Urteil des OLG Celle vom 05.03.2003

OLG Celle: untermieter, öffentlich, kündigung, gewerbe, gestatten, verweigerung, einverständnis, untervermieter, mietrecht, wohnraummiete

Gericht:
OLG Celle, 12. Zivilsenat
Typ, AZ:
Beschluß, 2 W 15/03
Datum:
05.03.2003
Sachgebiet:
Normen:
BGB § 540 Abs. 1 Satz 2
Leitsatz:
Ein Sonderkündigungsrecht des Mieters aus § 540 Abs. 1 S. 2 BGB n. F. besteht nicht, wenn der
Vermieter die Erlaubnis zu einer Untervermietung auf eine Anfrage des Mieters versagt hat, in der der
Mieter lediglich ohne Benennung einer konkreten Person erklärt hat, einen Untermieter suchen zu
wollen, der in den gemieteten Räumen irgendein öffentlich-rechtlich zulässiges Gewerbe betreiben
wolle.
Volltext:
2 W 15/03 3 O 471/02 Landgericht Hildesheim B e s c h l u s s In der Beschwerdesache pp.
hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 1 vom 3. Februar
2003 gegen den Beschluss des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim vom 31. Januar 2003
durch den Richter am Oberlandesgericht ####### als Einzelrichter am 5. März 2003 beschlossen: Die sofortige
Beschwerde wird zurückgewiesen. G r ü n d e I. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Kündigung der
Beklagten zu 1 und ihres Ehemannes, des Beklagten zu 2, eines am 1. April 1997 mit der Klägerin abgeschlossenen
Mietvertrages über Gewerberäume. Die Beklagten hatten in diesem auf 10 Jahre bis zum 31. Januar 2007 befristeten
Mietvertrag Räume zum Betrieb eines Foto-Studios- und Handels zu einem monatlichen Mietzins von 1.700 DM von
der Klägerin gemietet. Mit Schreiben vom 30. August 2002 war der Beklagte zu 2 unter der Ankündigung, seinen
Geschäftsbetrieb aufgeben zu wollen mit der Bitte um Aufnahme von Verhandlungen über eine einvernehmliche
Aufhebung des bestehenden Mietvertrages an die Klägerin herangetreten. Nachdem die Klägerin unter dem 12.
September 2002 erklärt hatte, dass sie entweder mit der Stellung eines solventen Nachmieters durch die Beklagten
einverstanden sei, oder zu einer Aufhebung des Mietverhältnisses gegen Zahlung einer Mietausfallentschädigung
von 39.113,83 € bereit sei, erklärte der Beklagte zu 2 mit Schreiben vom 17. September 2002, weder zur Zahlung
einer solchen Entschädigungssumme noch zur Stellung eines solventen Nachmieters in der Lage zu sein. Statt
dessen kündigte er an, sich nunmehr um einen Untermieter zu bemühen, der die Räume nach der Geschäftsaufgabe
zum 31. Januar 2003 ganz oder teilweise übernehmen würde. Bezüglich der beabsichtigten Untervermietung, die
gem. § 8 Nr. 3 des Mietvertrages grundsätzlich mit Einwilligung des Vermieters erlaubt war, forderte er die Klägerin
auf, ihm bis zum 30. September 2002 ihr schriftliches Einverständnis zu erklären, dass sie mit einer
Untervermietung an einen gewerblichen Untermieter, für den die Ausübung seines Gewerbes in den Räumen
öffentlich-rechtlich zulässig ist, einverstanden sei. Die Klägerin erklärte hierauf unter dem 23. März 2002, dass sie
hinsichtlich der Höhe einer Abfindung ein Angebot der Beklagten erwarte, einer Untervermietung jedoch nicht
zustimme. Auf dieses Schreiben kündigten die Beklagten mit Schreiben vom 27. September 2002 das Mietverhältnis
unter Berufung auf § 540 Abs. 1 S. 2 BGB n. F. zum 31. Januar 2003. Nachdem die Vermieterin im November 2002
Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der befristeten Kündigung der Beklagten erhoben hat, haben die Beklagte
und ihr Ehemann beantragt, ihnen für ihre Rechtsverteidigung Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Diesen Antrag hat
das Landgericht mit Beschluss vom 31. Januar 2003, gegen den sich die sofortige Beschwerde der Beklagten
richtet, zurückgewiesen. II. Die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 1 ist zulässig, aber nicht begründet. Das
Landgericht hat der Beklagten zu Recht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe verweigert. Die Rechtsverteidigung
der Beklagten hat keine hinreichende Erfolgsaussicht i. S. d. § 114 Satz 1 ZPO. Unter Berücksichtigung des Inhalts
der Anfrage des Beklagten zu 2, mit der dieser um Erlaubnis gebeten hat, ihm die Untervermietung zu gestatten,
kann von einer Verweigerung der Zustimmung zur Untervermietung, die die Rechtsfolgen des § 540 Abs. 1 S. 2 BGB
n. F. ausgelöst hat, nicht ausgegangen werden kann. Insoweit ist es unerheblich, ob durch das Schreiben des
Beklagten zu 2 vom 17. September 2002 die Versagung der Untervermietungserlaubnis provoziert werden sollte, wie
die Klägerin meint, um einen Grund für die Kündigung des sonst bis 2007 unkündbaren Mietverhältnisses zu haben,
oder ob eine solche Motivation keine Rolle gespielt hat. Unabhängig von der Frage, ob ein solches Verhalten des
Mieters mit den wechselseitigen Pflichten die aus einem auf viele Jahre abgeschlossenen Mietverhältnis zu
vereinbaren ist (s. zur provozierten Erlaubnisverweigerung Schönleber, NZM 1998, 948 f), kann hier jedenfalls nicht
von einer endgültigen Verweigerung jeglicher Erlaubnis zur Untervermietung ausgegangen werden. Das Landgericht
hat zutreffend entschieden, dass sich die Klägerin ohne die namentliche Benennung eines Untermieters nicht darauf
einlassen musste, den Beklagten die Untervermietung zu jedem öffentlich-rechtlich zulässigen Gewerbes in den
Räumen zu gestatten. Die Anfrage des Beklagten zu 2, die im Hinblick auf § 8 Abs. 3 des Vertrages in dieser Form
ohnehin überflüssig war, weil sich die generelle Untervermietungserlaubnis schon aus dem Vertrag ergab, bezog sich
nicht etwa auf die Untervermietung an einen Untermieter, der sich im Rahmen des von den Parteien vereinbarten
Vertragszweckes bewegte, vielmehr sollte die Klägerin ihr Einverständnis mit einer Untervermietung erklären, ohne
zu wissen, welches Gewerbe der potentielle Untermieter in den Räumen überhaupt auszuüben beabsichtigte. Eine
negative Bescheidung einer solchen, vom Vertragszweck völlig losgelösten abstrakten Anfrage ist ebenso zu
behandeln, wie die Unterlassung einer Antwort auf eine Anfrage nach Erlaubnis der Untervermietung ohne
Benennung eines konkreten Untermieters, die ebenfalls nicht zur Kündigung nach § 540 Abs. 1 S. 2 BGB n. F.
berechtigt (s. OLG Koblenz, NJW 2001, 1948; zur Versagung der Erlaubnis bei Nichtbenennung des Untermieters
auch LG Mönchen-Gladbach, NJW-RR 2000, 8). Zwar wird das Kündigungsrecht des § 540 Abs. 1 S. 2 B GB n. F.
vom Vermieter dann verwirkt, wenn er dem Mieter trotz einer nach dem Vertrag erlaubten Untervermietung die
Überlassung der Mieträume an einen solventen Untermieter verweigert, der beabsichtigt, die Räume innerhalb des
vereinbarten Mietzwecks zu benutzen (vgl. hier OLG Köln ZMR 2001, 186; LG Berlin, NZM 1999, 405; Kraemer, in:
Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 3. Aufl., Rz. III. 1262; Palandt/Weidenkaff, BGB, 61.
Aufl., § 540 Rz. 11 f; Blank, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 7. Aufl., § 549 Rz. 62 ff). Der Versagung einer
Untervermietungserlaubnis steht es grundsätzlich auch gleich, dass der Vermieter auf eine ihm vom Mieter gesetzte
Frist sich bis zu einem bestimmten Termin zu äußern, ob er die Untervermietung an einen bestimmten Mieter
erlaubt, nicht erklärt (OLG Köln ZMR 2001, 196). Sehr zweifelhaft ist aber, inwieweit sich der Vermieter auch auf
eine Gestattung der Untervermietung einlassen muss, wenn ihm kein konkret in Aussicht stehender Untervermieter
genannt wird, sondern lediglich abstrakt um die Erlaubnis zu einer Untervermietung nachgefragt wird. Soweit hier die
Auffassung vertreten wird, schon die generelle Versagung der Erlaubnis zur Untervermietung reiche aus, um das
Kündigungsrecht aus § 540 Abs. 1 S. 2 BGB n. F. auszulösen, wenn der Vermieter sich auf eine abstrakte Anfrage
des Mieters abschlägig geäußert habe (so LG Berlin, NZM 1999, 405), kann dieser Ansicht nur sehr bedingt gefolgt
werden. Diese Meinung ist allenfalls dann zu teilen, wenn sich aus der Anfrage ergibt, dass dem Vermieter
vorbehalten bleiben soll, nach konkreter Benennung eines Mietinteressenten des Bonität zu prüfen und bei Vorliegen
eines wichtigen Grundes die konkrete Erlaubnis versagen zu dürfen. Außerdem muss in der Anfrage deutlich
gemacht werden, dass der Untermieter nur im Rahmen des vertraglich vereinbarten Mietzwecks gesucht wird.
Ergeben sich diese Vorbehalte aus der Anfrage nicht, so hat der Mieter auch keinen Anspruch darauf, dass der
Vermieter seine generelle Erlaubnis erteilt, die gemieteten Räume unter zu vermieten. Andernfalls würde man das
Recht des Vermieters unterlaufen, einer Untervermietung nicht zuzustimmen, sofern durch die Untervermietung die
Art der Nutzung der Mietsache verändert wird (dazu OLG Koblenz, NJW-RR 1986, 1343; OLG Köln, ZMR 1997, 298).
Der Vermieter wäre gezwungen, die generelle Erlaubnis zu einer Untervermietung zu erteilen, ohne zu wissen, ob
diese sich überhaupt im Rahmen des vereinbarten Mietzweckes bewegt. Zu einer solchen Erklärung kann er schon
deshalb nicht genötigt werden, weil er beispielsweise durch Mietverträge mit anderen Mietern, in denen
Konkurrenzschutzklauseln enthalten sind, gehindert sein kann, einer Untervermietung zuzustimmen, mit der er sich
im Widerspruch zu diesen Klauseln setzen würde. Hier haben die Beklagten ihre Ankündigung, sich um eine
Untervermietung der Räume zu bemühen, nach dem die Klägerin zu einer Vertragsaufhebung nur gegen Zahlung
einer erheblichen Entschädigungssumme bereit war, ausdrücklich mit dem Hinweis versehen, dass sie einen
Untermieter suchen würden ´für den die Ausübung seines Gewerbes in den Räumen öffentlich-rechtlich zulässig ist.´
Aus der Sicht der Klägerin musste diese mit einer Frist von zwei Wochen und dem Hinweis, dass die Beklagten das
Schweigen der Klägerin als Ablehnung auslegen würden, so verstanden werden, dass sie mit einer Erlaubniserteilung
die Beklagten berechtigt hätte, einen Untermieter zu suchen, der unabhängig von dem vereinbarten Vertragszweck in
den gemieteten Räumen jeglicher Tätigkeit nachgehen durfte, soweit diese nur öffentlich-rechtlich zulässig war. Dem
Schreiben des Beklagten zu 2 war nicht einmal zu entnehmen, dass die Beklagten sich etwa darum bemühen
würden, als Untermieter einen Betreiber eines Ladengeschäftes zu finden oder sonst einen Mieter zu suchen,
dessen Gewerbe sich zumindest annäherungsweise innerhalb des vereinbarten Vertragszweckes bewegte. Dass
sich die Klägerin auf eine solche Anfrage nicht einzulassen brauchte, hat das Landgericht zu Recht festgestellt. Ein
Recht des Beklagten und seiner Ehefrau, das Mietverhältnis zu kündigen, bestand deshalb nicht. Zwar durfte und
darf sich die Klägerin nicht generell weigern, einer Untervermietung zuzustimmen. Aufgrund der konkreten Umstände
war ihre Weigerung aber nicht als endgültige Versagung der Erlaubnis jeglicher Untermietung, die zur Auslösung des
Kündigungsrechts des § 540 Abs. 1 S. 2 BGB n. F. hätte führen können, anzusehen. Die Klägerin hat insoweit auch
während des Rechtsstreits bereits erklärt, entsprechend § 8 Ziff. 3 des Mietvertrages einer Untervermietung im
Rahmen des von den Parteien vereinbarten Mietzwecks zuzustimmen. An dieser Erklärung muss sie sich festhalten
lassen, vorausgesetzt ihr wird seitens der Beklagten ein Untermieter benannt, der akzeptabel für sie ist. Anlass, die
Rechtsbeschwerde zuzulassen besteht nicht. Die Entscheidung beruht letztlich auf einer Würdigung der Umstände
des Einzelfalles. Gründe für die Zulassung einer Rechtsbeschwerde, die zur Sicherung der Einheitlichkeit der
Rechtsprechung oder zur Rechtsfortbildung dienen soll, sind nicht ersichtlich. #######