Urteil des OLG Celle vom 11.07.2001
OLG Celle: zugesicherte eigenschaft, fahrzeug, vertragsschluss, auslieferung, japan, aufklärungspflicht, firma, handel, auskunft, produktion
Gericht:
OLG Celle, 07. Zivilsenat
Typ, AZ:
Urteil, 7 U 72/00
Datum:
11.07.2001
Sachgebiet:
Normen:
BGB § 459 Abs. 2, BGB § 463
Leitsatz:
Zur Fabrikneuheit eines als Neufahrzeug erworbenen Pkw
Volltext:
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil 7 U 72/00 3 O 258/99 LG Lüneburg Verkündet am 11. Juli 2001
#######, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle In dem Rechtsstreit #######, Beklagte und
Berufungsklägerin, - Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ####### - gegen #######, Kläger und
Berufungsbeklagter, - Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ####### - hat der 7. Zivilsenat des
Oberlandesgerichts Celle durch die Richterinnen am Oberlandesgericht ####### und ####### sowie den Richter am
Oberlandesgericht ####### auf die mündliche Verhandlung vom 14. Juni 2001 für Recht erkannt: Auf die Berufung
der Beklagten wird das am 7. März 2000 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer (Einzelrichter) des Landgerichts
Lüneburg geändert und wie folgt neu gefasst: Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des
Rechtsstreits erster Instanz und der Berufung. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beschwer des Klägers: unter
60.000 DM. Entscheidungsgründe Die Beklagte hat mit ihrer Berufung Erfolg. Denn sie ist nicht verpflichtet, dem
Kläger im Wege des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung des Kaufvertrages der Parteien über den Pkw Honda
CR-V insgesamt 57.492,72 DM zu zahlen. Der Kläger ist nicht zur Rückabwicklung des Kaufgeschäfts mit ihr
berechtigt. Deshalb lässt sich auch nicht die ferner begehrte Feststellung treffen, dass sich die Beklagte mit der
Rücknahme des Fahrzeugs im Annahmeverzug befindet. Die Voraussetzungen des § 463 BGB liegen für den
geltend gemachten Schadensersatzanspruch nicht vor. Es kann nämlich nicht gesagt werden, dass dem Wagen bei
Vertragsschluss die schlüssig zugesicherte Eigenschaft der Fabrikneuheit gefehlt hat. Der Beklagten ist aber auch
nicht vorzuwerfen, gegenüber dem Kläger eine Aufklärungspflicht verletzt zu haben, weil sie ihn - wie vom Kläger
behauptet - nicht darauf hingewiesen habe, es werde demnächst ein Nachfolgemodell dieses Honda auf den Markt
kommen. Mithin ergibt sich für den Kläger auch keine Anspruchsgrundlage aus dem Gesichtspunkt der positiven
Vertragsverletzung. Im Verkauf eines Neuwagens durch einen Kraftfahrzeughändler liegt zwar grundsätzlich die
Zusicherung, dass der Pkw fabrikneu zu sein hat, ohne dass dabei dieses Wort verwendet werden muss (BGH in
NJW 1980, 2129). Fabrikneu ist ein - abgesehen von der Überführung - nicht benutztes Fahrzeug, auch wenn es erst
einige Zeit nach seiner Herstellung verkauft wird. Jedoch dürfen durch das Stehen im Lager keine Mängel
entstanden sein, und das betreffende Modell muss noch unverändert hergestellt werden, d. h. es darf keine
Änderungen in der Technik und der Ausstattung aufweisen (BGH in NJW 2000, 2018). Zum maßgeblichen Zeitpunkt
des Verkaufs, also des Abschlusses des Kaufvertrages, muss es noch Bestandteil der aktuellen Modellpalette des
Herstellers sein (BGH a. a. O.). Hier wurde der Honda CR-V mit einer Leistung von 94 kw/128 PS auch in der
Version Automatikgetriebe, wie ihn der Kläger am 20. April 1999 von der Beklagten gekauft und am 16. Juni 1999
erhalten hat, bei Vertragsschluss noch produziert. Damals konnte dieses Modell beim Fahrzeughersteller bestellt
werden, es entsprach der am 20. April 1999 aktuellen Modellpalette. Das hat die schriftliche Auskunft der #######
GmbH vom 12. Mai 2001 an den Senat ergeben. Im Einklang damit stehen im Übrigen die vom Kläger
nachgereichten Schreiben der Firma ####### GmbH vom 25. Juni 2001 und 4. Juli 2001 an seine
Prozessbevollmächtigten, in denen u. a. die Rede davon ist, dass der vom Kläger erworbene Honda CR-V am Tage
des Vertragsschlusses ´noch das aktuelle und in der Produktion befindliche Modell´ war, und dass ´der
Produktionsstop für diese Modellvariante´ am 31. Mai 1999 erfolgte. Der Kläger hat danach kein Auslaufmodell
gekauft, unter dem ein Modell zu verstehen ist, das vom Hersteller nicht mehr produziert wird und nur noch in
Reststücken verfügbar ist (OLG Köln in OLGR 1996, 48). Schäden oder Alterungserscheinungen am Fahrzeug sind
nicht vorgetragen worden. Die Eigenschaft, fabrikneu zu sein, hat dem Pkw auch deshalb nicht gefehlt, weil es
bereits am 17. April 1998 produziert wurde, wie es aus dem nachgereichten Schreiben der ####### GmbH vom 25.
Juni 2001 ferner hervorgeht. Für den Senat besteht deshalb keine Veranlassung, wegen dieser Mitteilung wieder in
die mündliche Verhandlung einzutreten. Längere Lagerzeiten als 1 Jahr können zwar die Fabrikneuheit eines
Neuwagens beseitigen, was jedoch nicht als starre Regel gilt. Es kommt auf die Umstände des Einzelfalls an, die es
hier nicht angezeigt erscheinen lassen, den Honda CR-V als nicht mehr fabrikneu anzusehen. Bei Vertragsschluss
war der Pkw etwa 1 Jahr alt. Das Fahrzeug wurde in Japan hergestellt und brauchte für den Transport nach
Deutschland einige Zeit. Die Auslieferung an den Kläger verzögerte sich auch, weil das Fahrzeug, das sich die
Beklagte von einer anderen Händlerin beschaffte, entsprechend dem Wunsch des Klägers mit einer umfänglichen
Sonderausstattung versehen werden musste. Unter Berücksichtigung der Eigenschaft als Importfahrzeug aus Japan
mit langem Schiffsweg nach Deutschland und der Sonderausstattung erachtet der Senat das Fahrzeug auch bei
einem Alter von 1 Jahr und knapp 2 Monaten zur Zeit der Auslieferung an den Kunden noch als fabrikneu. Dabei
geht um die Würdigung der Umstände des Einzelfalls und nicht um die Beantwortung einer Rechtsfrage von
grundsätzlicher Bedeutung, sodass die Zulassung der Revision gemäß § 546 Abs. 1 Nr. 1 BGB nicht geboten ist.
Neue Tatsachen aus dem von der Beklagten nachgereichten Schriftsatz vom 6. Juli 2001 sind vom Senat nicht
berücksichtigt worden. Die Beklagte musste den Kläger nicht auf das bevorstehende Nachfolgemodell u. a. mit dem
leistungsstärkeren Motor von 108 kw/147 PS hinweisen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NJW
1999, 2190) ist ein Händler nämlich nicht verpflichtet, dem Kunden einen im Handel noch nicht vollzogenen
Modellwechsel zu offenbaren, solange das Vorgängermodell - wie hier - noch aktuell ist und produziert wird. Von
einer Verletzung der Aufklärungspflicht, bei der die Beklagte schadensersatzpflichtig geworden wäre, kann somit
nicht ausgegangen werden. Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Ziff. 10, 713, 546 Abs. 2 ZPO.
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