Urteil des OLG Celle vom 16.01.2009

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Gericht:
OLG Celle, 02. Zivilsenat
Typ, AZ:
Beschluss, 2 W 15/09
Datum:
16.01.2009
Sachgebiet:
Normen:
ZPO § 91, ZPO § 104, ZPO § 758 a Abs 4 Satz 2
Leitsatz:
1. Jedenfalls für den Fall einer Anreise per Bahn über eine lange Strecke (hier: M. - H. mit einer
Reisezeit von über 4 Stunden) sind bei der Ermittlung der Reisekosten die Kosten der Benutzung der
1. Wagenklasse zu Grunde zu legen.
2. Übernachtungskosten sind bei der Ermittlung der (fiktiven) Reisekosten in Ansatz zu bringen, wenn
die Reise zur Nachtzeit i. S. von § 758 a Abs. 4 Satz 2 ZPO hätte begonnen werden müssen.
Volltext:
2 W 15/09
19 O 337/07 Landgericht Hannover
B e s c h l u s s
In der Beschwerdesache
N. Gabelstapler Service GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer
R. N., S., G.,
Beklagte und Beschwerdeführerin,
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte W., G. + Partner GbR, H. Allee, H.,
Geschäftszeichen: #######
gegen
T. Deutschland GmbH, vertreten durch die Geschäftsführer N. H. und
K. D. W., Z. d. W., S.,
Klägerin und Beschwerdegegnerin,
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte S. - S., K., M.,
Geschäftszeichen: #######
hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Richter am Oberlandesgericht Dr. L. als Einzelrichter
am 16. Januar 2009 beschlossen:
Die am 5. Dezember 2008 beim Landgericht Hannover eingegangene sofortige Beschwerde der Beklagten vom 4.
Dezember 2008 gegen den am 28. November 2008 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin
der 19. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 24. November 2008 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Wert Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 300 EUR festgesetzt.
Gründe
Die gemäß § 11 Abs. 2 RpflG i. V. m. den §§ 104 Abs. 3 S. 1, 567 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2, 569 ZPO zulässige,
insbesondere form und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Beklagten ist nicht begründet.
Die Rechtspflegerin der 19. Zivilkammer des Landgerichts Hannover hat die erstattungsfähigen Reisekosten bei der
Kostenfestsetzung zutreffend mit einem Betrag in Höhe von insgesamt 517 EUR in Ansatz gebracht. Die gegen
diese Berechnung vorgebrachten Einwendungen der Beklagten gehen fehl.
Auch im Hinblick auf das dem § 91 ZPO zu Grunde liegende Gebot einer sparsamen bzw. ökonomischen
Prozessführung (vgl. MüKo/Giebel, ZPO, 3. Auflage,
§ 91 Rdz. 38) ist die Höhe der in Ansatz gebrachten (fiktiven) Reisekosten nicht zu beanstanden.
Bei der Ermittlung der zu erstattenden Reisekosten ist zwar eine Vergleichsberechnung durchzuführen und die
Kosten der Anreise per Kfz mit den Kosten bei einer Anreise per Bahn zu vergleichen. Hierbei sind aber jedenfalls
für den Fall einer Anreise über eine lange Strecke (hier: M. nach H. mit einer Reisezeit von über 4 Stunden) die
Kosten für die Benutzung der ersten Wagenklasse der Bahn zu Grunde zu legen. Dies gilt insbesondere vor dem
Hintergrund, als auch der jeweiligen Prozesspartei gem. § 91 Abs. 1 S. 2 Halbs. 2 i. V. m. § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 5
Abs. 1 JVEG Reisekosten bis zur Höhe der entsprechenden Kosten für die Benutzung der ersten Wagenklasse der
Bahn zu erstatten sind (vgl. Senat, Beschluss vom 15. November 2007, Az.: 2 W 12/08). Da die Kosten für die
Anreise per Bahn (1. Wagenklasse) höher sind, als die unter Zugrundelegung der Kilometerpauschale sich
ergebenden Kosten bei Anreise mit einem Pkw, hat die Rechtspflegerin zutreffend auf letztere Kosten abgestellt.
Die Rechtspflegerin hat bei der Ermittlung der fiktiven Reisekosten auch zu Recht Übernachtungskosten in Höhe von
100 EUR in Ansatz gebracht. Übernachtungskosten sind als notwendig im Sinne von § 91 ZPO anzusehen, wenn die
Reise ansonsten zu einem unzumutbar frühen Zeitpunkt angetreten hätte werden müssen (vgl. Zöller/Herget, ZPO,
27. Aufl., § 91 Rz. 13 „Reisekosten“). Der Senat folgt insoweit der überzeugenden Rechtsprechung des
Oberlandesgerichts Karlsruhe in seinem Beschluss vom 24. Juli 2003 (NJWRR 2003, 1654 f, zitiert nach Juris Rdz.
5), wonach es einer Partei grundsätzlich nicht zugemutet werden kann, die in einer Rechtssache notwendig
werdende Reise zur Nachtzeit zu beginnen. Dabei ist als Nachtzeit in Anlehnung an § 758 a Abs. 4 Satz 2 ZPO die
Zeit zwischen 21:00 Uhr und 6:00 Uhr morgens anzusehen (OLG Karlsruhe, a. a. O.). Da schon nach dem eigenen
Vorbringen der Beklagen der in Betracht kommende Zug um 5:17 Uhr den Bahnhof in M. verlassen hätte und somit
die Nachtzeit betroffen war, waren in die Berechnung auch (fiktive) Übernachtungskosten einzustellen.
Die Höhe der Übernachtungskosten begegnet ebenfalls keinen Bedenken. Selbst bei Zugrundelegung einer mittleren
Preiskategorie ist ein Übernachtungspreis in der Großstadt H., die vor allem Ort zahlreicher Messen ist, nicht
unangemessen. Unter Berücksichtigung eines Tagegelds gem. Nr. 7005 VVRVG (für zwei Tage) hat die
Rechtspflegerin die fiktiven Reisekosten daher richtigerweise mit einem Betrag von 519 EUR in Ansatz gebracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Dr. L.