Urteil des OLG Celle vom 08.06.2000

OLG Celle: entlassung, akte, verfügung, einwilligung, verzug, rechnungslegung, verfahrensablauf, aussetzung, datum, gutachter

Gericht:
OLG Celle, 15. Familiensenat
Typ, AZ:
Beschluß, 15 W 9/00
Datum:
08.06.2000
Sachgebiet:
Normen:
BGB § 1897 Abs. 1, BGB § 1908b Abs. 1 u. Abs. 3
Leitsatz:
Zu den Voraussetzungen eines Betreuerwechsels
Volltext:
15 W 9/00
5 T 253/00 LG Hildesheim
11 XVII 1590 AG Peine
B e s c h l u s s
In dem Betreuungsverfahren
betreffend #######,
Betroffene,
Betreuer:
#######,
entlassene Betreuerin:
#######,
Beschwerdeführerin und Führerin der weiteren
Beschwerde,
- Verfahrensbevollmächtigter: ####### -
hat der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die weitere sofortige Beschwerde der entlassenen Betreuerin
vom 12. Mai 2000 gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Land-gerichts Hildesheim vom 19. April 2000 durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ####### sowie die Richter am Oberlandesgericht ####### und
####### am 8. Juni 2000 beschlos-sen:
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Die Sache wird zur weiteren Sachaufklärung und erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der
weiteren Beschwerde, an die 5. Zivilkammer des Landge-richts Hildesheim zurückverwiesen.
Beschwerdewert: 5.000 DM.
Gründe
Die Beschwerde der früheren Betreuerin führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur
Zurückverweisung der Sache an das Landgericht, weil der angefochtene Beschluss auf einer Verletzung des
Gesetzes beruht und der Senat mangels hinreichender Sachaufklärung durch das Landgericht in der Sa-che nicht
selbst entscheiden kann.
Das Amtsgericht hat die Entlassung der bisherigen Betreuerin auf § 1908b Abs. 3 BGB mit der Begründung gestützt,
die Be-treute wünsche einen Betreuerwechsel.
Auf Grund der Übersendungsverfügung des Amtsgerichts, in der ausgeführt ist, der Betreuerwechsel sei auch
deshalb tunlich, weil die bisherige Betreuerin mit der Rechnungslegung ständig in Verzug sei und auch geäußert
habe, sie wolle Betreuungen abgeben, sowie weil ein ausreichender persönlicher Kontakt zur Betreuten nicht
bestehe, hat das Landgericht erwogen, dass die Entlassung der bisherigen Betreuerin auch gemäß § 1908 b Abs. 1
BGB gerechtfertigt sein könnte. Es ist dieser Frage aber nicht weiter nachgegangen, weil es die Vorausset-zungen
des § 1908 b Abs. 3 BGB für gegeben angesehen hat. Dem kann der Senat nicht beipflichten.
Gemäß § 1908b Abs. 3 BGB kann das Gericht den Betreuer ent-lassen, wenn der Betreute eine gleich geeignete
Person, die zur Übernahme bereit ist, als neuen Betreuer vorschlägt. Vor-aussetzung ist danach, dass der Betreute
selbständig tätig wird und aus eigenem Antrieb und Willen die Auswechselung des Betreuers erstrebt, wobei es ihm
obliegt, einen neuen Be-treuer zu suchen und vorzuschlagen (Staudinger/Bienwald, Rn. 31 zu § 1908 b BGB; OLG
Düsseldorf, FamRZ 1995, 1234 f.). Diese Voraussetzung liegt ersichtlich nicht vor. Wie aus dem bei den Akten
befindlichen nervenärztlichen Gutachten des ####### vom 22. August 1999 hervorgeht, hat die Betreute dem
Gutachter gegenüber den Wunsch geäußert, weiter von der bisherigen Betreuerin betreut zu werden. Aus den Akten
ergibt sich weiter, dass das Amtsgericht, nachdem die bisherige Be-treuerin mit der Rechnungslegung für den
Zeitraum seit 1995 in Verzug gekommen war, die Bestellung eines neuen Betreuers erwogen hat. Unmittelbar auf
eine Verfügung des Rechtspfle-gers vom 26. Oktober 1999, wonach die Akten der zuständigen Richterin vorzulegen
waren, folgt der Eingang eines Schrei-bens des ####### vom 29. Oktober 1999, in dem der ####### mit-teilt, dass
er bereit sei, die Betreuung der Betreuten zu übernehmen. Da der Eingangsvermerk dokumentiert, dass diesem
Schreiben eine Akte beigefügt war, ist davon auszugehen, dass die Abteilungsrichterin, deren Tätigkeit insoweit in
der Akte nicht dokumentiert ist, die Akte dem ####### zugeleitet und der ####### diese dann mit dem genannten
Schreiben zurückgege-ben hat. Wie sich aus den Akten weiter ergibt, hat die zu-ständige Richterin mit Verfügung
vom 1. März 2000 den Anhö-rungstermin der Betroffenen auf den 7. März 2000 anberaumt und verfügt
‘Mitteilung des Termins an:
Betroffene
Betreuerin bisherige
Verfahrenspflegerin
Einrichtung, in der Betroffene lebt,
neuen Betreuer, Bl. 1 Bd. 2’
Ausweislich des Anhörungsprotokolls vom 15. März 2000 war der neue Betreuer anders als die bisherige Betreuerin
zu dem An-hörungstermin erschienen und hatte sich vor dem Eintreffen der Richterin bereits mit der Betreuten
unterhalten, worauf-hin die Betreute die Richterin nach deren Eintreffen gefragt hat, ob ####### ihr neuer Betreuer
sei und anschließend auf Nachfrage erklärt hat, sie sei mit dem Betreuerwechsel ein-verstanden.
Dieser Verfahrensablauf zeigt, dass der Betreuerwechsel nicht auf einem ureigensten Wunsch der Betreuten
beruhte, sondern dass dieser der vom Amtsgericht im Vorfeld ausgewählte neue Betreuer als solcher präsentiert
worden ist. Diese Verfah-rensweise erfüllt die nach § 1908 b Abs. 3 BGB für einen Be-treuerwechsel auf Wunsch
des Betroffenen erforderlichen Vor-aussetzungen nicht.
Da eine Entlassung der bisherigen Betreuerin gemäß § 1908 b Abs. 3 BGB aus den genannten Gründen nicht in
Betracht kam, hätte das Landgericht der Frage, ob die Entlassung aus § 1908 b Abs. 1 Satz 1 BGB gerechtfertigt
ist, weiter nachge-hen müssen. Deshalb ist der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Sache zur weiteren
Sachaufklärung an das Landgericht zurückzuverweisen.
Abschließend weist der Senat noch darauf hin, dass auch die Bestellung des neuen Betreuers aus Rechtsgründen
Bedenken be-gegnet. Gemäß § 1897 Abs. 2 BGB darf ein ####### nur mit Ein-willigung des ####### zum
Einzelbetreuer bestellt werden. Es ist zweifelhaft, ob das Schreiben des ####### vom 29. Oktober 1999 eine
wirksame Einwilligung darstellt. Gemäß § 26 Abs. 2 BGB wird der ####### gerichtlich und außergericht-lich durch
den Vorstand vertreten. Ob der ####### ein vertre-tungsberech-tigtes Vorstandsmitglied ist oder ob ihm die Er-
klärung einer Einwilligung namens des ####### gemäß § 30 BGB übertragen ist, ergibt sich aus den Akten nicht und
bedarf deshalb weiterer Aufklärung.