Urteil des OLG Celle vom 23.05.2001

OLG Celle: geschäftsführer, gläubigerbenachteiligung, deckung, wechsel, fälligkeit, datum, vollstreckbarkeit, kreditierung, unterliegen, sanierung

Gericht:
OLG Celle, 13. Zivilsenat
Typ, AZ:
Urteil, 13 U 192/00
Datum:
23.05.2001
Sachgebiet:
Normen:
GesO § 10 Abs. 1 Nr. 4, KO § 30
Leitsatz:
Zum Bargeschäft ´Sanierungsberatung´
Volltext:
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil 13 U 192/00 3 O 63/99 LG Bückeburg Verkündet am 23. Mai
2001 #######, Justizobersekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle In dem Rechtsstreit #######, Beklagte
und Berufungsklägerin, - Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt ####### in Celle - gegen #######, Klägerin und
Berufungsbeklagte, - Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ####### - hat der 13. Zivilsenat des
Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 8. Mai 2001 unter Mitwirkung der Richter #######,
####### und ####### für Recht erkannt: Die Berufung der Beklagten gegen das am 30. Juni 2000 verkündete Urteil
des Landgerichts Bückeburg wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte. Das
Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Streitwert und Beschwer: 20.000 DM. T a t b e s t a n d Die
Gesamtvollstreckungsschuldnerin (i. w. Schuldnerin) zahlte dem Beklagten am 27. Januar 1999 2.000 DM in bar auf
dessen Beratungsleistungen, die er in der Zeit vom 9. August bis 3. Oktober 1998 wegen der Verträge vom 2. Juli, 1.
September 1998 und ohne Datum (Leistungen: August 1998), wonach die erstellten Honorarrechnungen ´sofort zu
begleichen´ seien, erstellt hatte. Die Beklagte hatte dafür Wechsel erhalten. Am 30. Dezember 1998 wurde Antrag
auf Gesamtvollstreckung gestellt, am 21. Januar 1998 informierte der Kläger als vorläufiger Verwalter den
Geschäftsführer der Beklagten darüber. Gegen die Zahlung von 20.000 DM gab der Geschäftsführer der Beklagten
der Schuldnerin zwei am 14. März 1999 und 10. April 1999 fällige Wechsel zurück. Der Kläger,
Gesamtvollstreckungsverwalter der Schuldnerin, hat Rückzahlung der 20.000 DM nebst Prozesszinsen verlangt, weil
die Zahlung in Kenntnis des tatsächlich zum Verfahren führenden Gesamtvollstreckungsantrages eine anfechtbare
Rechtshandlung im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 4 GesO gewesen sei. Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zur
Zahlung von 20.000 DM nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit zu verurteilen. Die Beklagte hat beantragt, die Klage
abzuweisen. Es fehle an einer objektiven Gläubigerbenachteiligung. Die Beauftragung der Beklagten sei zur
Sanierung der Klägerin nötig gewesen. Zum Zeitpunkt der Zahlung sei noch kein Verfügungsverbot gegen die
Schuldnerin zugestellt gewesen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Dagegen wendet sich die Berufung der
Beklagten, die geltend macht, die Konkursgläubiger seien nicht benachteiligt worden. Es habe sich um ein
Bargeschäft gehandelt. Die Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen. Der
Kläger beantragt, die gegnerische Berufung zurückzuweisen. Er verteidigt das angefochtene Urteil.
Entscheidungsgründe A. Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. I. Die anfechtbare Rechtshandlung ist die
Zahlung von 20.000 DM in Bargeld. Diese Zahlung ist erfolgt, nachdem der Geschäftsführer der Beklagten von dem
zuvor gestellten Antrag auf Gesamtvollstreckung wusste. II. Diese Zahlung hat auch zu einer Benachteiligung der
Gläubiger geführt, die ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal auch des § 10 GesO ist (Haarmeyer/Wutzke/ Förster,
GesO, 4. Aufl., § 10 Rn. 11 und Rn. 93). 1. Durch die Weggabe von 20.000 DM hat sich die Vermögensmasse der
Gesamtvollstreckungsschuldnerin objektiv verringert. Dies ist zum Nachteil der Gläubiger. 2. Dem steht nicht
entgegen, dass die 20.000 DM letzlich das Entgelt für - unterstellte - Sanierungsberatungen dargestellt haben. Dies
mag von Bedeutung für die Frage sein, ob ein Vertrag anfechtbar zustande gekommen ist. Die Zahlung, die die
anfechtbare Rechtshandlung darstellt, steht jedoch nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der
Sanierungsberatung. Vielmehr hat der Geschäftsführer der Beklagten seine längst fälligen Honorar- und
Aufwendungsersatzansprüche - nach den Beratungsverträgen waren diese sofort zahlbar - freiwillig gestundet. Damit
hat die Beklagte freiwillig Kredit gewährt. Die Zahlung ist eine Zahlung auf diesen so gewährten Kredit. Die Zahlung
zurzeit der Fälligkeit oder kurz danach mag zwar der Deckungsanfechtung entzogen sein (BGHZ 28, 344, 347), nicht
aber die Zahlung auf einen freiwillig kreditierten Anspruch. Denn dann, wenn im Vertrag sofortige Fälligkeit vereinbart
ist und die Zahlung erst später erfolgt, ist freiwillig Kredit gewährt und die Deckungsanfechtung greift deshalb durch
(vgl. Jaeger, KO, 9. Aufl., § 30 Rn. 116). So verhält es sich hier. III. Soweit die Zahlung von 20.000 DM auf die
Wechselansprüche erfolgt ist, handelt es sich um eigene - überdies nicht einmal fällige - Ansprüche, die nicht in dem
nötigen unmittelbaren Zusammenhang zur Sanierungsberatung stehen. Die Vereinbarung, dass durch Wechsel
´gezahlt´ werden solle, stellt überdies wiederum eine freiwillige Kreditierung dar, sodass Zahlungen darauf der
Deckungsanfechtung unterliegen. IV. Zu Recht hat das Landgericht überdies ausgeführt, dass die Zahlung zu einer
inkongruenten Deckung geführt hat, weil die bewirkte Leistung bei objektiver Betrachtung von dem abweicht, was der
Gläubiger nach Maßgabe des Schuldverhältnisses im Zeitpunkt der Leistung zu beanspruchen hatte. Denn die
Gesamtvollstreckungsschuldnerin hat ohne dazu verpflichtet zu sein, auf gestundete Ansprüche gezahlt. Zu Unrecht
meint die Berufung, das sei unerheblich, weil es an einer Gläubigerbenachteiligung fehle. Eine inkongruente
Deckung, wie sie hier festzustellen ist, führt in jedem Falle zu einer objektiven Gläubigerbenachteiligung. Denn das
ist ihr Wesen. Das Tatbestandsmerkmal der inkongruenten Deckung ist mithin entgegen der Auffassung der
Berufung nicht nur Indiz für eine Benachteiligungsabsicht - wozu es regelmäßig herangezogen wird -, sondern
darüber hinaus eine Beschreibung des hier vorliegenden Umstandes, dass mehr aus der Vermögensmasse der
Gesamtvollstreckungsschuldnerin weggeben wurde als geschuldet war. B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97
ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10 und 713 ZPO.