Urteil des OLG Celle vom 21.12.2000

OLG Celle: firma, tod, unterhalt, verwirkung, pflichtteil, erfüllung, solidarität, trennung, erblasser, ehescheidung

Gericht:
OLG Celle, 10. Familiensenat
Typ, AZ:
Urteil, 10 UF 122/00
Datum:
21.12.2000
Sachgebiet:
Normen:
BGB § 1579 Nr. 7, BGB § 1586 b Abs. 1 Satz 3
Leitsatz:
1. Zur Abbedingung der Haftungsbeschränkung des Erben nach § 1586 b Abs. 1 Satz 3 BGB bei
einem vertraglichen Unterhaltsanspruch, der als Fortsetzung des Lohnanspruches aus einem
Mitarbeiterverhältnis ausgestaltet ist. 2. Der Erbe des unterhaltspflichtigen Ehegatten kann sich nicht
auf die Verwirkung des Unterhaltsanspruches auf Grund des langjährigen Zusammenlebens des
Unterhaltsberechtigten mit einem neuen Partner berufen, wenn der Unterhaltspflichtige selbst die
Unterhaltszahlungen trotz Kenntnis der nichtehelichen Lebensgemeinschaft aus nachvollziehbaren
Gründen fortgesetzt hat.
Volltext:
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil 10 UF 122/00 623 F 3740/99 AG Hannover Verkündet am 21.
Dezember 2000 #######, Justizsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle In der pp. wegen nachehelichen
Ehegattenunterhalts hat der 10. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Ober-landesgerichts Celle unter
Mitwirkung des Vorsitzenden Rich-ters am Oberlandesgericht #######, des Richters am Ober-landes-ge-richt
####### und der Richterin am Oberlandesgericht ####### auf die mündliche Verhandlung vom 30. November 2000
für Recht erkannt: Auf die Berufung der Klägerin wird das am 7. April 2000 verkündete Urteil des Amtsgerichts -
Familiengericht - Hannover unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechts-mittels geändert und wie folgt neu
gefasst: Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin folgenden monatlichen Ehegattenunterhalt zu zahlen: - 1.518,74
DM (Elementarunterhalt = 1.310,00 DM; Kran-ken-vorsorgeunterhalt = 208,74 DM) für den Unterhalts-zeitraum von
März 1999 bis Mai 2000, - 1.522,07 DM (Elementarunterhalt = 1.310,00 DM; Kran-kenvorsorgeunterhalt = 212,07
DM) für die Zeit ab Juni 2000, die Rückstände sofort nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basis-
zinssatz nach § 1 des Diskont-satz-Überleitungs-Gesetzes vom 9. Juni 1998 (BGBl. I S. 1242), den laufenden
Unterhalt jeweils monat-lich im Voraus bis zum 3. eines jeden Monats. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die
Beklagte. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Gemäß § 543 Abs. 1 ZPO wird von der Darstellung des Tatbe-
standes abgesehen. Entscheidungsgründe Die form- sowie fristgemäß eingelegte und auch entsprechend begründete
Berufung, mit der sich die Klägerin dagegen wen-det, dass das Amtsgericht ihre auf Zahlung von nachehelichem
Aufstockungsunterhalt gerichtete Klage abgewiesen hat, hat, abgesehen von einem geringfügigen Differenzbetrag
beim Kran-kenvorsorgeunterhalt, Erfolg. Der Klägerin steht auf Grund notarieller Vereinbarung ein entsprechender
Zahlungsanspruch gegenüber ihrem geschie-denen Ehemann zu, für dessen Erfüllung die Beklagte als Erbin und
Gesamtrechtsnachfolgerin haftet. Weder unter dem Gesichts-punkt einer Pflichtteilsbeschrän-kung noch unter dem
einer Verwirkung muss die Kläge-rin eine Kürzung oder den vollstän-digen Wegfall ihres Zahlungsanspruchs
hinnehmen. Im Einzelnen gilt Folgendes: 1. Gemäß Ziff. 1 der zwischen ihr und ihrem geschiedenen Ehemann am
11. Februar 1985 zu Nr. 37 der Urkundenrolle für 1985 des Notars ####### in ####### geschlossenen Scheidungs-
folgenvereinbarung steht der Klägerin auch für den Unter-haltszeitraum ab März 1999 ein nachehelicher
Unterhaltsan-spruch in Höhe von monatlich 1.310,00 DM. Zu den Vorausset-zungen hierfür hatten die
Urkundsbeteiligten seinerzeit Folgendes vereinbart: ‘Die Ehefrau wird das Mitarbeiterverhältnis zur Firma
############## fortsetzen. Sie hat dort einen Gehaltsan-spruch von 2.530,00 DM netto. Mit der Firma
############## ist vereinbart, dass dieser Gehaltsanspruch den ein-schlägigen tarifvertraglichen Anpassungen
unterliegt. Mit Rücksicht auf den Gehaltsanspruch verzichtet die Ehefrau auf die Geltendmachung von
Unterhaltsansprüchen gegen den Ehemann. Sollte die Ehefrau aus dem Arbeits-verhältnis ausscheiden, hat sie
einen Unterhaltsanspruch in gleicher Höhe. Erhält die Ehefrau Rente, so ist der Ehemann verpflichtet, zusätzlich
Unterhalt in Höhe des Differenzbetrages zwischen Rente und dem nach obiger Re-gel errechneten Nettobetrag zu
zahlen. ...’ Unstreitig bezieht die Klägerin seit 1995 eine Altersrente, sodass Unterhalt in Höhe der Differenz zum so
genannten Nettobetrag im Sinne der notariellen Vereinbarung zu zahlen ist. Dem ist der geschiedene Ehemann in
zuletzt angepasster und von der Klägerin weiterhin begehrter Höhe über monatlich 1.310,00 DM bis zu seinem Tode
am 20. Januar 1999 nachgekom-men, sodass die Beklagte als dessen Alleinerbin für die weitere Erfüllung dieser
Nachlassverbindlichkeit in entspre-chender Höhe haftet (§§ 1967, 1922 BGB). 2. Dies gilt gemäß Ziff. 2 der
notariellen Vereinbarung im Ergebnis ebenso für den geltend gemachten Krankenvorsorgeun-terhalt. Anknüpfend an
die Rege-lung zum Gehaltsanspruch heißt es dazu in der notariellen Vereinbarung: ‘Die Krankenversicherung der
Ehefrau ist über das Ange-stelltenverhältnis bei der Firma ############## sicherge-stellt. Sollte die
Krankenversicherung nicht mehr über die Firma ############## sichergestellt sein und sollte die Ehefrau auch
nicht anderweitig krankenversichert sein, ist der Ehemann verpflichtet, die Krankenversicherung der Ehefrau
anderweitig sicherzustellen. ...’ Die Klägerin ist als Rentnerin freiwillig krankenversichert und hat im Hinblick auf den
ihr zustehenden Unterhalt Kran-kenversicherungsbeiträge zu zahlen, die der geschiedene Ehemann in der
Vergangenheit im Hinblick auf die getroffene Vereinbarung ihr auch jeweils erstattet hat. Der letztmaligen
Verurteilung durch Anerkenntnisurteil vom 12. November 1997 lag ein zu zahlender Krankenversicherungsbeitrag in
Höhe von monatlich 193,17 DM zugrunde (623 F 1427/97 Amtsgericht Hannover). Soweit die Klägerin nunmehr
monatlich Beiträge in Höhe von 212,07 DM geltend macht, hat sie dies nur für den Unterhaltszeitraum ab Juni 2000
belegt, so dass es für die Zeit davor bei monatlichen Beträgen in Höhe von 208,74 DM bleiben muss, die die
Klägerin zuvor noch gezahlt hat. Für die entsprechende Erfüllung auch dieser Zahlungsverpflichtung haftet die Be-
klagte im Hinblick auf ihre Gesamtrechtsnach- folge. 3. Ohne Erfolg hält die Beklagte dem berechtigten Zahlungs-
verlangen der Klägerin die Haftungsbegrenzung des § 1586 b Abs. 1 Satz 3 BGB entgegen, wonach der Erbe nicht
über den Betrag hinaus haftet, der dem fiktiven Pflichtteil ent-spricht. Zum Einen hat die Beklagte selbst auf einen
entsprechenden Hinweis des Senats die Voraussetzungen für eine Haftungsbe-grenzung auf den fiktiven Pflichtteil
nicht hinreichend substantiiert. Ihre Angaben zum Nachlass des Verstorbenen sind ersichtlich lückenhaft (so fehlen
u.a. Firmenbeteili-gungen des Erblassers und Bilanzunterlagen aus einem Mehrjah-reszeitraum) und lassen schon
vor diesem Hintergrund weder die Ermittlung des Nachlasses noch eine Pflichtteilsberech-nung zu, sodass der
Beklagten in der Annahme, der fiktive Pflichtteil der Klägerin belaufe sich allenfalls auf 4.323,50 DM, nicht zu folgen
ist. Zum Anderen scheitert die Berufung der Beklagten auf die haftungsbegrenzende Vor-schrift aber schon aus
Rechtsgründen daran, dass die Urkundsbetei-ligten seinerzeit mit der Scheidungsfolgenvereinbarung und den darin
zum Unterhalt getroffenen Regelungen den Anwen-dungsbereich des § 1586 b Abs. 1 Satz 3 BGB für ihre Verhält-
nisse abbedungen haben. Dies ergibt sich jedenfalls aufgrund einer entsprechenden Auslegung der Vertragsurkunde
unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessenlage, des mit der Regelung übereinstimmend verfolgten Zieles
sowie in Ansehung der übrigen Begleitumstände, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Vereinbarung
zulassen. Bei dieser Einschätzung geht der Senat zunächst davon aus, dass die Urkundsbeteiligten mit der
Vereinbarung seinerzeit nicht lediglich einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch der Klägerin näher umschrieben,
sondern vielmehr unabhängig von gesetzlichen Regelungen einen origi-när vertraglichen Unter-haltsanspruch
begründet hatten, dessen Bestand und Umfang jedenfalls durch den Tod des Unterhalts-pflichtigen unberührt bleiben
sollte. Hierfür spricht bereits, dass die Vertrags-parteien den geschuldeten Unterhalt als Lohn sowie später als
Lohnersatzleistungen aus einem Mitarbeiterverhältnis in der Firma des geschiedenen Ehemannes dargestellt und
dabei gleichzeitig Regelungen für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnis-ses sowie überdies für den Eintritt
des Rentenfalles auf Seiten der Klägerin getroffen hatten. Damit war praktisch die Lebens-erwartung der Klägerin in
der gesam-ten Länge angesprochen und bedacht. Sie entsprach dem typi-schen Schicksal eines Arbeit-nehmers,
das von Lohn sowie anschließenden Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversi-cherung und der betrieblichen
Alters-versorgung geprägt ist. Die Vorgaben der Vertragsparteien waren danach ersichtlich auf eine lebenslange
Rente ausgerichtet. Da die Zahlungen über die ‘Firma des geschiedenen Ehemannes’ erfolgen sollten, waren
Absprachen für den Fall dessen Vorversterbens entbehr-lich. So hätte dessen Tod etwa vor Eintritt des Rentenfalles
auf Seiten der Klägerin weder das ‘Mitarbeiterverhältnis’ tangiert noch die weiterhin vorzuneh-menden ‘tarifver-trag-
lichen Anpassungen’ entbehrlich gemacht. Für den hier vor dem Tod des Ehemannes eingetretenen Fall der Verren-
tung der Klägerin kann deshalb verständigerweise nichts Anderes gelten. Bei dem durch die Vertragsparteien nach
dem Wortlaut ihrer Vereinbarung ersichtlich Gewollten lässt sich eine Nähe zum gesetzlichen Unterhaltsrecht, das
grundsätzlich von der nachehelichen Eigenverantwortung (§ 1569 BGB) ausgeht, die Unterhaltsberechtigung an
einen abschließenden Kodex von Unterhaltstatbeständen, für die Höhe des Unterhalts an Bedarf und Bedürftigkeit
anknüpft und schließlich Unterhaltsgewäh-rung nur im Rahmen bestehender Leistungsfähigkeit verlangt, in seiner
Gesamtheit nicht mehr herstellen. Dabei kommt es schließlich auch nicht entscheidend darauf an, ob die Kläge-rin in
Vollziehung der Scheidungsfolgenvereinbarung ihren Arbeitnehmerstatus durch Mitarbeit in der Firma über den
Zeitpunkt der Scheidung hinaus bis zum Eintritt in den Al-tersruhestand tatsächlich noch wahrgenommen hat. Denn
den Parteien ging es darum, durch die Verschaffung eines vertrag-lichen Gehaltsanspruchs, der tarif-vertraglichen
Anpassungen unterliegen und durch ergänzende Rentenzahlungen der Klägerin auf Dauer ungeschmälert zustehen
sollte, die ansonsten ge-setzlichen Voraussetzungen ihrer Unterhaltsbeziehungen zu ersetzen, woran sie sich, was
die ‘Gehaltszahlungen’ und die weiteren Zahlungen für den Kran-kenversicherungsschutz der Klägerin anbelangt, bis
zum Tod des Ehemannes unstreitig gehalten haben. Durch die Gewäh-rung von Zahlungsansprüchen für die Klägerin
aus einem An-stellungsverhältnis haben die Vertragsparteien auch nach Sinn und Zweck dieses gewählten Instituts
die Haftungsbegrenzung nach § 1586 b Abs. 1 Satz 3 BGB ausge-schlossen. Scheidungsbedingt verlieren nämlich
ansonsten geschiedene Ehegatten alle gesetzlichen erbrechtlichen An-sprüche. Mit zum Ausgleich dafür geht die
jeweilige Unter-haltspflicht in beschränktem Umfang auf die Erben über und schafft solchermaßen noch einen
gewissen Interessenausgleich auf der Basis einer Billigkeitsregelung. Das ist Sinn und Zweck der durch § 1586 b
BGB verfolgten Regelung, die aber bei verselbstständigten Abfin-dungsvereinbarungen ebenso wenig zum Tragen
kommt (vgl. Johannsen/Henrich/Büttner, Eherecht, 3. Auflage, § 1586 b BGB Rdn 7)wie bei einem als Arbeitneh-
merverhältnis vertraglich ausgestalteten Dauerschuldverhält-nis, bei denen die Vertragspartner unter
Inanspruchnahme der Privatautonomie keinen Raum für eine ergänzende Billigkeits-regelung lassen. Zwar unterliegt
nach alledem auch die Klage-forderung - wie die sonstigen Nachlassverbindlichkeiten - gegenüber den Erben den
allgemeinen Haftungsbeschränkungen. Doch scheidet die gegen-über einem gesetzlichen Unterhaltsan-spruch
mögliche weiter gehende Haftungsbeschränkung nach § 1586 b Abs. 1 Satz 3 BGB hier aus. 4. Ohne Erfolg beruft
sich die Beklagte gegenüber dem Zah-lungsbegehren der Klägerin schließlich auf Verwirkung. Allerdings er-scheint
das langjährige Zusammenleben der unter-haltsberech-tigten Person mit einer anderen in einer eheglei-chen oder
eheähnlichen Gemeinschaft geeignet, als schwer wiegender Grund i. S. v. § 1579 Nr. 7 BGB Unterhaltsansprü-che,
auch soweit sie auf vertraglichem Rechtsgrund beruhen, entgegenzu-stehen. Die Beziehungen zwischen der Klägerin
und dem Zeugen ############## bewegen sich auch - schon nach dem unstreitigen Vor-bringen beider Parteien -
gemessen an ihrem zeitlichen und wirtschaftlichen Umfang durchaus auf einer Ebene, die schon seit Jahren eine
entsprechende Einordnung grundsätzlich rechtfertigt. Indessen hat selbst nur eine Kürzung des bis zu seinem Tod
durch den geschiedenen Ehemann gezahlten Unter-halts zu unterbleiben, weil jedenfalls unter Berücksichtigung der
weite-ren Umstände und der Besonderhei-ten, die hier die Ehe der Klägerin mit dem Verstorbenen nachhaltig geprägt
haben, die Fortdauer von Unter-haltszahlun-gen nunmehr durch die Gesamtrechtsnachfolgerin nicht als unzumutbar
angesehen werden kann. Die jetzt 70 Jahre alte Klägerin hatte mit dem Erblasser am 23. Oktober 1954 die Ehe
geschlossen und bis zur Trennung im Jahre 1978 langjährig zusammen gelebt. Während dieser Zeit hat die Klägerin
nicht nur in der Firma ihres Ehemannes mitgearbeitet, sondern darüber hinaus auch die Folgen eines teilweise
ehewidrigen Lebenswandels des Erblassers mitge-tragen. So adoptierte sie die am 18. Juli 1963 außerehe-lich
geborene Tochter ihres Ehemannes und stellte in der Folgezeit die mütterliche Betreuung und Versorgung des
Kindes sicher. Zu Trennung und Scheidung der Eheleute kam es schließ-lich dadurch, dass sich der Ehemann
wiederum einer anderen Frau zuwandte. Vor dem Hintergrund ihres in der Ehe gezeigten Engagements, bei dem sich
die Klägerin offensicht-lich zum Wohl anderer Familienangehöriger aufgeopfert hatte, hat der geschiedene Ehemann
sich seiner nachehelichen Verant-wortung bewusst in der Scheidungsfolgenvereinbarung zu einer lang-fristigen
Unterhaltssicherung der Klägerin bereit gefun-den und daran festgehalten, obwohl er selbst schon im Zeit-punkt der
Ehescheidung davon ausging, dass ‘die Antragsgegne-rin seit einiger Zeit auch mit einem anderen Mann zusammen
lebt ...’ ( Bl. 3 der Beiakten 623 F 1733/86 Amtsgericht Hannover). Diese Entwicklung hat der geschiedene Ehemann
im Übrigen in den Jahren bis zu seinem Tode zu keinem Zeitpunkt zum Anlass genommen, die Fortgeltung der
Unterhaltsvereinba-rung in Zweifel zu ziehen. Hinzu kommt, dass der anderweitig ehelich gebundene Erblasser die
eheähnliche Beziehung der Klägerin nach der Ehescheidung durch seinen gesellschaftli-chen Umgang ausdrücklich
anerkannt und in seinem eigenen Verhalten sich darauf eingerichtet hat, wie etwa durch ge-meinsamen Besuch von
Festlichkeiten und Veranstaltungen auch in Begleitung des jeweils anderen Partners der geschiedenen Eheleute.
Verwirkung wird überdies erst dann unterhaltsrecht-lich relevant, wenn sich der jeweilige Unterhaltsschuldner hierauf
auch beruft. Dabei muss er verständigerweise erkennen lassen, dass er sich in seinen individuellen Vorstellungen
über eheliche und nacheheliche Solidarität nachhaltig gestört fühlt und als ungerecht empfindet, wenn der andere
Ehegatte hiergegen durch sein Verhalten verstößt, von ihm selbst aber eine unterhaltsrechtliche Solidarität weiterhin
abverlangt wird. Vorliegend deutet nichts darauf hin, dass der verstor-bene Ehemann der Klägerin auf Grund der
langjährigen Ehe mit der Kläge-rin und deren Nachwirkungen seine Zahlungsverpflich-tung im Wissen um das
nacheheliche Verhalten der Klägerin bis zu seinem Tode als schwer belastend oder gar als unzumut-bar empfunden
hätte. In der Gesamtwürdigung kommt dieser Einstel-lung des geschiedenen Ehemannes jedenfalls bei der hier in
Rede stehenden vertraglichen Unterhaltsregelung neben den Leistungen der Klägerin in der langjährigen Ehe ein so
weit reichendes Gewicht zu, dass eine allein bezogen auf den Zeitpunkt der Gesamtrechtsnachfolge geltend
gemachte Unter-haltskürzung oder gar ein Wegfall von Zahlungsverpflichtungen ausscheidet. Demgemäß ist auf die
Berufung der Klägerin das klageabwei-sende Urteil abzuändern und die Beklagte zur Zahlung der vereinbarten
Unterhaltsbeträge auch für die Zeit nach dem Tod des geschiedenen Ehemannes zu verurteilen. Gemäß §§ 288, 246
BGB hat die Beklagte die Unterhaltsrück-stände auch entsprechend zu verzinsen. Die Kostenentscheidung beruht
auf §§ 92 Abs. 2 ZPO, wonach die Beklagte als ganz überwiegend unterliegender Teil die Kosten des Rechtsstreits
zu tragen hat. Durch die geringfü-gige Zuvielforderung der Klägerin sind keine Kosten angefal-len. Die Entscheidung
über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 8 und 10, 713 ZPO.