Urteil des OLG Celle vom 30.11.2011

OLG Celle: wohnung, einkünfte, verfügung, eigennutzung, unentgeltlich, haus, vermietung, erwerb, unterbringung, saldo

Gericht:
OLG Celle, 02. Strafsenat
Typ, AZ:
Beschluss, 32 Ss 147/11
Datum:
30.11.2011
Sachgebiet:
Normen:
StGB § 40 Abs 2 S 2
Leitsatz:
1. Zinskosten im Zuammenhang mit dem Erwerb einer Immobilie, durch deren Vermietung
Mieteinkünfte erzielt werden, sind bei der Bestimmung des Nettoeinkommens (§ 40 Abs. 2 S. 2 StGB)
als negative Einkünfte in Abzug zu bringen.
2. Die unentgeltlich Nutzung einer Wohnung ist grundsätzlich als Sachbezug in der Höhe der fiktiven
Mietkosten als Einkommen zu berücksichtigen.
Volltext:
Oberlandesgericht Celle
32 Ss 147/11
112 Js 17969/10 StA Stade
B e s c h l u s s
In der Strafsache
gegen G. W. geb. G.
geboren am xxxxxxxx 1952 in B.
wohnhaft K., H.
Verteidiger: Rechtsanwalt H., B. S.
wegen Vortäuschens einer Straftat u.a.
hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft durch die Richterin am
Oberlandesgericht xxxxxxxxxx, den Richter am Oberlandesgericht xxxxxxxxx und den Richter am
Oberlandesgericht xxxxxxxxxxxxxxxx am 30. November 2011 einstimmig beschlossen:
Die Revision der Angeklagten gegen das Urteil der 12. kleinen Strafkammer des Landgerichts Stade vom 2. August
2011 wird als unbegründet verworfen (§ 349 Abs. 2 StPO).
Die Angeklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
G r ü n d e:
Der Erörterung bedarf lediglich das Folgende: Das Berufungsgericht ist im Ergebnis zutreffend von einem für die
Bestimmung der Tagessatzhöhe gemäß § 40 Abs. 2 S. 2 StGB maßgeblichen monatlichen Nettoeinkommen der
Angeklagten in Höhe von 1.000, Euro ausgegangen.
Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zum Strafausspruch bezieht die Angeklagte eine monatliche
Rente von 750, Euro und erzielt aus der Vermietung einer in einem ihr gehörenden Zweifamilienhaus in B. gelegenen
Wohnung eine monatliche Miteinnahme in Höhe von 250, Euro. Die zweite in diesem Haus gelegene Wohnung steht
der Angeklagten zwar an sich zur Eigennutzung zur Verfügung. Tatsächlich nutzt sie diese Wohnung aber nicht,
sondern wohnt mietfrei in der Wohnung ihres Lebengefährten in H.
Von diesen Einkünften hat das Berufungsgericht zutreffend die von der Angeklagten monatlich gezahlten Zinsen in
Höhe von 500, Euro zur Bedienung eines im Zusammenhang mit dem Erwerb des Hauses in B. stehenden Kredits
abgezogen (zur Notwendigkeit des Abzugs BGH wistra 2008, 19. Radtke, in: Münchener Kommentar zum StGB,
Band 2, 2. Aufl., 2011 § 40 Rn. 51 m.w.N.). Da der Saldo der positiven und negativen Einkünfte insgesamt, d.h. für
sämtliche Einkunftsarten gemeinsam, zu bilden ist, waren die Kreditzinsen auch in der gesamten Höhe von
monatlich 500, Euro und nicht nur begrenzt auf die tatsächlichen Mieteinnahmen von 250, Euro abzuziehen. Bei der
Bestimmung der positiven Einkünfte war aber der Wert der der Angeklagten unentgeltlich zur Verfügung stehenden
Wohnnutzung zu berücksichtigen. Das hat das Berufungsgericht im Ergebnis rechtsfehlerfrei getan. Dabei kann
offen bleiben, ob die Berücksichtigung dieses Mietwertes darauf gestützt werden kann, dass die Angeklagte die
Möglichkeit der Nutzung der zweiten, in dem ihr gehörenden Haus gelegenen Wohnung hat. Bislang ist in der
Rechtsprechung lediglich anerkannt, den (fiktiven) Mietwert einer dem Angeklagten gehörenden Wohnung bei
tatsächlicher Eigennutzung als Einnahme zu berücksichtigen (BGH a.a.O.. weit. Nachw. bei Radtke, a.a.O.).
Jedenfalls war aber die der Angeklagten durch ihren Lebengefährten tatsächlich gewährte Wohnnutzung seiner in H.
befindlichen Wohnung als Sachbezug bei der Bestimmung der Einnahmeseite des Nettoeinkommens zu
berücksichtigen. Es entspricht allgemeiner Auffassung, die unentgeltliche Unterbringung einer Person als Sachbezug
bei der Berechung des Nettoeinkommens einzubeziehen (vgl. Radtke, in: Münchener Kommentar zum StGB, § 40
Rn. 69). Angesichts des gerichtsbekannten Mietniveaus in H. kann der Senat ausschließen, dass der Tatrichter zu
einer anderen Bestimmung der Höhe des Nettoeinkommens gelangt wäre, wenn er statt auf den fiktiven Mietwert der
Wohnung in B. auf den Wert des Sachbezuges in Gestalt des unentgeltlichen Wohnens bei ihrem Lebengefährten
abgestellt hätte.
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