Urteil des OLG Celle vom 06.11.2002
OLG Celle: firma, käufer, kaufpreis, fahrzeug, erfüllung, zahlstelle, kaufvertrag, geschäft, bezahlung, provision
Gericht:
OLG Celle, 07. Zivilsenat
Typ, AZ:
Urteil, 7 U 229/01
Datum:
06.11.2002
Sachgebiet:
Normen:
BGB § 362, BGB § 185, BGB § 433
Leitsatz:
Werden Verkäufe von Personkraftwagen durch einen niederländischen Vertragshändler an deutsche
Endverbraucher als Re-Importe über eine deutsche Kfz-Handlung als Agentin des Käufers derart
abgewickelt, dass der Vertragshändler Fahrzeug und Papiere gegen (nicht bankbestätigte) Schecks
der Agentin in Höhe des um die Provision der Agentin geminderten Kaufpreises herausgibt, und dann
die Auslieferung an den Käufer durch die Agentin gegen Zahlung des Kaufpreises an die Agentin
erfolgt, ohne dass der Käufer bis dahin über eine Rechnung oder Kontonummer der Vertragshändlerin
verfügt, ist die Agentin als Zahlstelle des Vertragshändlers anzusehen mit der Folge, dass der
Vertragshändler das Insolvenzrisiko der Agentin (Nichteinlösung des Schecks) trägt.
Volltext:
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil 7 U 229/01 3 O 2070/01 Landgericht Hannover Verkündet
am 6. November 2002 #######, Justizsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle In dem Rechtsstreit
####### ####### ####### gegen ####### ####### ####### hat der 7. Zivilsenat des
Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht #######, den Richter am
Oberlandesgericht ####### und die Richterin am Oberlandesgericht ####### auf die mündliche Verhandlung vom
17. Oktober 2002 für Recht erkannt: Auf die Berufung des Klägers wird das am 1. November 2001 verkündete Urteil
der 3. Zivilkammer des Landgerichts Hannover geändert und wie folgt neu gefasst: Die Klage wird abgewiesen. Die
Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz und der Berufung. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen. Beschwer der Klägerin: 12.031,45 EUR. Entscheidungsgründe Der Beklagte hat
mit seiner Berufung Erfolg. Denn die Klägerin ist nicht berechtigt, von ihm die Zahlung von 23.531,57 DM bzw.
12.031,45 EUR für das am 26. Oktober 2000 übergebene Neufahrzeug der Marke Ford Typ Focus Trend zu
verlangen. Es ist nämlich davon auszugehen, dass ihr Kaufpreisanspruch durch die Zahlung von 29.430 DM, die der
Beklagte am 26. Oktober 2000 in bar an die Firma ####### Automobile in ####### bei der Fahrzeugübergabe
erbracht hat, erloschen ist (§ 362 BGB). 1. Der Rechtsstreit beurteilt sich gemäß § 29 EGBGB nach deutschem
Recht. Die Klägerin stützt sich auf einen Kaufvertrag, der sich als Verbrauchervertrag darstellt, bei dem der Beklagte
als Verbraucher die zum Abschluss erforderlichen Rechtshandlungen in ####### vorgenommen hat. Davon ist das
Landgericht zutreffend ausgegangen. Die Parteien haben dagegen im Berufungsverfahren auch keine Einwendungen
mehr erhoben. Insbesondere findet das UN-Übereinkommen über Verträge über den internationalen Warenkauf
(#######) vom 11. April 1980 keine Anwendung. Das ergibt sich aus dessen Artikel 2, da der vom Beklagten
erworbene Kleinwagen erkennbar als Konsumware anzusehen und dem persönlichen Gebrauch des Käufers
zuzuordnen ist. 2. Der Senat folgt dem Landgericht auch darin, dass zwischen den Parteien ein Kaufvertrag nach §
433 BGB über den EU-Neuwagen zu Stande gekommen ist. Der Beklagte hat unter dem 12. August 2000 der Firma
####### Automobile - einer freien Fahrzeughändlerin - Vollmacht erteilt, in seinem Namen von einem offiziellen
Fordhändler in den ####### einen neuen PKW Ford Focus Trend zum Preis von nicht höher als 29.530 DM zu
kaufen. Der Wirksamkeit der Vollmachtserteilung steht nicht entgegen, dass ihr Text in ####### Sprache verfasst
ist. Soweit der Beklagte den Inhalt der beiden Schriftstücke nicht verstanden haben sollte, hätte er sich vor der
Unterzeichnung über ihn erkundigen müssen. Für ihn lag den Umständen nach auf der Hand, dass er Schriftstücke
mit rechtlich relevantem Inhalt unterzeichnete. Ihm musste klar gewesen sein, dass die Schriftstücke für den Erwerb
des EU-Neufahrzeugs aus den ####### benötigt wurden. Die Firma ####### Automobile hat danach der Klägerin mit
Schreiben vom 15. August 2000 ´den Vermittlungsauftrag und eine Personalausweiskopie´ des Beklagten ´zur
weiteren Bearbeitung´ übersandt. Das darin liegende Kaufangebot des Beklagten ist von der Klägerin angenommen
worden. Danach hat die Firma ####### Automobile das Fahrzeug von der Klägerin in den ####### abgeholt und es
im Rahmen ihrer Vermittlungstätigkeit dem Beklagten am 26. Oktober 2000 übergeben. 3. Der Kaufpreisanspruch der
Klägerin ist aber durch Erfüllung erloschen. Unstreitig hat der Beklagte bei der Fahrzeugübergabe am
26. Oktober 2000 insgesamt 29.430 DM in bar an die Firma ####### Automobile gezahlt. Dabei hat es sich um eine
Leistung an einen Dritten mit Erfüllungswirkung nach § 362 Abs. 2 BGB gehandelt. Die Firma ####### Automobile
ist nämlich den Umständen nach als von der Klägerin entsprechend § 185 Abs. 1 BGB ermächtigt anzusehen, für
sie die Zahlung in eigenen Namen in Empfang zu nehmen. Ein Gläubiger kann einen Dritten auch schlüssig
ermächtigen, die Leistung des Schuldners (mit befreiender Wirkung) entgegenzunehmen. Hier standen die Klägerin
mit der Firma ####### Automobile in Geschäftsbeziehungen, in deren Rahmen die Klägerin Neufahrzeuge aus den
####### über diese freie Fahrzeughändlerin an Käufer (Endverbraucher) in ####### lieferte, und von der sie auch die
Kaufpreiszahlungen erhielt. Ein Liefer- und Zahlungsweg über eine solche Zwischenperson entsprach der
Händlerrichtlinie der Ford ####### ., die wiederum auf der Verordnung Nr. 1475/95 der EG-Kommission beruht. Die
Klägerin hat die Geschäftsbeziehungen mit der Firma ####### Automobile eingeräumt. So trägt sie vor, sie habe in
der Vergangenheit hin und wieder derartige Geschäfte über sie abgewickelt ####### .Ihr vorliegendes Geschäft mit
dem Beklagten sei nicht das Erste dieser Art über die Firma ####### Automobile gewesen (#######.). Bei jedem
Geschäft sei es so gewesen, dass sie ihr das Fahrzeug (in der Regel) gegen Übergabe eines von der Firma #######
ausgestellten Schecks in Höhe eines um die Provision der Firma ####### geminderten Kaufpreises ausgehändigt
habe (####### .). Die jeweiligen Scheckzahlungen der Firma ####### Automobile führten aber nicht unmittelbar zur
Erfüllung der Kaufpreisansprüche der Klägerin. Sie waren, da die Käufer für die Klägerin erkennbar vor der
Fahrzeugübergabe an sie keine Zahlung geleistet hatten, als Leistungen eines Dritten anzusehen, die
erfüllungshalber erfolgten mit der Wirkung, dass die Erfüllungswirkung erst mit der Gutschrift auf dem Konto der
Klägerin eingetreten wäre (dazu Palandt/Heinrichs, BGB, 60. Aufl., § 364 Rn. 10). Dazu hätte es nach dem normalen
Verlauf der Dinge erst einige Tage nach der Scheckhingabe kommen können. Die Klägerin musste als
Fahrzeughändlerin gewusst haben, dass ihre Kaufvertragspartner den Kaufpreis für die der Firma #######
Automobile gegen den Scheck ausgehändigten Fahrzeuge erst bei deren Übergabe an sie der ####### Automobile
GbR entrichten würden. Nach Einlösung der Schecks der Firma ####### und Eingang der entsprechenden
Gutschriften auf dem Konto der Klägerin war die Firma ####### Automobile auch nach Vorbringen der Klägerin
berechtigt, die entgegengenommenen Kaufpreiszahlungen der Käufer zu behalten. Davon ist nach der von beiden
geübten und von der Klägerin so auch eingeräumten Praxis auszugehen. Da nach ihrem weiteren Vorbringen die über
diese Zwischenperson abgewickelten Kaufgeschäfte mit Käufern in ####### ebenso wie im vorliegenden Fall
erfolgten (abgesehen davon, dass der Scheck vom 25. Oktober 2000 nicht eingelöst wurde), mussten die Klägerin
und auch die Firma ####### Automobile bei verständiger Betrachtung annehmen, dass die Käufer letztere als
Zahlstelle ansehen würden. So hat die Klägerin den Beklagten vorher weder darauf hingewiesen, dass er den
Kaufpreis direkt an sie zu zahlen habe, noch darüber belehrt, dass seine Zahlung an die Zwischenperson erst beim
Eingang des zwischen der Klägerin und der Agentin vereinbarten Geldbetrages bei der Klägerin zur Erfüllung der
Kaufpreisverbindlichkeit führen würde. Die beiden vom Beklagten unter dem 12. August 2000 unterzeichneten
Schriftstücke in ####### Sprache, die von der Klägerin stammen und von der Zwischenperson übermittelt wurden,
enthalten keine Hinweise darauf. Eine Rechnung der Klägerin hat der Beklagte vor der Fahrzeugübergabe an ihn und
der Bezahlung des Kaufpreises durch ihn am 26. Oktober 2000 nicht erhalten. Die ihm von der Klägerin ausgestellte
Rechnung datiert nämlich erst vom 26. Oktober 2000 und kann ihm unter Berücksichtigung des Postweges von den
####### nach ####### erst nach diesem Tage zugegangen sein. Die zuvor anlässlich der Hingabe des Schecks
vom 25. Oktober 2000 gefertigte Rechnung ist der Firma ####### Automobile ausgestellt worden und wird von der
Klägerin als bloße Pro-forma-Rechnung bezeichnet (####### .). Dem Beklagten ist es nach alledem nicht möglich
gewesen, der Gefahr einer doppelten Bezahlung des Kaufpreises irgendwie zu begegnen. Für ihn als Käufer hat es
bis zur Übergabe des Fahrzeugs am 26. Oktober 2000 als Zahlstelle nur die Firma ####### Automobile gegeben.
Das war für die Klägerin und die Firma ####### Automobile unter Berücksichtigung ihrer Handhabung solcher
Geschäfte in der Vergangenheit, die - wie von der Klägerin vorgetragen - ebenso verliefen, durchaus erkennbar. Die
Klägerin musste damit rechnen, dass die als Zwischenperson eingeschaltete freie Händlerin das Fahrzeug alsbald
nach der Übergabe dem Käufer in ####### aushändigen und bei der Gelegenheit den Kaufpreis von ihm kassieren
würde. An wen anderes als an die Firma ####### Automobile - so ist zu fragen - hätte der Kaufpreis nach diesen
Umständen denn sonst gezahlt werden sollen? Auch unter Berücksichtigung des Interesses des Käufers, den
Kaufpreis kein zweites Mal bezahlen zu müssen, falls dieser die Klägerin nicht erreichen würde, stellt sich die von
der Klägerin und der Firma ####### Automobile geübte Praxis - wie auch vorliegend - als schlüssige Ermächtigung
der freien Händlerin dar, den Kaufpreis mit Erfüllungswirkung für den Endverbraucher kassieren zu dürfen. 4. Die
Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Weitere Nebenentscheidungen ergehen nach den §§ 708 Nr. 10, 713, 546
ZPO a. F. i. V. m. § 26 EGZPO n. F. Ausreichende Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 ZPO n. F.
liegen nicht vor. ####### ####### #######