Urteil des OLG Celle vom 11.01.2012

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Gericht:
OLG Celle, 10. Zivilsenat
Typ, AZ:
Beschluss, 10 UF 194/11
Datum:
11.01.2012
Sachgebiet:
Normen:
VersAusglG § 18 Abs 1
Leitsatz:
Anrechte aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung sind nicht gleichartig
im Sinne des § 18 Abs. 1 VersAusglG.
Volltext:
10 UF 194/11
614 F 748/10 Amtsgericht Hannover
B e s c h l u s s
In der Familiensache
G. N., …,
Antragsteller und Beschwerdeführer,
Verfahrensbevollmächtigte:
Anwaltsbüro K. / v. D. / S., …,
Geschäftszeichen: …,
gegen
A. N., geb. O., …,
Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin,
Verfahrensbevollmächtigte:
Anwaltsbüro M. u. C., …,
Geschäftszeichen: …,
Beteiligte:
1. Deutsche Rentenversicherung Bund, …,
Geschäftszeichen: …,
Beschwerdeführerin,
2. Land Niedersachsen, vertreten durch Oberfinanzdirektion Niedersachsen, LBV, …,
Geschäftszeichen: …,
3. A. Lebensversicherung AG, …,
Geschäftszeichen: …,
4. Pensionskasse der V.Versicherungen, …,
Geschäftszeichen: …,
5. Bausparkasse S. AG, …,
Geschäftszeichen: …,
6. Deutsche Rentenversicherung BraunschweigHannover, …,
Geschäftszeichen: …,
hat der 10. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am
Oberlandesgericht W., den Richter am Oberlandesgericht H. und die Richterin am Amtsgericht W.M. am 11. Januar
2012 beschlossen:
Auf die Beschwerden des Antragstellers und der Deutschen Rentenversicherung Bund wird der Beschluss des
Amtsgerichts - Familiengericht - Hannover vom 1. Juli 2011 im Ausspruch zum Versorgungsausgleich (II des
Tenors) geändert und wie folgt neu gefasst:
Im Wege der externen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Ehemannes bei dem Land Niedersachsen, vertreten
durch die Oberfinanzdirektion Niedersachsen (Aktenzeichen: …), zu Gunsten der Ehefrau ein Anrecht der
gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 218,13 €, bezogen auf den 28. Februar 2010, auf ihrem
Versicherungskonto Nr. … bei der Deutschen Rentenversicherung Bund begründet. Der Ausgleichswert ist in
Entgeltpunkte umzurechnen.
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Ehefrau bei der Deutschen Rentenversicherung Bund
(Versicherungskonto Nr. …) zu Gunsten des Ehemannes ein Anrecht in Höhe von 7,5343 Entgeltpunkten auf dessen
Versicherungskonto Nr. … bei der Deutschen Rentenversicherung BraunschweigHannover, bezogen auf den 28.
Februar 2010, übertragen.
Im Wege der externen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Ehefrau bei der Pensionskasse der
V.Versicherungen (PersonalNr. …) zu Gunsten des Ehemannes ein Anrecht in Höhe von 5.352,00 € bei der
Bausparkasse S. AG nach Maßgabe der ´Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge Tarif Wohnrente Fassung
05.2010 (ABB)´, bezogen auf den 28. Februar 2010, begründet.
Die Pensionskasse der V.Versicherungen wird verpflichtet, den vorgenannten Betrag nebst 3,75 % Zinsen ab dem 1.
März 2010 an die Bausparkasse S. AG zu zahlen.
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Ehefrau bei der A. Lebensversicherung AG
(Versicherungsnummer …) nach Maßgabe der derzeit geltenden Teilungsordnung zu Gunsten des Ehemannes ein
Anrecht in Höhe von 5.068,37 €, bezogen auf den 28. Februar 2010, übertragen.
Die weitergehende Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen.
Gerichtskosten werden für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten des
Beschwerdeverfahrens werden zwischen den Beteiligten gegeneinander aufgehoben.
Beschwerdewert: 1.710 €.
Die Rechtsbeschwerde wird in Bezug auf die Entscheidungen zur internen Teilung der gesetzlichen
Rentenanwartschaft der Antragsgegnerin und zur externen Teilung der Beamtenversorgungsanwartschaft des
Antragstellers zugelassen.
Gründe
I.
Die beteiligten Eheleute heirateten am … August 1996 und wurden auf den am 11. März 2010 zugestellten Antrag
des Ehemannes durch die angefochtene Entscheidung rechtskräftig geschieden. Zugleich führte das Amtsgericht
den Versorgungsausgleich durch. Dabei wurden Anrechte des Ehemannes aus Beamtenversorgung beim Land
Niedersachsen und Anrechte der Ehefrau aus betrieblicher Altersversorgung bei der Pensionskasse der
V.Versicherungen jeweils extern geteilt, weitere Anrechte der Ehefrau in der gesetzlichen Rentenversicherung und
aus einer privaten Rentenversicherung bei der A. Lebensversicherung AG wurden intern geteilt.
Gegen diese Entscheidung haben sowohl die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Bund als Träger der gesetzlichen
Rentenversicherung als auch der Ehemann Beschwerde eingelegt.
II.
1. Die Beschwerden sind gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässig, insbesondere form und fristgerecht eingelegt. Das
Rechtsmittel der DRV Bund richtet sich gegen die Höhe des von der Ehefrau bei ihr erworbenen Anrechts, der
Ehemann begehrt mit seiner Beschwerde eine Überprüfung der Entscheidung zum Versorgungsausgleich insgesamt.
2. Dem Versorgungsausgleich unterliegen die in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechte beider Ehegatten. Als
Ehezeit gilt die Zeit vom Beginn des Eheschließungsmonats bis zum Ende des Monats, der der Rechtshängigkeit
des Scheidungsantrags vorangeht (§ 3 Abs. 1 VersAusglG). Daraus folgt für den vorliegenden Fall eine Ehezeit vom
1. August 1996 bis zum 28. Februar 2010.
3. Die Ehezeitanteile der in diesem Zeitraum erworbenen Versorgungsanrechte (i. S. des § 2 VersAusglG) sind
jeweils hälftig zwischen den Ehegatten aufzuteilen (§ 1 Abs. 1 VersAusglG).
a) Der Ehemann hat ein beamtenrechtliches Anrecht erworben, dessen nach § 44 VersAusglG ermittelter
Ehezeitanteil nach der Auskunft der OFD Niedersachsen, die von den Beteiligten nicht beanstandet worden ist,
monatlich 436,26 € beträgt. Durch das zum 1. Dezember 2012 in Kraft getretene Niedersächsische
Beamtenversorgungsgesetz (NBeamtVG) haben sich, wie der Senat überprüft hat, keine Änderungen in der
Berechnung des Ruhegehalts ergeben. Der hälftige Ausgleichswert des Anrechts (§ 1 Abs. 2 S. 2 VersAusglG)
beträgt monatlich 218,13 €.
Das Amtsgericht hat das Anrecht zutreffend nach § 16 Abs. 1 und 3 VersAusglG extern geteilt und für die Ehefrau
ein Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet. Eine interne Teilung des Anrechts ist nicht möglich,
weil das Land Niedersachsen eine solche bisher nicht zulässt.
b) Die Ehefrau hat ein Anrecht der gesetzlichen Rentenversicherung bei der DRV Bund erworben. Dessen
Ehezeitanteil und Ausgleichswert ist gemäß § 43 Abs. 1 VersAusglG nach der unmittelbaren Bewertungsmethode
des § 39 Abs. 1 VersAusglG aus den auf die Ehezeit entfallenden Entgeltpunkten zu ermitteln. Das Amtsgericht hat
seiner Entscheidung irrtümlich eine Auskunft der DRV Bund vom 10. Juni 2010 zugrunde gelegt, die auf einer erst
am 1. August 1999 beginnenden Ehezeit beruhte. Dies hat die DRV Bund mit ihrer Beschwerde zu Recht gerügt.
Allerdings kann auch die auf der zutreffenden Ehezeit beruhende Auskunft der DRV Bund vom 1. Juli 2011, die
einen Ausgleichswert von 7,8224 Entgeltpunkten ausweist, nicht berücksichtigt werden. Denn dabei sind nach
Ehezeitende liegende rentenrechtliche Zeiten (von März 2010 bis Juni 2011) einbezogen worden, deren Bewertung
sich hier auf in der Ehezeit liegende beitragsfreie Zeiten (Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung,
Anrechnungszeiten wegen Schwangerschaft) wertsteigernd auswirkt. Nach der ständigen Rechtsprechung des
Senats (FamRZ 2011, 723. NJWRR 2011, 1571) sind (jedenfalls solange noch kein Versicherungsfall eingetreten ist)
entgegen der Auskunftspraxis der Rentenversicherungsträger nur die bis zum Ende der Ehezeit zurückgelegten
rentenrechtlichen Zeiten zu berücksichtigen. Die Einbeziehung weiterer bis zur Auskunftserteilung bereits
zurückgelegter (und geklärter) rentenrechtlicher Zeiten ist auch nicht aufgrund der Bestimmung des § 5 Abs. 2 S. 2
VersAusglG geboten. Diese Vorschrift ermöglicht es lediglich, tatsächliche oder rechtliche Veränderungen, die auf
den Ehezeitanteil zurückwirken und in einem Abänderungsverfahren zu beachten wären, bereits im Erstverfahren zu
berücksichtigen. Die Entwicklung des Versicherungsverlaufs nach dem Ehezeitende (als dem nach § 3 Abs. 1 und 2
und § 5 Abs. 2 S. 1 VersAusglG maßgeblichen Bewertungsstichtag) ist jedoch nach Auffassung des Senats kein
Umstand, der auf den Ehezeitanteil zurückwirkt. Durch die nachehelichen Zeiten werden nur diejenigen der Ehezeit
zugeordneten Entgeltpunkte beeinflusst, die für beitragsfreie Zeiten vergeben werden. Insofern ist es von Bedeutung,
in welchem Umfang ein Ehegatte nach Ende der Ehezeit sozialversicherungspflichtig erwerbstätig ist oder freiwillige
Beiträge entrichtet. Dieser individuellen Entwicklung kann aber keine Bedeutung mehr für die Bewertung des
Ehezeitanteils zukommen. Dies gilt umso mehr, als die Bewertung laufenden Schwankungen unterworfen ist und der
für den Versorgungsausgleich zugrunde gelegte Wert von der Zufälligkeit beeinflusst würde, wann der
Versorgungsträger die Auskunft erteilt.
Im vorliegenden Fall ist daher auf die vom Senat veranlasste Auskunft der DRV Bund vom 22. November 2011
abzustellen, die lediglich die rentenrechtlichen Zeiten bis zum 28. Februar 2010 berücksichtigt. Daraus ergibt sich
ein Ausgleichswert von 7,5343 Entgeltpunkten. Diese sind im Wege interner Teilung auf den Ehemann zu
übertragen.
c) Weiter hat die Ehefrau gegenüber der Pensionskasse der V.Versicherungen ein Anrecht aus betrieblicher
Altersversorgung in Höhe von 5.352 € erworben. Dieses Anrecht ist aufgrund des Verlangens des
Versorgungsträgers extern zu teilen, da der maßgebliche Grenzwert nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG von
(bezogen auf das Ehezeitende) 6.132 € nicht überschritten ist.
Der Ehemann hat als Zielversorgungsträger die Bausparkasse S. AG gewählt und auch deren Zustimmung
beigebracht. Gegen die Angemessenheit der gewählten Versorgung bestehen keine Bedenken. Die Zustimmung der
Ehefrau ist nicht erforderlich. Die gewählte Versorgung ist nach dem AltZertG zertifiziert und erfüllt damit die
Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 und 3 VersAusglG (§ 15 Abs. 4 VersAusglG).
Aufgrund der Beschwerde des Ehemannes war die angefochtene Entscheidung in vollem Umfang rechtlich zu
überprüfen. Dabei war zu berücksichtigen, dass der zum Vollzug der externen Teilung nach § 14 Abs. 4 VersAusglG
i. V. mit § 222 Abs. 3 FamFG vom Versorgungsträger der ausgleichspflichtigen Ehefrau an die Zielversorgung zu
zahlende Ausgleichswert, den das Amtsgericht zutreffend tituliert hat, ab Ende der Ehezeit in Höhe des
Rechnungszinses (jedenfalls) bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich in Höhe des
Rechnungszinses der auszugleichenden Versorgung zu verzinsen ist (BGH FamRZ 2011, 1785). Nach Auffassung
des Senats (NJWRR 2011, 1571) gilt die Pflicht zur Verzinsung sogar bis zur tatsächlichen Zahlung. Dies war
ergänzend auszusprechen.
d) Die Ehefrau hat schließlich auch noch ein Anrecht aus einer privaten Rentenversicherung bei der A.
Lebensversicherung AG erworben. Den (von den Beteiligten nicht beanstandeten) Ausgleichswert dieses Anrechts
hat das Amtsgericht bei seinem Ausspruch zur internen Teilung unzutreffend mit 5.063,74 € tituliert. Tatsächlich
beträgt der Ausgleichswert ausweislich der Auskunft des Versorgungsträgers 5.068,37 €. Insoweit war die
angefochtene Entscheidung aufgrund des Rechtsmittels des Ehemannes zu ändern.
4. Ein Ausschluss des Ausgleichs nach § 18 VersAusglG kommt nicht in Betracht.
a) Die Ehegatten haben keine gleichartigen Anrechte i. S. des § 18 Abs. 1 VersAusglG erworben.
aa) Allerdings wird in der Literatur ganz überwiegend die Auffassung vertreten, dass Anrechte der gesetzlichen
Rentenversicherung und der Beamtenversorgung gleichartig seien. Die strukturelle Vergleichbarkeit der Anrechte
ergebe sich aus den §§ 16 Abs. 3 und 47 Abs. 3 VersAusglG (vgl. Ruland Versorgungsausgleich 3. Aufl. Rn. 512.
Borth Versorgungsausgleich 6. Aufl. Rn. 630. MünchKomm/ Gräper BGB 5. Aufl. § 18 VersAusglG Rn. 7.
Johannsen/Henrich/Holzwarth Familienrecht 5. Aufl. § 18 VersAusglG Rn. 5. Palandt/Brudermüller BGB 71. Aufl. §
18 VersAusglG Rn. 2. Breuers in jurisPK BGB 5. Aufl. § 18 VersAusglG Rn. 34. Hauß in Schulz/Hauß
(NomosKommentar) Familienrecht 2. Aufl. § 18 VersAusglG Rn. 7. Erman/Norpoth BGB 13. Aufl. § 10 VersAusglG
Rn. 6. Götsche in Kaiser/Schnitzler/Friederici (NomosKommentar) BGB Familienrecht 2. Aufl. § 10 VersAusglG Rn.
30 [anders allerdings § 18 VersAusglG Rn. 11 Beispiel 2]. Hoppenz in Hoppenz Familiensachen 9. Aufl. § 18
VersAusglG Rn. 4. Friederici Praxis des Versorgungsausgleichs 1. Aufl. § 18 VersAusglG Rn. 5.
Gutdeutsch/Wagner in Handbuch des Fachanwalts Familienrecht 8. Aufl. Kapitel 7 Rn. 198. Hauß/Eulering
Versorgungsausgleich und Verfahren in der Praxis Rn. 269. Bergner FamFR 2010, 221. ders. NJW 2010, 3269,
3270. Götsche FamRB 2010, 344, 345). Danach wären im vorliegenden Fall die Ausgleichswerte des
beamtenrechtlichen Anrechts des Ehemannes und der gesetzlichen Rentenanwartschaft der Ehefrau
gegenüberzustellen. Dies stößt indessen insoweit auf Schwierigkeiten, als die Ausgleichswerte in verschiedenen
Bezugsgrößen angegeben werden, in der Beamtenversorgung als Rentenbetrag und in der gesetzlichen
Rentenversicherung als Entgeltpunkte.
Nahe liegend ist eine Vergleichbarmachung auf der Grundlage der korrespondierenden Kapitalwerte beider Anrechte
(so Hauß in NomosKommentar a.a.O. Rn. 12. Gutdeutsch/Wagner a.a.O.), zumal der korrespondierende Kapitalwert
eines beamtenrechtlichen Anrechts nach § 47 Abs. 3 VersAusglG nach den Berechnungsgrundlagen der
gesetzlichen Rentenversicherung zu berechnen ist. Danach wären die jeweils nach § 47 VersAusglG ermittelten
korrespondierenden Kapitalwerte beider Anrechte zu saldieren. Die Versorgungsträger haben diese Werte mit
51.072,87 € (Beamtenversorgung des Ehemannes) und 47.982,92 € (gesetzliche Rentenversicherung der Ehefrau)
angegeben. Die Wertdifferenz beträgt 3.089,95 € und liegt damit (knapp) über der nach § 18 Abs. 3 VersAusglG für
das Ehezeitende maßgeblichen Bagatellgrenze für Kapitalwerte von 3.066 €, so dass die Anrechte nicht vom
Wertausgleich auszuschließen wären.
Denkbar ist allerdings auch ein Vergleich beider Ausgleichswerte auf Basis ihrer Rentenbeträge (dafür offenbar
Ruland a.a.O. Rn. 513). Hierfür könnte sprechen, dass § 16 Abs. 3 VersAusglG zum Vollzug des Wertausgleichs
eine Umrechnung von Rentenbeträgen (der Beamtenversorgung) in Entgeltpunkte (der gesetzlichen
Rentenversicherung) vorsieht. Für die Prüfung der Wertdifferenz nach § 18 Abs. 1 VersAusglG könnten
spiegelbildlich die in der Ehezeit erworbenen Entgeltpunkte (unter Multiplizierung mit dem bei Ehezeitende
maßgeblichen aktuellen Rentenwert) in eine monatliche Rentenanwartschaft umgerechnet werden. Dies hätte zudem
den Vorteil, dass nur einer der beiden zu vergleichenden Ausgleichswerte umgerechnet werden müsste. Im
vorliegenden Fall ergäbe sich ein Ausgleichswert der gesetzlichen Rentenanwartschaft der Ehefrau von (7.5343
Entgeltpunkte x 27,20 € =) 204,93 €. Die Differenz zum Ausgleichswert der beamtenrechtlichen Anwartschaft des
Ehemannes von monatlich 218,13 € beträgt 13,20 € und liegt (deutlich) unter der nach § 18 Abs. 3 VersAusglG für
den Zeitpunkt des Ehezeitendes maßgeblichen Bagatellgrenze für Rentenbeträge von monatlich 25,55 €. Danach
käme ein Ausschluss des Ausgleichs beider Anrechte in Betracht.
bb) Nach anderer Ansicht sind Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung nicht als
gleichartig anzusehen. Dies wird teilweise damit begründet, dass Anrechte, die unterschiedliche Bezugsgrößen
verwenden, nicht als gleichartig behandelt werden könnten (Kemper Versorgungsausgleich in der Praxis 1. Aufl.
Kapitel VIII Rn. 54), teilweise wird darauf abgehoben, dass die Versorgungssysteme nicht unerhebliche Unterschiede
in der Wertentwicklung und im Leistungsspektrum der Anrechte aufweisen würden (Wick in Weinreich/Klein
Fachanwaltskommentar Familienrecht 4. Aufl. § 10 VersAusglG Rn. 14. ders. Der neue Versorgungsausgleich in der
Praxis – Erste Erfahrungen mit dem neuen Recht Rn. 121). Das Amtsgericht hat vorliegend keine Prüfung nach § 18
Abs. 1 VersAusglG vorgenommen. Auch sonst werden nach den Erfahrungen des Senats in der gerichtlichen Praxis
Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung im Allgemeinen nicht in eine Bilanz nach
§ 18 Abs. 1 VersAusglG eingestellt. Entscheidungen hierzu sind jedoch – soweit ersichtlich – bisher nicht
veröffentlicht.
cc) Nach Auffassung des Senats sind Anrechte der Beamtenversorgung und der gesetzlichen Rentenversicherung
nicht gleichartig im Sinne des § 18 Abs. 1 VersAusglG. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers ist der Begriff
„Anrechte gleicher Art“ in § 18 Abs. 1 VersAusglG ebenso zu verstehen wie in § 10 Abs. 2 VersAusglG (BTDrucks.
16/11903 S. 54). Nach dieser Vorschrift haben die Versorgungsträger im Falle eines Hin und HerAusgleichs
gleichartiger Anrechte beider Ehegatten eine Verrechnung der jeweiligen Ausgleichswerte vorzunehmen mit der
Folge, dass nur die Wertdifferenz umgebucht wird. Die Gleichartigkeit erfordert keine Wertidentität, aber eine
strukturelle Übereinstimmung in den wesentlichen Fragen (insbesondere Leistungsspektrum, Finanzierungsart,
Wertentwicklung der Anrechte), die gewährleistet, dass ein Saldenausgleich nach Verrechnung der Ausgleichswerte
im Wesentlichen zu demselben wirtschaftlichen Ergebnis führt wie ein Hin und HerAusgleich (BTDrucks. 16/10144
S. 55. 10/11903 S. 54).
An diesen Voraussetzungen fehlt es regelmäßig schon dann, wenn die Anrechte, deren Ausgleichswerte verglichen
werden sollen, in Versorgungssystemen erworben worden sind, die unterschiedliche Bezugsgrößen verwenden. Dann
können die nach § 5 Abs. 3 und 5 i. V. mit den §§ 39 ff. VersAusglG ermittelten Ausgleichswerte nämlich schon
nicht ohne weiteres miteinander verglichen werden. Es bedarf vielmehr zunächst einer Umrechnung mindestens
eines der beiden Ausgleichswerte, um einen „gemeinsamen Nenner“ für die Bilanzierung zu finden. Die
Notwendigkeit, die Ausgleichswerte beider Versorgungsanrechte auf eine gemeinsame Bezugsgröße zu bringen,
indiziert bereits die fehlende Gleichartigkeit der Versorgungssysteme.
Die Bestimmungen in den §§ 16 Abs. 3 und 47 Abs. 3 VersAusglG taugen nicht als tragfähiges Argument für die
Gleichartigkeit von Anrechten der Beamtenversorgung und der gesetzlichen Rentenversicherung. § 16 VersAusglG
trägt dem Umstand Rechnung, dass der Bundesgesetzgeber aus Rechtsgründen nicht in der Lage ist, die interne
Teilung von Anrechten der Landes und Kommunalbeamten anzuordnen. Soweit die Bundesländer (wie bisher
durchgehend) eine interne Teilung verweigern, bedurfte es der Schaffung einer alternativen Ausgleichsform. Der
Bundesgesetzgeber hat sich insoweit für eine externe Teilung entschieden, bei der für die ausgleichsberechtigte
Person ein Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung geschaffen wird. Hierfür war nicht die Erwägung
maßgebend, dass der Transfer des Ausgleichswerts in die gesetzliche Rentenversicherung zu einem gleichartigen
Anrecht führe, sondern vielmehr der Gedanke, dass die Begründung einer gesetzlichen Rentenanwartschaft zum
Ausgleich eines Anrechts aus der Beamtenversorgung bereits aus dem früheren Recht bekannt war (sog.
QuasiSplitting, § 1587 b Abs. 2 BGB a. F.) und deshalb als Ersatzlösung für die aus Rechtsgründen verschlossene
interne Teilung auf Akzeptanz stoßen würde (BTDrucks. 16/10144 S. 59 f.). Die in § 16 Abs. 3 VersAusglG
getroffene Regelung, wonach das Gericht die Umrechnung des Ausgleichswerts in Entgeltpunkte oder Entgeltpunkte
(Ost) anzuordnen hat, dient lediglich dem Vollzug der externen Teilung im System der gesetzlichen
Rentenversicherung und ist kein Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber von einer strukturellen Vergleichbarkeit der
beiden Versorgungssysteme ausgegangen ist.
§ 47 Abs. 3 VersAusglG bestimmt zwar, dass der korrespondierende Kapitalwert eines Anrechts der
Beamtenversorgung unter entsprechender Anwendung der Berechnungsgrundlagen der gesetzlichen
Rentenversicherung zu berechnen ist. Dies beruht aber auf der Erwägung, dass ein Anrecht der Beamtenversorgung
nicht durch freiwillige Beitragszahlung erworben werden kann und ein „Einkaufspreis“ (auf den bei der Ermittlung des
korrespondierenden Kapitalwerts abgestellt werden soll, BTDrucks. 16/10144 S. 84), für ein solches Anrecht daher
nicht zur Verfügung steht. Die Heranziehung der Berechnungsgrößen der gesetzlichen Rentenversicherung hat der
Gesetzgeber für zweckmäßig erachtet, um hier zusätzlichen Verwaltungsaufwand (etwa durch eine
versicherungsmathematische Berechnung) zu vermeiden. Er hielt diesen Weg für akzeptabel, weil die Versorgungen
„durchaus vergleichbar“ seien und „Wert sowie Strukturveränderungen in der gesetzlichen Rentenversicherung in der
Regel in der Beamtenversorgung nachvollzogen“ würden (BTDrucks. 16/10144 S. 85). Dabei ist indessen zu
bedenken, dass die Ermittlung korrespondierender Kapitalwerte in erster Linie nur dazu dient, den Ehegatten den
wirtschaftlichen Wert der einzelnen Anrechte deutlich zu machen, einen ungefähren Vergleich miteinander und mit
anderen Vermögenswerten – auch als Basis für Vereinbarungen – zu ermöglichen und die Prüfung des Gerichts,
inwieweit der Versorgungsausgleich aus Härtegründen nach § 27 VersAusglG auszuschließen ist, zu ermöglichen
(BTDrucks. 16/10144 S. 50, 84). Daneben wird die Vorschrift für die Bagatellprüfung nach § 18 VersAusglG und für
Fallgestaltungen, in denen eine Saldierung zur Vermeidung unbilliger Ergebnisse zwingend geboten ist (vgl. z.B. § 31
Abs. 2 S. 1 VersAusglG), benötigt. Korrespondierende Kapitalwerte sind aber stets nur Hilfsgrößen, die ohne nähere
Betrachtung der weiteren Faktoren der Anrechte keine ausreichende Basis für einen Vergleich abgeben (vgl. § 47
Abs. 1 und 6 VersAusglG).
Die Beamtenversorgung und die gesetzliche Rentenversicherung weisen – ungeachtet gewisser Gemeinsamkeiten –
grundlegende strukturelle Unterschiede auf, die der Beurteilung als „gleichartig“ entgegenstehen. Ihnen ist zwar
gemein, dass die Anrechte nicht kapitalgedeckt sind. Gleichwohl ist das Finanzierungsverfahren unterschiedlich. Die
Beamtenversorgung wird ausschließlich aus Haushaltsmitteln der Dienstherrnkörperschaften finanziert. In der
gesetzlichen Rentenversicherung werden die Renten im Wesentlichen nach dem Umlageverfahren durch die
Rentenversicherungsbeiträge der Versicherten im gleichen Kalenderjahr und, soweit erforderlich, durch Entnahmen
aus der Nachhaltigkeitsrücklage gedeckt. hinzu kommen Zuschüsse des Bundes (§ 153 SGB VI).
Die Wertentwicklung der Anrechte verlief zwar in der Vergangenheit weitgehend parallel. Bei näherer Betrachtung
zeigt sich indessen, dass die Wertsteigerungen in der gesetzlichen Rentenversicherung von 1966 bis 1985 mit
jährlich durchschnittlich 6,8 % um 1,5 Prozentpunkte über den Wertsteigerungen der Beamtenversorgung von
jährlich durchschnittlich 5,3 % lagen. Seit 1985 bleiben die Wertsteigerungen der gesetzlichen Rentenversicherung
dagegen deutlich hinter der Wertentwicklung in der Beamtenversorgung zurück (vgl. die Tabellen von Gutdeutsch
FamRZ 2009, 838 und von Hauß in Hauß/Schulz a.a.O. § 18 VersAusglG Rn. 6). Diese Tendenz kann sich noch
dadurch verstärken, dass die Länder nunmehr die Gesetzgebungshoheit für die Versorgung der Landes und
Kommunalbeamten besitzen.
Hinzu kommt, dass sich die Höhe der Beamtenversorgung nach einem von der Dauer der ruhegehaltfähigen
Dienstzeit abhängigen Prozentsatz des letzten ruhegehaltfähigen Einkommens vor Eintritt in den Ruhestand richtet
(§ 14 Abs. 1 BeamtVG sowie entsprechende landesrechtliche Vorschriften, vgl. § 16 Abs. 1 NBeamtVG). Insofern
wirkt sich die Steigerung des ruhegehaltfähigen Einkommens allein infolge des Erreichens höherer Dienstaltersstufen
(„Erfahrungszeiten“, vgl. § 27 BBesG) ruhegehaltserhöhend aus. Eine vergleichbare Abhängigkeit der Rentenhöhe
vom am Ende des Berufslebens erreichten Erwerbseinkommen gibt es in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht.
Hier ist die Höhe der Versorgung vielmehr vom Verhältnis des individuellen Einkommens zum
Durchschnittseinkommen aller Versicherten im gesamten Berufsleben abhängig.
Auch im Leistungsspektrum gibt es zumindest einen wesentlichen Unterschied zwischen den
Versorgungssystemen. Einem Beamten wird im Falle der Invalidität ein Ruhegehalt gewährt, wenn er eine Dienstzeit
von mindestens fünf Jahren abgeleistet hat und dienstunfähig geworden ist. Zum Bezug der Versorgung genügt
daher die Unfähigkeit des Beamten, die ihm nach den Aufgaben des bisher ausgeübten Amts im
konkretfunktionellen Sinn obliegenden Dienstpflichten zu erfüllen (vgl. VGH München Urteil vom 27.05.2011 – 3 B
10.1799 – [juris]). Bei Invalidität aufgrund eines Dienstunfalls, d. h. eines Unfalls, der in Ausübung der dienstlichen
Tätigkeit oder des Weges nach und von der Dienststelle erlitten wurde (§ 31 BeamtVG, § 34 NBeamtVG), wird die
Pension noch erhöht (§ 5 Abs. 2 BeamtVG, § 5 Abs. 2 NBeamtVG). Eine gesetzliche Rente wegen voller
Erwerbsminderung setzt dagegen - neben der Erfüllung der Wartezeit von fünf Jahren (§ 50 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB
VI) - voraus, dass der Versicherte auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des
allgemeinen Arbeitsmarktes, d. h. grundsätzlich in jedem zumutbaren Arbeitsfeld, mindestens drei Stunden täglich
erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 S. 2 SGB VI). Darüber hinaus muss der Versicherte in den letzten fünf Jahren vor
Eintritt der Invalidität drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit entrichtet haben (§
43 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI). Gerade diese zusätzliche Voraussetzung erfüllen (insbesondere weibliche)
Versicherte häufig nicht.
Diese Unterschiede hält der Senat für so wesentlich, dass er Anrechte der Beamtenversorgung und der gesetzlichen
Rentenversicherung nicht als gleichartig ansieht. Damit sind die Ausgleichswerte der betreffenden Anrechte des
Ehemannes und der Ehefrau nicht nach § 18 Abs. 1 VersAusglG gegenüberzustellen.
b) Die Ausgleichswerte sämtlicher Anrechte beider Ehegatten sind für sich genommen nicht geringfügig im Sinne
des § 18 Abs. 2 VersAusglG, weil sie die hier maßgebliche Bagatellgrenze übersteigen. Die Ausgleichswerte der von
der Ehefrau bei der Pensionskasse der V.Versicherungen und bei der A. Lebensversicherung AG erworbenen
Anrechte liegen jeweils über der für Kapitalwerte maßgeblichen Bagatellgrenze von 3.066 €. Bei dem Anrecht der
Ehefrau aus der gesetzlichen Rentenversicherung, deren Bezugsgröße Entgeltpunkte sind, ist auf den
korrespondierenden Kapitalwert abzustellen (vgl. BGH Beschluss vom 30.11.2011 – XII ZB 344/10 –, Rn. 24), der
die Bagatellgrenze ebenfalls deutlich übersteigt. Die Bagatellgrenze für einen Rentenbetrag, den die
Beamtenversorgung als Bezugsgröße verwendet, beträgt bezogen auf das Jahr 2010 monatlich 25,55 €. Auch sie
wird von dem Ausgleichswert des vom Ehemann erworbenen Anrechts von monatlich 218,13 € überschritten.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 20 Abs. 1 S. 1 FamGKG, 150 Abs. 1 FamFG, die Festsetzung des
Beschwerdewerts auf § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG und die (beschränkte) Zulassung der Rechtsbeschwerde auf § 70
Abs. 2 S. 1 Nr. 2 FamFG.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Dieser Beschluss ist mit der Rechtsbeschwerde anfechtbar. Diese ist binnen einer Frist von einem Monat nach der
schriftlichen Bekanntgabe dieses Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem
Bundesgerichtshof in Karlsruhe, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen bei dem Bundesgerichtshof
zugelassenen Rechtsanwalt einzulegen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich
der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene
Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich
der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Die zur
Vertretung berechtigten Personen müssen die Befähigung zum Richteramt haben.
Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:
1. die Bezeichnung des Beschlusses, gegen den die Rechtsbeschwerde gerichtet wird, und
2. die Erklärung, dass gegen diesen Beschluss Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
Die Rechtsbeschwerdeschrift ist zu unterschreiben. Mit der Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder
beglaubigte Abschrift des angefochtenen Beschlusses vorgelegt werden.
W. H. W.M.