Urteil des OLG Celle vom 31.05.2001

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Gericht:
OLG Celle,
Typ, AZ:
Urteil, 13 U (Kart.) 248/98
Datum:
31.05.2001
Sachgebiet:
Normen:
GWB § 1, GWB § 4
Leitsatz:
1. Der Erlaubnistatbestand des § 4 Abs. 2 GWB ist auch auf die wirtschaftlicheTätigkeit der
öffentlichen Hand anzuwenden.
2. Bei der Feststellung wettbewerblicher Auswirkungen einer Nachfragebündelung ist sowohl auf die
Nachfrage - als auch auf die Anbieterseite abzustellen.
3. Der Markt für Feuerwehrausrüstungsgegenstände (Beladung) erstreckt sich räumlich auf das
gesamte Bundesgebiet.
Volltext:
Oberlandesgericht Celle
Im Namen des Volkes
Urteil
13 U (Kart.) 248/98
21 O 160/97 (Kart.) LG Hannover Verkündet am
31. Mai 2001
#######,
Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
In dem Rechtsstreit
pp.
hat der Kartellsenat bei dem Oberlandesgericht ####### durch die Richter ##############, ####### und
############## auf die mündliche Verhandlung vom 22. Mai 2001 für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen - Kartellkammer - des Landgerichts
############ vom 16. Juli 1998 geändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerinnen jeweils zu 1/7.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerinnen können die Vollstreckung durch die Beklagte durch
Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 7.500 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher
Höhe leistet.
Sicherheitsleistung kann durch eine schriftliche, selbstschuldnerische,
unbedingte, unbefristete und unwiderrufliche Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse oder
Volksbank geleistet werden.
Streitwert und Beschwer: 1.400.000 DM.
T a t b e s t a n d
Die Klägerinnen sind u. a. Händler für Feuerwehrausrüstungsgegenstände und stehen in geschäftlicher Beziehung
mit Kommunen.
Die niedersächsischen Gemeinden erwarben bis 1995 die benötigten Ausrüstungsgegenstände für ihre
Feuerlöschfahrzeuge entweder freihändig oder nach öffentlicher Ausschreibung u. a. auch von einzelnen
Klägerinnen. Im Jahr 1995 gründete der #################################################, in dem rund 80
% der niedersächsischen Gemeinden organisiert sind, die Beklagte. Der
###############################################, der zu 100 % Gesellschafter der Beklagten ist, informierte
seine Mitglieder 1995 und 1996, dass nunmehr beabsichtigt sei, Feuerwehrfahrzeuge, Feuerbeladungsgegenstände
etc. mittels Sammelbestellung über die Beklagte anzuschaffen.
Die Beklagte schrieb im Oktober 1996 11 Tragkraftspritzen zum Erwerb für die auftraggebenden niedersächsischen
Kommunen aus. Im November 1996 forderte der ###############################################seine
Mitglieder zur Beschaffung von Tragkraftspritzen und Pressluftatmern im Jahre 1997 über die Beklagte auf und bat,
entsprechende Bedarfsmeldungen an die Beklagte zu senden. Die Beklagte schrieb am 16. Juli 1997 insgesamt 27
Tragkraftspritzen und 241 Pressluftatmern europaweit aus.
Die Klägerinnen haben vorgetragen, die Nachfragebündelung niedersächsischer Gemeinden über die Beklagte diene
dazu, durch Nachfragemacht Preise zu erzielen, die bei der bisherigen Verfahrensweise nicht hätten realisiert werden
können. Diese Nachfragebündelung über die Beklagte sei geeignet, die Marktverhältnisse auf dem Markt für
Feuerwehrausrüstungsgegenstände nachhaltig zu beeinträchtigen. Die Sammelbestellungen erreichten
Größenordnungen, die es für Hersteller nahe legten, unter Ausschluss des Handels direkt die ausgeschriebenen
Waren anzubieten. Die Klägerinnen seien nur kleine und mittlere Händler, die nur in einem Bereich von ca. 150 km
um ihren Sitz herum die von den Kommunen nachgefragten Feuerwehrausrüstungsgegenstände handelten. Die
Versorgung der Gemeinden durch regional tätige Händler sei historisch auf Grund der speziellen Besonderheiten des
Nachfrageverhaltens der Kommunen gewachsen. Das Verhalten der Beklagten ziele darauf ab, die Nachfrage auf
dem relevanten niedersächsischen Markt für Feuerwehrbeladungsgegenstände nahezu vollständig zu bündeln. Diese
Vermittlungsverträge seien dementsprechend gemäß § 1 GWB nichtig. Sie seien nicht gemäß § 5 c GWB a. F.
freistellungsfähig.
Die Klägerinnen haben beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, den Bedarf mehrerer Gemeinden an Feuerwehr-Zubehörartikeln,
insbesondere an Tragkraftspritzen und/oder Pressluftatmern für Feuerwehren zum Zwecke einer Ausschreibung zu
bündeln, bezüglich des Bedarfs eine Ausschreibung durchzuführen und/oder Verträge zwischen den Gemeinden und
dem Bieter auf der Grundlage dieser Ausschreibung zu vermitteln.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen, es fehle an einer kartellrechtlichen Vereinbarung
i. S. des § 1 GWB, weil nicht die Gemeinden, deren Nachfrage gebündelt wäre, sondern der
########################################## Gesellschafter der Beklagten sei. Eine Beschränkung des
Nachfragewettbewerbes finde im Übrigen nicht statt, da es für die jeweilige Kommune überhaupt keinen
Nachfragewettbewerb gebe; vielmehr werde nur der Bedarf für benötigte Artikel gleich einem Letztverbraucher
gedeckt. Selbst wenn eine kartellrechtliche Vereinbarung gemäß § 1 GWB vorliege, sei diese gemäß § 5 c GWB a.
F. grundsätzlich erlaubt.
Das Landgericht hat unter Verweis auf die Entscheidungsgründe des Senatsurteils vom 13. Mai 1998 (13 U (Kart.)
260/97) in dem einzelnen Verfügungsverfahren, das diesem Rechtsstreit vorausgegangen ist, die Klage abgewiesen
und zusätzlich ausgeführt, eine Freistellung gemäß § 5 c GWB a. F. komme nicht in Betracht, weil diese Vorschrift
auf die öffentliche Hand nicht anwendbar sei.
Mit ihrer Berufung wiederholt die Beklagte im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen und führt insbesondere
aus, der Markt für Feuerwehrausrüstungsgegenstände sei entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen im einzelnen
Verfügungsverfahren nicht regional begrenzt. Vielmehr erstrecke er sich für die Produkte aus diesem Bereich auf
das Gebiet der gesamten Bundesrepublik. Werde der Bedarf niedersächsischer Kommunen im Vergleich zu dem
bundesweiten Bedarf von Kommunen an Feuerwehrzubehör, insbesondere Tragkraftspritzen und Pressluftatmer
betrachtet, ergebe sich, dass die Ausschreibung der Beklagten deutlich unter 5 % des bundesweiten Bedarfs an
derartigen Artikeln gebündelt habe. Insgesamt hätten sich lediglich ca. 15 % der niedersächsischen Gemeinden an
den Ausschreibungen der Beklagten beteiligt. Selbst wenn man spürbare Auswirkungen der Nachfragebündelung
durch die Beklagte auf den Wettbewerb i. S. des § 1 GWB annehmen wolle, sei jedoch die Tätigkeit der Beklagten in
jedem Fall gemäß § 5 c GWB a. F. bzw. nunmehr nach § 4 Abs. 2 GWB erlaubt. Diese Vorschrift sei auf die
öffentliche Hand anwendbar. Die Tätigkeit der Beklagten diene dazu, strukturelle Nachteile der kleinen und mittleren
niedersächsischen Kommunen bei der Beschaffung auszugleichen.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des am 16. Juli 1998 verkündeten Urteils des Landgerichts ####### die Klagen abzuweisen,
Sicherheitsleistung durch Bankbürgschaft zuzulassen.
Die Klägerinnen beantragen,
die Berufung zurückzuweisen,
Sicherheitsleistung durch Bankbürgschaft zuzulassen.
Die Klägerinnen verteidigen das angefochtene Urteil unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrages und führen
insbesondere aus: Die Klagebefugnis auch der Klägerinnen, die bislang nicht niedersächsische Kommunen beliefert
hätten, sei gegeben. Werde das Verhalten der Beklagten zur Nachfragebündelung niedersächsischer Kommunen
gestattet, sei zu erwarten, dass auch in anderen Ländern gleichartige Gesellschaften gegründet würden. Dies zeige,
dass die geschäftliche Tätigkeit der Beklagten geeignet sei, den regional geprägten Handel von
Feuerwehrbeladungsgegenständen nachhaltig zu beeinträchtigen. Auch wenn die bundesweit mit
Feuerwehrausrüstungsgegenständen handelnde Fa. #######, die in Niedersachsen einen Marktanteil von ca. 50 %
haben möge, und die Klägerin zu 6 in mehreren süddeutschen Regionen ihre geschäftliche Tätigkeit im
Feuerwehrausrüstungsbereich entfalte, sei doch der Handel grundsätzlich regional geprägt. Es bestehe zumindest
ein regionaler Teilmarkt, der durch die geschäftliche Tätigkeit der Beklagten wesentlich beeinträchtigt werde.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das
landgerichtliche Urteil verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten hat Erfolg.
I.
Die Klägerinnen können nicht gemäß §§ 1, 33 GWB die Unterlassung der Nachfragebündelung von
Feuerwehrzubehörartikeln durch die Beklagte verlangen. Das Verhalten der Beklagten ist jedenfalls deshalb nicht
kartellrechtswidrig i. S. des § 1 GWB, weil es gemäß § 4 Abs. 2 GWB erlaubt ist.
1. Die Klägerinnen sind grundsätzlich berechtigt, zivilrechtliche Unterlassungsansprüche geltend zu machen, soweit
sie bislang niedersächsische Gemeinden beliefert haben. § 1 GWB dient sowohl dem Schutz des Wettbewerbs als
Institution als auch individueller Interessen und kann daher, abhängig von dem geltend gemachten Verstoß,
grundsätzlich Schutzgesetz sein. Die Lieferanten und damit die Gegenseite der Gemeinden als Abnehmer von
Feuerwehrausrüstungsgegenständen sind jedenfalls geschützt, soweit sich die von ihnen vorgetragenen Absprachen
und Verhaltensweise gezielt gegen sie richtet und sie betrifft (vgl. Bunte in Langen/Bunte, Kommentar zum
deutschen und europäischen Kartellrecht, 9. Aufl., § 1 Rn. 242, Bornkamm in Langen/Bunte, § 33 Rn. 11 m. w. N.).
Für diese Entscheidung kann dahingestellt bleiben, ob auch die Klägerinnen zu 2, 3, 5 und 6, die bislang keine oder
völlig undeutende Handelsbeziehungen zu den niedersächsischen Gemeinden unterhalten haben, und die ebenfalls
behaupten, der Markt sei auf Grund seiner Struktur lediglich regional zu bestimmen, klagebefugt sind. Denn ihr
Begehren scheitert jedenfalls an dem Erlaubnistatbestand des § 4 Abs. 2 GWB.
2. Für diese Entscheidung kann weiter dahingestellt bleiben, ob die Nachfragebündelung niedersächsischer Städte
und Gemeinden durch die Beklagte grundsätzlich dem Kartellverbot des § 1 GWB unterfällt, weil die Beklagte ein
Gemeinschaftsunternehmen der Kommunen ist und weil das System der Vertikalverträge zwischen den Kommunen
und der Beklagten darauf abzielt, Nachfragemacht zu erhöhen, damit einen Verzicht auf wettbewerbliche
Handlungsfreiheit erzeugt (vgl. dazu Senatsurteil im Verfügungsverfahren vom 13. Mai 1998, 13 U (Kart.) 260/97,
WUW 1999, 320 ff.).
Ebenso kann dahingestellt bleiben, ob anders als im Verfügungsverfahren eine auch unter der Geltung des
geänderten § 1 GWB erforderliche Spürbarkeit der Wettbewerbsbeschränkung durch die Einkaufsbündelung der
Beklagten festgestellt werden kann. Denn nunmehr ist - wie noch darzustellen sein wird - von einem sich auf die
gesamte Bundesrepublik erstreckenden räumlichen Markt für Feuerwehrausrüstungsgegenstände auszugehen.
Damit mangelt es an feststellbaren Kriterien sowohl für die Qualität der Wettbewerbsbeschränkung als auch für den
Umfang der Nachfragebündelung, weil weder der Vortrag der Klägerinnen zum Marktantritt von Herstellern statt der
bisher auch überregional tätigen Handelspartner angesichts des vermeintlich gegebenen Beratungsbedarfs, der auch
durch die Beklagte nicht geleistet werden wird, plausibel ist, noch das Umsatzvolumen mit kleinen und mittleren
niedersächsischen Gemeinden im Verhältnis zu den großen selbstständigen Städten, die losgelöst von der
Beschaffungstätigkeit der anderen Kommunen ihren Bedarf befriedigen sollen, dargestellt wird. Insoweit erscheint es
grundsätzlich denkbar, dass die Situation des Marktes nicht nennenswert gestört wird, weil deutlich geringere
Volumina unter 5 % der bundesweit jährlich zu beschaffenden Beladungsgegenstände über die Beklagte zu
beschaffen sind.
3. Die Beklagte als Einkaufskooperation niedersächsischer Städte und Gemeinden unterfällt jedenfalls der
Privilegierung des § 4 Abs. 2 GWB und ist somit erlaubt.
a) Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist der Erlaubnistatbestand des § 4 Abs. 2 GWB (vormals § 5 c GWB
a. F.) auf die wirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand anwendbar. Die öffentliche Hand ist bei ihrer
wirtschaftlichen Betätigung gleich in welcher Rechtsform als Unternehmen i. S. des § 1 GWB anzusehen. Stellt der
Gesetzgeber bestimmte Verhaltensweisen von Unternehmen vom Kartellverbot des § 1 GWB frei, muss dieses für
alle Unternehmen i. S. des § 1 GWB gelten. Anlass dafür, die öffentliche Hand dem Regelungsbereich des § 1 GWB
zu unterwerfen, sie aber von einer gesetzlich vorgesehenen Lockerung auszuschließen, ist grundsätzlich nicht
vorhanden. Der ins Feld geführte Gedanke, die öffentliche Hand sei Endverbraucher und daher diene ihre
Beschaffung schlicht der Bedarfsdeckung, aber nicht der Verbesserung ihrer Wettbewerbsfähigkeit, orientiert sich
lediglich am Wortlaut der Norm. Er ist aber insofern widersprüchlich, als diese Besonderheit der öffentlichen Hand
einerseits bei der Anwendung des § 1 GWB keine, bei der Ausnahme nach § 4 Abs. 2 GWB andererseits die
entscheidende Rolle spielen soll. Vielmehr ist darauf abzustellen, dass der Zweck der Erlaubnis ist, die
Marktsituation kleiner und mittlerer Marktteilnehmer im Vergleich zu den größeren Marktangehörigen gleicher
Wirtschaftsform zu stärken. Die strukturelle Nachfrageschwäche kleiner und mittlerer Teilnehmer ist sowohl bei
Unternehmen als auch bei Kommunen vergleichbar. Allein durch ihre geringe und unregelmäßige
Beschaffungsaktivität sind sie nicht in der Lage, dieselben Preise wie große Unternehmen bzw. Kommunen zu
erzielen oder auch nur mit Aussicht auf Erfolg relevante Preisnachlässe hereinzuholen. Sie unterliegen mangels
Verhandlungspotentials regelmäßig der Preisgestaltung des Anbieters und sind chancenlos, günstige Preise zu
erzielen. Kommunen den Ausgleich strukturbedingter Nachteile grundsätzlich zu versagen, widerspricht letztendlich
auch den Grundsätzen der Marktwirtschaft (vgl. auch ausführliche Begründung, der der Senat beitritt, OLG
Düsseldorf, WUW D E - R 150, 1998, 720 ff., Bunte, Einkaufskooperation WUW 1998, 1037, 1047 m. w. N.; nunmehr
auch Rechtsauffassung des Bundeskartellamts ausweislich seiner Stellungnahme vom 30. Mai 2000).
b) Die von der Beklagten beabsichtigte Beschaffung begründet für die Gemeinden nur einen für den Einzelfall
bestehenden Bezugszwang. Die Beklagte will in regelmäßigen Abständen die Beschaffung der Kommunen bündeln,
indem sie bei den Kommunen den Bedarf an einzelnen Ausrüstungsgegenständen nachfragt und mit den Kommunen
eine Vereinbarung trifft, dass das von ihr ausgeschriebene und für die Kommunen beschaffte Gerät zu dem von ihr
ausgehandelten Preis erworben wird. Dabei ist die Kommune vor der jeweils anstehenden Beschaffung frei in ihrer
Entscheidung, den Gegenstand selbst oder vermittelt durch die Beklagte zu erwerben.
c) Durch die Beschaffungsaktivitäten der Beklagten wird der Wettbewerb auf dem relevanten Markt nicht wesentlich
beeinträchtigt.
aa) Wie der Senat bereits entschieden hat, ist bei der Feststellung wettbewerblicher Auswirkungen der
Nachfragebündelung auf den relevanten Markt sowohl auf die Nachfrage - als auch auf die Anbieterseite abzustellen.
Wollte man lediglich das Verhalten der Nachfrager berücksichtigen, wäre grundsätzlich keine wettbewerbliche
Relevanz feststellbar, wenn das nachgefragte Produkt ohne quantitative Einschränkungen am Markt verfügbar ist.
Der günstige Einkauf des einen behindert den Einkauf des anderen Nachfragers regelmäßig nicht und beeinflusst
auch nicht die individuelle Preisgestaltung. Wettbewerbsbeschränkungen ergeben sich regelmäßig erst durch die
Auswirkungen des Nachfrageverhaltens auf die Anbieterseite (vgl. Senatsurteil a. a. O., OLG Düsseldorf WUW 1998,
720, 725, Bunte, WUW 1998, 1037, 1047).
bb) Bei der Bestimmung des relevanten Marktes auch aus der Sicht der Anbieter ist zunächst davon auszugehen,
dass ein eigenständiger Markt für Feuerwehrausrüstungsgegenstände (Beladung) neben dem Markt für
Feuerlöschfahrzeuge besteht. Im Beladungsbereich werden eine Vielzahl kleiner und großer Gegenstände
unterschiedlicher Lebensdauer einer Vielzahl unterschiedlicher Hersteller beschafft. Der Markt für hochwertige und
langlebige Feuerlöschfahrzeuge und Aufbauten wird nur von einigen wenigen Anbietern, die zumeist zugleich
Hersteller dieser Produkte sind, dominiert. Er ist quantitativ und qualitativ anders geprägt. Es ist nach dem
Vorbringen der Parteien nicht erkennbar, dass es einem im Beladungsbereich tätigen Anbieter möglich sein wird,
Ausfall von Produkten im Beladungsbereich durch das Angebot von Löschfahrzeugen, Aufbauten etc. zu
substituieren.
cc) Abweichend von der im Verfügungsverfahren glaubhaft gemachten Darstellung der Klägerinnen über einen
regional begrenzten Markt ist nunmehr der räumliche Markt für Beladungsgegenstände auf das gesamte
Bundesgebiet zu erstrecken. Aus der Sicht der Kommunen als Nachfrager ist es erkennbar ohne Bedeutung,
Beladungsgegenstände von einem nahe gelegenen oder weit entfernt sitzenden Anbieter zu erwerben. Unbeachtlich
ist bezüglich des zu beurteilenden Beschaffungsvorganges, ob die Kommunen vor dem Erwerb der Beratung über
den Stand der Technik bedürfen oder nicht, zumal nicht ersichtlich ist, dass eine Beratung zwingend vor Ort
stattfinden muss und nicht fernmündlich erfolgen kann oder warum die Beratung, die auch nicht permanente örtliche
Präsenz voraussetzt, nicht durch entfernte ansässige und anreisende Geschäftspartner geleistet werden kann.
Unbeachtlich ist ferner die vermeintlich gebotene Verfügbarkeit von Ersatzteilen bzw. das Wartungserfordernis zum
Erhalt der Einsatzbereitschaft der Beladungsgegenstände. Nicht erkennbar ist, warum die Verfügbarkeit von
Ersatzteilen örtliche Präsenz und schnelle Erreichbarkeit des Händlers erfordert und nicht durch Versand, der
innerhalb eines Tages möglich ist, gewährleistet werden kann. Handel, Wartung, Service bezüglich des Produktes
sind im Übrigen grundsätzlich voneinander unabhängig zu betrachten. Dementsprechend erzielen einige Klägerinnen
deutlich höhere geschäftliche Umsätze im Service als im Handelsbereich.
Auch aus der Sicht der Anbieter ist der Markt der Beladungsgegenstände nicht regional begrenzt. Unstreitig sind auf
diesem Markt neben einer Zahl von Händlern unterschiedlicher Größe, die zumeist regional anbieten, auch
bundesweite Anbieter oder Anbieter in mehreren Regionen tätig. So handelt die Fa. ####### aus Süddeutschland
bundesweit mit Beladungsgegenständen und hat - nach Schätzungen der Klägerinnen - in Niedersachsen einen
Marktanteil von ca. 50 %. Weiter gibt es ausweislich des von den Klägerinnen eingereichten Protokolls über eine
Besprechung u. a. der Klägerin zu 1 beim Bundeskartellamt vom 19. Dezember 1995 noch die Firmen #######
(#######) und #######als bundesweiter Anbieter von allgemeinem Feuerwehrbedarf. Auch die Klägerin zu 6 ist nach
der Darstellung der Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung vom 22. Mai 2001 in verschiedenen Regionen
Deutschlands, insbesondere im süddeutschen Raum und damit überregional tätig. Dies zeigt, dass weder besondere
Eigentümlichkeit aus den zu Beladungsgegenständen gehörenden Produkten regionale Gebundenheit erfordert oder
nahe legt, noch, dass es aus der Sicht eines Unternehmens z. B. infolge von höheren Transportkosten,
eingeschränkter Nachfrage infolge traditioneller Absatzgebiete mit regionalen Besonderheiten wirtschaftlich unsinnig
ist, einen regionalen Markt zu verlassen. Ob Beladungsgegenstände bundesweit, in einer oder mehreren Regionen
des Bundesgebiets angeboten werden, hängt vielmehr von der unternehmerischen Entscheidung des jeweiligen
Anbieters über die anzustrebende Größe des Unternehmens, den wirtschaftlichen Risiken einer Vergrößerung des
Absatzgebietes etc. nicht aber von den zu vertreibenden Gegenständen ab, die eine Ortsnähe zum Handelspartner
aus wirtschaftlicher Sicht nicht erfordern. Dementsprechend konkurrieren große und kleinere Anbieter bei den
nachfragenden Kommunen um den Absatz derselben Produkte.
dd) Die Auswirkungen der Nachfragebündelung der niedersächsischen Kommunen führt zu keiner wesentlichen
Wettbewerbsbeeinträchtigung. Bei der Bemessung des von der Beklagten realistischerweise zu bündelnden
Beschaffungsvolumens ist von der von der Beklagten eingereichten Aufstellung über den jährlichen
Ersatzbeschaffungsbedarf freiwilliger Feuerwehren in der Bundesrepublik und Niedersachsen auszugehen, deren
grundsätzliche Richtigkeit auch von den Klägerinnen nicht in Zweifel gezogen wird. Danach ist in Niedersachsen für
Freiwillige Feuerwehren der Artikel Tragkraftspritze mit einem Anteil von 13,06 % und der Artikel Pressluftatmer mit
einem Anteil von 10,3 % des gesamten bundesdeutschen Bedarfs der Freiwilligen Feuerwehren zu beschaffen.
Mangels anderweitigen Vortrages der Parteien geht der Senat davon aus, dass sich auch für die übrigen Artikel aus
dem Bereich der Beladungsgegenstände ein ähnlicher Prozentsatz des Beschaffungsvolumens niedersächsischer
Feuerwehren am bundesdeutschen Gesamtvolumen ergibt. Nicht zu erwarten ist, dass die Beklagte bei den von ihr
angestrebten Beschaffungen in der Lage sein wird, vollständig das jeweils landesweit anstehende
Beschaffungsvolumen zu bündeln. Da für jede Beschaffung eine Meldung der Kommune erforderlich ist, wird es trotz
zu erwartender günstiger Preisgestaltung sicherlich zu erheblichen Reibungsverlusten und Beschaffungen ohne
Einschaltung der Beklagten kommen. Wenn es der Beklagten gelingen sollte, ca. ¾ des Beschaffungsbedarfs zu
erfassen, dürfte dies nach Einschätzung des Senats ein außerordentlich gutes Ergebnis sein. Ebenfalls nicht zu
erwarten ist, dass sich Kommunen aus anderen Ländern regelmäßig in nennenswertem Umfang an den
Beschaffungen durch die Beklagte beteiligen werden. Das Verbreitungsgebiet der Beklagten ist durch ihren 100 %-
igen Gesellschafter, den ###################################, vorgegeben.
Insgesamt ist mithin eine Nachfragebündelung von unter 10 % des Bedarfs an Beladungsgegenständen
niedersächsischer Kommunen zu prognostizieren, sodass bereits auf Grund dieses Prozentsatzes eine wesentliche
Beeinträchtigung nicht absehbar ist. Im Übrigen ist der Umfang der Beeinträchtigung des Wettbewerbs an
Beladungsgegenständen insgesamt bundesweit noch weitaus niedriger einzuschätzen. Denn bei der Aufstellung der
Beklagten ist nur der Teilbereich der Freiwilligen Feuerwehren erfasst worden, in dem die Beklagte geschäftlich aktiv
werden will. Nicht berücksichtigt und auf Grund fehlender Angaben der Parteien nicht zu quantifizieren ist jedoch das
Gesamtvolumen der Beladungsgegenstände, die sowohl bei freiwilligen Feuerwehren der Kommunen als auch bei
den Berufsfeuerwehren der Kommunen, bei Werksfeuerwehren, bei Flughafenfeuerwehren, bei Hafenfeuerwehren, bei
Schiffsausrüstern etc. zum Einsatz kommen. Wird dieses bedeutende und keineswegs zu vernachlässigende
Volumen der Feuerwehrausrüstungsgegenstände berechtigterweise dem relevanten Markt hinzugerechnet, ergibt
sich eine signifikant geringere Bedeutung der Bündelung der Nachfrage niedersächsischer Kommunen durch die
Beklagte.
ee) Die beabsichtigte Bündelung der Beklagten dient dazu, die Nachfrageposition kleiner und mittlerer
niedersächsischer Gemeinden zu verbessern und deren strukturelle Nachteile auszugleichen. Unbeachtlich für die
Zulässigkeit der Beklagten ist, dass sie formal allen Kommunen, also auch den großen selbstständigen Städten,
offen steht. Allein die gelegentliche Teilnahme an einer größeren Kommune hindert nicht die Anwendung des
Erlaubnistatbestandes. Er ist grundsätzlich gegeben, wenn die geschäftliche Tätigkeit objektiv dem Zweck, nämlich
der Beseitigung der Nachteile der kleinen und mittleren Kommunen auf dem Nachfragesektor dient (vgl. Kiecker in
Langen/Bunte, § 4 Rn. 62, Bunte in Frankfurter Kommentar, § 4 Rn. 128).
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht nach §§ 708
Nr. 10, 711 ZPO. Die Festsetzung der Beschwer richtet sich nach § 546 Abs. 2 ZPO.
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