Urteil des OLG Celle vom 23.01.2001

OLG Celle: agb, vertragsabschluss, auflage, gesamtpreis, unterlassen, rate, ausführung, vollstreckbarkeit, vertragsschluss, grundpreis

Gericht:
OLG Celle, 13. Zivilsenat
Typ, AZ:
Urteil, 13 U 105/00
Datum:
23.01.2001
Sachgebiet:
Normen:
AGBG § 11 Nr. 1
Leitsatz:
Zur Unwirksamkeit der Klausel in vorformulierten Bauverträgen „Veränderungen der Mehrwertsteuer
bis zur Fertigstellung des Bauvorhabens betreffen den Gesamtpreis und gehen zu Lasten bzw. zu
Gunsten des Bauherren.
Volltext:
13 U 105/00 14 0 3910/99 (204) LG Hannover Verkündet am 22. Februar 2001 In dem Rechtsstreit ## Beklagte und
Berufungsklägerin, - Prozessbevollmächtigte:Rechtsanwälte #######, gegen ## Kläger und Berufungsbeklagter, -
Prozessbevollmächtigte:Rechtsanwälte ### hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle unter Mitwirkung
des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgerichts ####### sowie der Richter am Oberlandesgericht ####### und
####### auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 23. Januar 2001 für Recht erkannt: Auf die Berufung der
Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 14. März 2000 teilweise geändert und im Urteilstenor
folgendermaßen neu gefasst: Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
für Hausbauverträge die Bestimmung ´Veränderungen der Mehrwertsteuer bis zur Fertigstellung des Bauvorhabens
betreffen den Gesamtpreis und gehen zu Lasten bzw. zu Gunsten des Bauherren´ sowie inhaltsgleiche
Bestimmungen zu verwenden sowie sich auf diese Bestimmung bei der Abwicklung nach dem 1. April 1977
abgeschlossener Hausbauverträge zu berufen, soweit das nicht gegenüber einem Kaufmann im Rahmen seines
Handelsgeschäfts erfolgt. Der Beklagten wird für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung gegen das Verbot ein
Ordnungsgeld bis zu 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht. Von
den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Kläger 30 % und die Beklagte 70 % zu tragen. Von den
Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger 20 % und die Beklagte 80 % zu tragen. Das Urteil ist ohne
Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Wert der Beschwer: unter 60.000 DM Tatbestand Die beklagte Baufirma
verwendet in Hausbauverträgen mit privaten Bauherren folgende vorformulierte Klausel: ´Festpreis incl. der zur Zeit
gültigen Mehrwertsteuer. Veränderungen der Mehrwertsteuer bis zur Fertigstellung des Bauvorhabens betreffen den
Gesamtpreis und gehen zu Lasten bzw. zu Gunsten des Bauherren.´ Der klagende Verbraucherschutzverein hält die
Klausel wegen Verstoßes gegen § 11 Nr. 1 AGBG und § 9 Abs. 1 AGB-Gesetz für unwirksam. Das Landgericht hat
die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt. Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten.
Entscheidungsgründe Die Berufung hat, soweit der Kläger die Klage nicht in der Berufungsinstanz zurückgenommen
hat, keinen Erfolg. I. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist begründet. 1.Der Kläger ist gemäß § 13 Abs.
1 Nr. 1 AGB-Gesetz zur Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs sachbefugt. Er ist in die vom
Bundesverwaltungsamt geführte Liste qualifizierter Einrichtungen aufgenommen ( vgl. Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-
Gesetz, 9. Auflage, § 22a Rn. 6, § 13 Rn. 38). 2. Die beanstandete Klausel, nach der Veränderungen der
Mehrwertsteuer bis zur Fertigstellung des Bauvorhabens zu Lasten bzw. zu Gunsten des Bauherrn gehen, verstößt
gegen § 11 Nr. 1 AGB-Gesetz. Nach § 11 Nr. 1 AGB-Gesetz ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam
eine Bestimmung, welche die Erhöhung des Entgelts für Leistungen vorsieht, die innerhalb von 4 Monaten nach
Vertragsabschluss geliefert oder erbracht werden sollen. Diese Voraussetzungen liegen hier vor: a) Unter Entgelt im
Sinn des § 11 Nr. 1 AGB-Gesetz ist alles das zu verstehen, was der Letztverbraucher für die Leistung aufwenden
muss. Es umfast insbesondere auch den im Preis enthaltenen Mehrwertsteueranteil (BGH, NJW 1980, 2133, 2134;
BB 1981, 520). b) Die Klausel sieht die Erhöhung des Entgelds (auch) für Leistungen vor, die innerhalb von 4
Monaten nach Vertragsabschluss erbracht werden sollen. Ist die Leistungszeit im Vertrag - wie hier - nicht bestimmt,
so kommt es darauf an, ob sie den Umständen entnommen werden kann (vgl. MünchKomm/Basedow, 3. Auflage, §
11 Nr. 1 AGBG Rn. 18; Soergel/Stein, 12. Auflage, § 11 AGB-Gesetz Rn. 6). Maßgelblich ist insoweit nicht,
innerhalb welchen Zeitraums die Leistung nach der konkreten Parteivereinbarung im Einzelfall erfolgen sollte (BGH,
BB 1981, 520, 521; Soergel/Stein aaO Rn. 3). Unwirksam ist die Klausel vielmehr dann, wenn die Leistung, für die
die Geschäftsbedingungen vorformuliert wurden, nach dem, was in dem bereffenden Geschäftszweig üblich ist, auch
innerhalb von 4 Monaten nach Vertragsabschluss erbracht werden kann, und wenn die Klausel dem Verwender in
derartigen Fällen eine Preiserhöhung ermöglicht (vgl. BGH, NJW 1985, 855, 856 Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz,
4. Auflage, § 11 Nr. 1 Rn. 19). Das ist hier der Fall. Das Vertragsformular ist nicht nur für komplette Massivhäuser
mit Innenausbau vorgesehen. Bei der Beschreibung des gewählten Haustyps ist die gewünschte Ausbaustufe
angegeben. Außerdem enthält das Formular eine Bestimmung über Abzüge vom Grundpreis bei Minderleistungen.
Im Zusammenhang mit der Regelung über Abschlagszahlungen heißt es, ´entfällt ein Gewerk, wird diese Rate auf
die vorhergehende zugeschlagen´. Aus diesen Vertragsbedingungen folgt, dass das Formular auch für solche Fälle
vorformuliert ist, in denen der Verwender nur einen Teil der Gewerke des Hausbaus übernimmt. Jedenfalls im
Hinblick auf diese Fälle kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Ausführung der übernommenen Leistung
stets in mehr als 4 Monaten nach Vertragsabschluss zu erwarten ist. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass von der
Beklagten (zumindest auch) preiswerte Einfamilienhäuser angeboten werden. Wie das Landgericht ausgeführt hat,
lassen die Fortschritte in der Bautechnik heute Bauzeiten zu, die 4 Monate oder weniger ab Vertragsschluss
betragen; dies ist jedenfalls richtig, wenn es nur um einen Teil der Gewerke für Einfamilienhäuser geht. 3. Das
Gebot, die Verwendung inhaltsgleicher Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu unterlassen, folgt
aus § 17 Nr. 3 AGB-Gesetz. II. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 269 Abs. 3 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713, 546 Abs. 1 ZPO. #######
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