Urteil des OLG Celle vom 03.11.2009

OLG Celle: auflage, prozess, beweisverfahren, unterlassen, kirche, bezifferung, behandlung, hauptsache, beweissicherung, einwendung

Gericht:
OLG Celle, 02. Zivilsenat
Typ, AZ:
Beschluss, 2 W 310/09
Datum:
03.11.2009
Sachgebiet:
Normen:
ZPO § 91, ZPO § 96, ZPO § 104
Leitsatz:
1. Die für die Erstattungsfähigkeit der Kosten selbstständigen Beweisverfahrens erforderliche Identität
des Streitgegenstandes liegt auch dann vor, wenn der Gegenstand des selbstständigen
Beweisverfahrens im späteren Hauptsacheprozess die Grundlage für eine Rechtsverteidigung des
Beklagten bildet.
2. Wird eine Kostentrennung gem. § 96 ZPO in der Kostengrundentscheidung unterlassen, kann dies
nicht im Kostenfestsetzungsverfahren nachgeholt werden.
3. Die Vorschrift des § 96 ZPO kommt auch in den Fällen zum Tragen, in denen der Wert des
selbstständigen Beweisverfahrens höher als der Wert des Hauptsacheverfahrens ist.
4. Der Grundsatz, dass die Gerichtskosten eines selbstständigen Beweisverfahrens auch dann
festgesetzt werden können, wenn das Gericht die Ergebnisse des selbstständigen Beweisverfahrens
vom Gericht nicht verwertet, gilt gleichermaßen für die außergerichtlichen Kosten des selbstständigen
Beweisverfahrens.
Volltext:
2 W 310/09
3 O 207/08 Landgericht Lüneburg
B e s c h l u s s
In der Beschwerdesache
J. B. e. K. HeizungKlimaSanitär, Inh. J. B.,
D. 138 a, A.,
Kläger und Beschwerdeführer,
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte K., S. W. & Collegen,
U. S. 7, L.,
Geschäftszeichen:
gegen
1. R. M., A. 23, R.,
2. H. M., A. 23, R.,
Beklagte und Beschwerdegegner,
Prozessbevollmächtigte zu 1, 2:
Rechtsanwälte Z., N., V., B. d.er St.L. Kirche 8, L.,
Geschäftszeichen:
hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Richter am Oberlandesgericht Dr. L. als Einzelrichter
am 3. November 2009 beschlossen:
Die am 25. September 2009 beim Landgericht Lüneburg eingelegte sofortige Beschwerde des Klägers gegen den am
21. September 2009 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers der 3. Zivilkammer des
Landgerichts Lüneburg vom 17. September 2009 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt bis zu 900, €.
Gründe:
Die gemäß § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1 und 2, 569 ZPO zulässige,
insbesondere form und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist nicht begründet.
Der Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers der 3. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg ist nicht zu
beanstanden. Der Rechtspfleger hat zu Recht die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens in voller Höhe in
Ansatz gebracht.
Die Kosten eines selbständigen Beweisverfahrens (Gebühren sowie Auslagen für einen gerichtlich bestellten
Sachverständigen) stellen nach allgemeiner Meinung gerichtliche Kosten des nachfolgenden Hauptsacheverfahrens
dar und zählen daher zu den Kosten des Rechtsstreites, die grundsätzlich über § 91 ZPO erstattungsfähig sind (vgl.
BGH NJW 2007, 1279, 1281. BGH RPfl 2006, 338. RPfl 2004, 588. ständige Rechtsprechung des Senats, vgl.
Beschluss vom 30.11.2007 (Az.:
2 W 123/07) und vom 23.12. 2008, Az.: 2 W 285/08).
Voraussetzung für die Erstattungsfähigkeit ist allein, dass zwischen den Parteien des Rechtsstreits sowie auch
zwischen dem Streitgegenstand des selbständigen Beweisverfahrens und dem Streitgegenstand des späteren
Hauptprozesses eine Identität besteht (vgl. BGH, a. a. O.. Zöller/Herget, ZPO, 25. Auflage, § 91 Rdz 13
„Selbstständiges Beweisverfahren“). Eine solche Identität liegt auch dann vor, wenn der Gegenstand des
selbständigen Beweisverfahrens im späteren Hauptsacheverfahren die Grundlage für die Rechtsverteidigung
(Einwendung oder Einrede) des Beklagten bildet (vgl. OLG Nürnberg JurBüro 2006, 35). Dies folgt schon aus dem
Zweck eines selbständigen Beweisverfahrens. Das selbstständige Beweisverfahren dient ganz allgemein der
Beweissicherung für einen Rechtsstreit, an dem der Antragsteller auf
Kläger oder Beklagtenseite beteiligt sein kann(vgl. Zöller/ Herget, ZPO, 27. Auflage, § 485 Rdz. 1). Auf die
Parteirolle im Prozess kommt es hingegen nicht an (vgl. Thomas/Putzo/Reichhold, ZPO, 27. Auflage, § 485 Rdz. 7).
Wenn daher ein selbstständiges Beweisverfahren über z.B. Mängel eines Bauwerks durchgeführt wird und die
Ergebnisse dieses selbständigen Beweisverfahrens im Vergütungsprozess im Wege eines Zurückbehaltungsrechts
über § 493 ZPO in den Prozess eingeführt werden, ist die erforderliche Identität zu bejahen (vgl. OLG Celle,
Beschluss vom
15. Juni 2009, Az.: 2 W 163/09).
Ohne Erfolg macht der Kläger des weiteren unter Hinweis auf § 96 ZPO geltend, dass die Kosten des selbständigen
Beweisverfahrens quotiert hätten werden müssen. Zwar können die Kosten eines ohne Erfolg gebliebenen Angriffs
oder Verteidigungsmittels der obsiegenden Partei auferlegt werden. Eine Kostentrennung nach Maßgabe von § 96
ZPO kann aber nur in der Kostengrundentscheidung, nicht jedoch im Kostenfestsetzungsverfahren erfolgen. Das
Kostenfestsetzungsverfahren dient allein der Bezifferung der nach der Kostengrundentscheidung zu erstattenden
Kosten. Wird eine Kostentrennung nach § 96 ZPO in der Kostengrundentscheidung unterlassen, kann dies nicht im
Kostenfestsetzungsverfahren nachgeholt werden (vgl. BGH RPfleger 2006, 338f., zitiert nach JURIS Rdz. 14. BGH
RPfleger 2004, 588. zitiert nach JURIS Rdz. 9. Zöller/Herget, ZPO, 27. Auflage, § 96 Rdz. 2).
Ebenso wenig steht einer Erstattungsfähigkeit entgegen, dass die Beweisergebnisse vom Gericht nicht verwertet
worden sind. Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 24. Juni 2006 (= RPfleger 2004, 588)
klargestellt, dass die gerichtlichen Kosten eines selbstständigen Beweisverfahrens auch dann festgesetzt werden
könnten, wenn die Beweisergebnisse des selbstständigen Beweisverfahrens nicht verwertet worden seien, weil
Gerichtskosten stets als notwendig i.S. von § 91
Abs. 1 ZPO zu anzusehen seien (BGH, aaO. vgl. BGH RPfleger 2006, 338f., zitiert nach JURIS Rdz. 18). Dieser
Grundsatz gilt gleichermaßen für die außergerichtlichen Kosten eines selbstständigen Beweisverfahrens, welches in
einem anschließenden Prozess zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden ist. Eine
unterschiedliche Behandlung von gerichtlichen und außergerichtlichen ist mit Rücksicht darauf, dass es sich beim
Kostenfestsetzungsverfahren um ein Masseverfahren handelt, welches einer zügigen und möglichst unkomplizierten
Abwicklung bedarf (vgl. BGH NJW 2007, 2048f., zitiert nach JURIS Rdz. 7), abzulehnen, zumal gerade § 96 ZPO
einen interessengerechten Ausgleich gewährleistet. Diese Vorschrift kommt auch in den Fällen zum Tragen, in
denen der Wert des selbstständigen Beweisverfahrens höher als der des Hauptsacheverfahrens ist. Das Gericht der
Hauptsache kann hier in entsprechender Anwendung des § 96 ZPO auch über die anteiligen Kosten auf den
überschießenden Teil entscheiden (vgl. BGH RPfl 2006, 338f., zitiert nach JURIS Rdz. 14. OLG Düsseldorf NJWRR
1998, 358, 359).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
Dr. L.
Richter am Oberlandesgericht