
Das Landgericht hat angenommen, dass Ansprüche verjährt seien. der Kläger habe die erforderliche Kenntnis
jedenfalls im Jahr 2005 besessen bzw. sich einer solchen Kenntnis grob fahrlässig verschlossen, wobei eine
Differenzierung nach möglichen Pflichtverletzungen nur ansatzweise vorgenommen wird. Dies trifft jedenfalls im
Ergebnis zu.
a) Ansprüche aus dem Rechtsinstitut der culpa in contrahendo aufgrund eines vorvertraglichen
Beratungsverschuldens verjähren gemäß § 195 BGB a. F. grundsätzlich in 30 Jahren (vgl. nur BGH, NJW 1985, 380,
381. NJW 1990, 1659, 1661). Eine Änderung ist freilich durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz aus dem Jahr
2001 eingetreten. Im vorliegenden Fall sind daher die Übergangsvorschriften gemäß Art. 229 § 6 EGBGB zu
beachten. Danach finden zwar die ´alten´ Verjährungsvorschriften auf alle bis zum 1. Januar 2002 entstandenen
Ansprüche Anwendung. Ist die Verjährungsfrist nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch in der seit dem 1. Januar 2002
geltenden Fassung allerdings kürzer, so wird die kürzere Frist von dem 1. Januar 2002 bzw. von dem Moment der
Kenntniserlangung im Sinne von § 199 BGB an berechnet, Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB. Die Ansprüche aus culpa in
contrahendo verjähren nach neuem Recht innerhalb von drei Jahren seit Anspruchsentstehung, beginnend mit der
Kenntnis des Gläubigers von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners, § 199
Abs. 1 BGB (vgl. nur BGH, NJW 2007, 1584).
Für die Frage, wann der Gläubiger die nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erforderliche Kenntnis von den den Anspruch
begründenden Umständen und der Person des Schuldners besitzt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste,
greift der BGH weitgehend auf seine Rechtsprechung zu § 852 Abs. 1 BGB a. F. zurück. Danach liegt die
erforderliche Kenntnis vom Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen im Allgemeinen vor, wenn dem
Geschädigten die Erhebung einer Schadensersatzklage, sei es auch nur in Form der Feststellungsklage, Erfolg
versprechend, wenn auch nicht risikolos, möglich ist (vgl. nur BGH, NJW 2004, 510). Weder ist notwendig, dass der
Geschädigte alle Einzelumstände kennt, die für die Beurteilung möglicherweise Bedeutung haben, noch muss er
bereits hinreichend sichere Beweismittel in der Hand haben, um einen Rechtsstreit im Wesentlichen risikolos führen
zu können (vgl. nur BGH, NJW 2001, 885, 886). Auch kommt es grundsätzlich nicht auf eine zutreffende rechtliche
Würdigung an. Vielmehr genügt aus Gründen der Rechtssicherheit und Billigkeit im Grundsatz die Kenntnis der den
Ersatzanspruch begründenden tatsächlichen Umstände (BGHZ 170, 260, 271).
Bei der Anlageberatung beginnt die Verjährungsfrist zu laufen, wenn der Kapitalanleger die Umstände, insbesondere
die wirtschaftlichen Zusammenhänge kennt, aus denen sich die jeweilige Rechtspflicht des Anlageberaters zur
Aufklärung ergibt (vgl. BGH, NJW 2008, 506). Sind einem Anlageberater mehrere, von einander abgrenzbare
Beratungsfehler vorzuwerfen, berechnet sich die Verjährungsfrist für jeden Beratungsfehler gesondert. Jede
Handlung, die eigene Schadensfolgen zeitigt und dadurch zu dem Gesamtschaden beiträgt, stellt
verjährungsrechtlich eine neue selbstständige Schädigung dar und erzeugt daher einen neuen Ersatzanspruch mit
eigenem Lauf der Verjährungsfrist (BGH, III ZR 169/08, Urteil vom 19. November 2009, zit. nach juris).
Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv schwerwiegenden und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die
Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegt
demnach nur vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis deshalb fehlt, weil er ganz naheliegende Überlegungen nicht
angestellt und nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Ihm muss persönlich ein
schwerer Obliegenheitsverstoß in seiner eigenen Angelegenheit der Anspruchsverfolgung (´Verschulden gegen sich
selbst´) vorgeworfen werden können.
b) Mit dem Landgericht kann davon ausgegangen werden, dass der Kläger diese Kenntnis jedenfalls im Jahr 2005
besaß bzw. sich einer solchen Kenntnis grob fahrlässig verschloss.
Der Senat verkennt in diesem Zusammenhang nicht, dass das Ausbleiben der prognostizierten Rendite
grundsätzlich keine Rückschlüsse auf eine Pflichtverletzung im Zusammenhang mit einer Renditeprognose erlaubt.
Der Senat verkennt ebenso wenig, dass es sich bei den im Prospekt ausgewiesenen Renditen um
Durchschnittsrenditen handelt, die über einen Zeitraum von 15 bzw. 25 Jahren erwirtschaftet worden sein sollen und
bei denen es in einzelnen Jahren ebenfalls zu einem unterdurchschnittlichen Ertrag gekommen sein dürfte.
Auf der anderen Seite durften diese Gesichtspunkte den Kläger nicht darüber hinwegtäuschen, dass die erzielten
Renditen nicht einmal ansatzweise die prognostizierte Höhe erreichten. Während für das Jahr 2002 noch ein
deklarierter Wertzuwachs von 3,5 % bei einem Fälligkeitsbonus von 0 % ausgewiesen wurde, sank bereits im
darauffolgenden Jahr der deklarierte Wertzuwachs auf 3 % bei erneut ausgebliebenem Fälligkeitsbonus. Mit
Schreiben vom 6. Januar 2005 teilte die Beklagte dem Kläger schließlich mit, dass der deklarierte Wertzuwachs -
dies ungeachtet des ´Glättungsverfahrens´, das nach den eigenen Prospektangaben der Beklagten eine Volatilität
der Märkte unter Heranziehung eines Teils der Reserven der Pools ausgleichen sollte - auf 1,5 % gesunken sei,
ohne dass es abermals zur Auszahlung eines Fälligkeitsbonus gekommen wäre. Der Renditeverfall hatte sich also
sogar noch beschleunigt, die Rendite betrug nur noch einen Bruchteil des in Aussicht gestellten Ertrages. Die
Ausschüttungen aus der Versicherung gingen gegen ´Null´ und reichten bei weitem nicht mehr aus, um hiervon - wie
konzeptionell vorgesehen - die Zinsen für das Darlehen zu entrichten, sprich, das gesamte Konzept war gescheitert.
Dem Kläger musste sich aufdrängen, dass die tatsächlich erzielten Renditen nicht nur vorübergehend weit unter den
prognostizierten Beträgen zurückblieben, sodass der Kläger spätestens Anfang 2005 alle Veranlassung hatte, die
beworbenen Vergangenheitsrenditen in Frage zu stellen. Der Kläger hätte sich lediglich kurz mit den Angaben im
Prospektteil A befassen müssen, um die fehlende Vergleichbarkeit der dort dargestellten
Lebensversicherungsverträge mit dem von ihm abgeschlossenen Vertrag ohne Weiteres erkennen zu können bzw.
sogar zu müssen. Dem steht nicht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entgegen, wonach der Anleger
grundsätzlich nicht zu einer kritischen Überprüfung ihm im Rahmen eines Beratungsgesprächs erteilter Informationen
und insbesondere nicht zur Lektüre eines ihm übergebenen Prospekts verpflichtet ist (vgl. BGH, NZG 2011, 68).
Anders verhält es sich nämlich, wenn der Anleger konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Beratungsfehlers
erhält. In dem Fall darf er hiervor nicht die Augen verschließen, sondern muss einem Verdacht zumindest auf der
Grundlage der ihm vorliegenden allgemeinen Informationsmöglichkeiten etwa in Form des ihm ausgehändigten
Prospekts nachgehen.
Zwar verlangt § 199 BGB für den Beginn der Verjährungsfrist neben der Kenntnis von den anspruchsbegründenden
Umständen auch Kenntnis vom Schuldner. Ausreichend ist insoweit aber die Kenntnis von Tatsachen, aus denen
die Verantwortlichkeit des konkreten Schädigers folgt. Die Verjährungsfrist gegenüber dem tatsächlich
Ersatzpflichtigen beginnt erst, wenn der Geschädigte keine begründeten Zweifel mehr über Person und
Verantwortlichkeit hat (vgl. Grothe in: Münchner Kommentar zum BGB, 5. Aufl., § 199, Rn. 27. Henrich/Spindler in:
Bamberger/ Roth, BGB, Stand: 1. August 2010, § 199, Rn. 33). Denn erst wenn keine wesentlichen Zweifel mehr
bestehen, ist dem Anspruchsinhaber zuzumuten, die Frage der Verantwortlichkeit gerichtlich klären zu lassen (vgl.
Grothe a. a. O., Henrich/Spindler a. a. O.). Bei Ansprüchen gegen einen Geschäftsherrn wegen Verschuldens eines
Gehilfen aus §§ 278, 831, 832 BGB beginnt die Verjährung nicht, bevor nicht die Person des Geschäftsherrn
feststeht oder der Anspruchsinhaber zumindest grob fahrlässig keine Kenntnis hiervon hat (vgl. BGH, NJW 1999,
423, 424).
Eine solche Kenntnis des Klägers lag aber ebenfalls frühzeitig vor. Der Kläger wusste, dass der
streitgegenständliche Lebensversicherungsvertrag mit der Beklagten geschlossen worden war. Dies sah bereits das
für den Kläger erstellte Berechnungsbeispiel vor. Auch der Zeichnungsschein sah in seinem Vordruck ausschließlich
den Abschluss einer Lebensversicherung bei der Beklagten vor. Dasselbe gilt für das Beratungsprotokoll zum
EuroPlan. Schließlich bezogen sich auch sämtliche Berechnungsbeispiele im Prospektteil A des EuroPlan auf von
der Beklagten angebotene Versicherungen und erhielt der Kläger jährliche Mitteilungen von der Beklagten selbst.
Unter diesen Umständen musste sich dem Kläger aufdrängen, dass zwischen dem Vertrieb, dessen sich die
Beklagte mangels eines eigenen Vertriebs bediente, und der Beklagten ein derart enges Verhältnis im Sinne eines
nicht nur auf einzelne Geschäfte bezogenen Zusammenwirkens bestand, dass sich die Beklagte etwaige
Pflichtverletzungen der Vermittler würde zurechnen lassen müssen. Dass dem Kläger zu diesem Zeitpunkt
möglicherweise noch nicht sämtliche Informationen über den tatsächlichen Grad des Zusammenwirkens vorlagen, ist
unschädlich. Selbst die Kenntnis von der Person des Ersatzpflichtigen erfordert nicht ein derartiges Maß an
Tatsachenkenntnis, welches nötig wäre, damit der Geschädigte Prozesskostenhilfe zur Verfolgung seines
Anspruchs erhalten würde (vgl. BGH, NJW 1963, 1103).
Richtig ist zwar, dass für die Frage der Verjährung zu differenzieren ist. Beruht ein Schadensersatzanspruch des
Anlegers auf mehreren Beratungsfehlern, so beginnt die kenntnisabhängige Verjährungsfrist für jeden
Aufklärungsfehler gesondert zu laufen. sie beginnt zu laufen, wenn der Gläubiger die Umstände, insbesondere die
wirtschaftlichen (nicht die rechtlichen) Zusammenhänge kennt, aus denen sich die jeweilige Rechtspflicht zur
Aufklärung ergibt (BGH, NJW 2008, 506). Der BGH begrenzt diese Rechtsprechung auf diejenigen Handlungen, die
eigene Schadensfolgen zeitigen und dadurch den Schaden des Gläubigers vergrößern können (BGH, III ZR 169/08,
Urteil vom 19. November 2009, zit. nach juris). Wenn und soweit Pflichtverletzungen mit weiteren Nachteilen für das
Vermögen des Gläubigers verbunden seien, sei es gerechtfertigt, sie verjährungsrechtlich selbständig zu behandeln
(BGH, NJW 2008, 506). Das hätte näherer Darlegung durch den Kläger bedurft, gerade weil der Kläger im Grunde
genommen die immer gleiche Pflichtverletzung rügt, nämlich falsche bzw. irreführende Angaben zum Produkt. Seien
es nicht passende Angaben zu Renditen oder die Verwaltung der Gelder, es geht im Grunde nicht um verschiedene,
selbständige und klar voneinander abgrenzbare Pflichtverletzungen, sondern eher darum, dass der Kläger die
Irreführung bei Vertragsanbahnung ´wertend´ in Teilakte zergliedert. Nicht ersichtlich ist, dass diese unselbständigen
Teilakte jeder für sich genommen einen eigenen Schaden des Klägers herbeigeführt hätten oder auch nur hätten
herbeiführen können.
c) Zum Zwecke weiterer Aufklärung hat der Senat den Kläger persönlich angehört (Bl. 597 ff.). Das Ergebnis der
Anhörung bestätigt das Vorliegen der Voraussetzungen des § 199 BGB spätestens im Jahr 2005.
aa) Der Kläger war bei Abschluss der Verträge 47 Jahre alt. Er hatte Physik und Mathematik studiert.
Anlagegeschäfte habe er bis dahin nicht getätigt gehabt. Es sei ihm um eine Altersabsicherung gegangen, und so
sei es dann vor der Unterschrift zu drei bis vier Gesprächen mit dem Vermittler P., dem Streithelfer zu 2,
gekommen. P. habe ihm vor der Unterschrift Prospektmaterial und Berechnungsbeispiele vorgelegt. Die auf seine
Verhältnisse bezogene Berechnung habe trotz laufender Auszahlungen eine Zunahme des Kapitalstocks bis zum
Ende der Laufzeit sogar in erheblicher Höhe ergeben, ohne dabei jemals ein Minus auszuweisen. Das Produkt habe
für ihn faszinierend ausgesehen, weil P. eine Rendite von mindestens 8,5 % geschildert und dazu bemerkt habe, in
der Vergangenheit sei diese fast immer zweistellig gewesen. Für ihn sei entscheidend gewesen, dass dies kein
Spekulationsgeschäft gewesen sei, weil ihm für das Bankdarlehen 5 - 6 % Zinsen seitens P. in Aussicht gestellt
worden seien. Zwischen der Renditeerwartung und den Darlehenszinsen sei ein Puffer geblieben. Risiken dieser
Anlage habe er damals nicht gesehen. Zu dem Zeitpunkt habe es keine Börsenkrisen gegeben, vielmehr sei die
Börse stetig gestiegen. Ferner habe er P., der auf zweistellige Ergebnisse englischer Lebensversicherer für die
Vergangenheit hingewiesen habe, vertraut.
Zweifel an dem Modell habe er erst 2008 durch einen Hinweis des Steuerberaters bekommen. Vorher habe er zwar
die nicht erfreuliche Rendite zur Kenntnis genommen, daraus aber zunächst keine Konsequenzen gezogen. P. habe
ihn beruhigt, über die lange Zeit werde sich insbesondere wegen des Fälligkeitsbonus alles ausgleichen. Trotzdem
habe er ihm bereits 2004 geraten, einen Teil der Darlehenszinsen selber zu übernehmen, was dann für die Dauer von
vier Jahren auch so gemacht worden sei. Gedanken darüber, wie die Beklagte solche Renditen erwirtschaften könne,
habe er sich im Einzelnen nicht gemacht. Er habe nicht gewusst, dass die Beklagte im Wesentlichen in Aktien
operiere. Er sei von Geldmarktgeschäften und Kapitalmarktgeschäften ausgegangen, ohne sich allerdings genauere
Gedanken zu machen. Als Privatanleger habe er schon deshalb keine Aktien haben wollen, um keine eigenständige
Überwachung von solchen Investments vornehmen zu müssen. Bei einer vorangegangenen anderweitigen Beratung
habe man ihm zu einer Investition ´am Markt´ geraten. Nach Vertragsschluss habe er beispielsweise den
Fondsverlauf nicht ganz intensiv verfolgt, aber durch die H. Zeitung schon zur Kenntnis genommen, dass der M.
Fonds 2001 rapide abgefallen sei. Das sei auch mit P. besprochen worden, der ihm dazu gesagt habe, auf lange
Sicht werde sich das schon richten. Den M. Fonds hätten sie wohl 2002 aufgrund einer Empfehlung von P.
gewechselt. Der neue Fonds habe dann in den Folgejahren wohl eine bessere Rendite als der M. Fonds gebracht,
wobei er weder etwas dazu sagen könne, um welchen Fonds es sich gehandelt habe, noch dazu, in welcher Höhe
die Renditen angefallen seien. P. vertraue er weiter. Er habe sich letztlich bis 2008 von P. ´einlullen´ lassen. Über
nicht erwartungsgemäße Renditeabläufe habe er zwar mit seinem Freund Herrn W. gesprochen, dabei sei aber der
Tenor gewesen, man müsse letztlich bei der Stange bleiben, der Fälligkeitsbonus werde es schon richten. Über die
Verteilung von Überschüssen des Versicherers auf die einzelnen Versicherungsnehmer habe er sich keine
Gedanken gemacht. 2000 habe er keine Risiken des Aktienmarktes gesehen, weil die Märkte zu diesem Zeitpunkt
geboomt hätten. In der Vergangenheit habe es zwar durchaus kleinere Dellen gegeben, mit denen er auch gerechnet
habe, die tatsächlich erfolgten Einbrüche in der Zeit danach habe er nicht kommen sehen. 2008 habe ihn an der
Anlage eigentlich noch gar nichts konkret gestört.
Der Begriff des Fälligkeitsbonus sei von ihm hinsichtlich seiner genaueren Berechnung nicht verstanden worden, er
habe sich darunter über die Laufzeit des Vertrages einen Bonus vorgestellt, wie er ihn beispielsweise beim
Prämiensparen bei der V.bank kennengelernt habe. Den deklarierten Wertzuwachs habe er als das verstanden, was
die Versicherung erwirtschafte. Das sei jedenfalls das, was ihm ausgezahlt werde, die Versicherung erwirtschafte
deutlich mehr. Auch als er begonnen habe, einen Teil der Darlehenszinsen aus eigenen Mitteln zuzuschießen, habe
er immer noch gedacht, das Gesamtkapital werde weiter wachsen, weil eventuelle Differenzen jeweils über den
Fälligkeitsbonus ausgeglichen würden. Trotz des Absinkens der Rendite unter die Zinszahlungen sei er immer noch
davon ausgegangen, dass der Kapitalstock wachse, jedenfalls aber erhalten bleibe.
bb) Der Senat kann schon nicht davon ausgehen, dass dem Kläger, wie er in seiner Anhörung vor dem Senat erklärt
hat, jede Kenntnis von Anlagegeschäften gefehlt habe. Schriftsätzlich hat er sich ganz anders dargestellt. Dass der
Kläger ein durchaus nicht unerfahrener Anleger war, ergibt sich, vom Vortrag des Streithelfers zu 2 (Bl. 209 f.), den
der Senat nicht zugrunde legt, ganz abgesehen, aus dem eigenen Vortrag des Klägers. Dieser geht dahin, dass ihm
der spekulative Charakter des Geschäfts klar gewesen sei, er habe auch über ein entsprechendes Wissen verfügt
(Bl. 117 sowie Bl. 357, 367). Zu den Anlagegesprächen hat er auch vorgetragen, anhand von Prospektunterlagen und
der Kurzberechnung sei ihm von P. das Produkt vorgestellt worden. Dass er ein risikoloses Produkt erwartet und
sich mit diesem auch gar nicht weiter beschäftigt habe, steht wiederum in Widerspruch dazu, dass ihm der
spekulative Charakter des Geschäfts klar gewesen sei. Dass ist nicht damit zu vereinbaren, dass er in seiner
Anhörung wörtlich erklärt hat, für ihn sei entscheidend gewesen, dass dies kein Spekulationsgeschäft gewesen sei.
Dass er sich mit dem Anlageprodukt näher beschäftigt hat, hat er selbst dadurch eingeräumt, dass er erklärt hat, er
habe sich über die Märkte in der H., einer Tageszeitung, informiert. Dazu ´passt´ wiederum nicht und hat der Kläger
auch nicht erklären können, dass er zwar erkannt habe, dass der ursprünglich gezeichnete Fonds schlecht gelaufen
sei, sodass er frühzeitig den Fonds gewechselt habe, aber Genaueres zu dem neuen Fonds nicht sagen zu können
meinte, nicht einmal der Name des neuen Fonds sei ihm bekannt. Die Kursentwicklung des alten Fonds will er noch
in der Zeitung verfolgt haben. Auch der Zustand der Aktienmärkte war dem Kläger bei Abschluss der hier in Rede
stehenden Verträge bekannt. 2000 habe er keine Risiken des Aktienmarktes gesehen, weil die Märkte zu diesem
Zeitpunkt geboomt hätten, wobei ihm auch klar war, dass es zu ´Dellen´ kommen könne wie in der Vergangenheit
geschehen. Bekannt war ihm auch das Risiko, das sich aus dem Umstand ergab, dass er ein
Fremdwährungsdarlehen aufnahm. Den damaligen Wechselkurs zwischen Schweizer Franken und DM konnte er
dem Senat nennen. Dieser sei damals, so der Kläger weiter, stabil gewesen, so dass er insoweit kein Risiko
gesehen habe. Widersprüchlich bleiben auch die Aussagen zu seinem Verhältnis zu P.. Zum einen hat er ausgesagt,
diesem vertraue er weiter, und zwar auch jetzt noch. Andererseits hat er angegeben, er habe sich letztlich bis 2008
von P. ´einlullen´ lassen. Tatsächlich nämlich hatte der Kläger die Entwicklung seiner riskanten Anlage, was auch
nahe liegt in Anbetracht des Umfangs des eingegangenen Risikos, gerade auch im Verhältnis zu seinen
Einkommens und Vermögensverhältnissen, kritisch verfolgt. Er sprach darüber aus Verunsicherung über die
unerwartet schlechte Wertentwicklung seiner Altersvorsorgeanlage wiederholt mit P., aber auch mit seinem Freund
W.. Auf die negative Entwicklung reagierte der Kläger, und dies ist im Verhältnis zu den anderen dem Senat
bekannten Fällen sehr ungewöhnlich, sehr frühzeitig. Bereits etwa im Jahr 2002, also nur kurze Zeit nach Zeichnung
der Anlage (der Zeichnungsschein datiert vom November 2000), hat er nach eigenen Angaben auf die von ihm
erkannte schlechte Performance des Fonds reagiert und einen neuen Fonds statt des ursprünglichen ausgewählt.
Dazu passt in keiner Weise die Behauptung, die er gegenüber dem Senat geäußert hat, noch 2008 habe ihn an der
Anlage eigentlich gar nichts konkret gestört. Dass die Performance der Anlage insgesamt schlecht war und sich
ausweislich der jährlichen Mitteilungen der Beklagten laufend weiter verschlechterte, konnte ihm nicht verborgen
bleiben, dies auch deswegen, weil er entgegen der Konzeption der Anlage und seinen Erwartungen seit 2004 jährlich
erhebliche Zahlungen zur Kompensation der weitgehend ausbleibenden Erträge aus der Lebensversicherung
erbrachte.
d) Grobe Fahrlässigkeit nimmt der Senat hier an, weil sich dem Kläger, Physiker und Mathematiker, die den
Anspruch begründenden Umstände förmlich aufgedrängt haben, und dies über einen Zeitraum von mehreren Jahren,
er davor aber letztlich die Augen in einer solchen Weise verschlossen hat, die sein Untätigbleiben nach Lage des
Falles als geradezu unverständlich erscheinen lassen muss (vgl. nur BGH, NJW 2011, 3573. VersR 2011, 395). Die
Probleme mit der Anlage hatte er frühzeitig erkannt, darauf auch bereits etwa im Jahr 2002 reagiert und in Gestalt
des Auswechselns des Fonds Maßnahmen ergriffen, ohne dass sich damit die Probleme irgendwie erledigt oder nur
gemildert hätten. Mit verschiedenen Gesprächspartnern führte er Gespräche, um sich über die prekäre Lage zu
beraten.
e) Dabei begann vorliegend die Verjährung auch nicht erst mit der Beratung durch einen Rechtskundigen.
aa) Nach der - allerdings leider nicht einheitlichen - Terminologie des BGH kann bei einer „besonders verwickelten
und unklaren Rechtslage“ der Verjährungsbeginn ausnahmsweise trotz voller Tatsachenkenntnis aufgeschoben sein
(NJW 1996, 117, 118 zu der vergleichbaren Problematik im Rahmen von § 852 BGB a. F.). Gemeint ist nur eine
solche unübersichtliche oder zweifelhafte Rechtslage, die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig
einzuschätzen vermag (BGH, NJW 2008, 1942). Dieser Tatbestand der Unzumutbarkeit der Klagerhebung in
besonderen Fällen muss auf Ausnahmefälle beschränkt bleiben, weil andernfalls der Sinn und Zweck der Verjährung,
und zwar gerade im Sinne der die langen Verjährungsfristen beseitigenden Schuldrechtsreform des Jahres 2001, leer
liefe. Es kann viel Zeit vergehen, bis eine unklare Rechtslage durch ein letztinstanzliches Urteil des BGH,
möglicherweise auch erst des Großen Senats für Zivilsachen oder des EuGH oder möglicherweise auch eines
anderen Gerichts letztendlich als geklärt betrachtet werden kann. Ob eine Frage letztlich geklärt ist, ist zuverlässig
ohnehin kaum zu beantworten, zumal eine Änderung der Rechtsprechung wieder eine Unsicherheit bedeuten kann
mit der Folge, dass Verjährung vorher doch nicht eingetreten wäre (vgl. BGHZ 160, 216, 232). Es kann ein lang
andauernder Schwebezustand entstehen, der dem Rechtsfrieden gerade abträglich und dem Schuldner
möglicherweise auch nicht zuzumuten ist. Der Wortlaut des Gesetzes, das in § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf die ´den
Anspruch begründenden Umstände´ abstellt, gibt dafür keine Rechtfertigung her. Es droht, dass gerade in
Abertausenden anhängiger ´Anlegerprozesse´ die zentrale Frage sein wird, welche Rechtsfrage seit wann geklärt ist
und welche nicht. Vorliegend kann der Senat jedenfalls nicht davon ausgehen, dass ein solcher Ausnahmefall
gegeben ist. eine solche unübersichtliche oder zweifelhafte Rechtslage, die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht
zuverlässig einzuschätzen vermag, lag nicht vor.
bb) Was den Strukturfehler in Gestalt des ´Abschmelzens´ (dazu s. a. den Hinweis des Senats vom 23. November
2011, Bl. 594 R) angeht, greifen die vom Senat bereits im Urteil vom 1. Dezember 2011 in 8 U 50/11 aufgeführten
Bedenken nicht, wonach bei einer „besonders verwickelten und unklaren Rechtslage“ der Verjährungsbeginn
ausnahmsweise trotz voller Tatsachenkenntnis aufgeschoben sein kann (vgl. BGH, NJW 1996, 117, 118 zu der
vergleichbaren Problematik im Rahmen von § 852 BGB a. F.). Für einen durchschnittlichen Anleger war die
Problematik des Abschmelzens des eingezahlten Kapitals, auf die hier nicht näher eingegangen werden muss, nicht
erkennbar. Für den Kläger, Physiker und Mathematiker, kann dies nicht gelten. Ihm musste, ohne dass ihm das
Problem in allen Einzelheiten bewusst hätte werden müssen, jedenfalls klar sein, dass eine Verringerung des von
ihm eingezahlten Kapitals den von ihm angestrebten Zweck der Bedienung des Darlehens und sodann der
Alterssicherung in Gefahr brachte. Zu diesem Abschmelzen des Kapitals war es bereits vor den Zahlungen des
Klägers, zu denen P. geraten hatte, gekommen. Dass die Rendite unter die Zinszahlungen gefallen war, hatte der
Kläger nach seinem Bekunden ebenso wie das sich daraus ergebende Risiko verstanden. Für einen interessierten
und die Finanzmeldungen verfolgenden Anleger wie den Kläger konnte dies aufgrund des Einbruchs an den
Aktienmärkten im Jahr 2000 auch nicht überraschend kommen. Auf die Fälligkeitsboni konnte der Kläger nicht
vertrauen. Er hat dazu erklärt, dass wie ´auch beim Prämiensparen dieser Bonus erst zum Schluss nach einer Reihe
von Jahren gutgeschrieben´ werde. Das aber ist, für einen Mathematiker leicht erkennbar, aus mathematischer Sicht
etwas anderes als eine jährliche Gutschrift.
Danach steht für den Senat fest, dass der Kläger sich bestenfalls der Einsicht der ganz naheliegenden Gefahr
verschloss, dass die Anlage den ihr von ihm zugedachten Zweck voraussichtlich nicht erfüllen würde. Dass er
ungeachtet der bestehende Erkenntnis noch auf ein gutes Ende hoffte, mag so gewesen sein, ändert aber an der
Kenntnis bzw. grob fahrlässigen Unkenntnis des Klägers nichts. Wesentlich Neues hat er nach 2005 auch nicht
mehr erfahren.
6. a) Der bereits in erster Instanz (Bl. 226) hilfsweise gestellte Antrag auf Fortzahlung der im Versicherungsschein
ausgewiesenen Auszahlungen ist zulässig. Es handelt sich um eine als Klageänderung zu behandelnde
Klageerweiterung (vgl. BGH, NJW 2004, 2152) unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit. Es kommt
darauf an, ob eine Zulassung der Klageänderung den Streitstoff im Rahmen des anhängigen Rechtsstreits ausräumt
und einem weiteren Prozess vorbeugt. Die Sachdienlichkeit kann im Allgemeinen nur dann verneint werden, wenn
ein völlig neuer Streitstoff in den Rechtsstreit eingeführt werden soll, bei dessen Beurteilung das Ergebnis der
bisherigen Prozessführung nicht bewertet werden kann (vgl. BGH, NJW 2007, 2414). Dies ist nicht der Fall, weil der
neue Antrag ausschließlich auf dem von Anfang an in Rede stehenden Lebensversicherungsvertrag beruht und die
Entscheidung hierüber geeignet ist, den Rechtsstreit zu beenden.
b) Der Anspruch auf Fortzahlung der im Versicherungsschein ausgewiesenen Auszahlungen wäre zumindest
teilweise insoweit begründet, wie der Vertragswert ausreichend Guthaben in Poolanteilen aufweist. Der Anspruch
folgt an sich aus § 1 Abs. 1 Satz 2 VVG a. F. i. V. m. Ziff. 9.1 der Policenbedingungen. Danach nimmt die Beklagte
auf schriftlichen Antrag des Versicherungsnehmers hin einige oder alle dem Vertrag zugeteilten Anteile zurück und
zahlt einen Betrag in Höhe des Vertragswertes oder des Anteilswertes vorbehaltlich der näher beschriebenen
Bedingungen aus. Dem Kläger steht jedoch kein Anspruch auf Auszahlungen mehr zu, wenn der Vertragswert
verbraucht ist. Zwar sieht der Versicherungsschein (Anlage K 12) regelmäßige halbjährliche Auszahlungen bis zum
5. September 2041 vor. Entgegen dem Antrag des Klägers folgt hieraus aber kein unbedingter Anspruch auf
Fortzahlung bis zu diesem Datum. Der Versicherungsschein verweist auf die Einzelheiten der Policenbedingungen,
denen ohne weiteres entnommen werden kann, dass die Auszahlungen unter dem Vorbehalt einer ausreichenden
Kapitaldeckung erfolgen. Unter den Begriffserklärungen „Anteil“ und „Anteilswert“ ist erläutert, dass der Vertrag aus
zugeteilten Anteilen an einem Pool besteht. Auch in der Verbraucherinformation (Anlage B 2) zu Ziff. 1 ist dies
nochmals erläutert:
„Bei einem anteilsgebundenen Vertrag erwerben Sie mit Ihren Beiträgen Anteile an einem Pool mit garantiertem
Wertzuwachs, die dem Vertrag zugeteilt werden. Der Wert des Vertrags hängt vom Preis der Anteile ab.“
Unter Ziff. 9.1.5 der Policenbedingungen (Anlage B 1) heißt es dann auch:
„Der gesamte gemäß diesem Abschnitt auszuzahlende Betrag entspricht mindestens dem jeweils von C. hierfür zum
betreffenden Zeitpunkt zugelassenen Mindestbetrag, und der Wert der im Vertrag verbleibenden Anteile liegt über der
von C. zugelassenen Mindestgrenze.“
Unter Ziff. 9.3 der Policenbedingungen heißt es weiter:
„Zur Vermeidung von Missverständnissen wird hiermit ausdrücklich festgestellt, dass bei der Rückgabe eines
Vertrags alle ihm zum betreffenden Zeitpunkt zugeteilten Anteile zurückgenommen werden und der Vertrag selbst
(wie in Abschnitt 9.1. beschrieben) hinfällig und beendet wird.“
Hieraus folgt erkennbar, dass etwaige Auszahlungen durch Realisierung der entsprechenden Poolanteile ermöglicht
werden, und dies zur Reduzierung der im Pool verbleibenden Anteile führt. Eine Reduzierung der Anteile auf Null
führt zur Beendigung des Vertrags mit dem Erlöschen gegenseitiger Leistungspflichten. Irgendeine Form von
Garantie (über die Garantie des Werterhalts der im Pool verbleibenden Anteile hinaus) gab es demgegenüber nicht.
Damit konnte der Kläger auch in keiner Weise rechnen, zumal auf ein Investment der Beklagten in risikoreichere
Vermögenswerte ausdrücklich hingewiesen worden war (z. B. Prospekt, Prospektteil A, Anlage K 10, sowie,
allerdings nach Vertragsschluss, Bl. 40 und 41 der ´Grundsätze´, Anlage K 10 c). In der Klagschrift hat der Kläger
auch noch selbst eingeräumt, dass ihm bewusst gewesen sei, dass eine Rendite von 8,5 % nicht sicher oder
garantiert sei (Bl. 23). dass der Kläger sie erwartet und für wahrscheinlich gehalten hat (ebenda), hat nichts mit einer
Garantie der Beklagten zu tun.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 101 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit
richtet sich nach § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen.
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 11. Mai 2011 (Bl. 285) den Streitwert auf 312.666,48 € festgesetzt. Der
Streitwert für den Antrag zu 1 (Freistellung) kann aber nicht, wie geschehen, auf 250.000,00 € festgesetzt werden.
Der Nettodarlehensbetrag beläuft sich auf 250.000,00 DM. Selbst der Kläger ist nur von einem Streitwert von
190.484,45 €, d. h. bis zu 200.000 €, ausgegangen (Bl. 1, 45 f.), was zutreffend ist. Der Streitwert ist daher in
Abänderung der Festsetzung durch das Landgericht für den Rechtsstreit an sich auf bis zu 200.000 € festzusetzen.
Es kommt der Hilfsantrag hinzu. Insoweit hat der Senat - anders als das Landgericht - dem Kläger den geltend
gemachten Anspruch aberkannt. Der Senat setzt insoweit das Doppelte des dreieinhalbfachen Wertes von 4.473,80
€ an, 31.316,60 €, insgesamt bis zu 230.000 €.
… … …