Urteil des OLG Celle vom 28.04.2000

OLG Celle: einberufung, verwalter, gemeinschaftliches eigentum, versammlung, miteigentümer, beschlussfähigkeit, ausnahme, ermächtigung, eigenschaft, anfechtung

Gericht:
OLG Celle, 04. Zivilsenat
Typ, AZ:
Beschluss, 4 W 13/00
Datum:
28.04.2000
Sachgebiet:
Normen:
WEG § 24 Abs 1 bis 3, WEG § 43, BGB § 37 Abs 2
Leitsatz:
1. Erfolgt keine Einberufung nach Maßgabe des § 24 Abs. 1 bis 3 WEG, so ist eine eigenmächtige
Einberufung durch einen oder mehrere Wohnungseigentümer nicht zulässig.
2. Vielmehr ist ein Antrag gemäß § 43 WEG auf Verpflichtung des Verwalters zur Einberufung oder
auf Ermächtigung zur Einberufung entsprechend § 37 Abs. 2 BGB erforderlich.
3. Eine Ausnahme hiervon ist jedoch dann zu machen, wenn die eigenmächtige Einberufung nicht
durch einen oder mehrere Wohnungseigentümer erfolgt, sondern durch alle Eigentümer der
Wohnungseigentümergemeinschaft.
Volltext:
Oberlandesgericht Celle
Beschluss
4 W 13/00
2 T 341/98 LG Verden
7 II 1/98 AG Stolzenau
vom 28. April 2000
In der Wohnungseigentumssache
pp.
XXXXXXX
XXXXXX
gegen
XXXXX
XXXXX
hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die weitere sofortige Beschwerde der Antragsgegner vom 10.
Januar 2000 gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Verden vom 20. Dezember 1999 durch den
Vorsitzenden Richter ##### sowie die Richter ##### und ##### am 28. April 2000 beschlossen:
Auf die weitere sofortige Beschwerde wird der angefochtene Beschluss teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt
neu gefasst:
Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Amtsgerichts Stolzenau vom 23. Juli 1998
teilweise wie folgt abgeändert:
Die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 3. Dezember 1997 zu den Tagesordnungspunkten 4, 5, 8, 10, 11
und 15 werden für ungültig erklärt.
Die weitergehende sofortige Beschwerde der Antragsteller wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen tragen je zur Hälfte die Antragsteller als Gesamtschuldner sowie die
Antragsgegner als Gesamtschuldner. Außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.
Der Beschwerdewert beträgt bis zu 2.500 DM.
Gründe
Die Parteien sind Mitglieder der aus fünf Eigentumswohnungen bestehenden Eigentümergemeinschaft #####141 in
#####.
Die Parteien streiten im Verfahren der weiteren sofortigen Beschwerde nur noch über die Gültigkeit der in den
Eigentümerversammlungen vom 24. Februar 1998 und 8. April 1998 gefassten Beschlüsse. Soweit das Landgericht
die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 3. Dezember 1997 für ungültig erklärt hat, haben die
Antragsgegner diese Entscheidung nicht angegriffen.
Zu der Eigentümerversammlung vom 24. Februar 1998 hatte der frühere Verwalter der Eigentümergemeinschaft, Herr
#####, dessen Verwalteramt am 14. Januar 1998 durch Zeitablauf geendet hatte, durch Schreiben vom 12. Februar
1998 eingeladen. Dieses Schreiben war auch von der Miteigentümerin M#### unterzeichnet.
Zu der Eigentümerversammlung vom 8. April 1998 hatte die in der Eigentümerversammlung vom 24. Februar 1998
gewählte neue Verwalterin, die Miteigentümerin M#### durch Schreiben vom 24. März 1998 eingeladen.
Das Amtsgericht Stolzenau hat durch Beschluss vom 23. Juli 1998 auch die Anträge zurückgewiesen, die noch im
Verfahren der weiteren sofortigen Beschwerde anhängig sind mit der Begründung, die Antragsteller hätten durch ihr
Schreiben vom 23. Februar 1998, in dem sie auf Seite 2 geschrieben hätten „Beschlussfähigkeit ist gegeben“, auf
ihre etwaigen Anfechtungsrechte wegen Unwirksamkeit der Einladung verzichtet.
Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller hat das Landgericht die Entscheidung des Amtsgerichts Stolzenau
teilweise abgeändert und hinsichtlich der Anfechtung der Beschlüsse der Eigentümerversammlungen vom 24.
Februar 1998 und 8. April 1998 auf die amtsgerichtliche Entscheidung Bezug genommen.
Auf die gegen diese Entscheidung des Landgerichts gerichtete weitere sofortige Beschwerde der Antragsteller hat
der Senat durch Beschluss vom 30. August 1999 den angefochtenen landgerichtlichen Beschluss aufgehoben und
das Verfahren zur erneuten Entscheidung an das Landgericht Verden zurückverwiesen mit der Begründung, die
landgerichtliche Entscheidung sei nicht frei von Rechtsfehlern, da sie hinsichtlich der Beschlüsse der
Eigentümerversammlungen vom 24. Februar 1998 und 8. April 1998 unter einem Begründungsmangel leide.
Das Landgericht hat durch den angefochtenen Beschluss vom 20. Dezember 1999 den Beschluss des Amtsgerichts
Stolzenau vom 23. Juli 1999 insgesamt abgeändert und nicht nur die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom
3. Dezember 1997, die nicht mehr Gegenstand der weiteren sofortigen Beschwerde sind, für ungültig erklärt, sondern
auch antragsgemäß den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 24. Februar 1998 zu Top 2 und die
angefochtenen Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 8. April 1998.
Die gegen diese Entscheidung vom 20. Dezember 1999 gerichtete weitere sofortige Beschwerde der Antragsgegner
ist gemäß §§ 43, 45 Abs. 1 WEG zulässig, sie ist auch begründet.
1. Aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist die Ansicht des Landgerichts, allein in der Mitteilung der
Antragsteller „Beschlussfähigkeit ist gegeben“ in ihrem Schreiben vom 23. Februar 1998 sei noch kein Verzicht auf
ihre Anfechtungsrechte im Hinblick auf Ladungsmängel zu sehen. Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht ausgeführt,
es sei kein hinreichender Anhalt dafür gegeben, dass die Antragsteller sich bei Abfassung des Schreibens vom 23.
Februar 1998 der Unwirksamkeit der Ladung bewusst gewesen seien, der Inhalt des Schreibens vom 23. Februar
1998 spreche eher dagegen, weil sich die an dem am anberaumten Termin verhinderten Antragsteller inhaltlich mit
den Tagesordnungspunkten auseinandergesetzt und mit einer Durchführung der Versammlung gerechnet hätten.
Dies und die geäußerte Ansicht, die Versammlung sei beschlussfähig, lasse keinen Schluss zu, dass die
Antragsteller den Ladungsmangel erkannt hätten.
2. Nicht frei von Rechtsfehlern ist jedoch die Ansicht des Landgerichtes, die Unwirksamkeit der Ladung zum 24.
Februar 1998 durch den nicht mehr berufenen Verwalter führe nach Anfechtung der Beschlüsse zu deren
Ungültigkeitserklärung. Zutreffend weisen die Antragsgegner darauf hin, dass das Landgericht die Annahme eines
Einberufungsmangels hinsichtlich der Ladung zu der Eigentümerversammlung vom 24. Februar 1998 nicht begründet
hat. Trotz dieses erneuten Verfahrensfehlers in der Form des Begründungsmangels hat der Senat davon abgesehen,
den Beschluss erneut aufzuheben und das Verfahren an das Landgericht zurückzuverweisen. Für die Beurteilung, ob
die Einberufung vom 12. Februar 1998 zu der Eigentümerversammlung vom 24. Februar 1998 unter einem
rechtlichen Mangel leidet, waren weitere tatsächliche Feststellungen nicht erforderlich. Die sich stellenden
Rechtsfragen konnte der Senat aufgrund der Aktenlage selbst entscheiden.
Die Annahme des Landgerichts, die Einladung vom 12. Februar 1998 zu der Eigentümerversammlung vom 24.
Februar 1998 durch den nicht mehr berufenen Verwalter sei unwirksam, ist unzutreffend. Zwar ist das
Einladungsschreiben vom 12. Februar 1998 auch von dem früheren Verwalter und Miteigentümer #####
unterschrieben, dessen Verwalteramt am 14. Januar 1998 durch Zeitablauf geendet hatte, gleichwohl kann der
Einladung vom 12. Februar 1998 nicht entnommen werden, dass Herr ##### diese Einladung in seiner Eigenschaft
als Verwalter unterschrieben hat. Herr ##### war bereits zum damaligen Zeitpunkt Miteigentümer der
Eigentümergemeinschaft. Als Absender der Einladung vom 12. Februar 1998 ist die Hauseigentümergemeinschaft
######141 in ##### angegeben. Ein Zusatz, Herr ##### habe diese Einladung vom 12. Februar 1998 als Verwalter
unterschrieben, fehlt. Gegen die Annahme, Herr ##### habe die Einladung vom 12. Februar 1998 als Verwalter
unterschrieben, spricht vor allem, dass die Einladung auch von einem der Miteigentümer M#### unterschrieben ist,
was nicht erforderlich wäre, wenn Herr ##### in seiner Eigenschaft als Verwalter tätig geworden wäre.
Die Antragsgegner haben bereits mit ihrem Schriftsatz vom 16. Juli 1998 darauf hingewiesen, dass zu der
Eigentümerversammlung vom 24. Februar 1998 nicht der ehemalige Verwalter Herr ##### eingeladen habe, sondern
die Wohnungseigentümergemeinschaft mit Zustimmung und auf Wunsch aller. Die Antragsteller selbst hätten über
ihren Prozessbevollmächtigten den damaligen Verwalter zur Einberufung einer Eigentümerversammlung zwecks
Ernennung eines neuen Verwalters aufgefordert. Alle Wohnungseigentümer seien informiert worden und mit der
Durchführung einer Eigentümerversammlung am 24. Februar 1998 einverstanden gewesen, die obligatorische
Einberufung durch eine Einladung sei nicht namens und im Auftrage des alten und mittlerweile durch Zeitablauf
abberufenen Verwalters erfolgt, sondern obligatorisch im Namen der Hauseigentümergemeinschaft für alle.
Dass auch die Antragsteller hiervon ausgegangen sind, zeigt ihr Schreiben vom 23. Februar 1998, in dem sie
mitgeteilt haben, sie würden an der Versammlung vom 24. Februar 1998 nicht teilnehmen, gleichwohl aber die
Beschlussfähigkeit bestätigt haben. Die Antragsteller sind dem Vortrag der Antragsgegner aus dem Schriftsatz vom
16. Juli 1998 auch nicht entgegengetreten, haben insbesondere nicht in Abrede gestellt, über ihren
Prozessbevollmächtigten selbst zur Einberufung einer Eigentümerversammlung zwecks Ernennung eines neuen
Verwalters aufgefordert zu haben.
Die auf diese Weise einberufene Eigentümerversammlung vom 24. Februar 1998 ist entgegen der Ansicht der
Antragsteller aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Grundsätzlich obliegt das Einberufungsrecht zu einer
Eigentümerversammlung nach § 24 Abs. 1, Abs. 2 WEG dem Verwalter, der auch durch einen Bevollmächtigten
handeln darf. Fehlt ein Verwalter oder weigert er sich pflichtwidrig, die Versammlung der Wohnungseigentümer
einzuberufen, so kann die Versammlung auch, falls ein Verwaltungsbeirat bestellt ist, von dessen Vorsitzenden oder
seinem Vertreter einberufen werden (§ 24 Abs. 3 WEG). Erfolgt keine Einberufung nach Maßgabe des § 24 Abs. 1
bis 3 WEG, so ist eine eigenmächtige Einberufung durch einen oder mehrere Wohnungseigentümer nicht zulässig,
vielmehr ist ein Antrag gemäß § 43 WEG auf Verpflichtung des Verwalters zur Einberufung oder auf Ermächtigung
zur Einberufung entsprechend § 37 Abs. 2 BGB erforderlich. Eine Ausnahme hiervon ist jedoch dann zu machen,
wenn die eigenmächtige Einberufung nicht durch einen oder mehrere Wohnungseigentümer erfolgt, sondern durch
alle Eigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft (PalandtBassenge, BGB, 58. Aufl., § 24 WEG Rn. 2). Diese
Ausnahme hat ihren Grund darin, dass die Eigentümergemeinschaft vorrangig dazu berufen ist, ihre Angelegenheiten
selbst zu regeln und deswegen auch befugt ist, eine Eigentümerversammlung einzuberufen, wenn diese Einberufung
einstimmig erfolgt. Dem Vortrag der Antragsteller lässt sich nicht entnehmen, dass die Einberufung vom 12. Februar
1998 zu der Versammlung vom 24. Februar 1998 gegen den Willen eines der Miteigentümer erfolgt ist. Für den
entsprechenden Willen der Antragsteller selbst spricht ihr Schreiben vom 23. Februar 1998.
Entgegen der Annahme des Landgerichts leidet die Einladung vom 12. Februar 1998 zu der Eigentümerversammlung
vom 24. Februar 1998 deswegen nicht unter einem Einberufungsmangel. Die Antragsteller können ihre gegenteilige
Ansicht auch nicht darauf stützen, das Einladungsschreiben vom 12. Februar 1998 sei nicht von allen
Miteigentümern unterschrieben. Die Unterschrift aller Miteigentümer unter das Einladungsschreiben ist dann
entbehrlich, wenn die Einladung selbst auf Wunsch aller Eigentümer erfolgt.
Soweit sich die Antragsteller inhaltlich gegen die Wahl der jetzigen Verwalterin M##### wenden, haben sie konkrete
Anhaltspunkte dafür, dass diese zur Führung des Verwalteramtes nicht geeignet ist, nicht vorgetragen. Der Vortrag
im Schriftsatz vom 5. März 1998, Frau M#### sei offensichtlich nicht hinreichend qualifiziert, sie fungiere sozusagen
als Strohfrau, hinter ihr stehe weiterhin Herr #####, der im Hintergrund versuche, die Fäden zu ziehen, auch dieses
sei ihnen den Antragstellern nicht recht, zumal Herr ##### bereits am 30. Juli 1994 auf Antrag der Kreissparkasse
#####, die eidesstattliche Versicherung abgegeben habe, reicht nicht aus und rechtfertigt Zweifel an der Fähigkeit
der jetzigen Verwalterin nicht.
Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 24. Februar 1998 hinsichtlich der Bestellung der Verwalterin #####
ist deswegen nicht zu beanstanden und gültig.
3. Nachdem Frau M#### in der Eigentümerversammlung vom 24. Februar 1998 wirksam zur Verwalterin bestellt
worden war, war sie aufgrund ihrer Stellung als Verwalterin befugt, durch Schreiben vom 24. März 1998 zu der
Eigentümerversammlung vom 8. April 1998 einzuladen, sodass auch diese Eigentümerversammlung vom 8. April
1998 nicht unter einem Einberufungsmangel leidet.
Entgegen der Ansicht der Antragsteller sind die auf der Eigentümerversammlung vom 8. April 1998 gefassten
Beschlüsse aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
a) Im Rahmen ihrer Regelungsbefugnis ist die Eigentümerversammlung berechtigt, die Höhe des Entgeltes des
Verwalters festzulegen. Hierzu gehört es auch, dem Verwalter ein höheres Entgelt zu bewilligen als das sonst
übliche Entgelt.
b) Die Eigentümerversammlung war auch berechtigt, die Anschaffung der neuen Flurbeleuchtung auf der Etage der
Antragsteller zu beschließen. Diese Flurbeleuchtung stand im Gemeinschaftseigentum. Die Antragsteller haben
selbst eingeräumt, in das Gemeinschaftseigentum eingegriffen zu haben, in dem sie die frühere Flurbeleuchtung
entfernt haben. Diese Lampe befindet sich auch jetzt noch in Besitz der Antragsteller. Solange diese die Lampe
nicht an die Eigentümergemeinschaft herausgeben, ist die Eigentümergemeinschaft berechtigt, auf Kosten der
Antragsteller eine neue Lampe anzuschaffen.
c) Dieses gilt auch hinsichtlich des Teppichbodens im Flur zur Eigentumswohnung der Antragsteller. Auch dieser
Teppichboden ist gemeinschaftliches Eigentum aller Miteigentümer. Die Antragsteller waren deswegen nicht
berechtigt, ohne vorherige Beschlussfassung der Eigentümergemeinschaft Eingriffe in diesen Teppichboden
vorzunehmen, insbesondere ihn teilweise auszutauschen. Aufgrund des eigenmächtigen Verhaltens der Antragsteller
war die Eigentümergemeinschaft deswegen berechtigt, einen Beschluss über die Veränderung des Teppichbodens
zu fassen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 47 WEG. Der Senat hält es – insbesondere im Hinblick auf den
Verfahrensablauf – nicht für angemessen, von der Grundregelung des § 47 WEG abzuweichen.
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