Urteil des OLG Celle vom 06.12.2001
OLG Celle: vermieter, grobe fahrlässigkeit, gefahr, wohnung, zustand, regress, feuerversicherung, abrede, vollstreckbarkeit, sorgfalt
Gericht:
OLG Celle, 11. Zivilsenat
Typ, AZ:
Urteil, 11 U 124/01
Datum:
06.12.2001
Sachgebiet:
Normen:
VVG § 67, BGB § 407
Leitsatz:
Im Falle eines vom Mieter zumindest grob fahrlässig verursachten Brandes wird der Regress des
Gebäudeversicherers des Vermieters gemäß § 67 VVG nicht durch eine Vereinbarung zwischen
Mieter und Vermieter ausgeschlossen, mit welchen sie bei Auszug des Mieters einander versichern,
keine gegenseitigen Ansprüche mehr zu erheben.
Volltext:
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil 11 U 124/01 6 O 3806/00 Landgericht Hannover Verkündet
am 6. Dezember 2001 #######, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle In dem Rechtsstreit
####### hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 1. November
2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht #######, die Richterin am Oberlandesgericht
#######und den Richter am Amtsgericht #######für Recht erkannt: Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der
6. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 28. März 2001 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Das Urteil ist
vorläufig vollstreckbar. Die Beschwer der Beklagten beträgt 41.814 DM. Entscheidungsgründe Die Berufung der
Beklagten hat keinen Erfolg. Der klagenden Versicherung steht der vom Landgericht ausgeurteilte
Schadensersatzanspruch wegen des von der Beklagten verursachten Brandschadens vom 25. November 1999 im
Hause #######in #######zu. Die ursprünglich wegen des Brandes dem Vermieter der Beklagten zustehenden
Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung des Mietverhältnisses bzw. aus Deliktsrecht sind mit Zahlung des
Ersatzbetrages an den Vermieter der Beklagten am 19. Januar 2000 in Höhe des hier geltend gemachten Betrages
gemäß § 67 VVG auf die Klägerin übergegangen. Mit der Geltendmachung dieser Rechte ist die Klägerin nicht
deshalb ausgeschlossen, weil die Beklagte und ihr Vermieter am 31. Januar 2000 eine Vereinbarung getroffen
haben, wonach sie keine gegenseitigen Ansprüche aus dem beendeten Mietverhältnis mehr gegeneinander hätten.
Diese Abrede erfasst nach Auffassung des Senats schon inhaltlich den hier in Rede stehenden Regressanspruch
der Versicherung gegen die Schädigerin nicht. Diese Abrede stellt kein Rechtsgeschäft zwischen Schuldner und
bisherigem Gläubiger nach Forderungsübergang ‘in Ansehung der Forderung’ im Sinne von § 407 Abs. 1 BGB dar.
Vielmehr ist offensichtlich, dass bei Abschluss der Vereinbarung am 31. Januar 2000 keine der Parteien dieser
Vereinbarung, d. h. weder der Vermieter noch die Beklagte, daran gedacht haben, wie es mit Rückgriffsansprüchen
der Versicherung des Vermieters aussehen würde. Vielmehr war mit der Vereinbarung ganz offensichtlich gemeint,
dass die Parteien sich gegenseitig versicherten, dass jeder von ihnen persönlich gegen den anderen Ansprüche
nicht mehr erheben werde. Über bereits auf Dritte übergegangene Ansprüche enthält die Vereinbarung nichts.
Demgemäß ließe sich ein Vereinbarungsinhalt dahingehend, dass auch bereits übergegangene Regressansprüche
der Feuerversicherung mit betroffen sein sollten, nur im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung in die
Vereinbarung vom 31. Januar 1999 hinein interpretieren. Dies könnte nur geschehen, wenn solche Ansprüche nach
dem mutmaßlichen Willen der Parteien in die Vereinbarung einbezogen worden wären, hätten die Parteien an diese
Frage gedacht. Dass die Parteien solche Ansprüche hätten einschließen wollen, vermag der Senat jedoch
auszuschließen. Hätte der Vermieter nämlich derartige Regressansprüche seiner Versicherung gegen den
Brandverursacher ausschließen wollen, brachte er sich in die Gefahr, die bereits erhaltene Entschädigung wegen
Regressvereitelung an die Klägerin dieses Verfahrens zurückzahlen zu müssen (vgl. insoweit Hans Boldt, Die
Feuerversicherung, Stichwort Regressverzicht). Dass der Vermieter sich in die Gefahr eines Vermögensverlustes in
Höhe von gut 40.000 DM mit der Vereinbarung vom 31. Januar 1999 bringen wollte, widerspricht aber mit Sicherheit
dem mutmaßlichen Willen der Parteien, hätten sie an diese Frage gedacht. Die Klage gegen die Beklagte scheitert
auch nicht aus anderen Gründen. Zu erwägen war insofern, dass die Rechtsprechung jedenfalls dann einen Regress
der Gebäudeversicherung auf einen schadensverursachenden Mieter ausschließt, indem ein konkludenter
Regressverzicht durch Auslegung des Versicherungsvertrages angenommen wird, wenn der Mieter die Schädigung
in einer Weise verursacht hat, die bei gleichartiger Verursachung durch den Vermieter zu einer Eintrittspflicht der
Versicherung ohne Regressmöglichkeit geführt hätte (vgl. Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 26. Aufl.
1998, § 80 Rn. 10 ff. und 25 ff.). Auch dieser Gedanke führt im Streitfall jedoch nicht zu einer Leistungsfreiheit der
Beklagten. Die Beklagte hat nämlich nicht in einer Weise gehandelt, die bei Vornahme durch den Vermieter zur
Leistungspflicht der Versicherung ohne Regressmöglichkeit geführt hätte. Zu einer derartigen Konstellation führt es
nämlich nicht, wenn der Schadensverursacher grob fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt hat. Schon aufgrund des
äußeren Geschehens kann der Senat im Streitfall ausschließen, ohne dass der Verschuldensgrad der Beklagten
abschließend festgelegt werden müsste, dass die Beklagte nur leicht fahrlässig gehandelt haben kann. Grobe
Fahrlässigkeit liegt dann vor, wenn ein Schadensverursacher dasjenige außer Acht lässt, was an Sorgfaltspflichten
jedermann unmittelbar einleuchtet. Zumindest in dieser Weise hat die Beklagte im Streitfall gehandelt. Sie füllte im
Zustand nicht unerheblicher Alkoholisierung Zigarettenasche von einem Aschenbecher in ein nicht besonders
brandgeschütztes Müllbehältnis um und verließ anschließend die Wohnung, ohne weitere Vorsorge zu treffen. Schon
das Umfüllen der noch nicht vollständig ausgekühlten Zigarettenasche im Zustande einer erheblichen Alkoholisierung
stellt sich als grob fahrlässig dar, denn es leuchtet jedermann ohne weiteres ein, dass in diesem Zustand die
verbliebene Restwärme der Asche besonders leicht verkannt werden konnte. Noch gravierender stellt sich das
anschließende Verlassen der Wohnung durch die Beklagte dar. Bei Einhaltung dessen, was an Sorgfalt jedermann
einleuchtet, hätte die Beklagte vor ihrem Weggang das Müllbehältnis, in das sie die Asche eingefüllt hatte, entleeren
müssen, um auf diese Weise zumindest der Gefahr eines Wohnungsbrandes entgegenzuwirken. Die prozessualen
Nebenentscheidungen gründen sich auf § 97 Abs. 1 ZPO hinsichtlich der von der Beklagten zu tragenden Kostenlast
und auf § 708 Nr. 10, 713 ZPO hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit. ####### ####### #######