Urteil des OLG Celle vom 05.03.2009
OLG Celle: treu und glauben, versicherungsnehmer, ablauf der frist, versicherer, innere medizin, ärztliches gutachten, unfallversicherung, polyarthritis, fristablauf, unfallfolgen
Gericht:
OLG Celle, 08. Zivilsenat
Typ, AZ:
Urteil, 8 U 193/08
Datum:
05.03.2009
Sachgebiet:
Normen:
AUB 2000 Ziff 2 1 1 1
Leitsatz:
Ziff. 2.1.1.1 AUB 2000 - Frist bezüglich Feststellung und Geltendmachung der Invalidität - dürfte
entgegen den Bedenken OLG Hamm, VersR 2008, 811, wirksam sein.
Volltext:
Oberlandesgericht Celle
Im Namen des Volkes
Urteil
8 U 193/08
2 O 249/06 Landgericht Hannover
Verkündet am
5. März 2009
K.,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
In dem Rechtsstreit
H.W. K., ... in W.,
Kläger und Berufungskläger,
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Dr. S. ... in W.,
gegen
L. H., Anstalt des öffentlichen Rechts, ... H.,
Beklagte und Berufungsbeklagte,
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Dr. G. pp. in H.,
hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 20. Februar 2009 durch den
Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht G., den Richter am Oberlandesgericht Dr. K. und den Richter am
Landgericht S. für Recht erkannt:
Die Berufung des Klägers gegen das am 16. September 2008 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts
Hannover wird auf seine Kosten zurückgewiesen
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung
gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht
die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Der Kläger nimmt die Beklagte aus einer Unfallversicherung - wegen eines behaupteten Unfalls seiner
mitversicherten Ehefrau am 04.05.2005 - auf Zahlung von Krankentagegeld, Genesungsgeld und einer
Invaliditätssumme in Anspruch.
Der Kläger unterhält bei der Beklagten gemäß Nachtrag zum Versicherungsschein vom 04.06.2002 (Bl. 4 ff. d. A.,
unvollständig vorgelegt, S. 2 u. 3 fehlen) eine FamilienUnfallversicherung. Dieser lagen die Allgemeinen
Versicherungsbedingungen für die Unfallversicherung (AUB 2000) der Beklagten zugrunde (s. erstinstanzlicher
Tatbestand, Bl. 133 d. A.). Zu den versicherten Personen gehört neben dem Kläger auch seine Ehefrau. Die
Versicherungssumme für Invalidität beträgt für den Kläger 60.000, EUR, für seine Ehefrau jedoch nur 40.000, EUR.
Für das Krankenhaustagegeld und das Genesungsgeld beträgt die Versicherungssumme jeweils 30, EUR.
Die Ehefrau des Klägers, Frau I. K., ist seit Mai 2000 in ärztlicher Behandlung wegen primärchronischer Polyarthritis,
einer chronischen, unterschiedlich progredient verlaufenden entzündlichen destruierenden Gelenkerkrankung mit
Beteiligung aller Gelenkstrukturen. Am 04.05.2005 erlitt sie beiderseits einen Riss der Kniescheibenbänder
(ligamentum patellae), als sie auf einem Bürgersteig ging.
Der Kläger meldete der Beklagten mit Schadenanzeige vom 11.05.2005 einen Unfall (Anlage B6, AB). In der
Schilderung des Unfallhergangs heißt es, Frau K. sei den Bürgersteig entlang gegangen, dabei ins Stolpern
gekommen und auf die Knie gestürzt.
Mit ärztlicher Bescheinigung vom 11.07.2005 (Anlage B5, AB) erklärte der behandelnde Arzt des Krankenhauses,
Dr. K., zu dem KniescheibenbänderAbriss, es habe kein Unfall stattgefunden, es handele sich um Spontanrupturen
bei Polyarthritis (PcP). Mit Schreiben vom 20.09.2005 (Anlage B7, AB) meldete sich der Prozessbevollmächtigte
des Klägers (unter Vorlage einer von dem Kläger erteilten Vollmacht „wegen Krankenhaustagegeld“) bei der
Beklagten und erklärte, er stelle ausdrücklich fest, dass die Ehefrau des Klägers entgegen der ärztlichen
Bescheinigung von Dr. K. einen Unfall erlitten habe.
Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 17.07.2006 (Bl. 8 d. A.) Leistungen aus der Unfallversicherung ab, da der
behandelnde Arzt Dr. K. keine unfallbedingten Verletzungen festgestellt habe. Dabei nahm die Beklagte Bezug auf
einen ärztlichen Bericht von Dr. K. vom 10.07.2006 (Anlage B4, AB), wonach die Ehefrau des Klägers auf der Straße
zusammengesackt sei, keine Unfallverletzungen vorgelegen hätten und es sich um eine spontane Ruptur der lig.
patellae beiderseits bei schwerer chronischer Polyarthritis handele.
In einer von dem Facharzt für innere Medizin Dr. T. verfassten „ärztlichen Bescheinigung vom 21.08.2006 zur
Vorlage bei der Unfallversicherung“ (Bl. 7 d. A.) wird erklärt, es sei im Mai 2005 zu einer Ruptur beider Kreuzbänder
gekommen. Die Erwerbsunfähigkeit habe vom Unfalltag bis zum 31.12.2005 100 %, vom 01.01.2006 bis zum
31.03.2006 80 %, vom 01.04. bis 30.06.2006 50 % und seitdem 30 % betragen. Der Befund am 16.08.2006 habe
eine noch leichtgradige Einschränkung der Beweglichkeit ergeben, Knien sei nicht möglich, die landwirtschaftliche
Tätigkeit könne nur begrenzt aufgenommen werden.
Der Kläger begehrt - ausgehend von einem behaupteten unfallbedingten Invaliditätsgrad von 30 % und einem
Invaliditätskapital von 60.000, EUR - die Zahlung einer Invaliditätssumme von 24.000, EUR sowie - für jeweils
sieben Tage - Krankenhaustagegeld und Genesungsgeld von jeweils insgesamt 210, EUR.
Er behauptet hierzu, die Verletzungen seiner Ehefrau seien Folgen eines Unfalls. Sie sei beim Gehen auf einem
Bürgersteig gestolpert und gestürzt. Die Gehwegplatten hätten sich im Laufe der Zeit durch Witterungseinflüsse
natürlich bewegt, eine sei höher, eine sei tiefer (Bl. 35). Es handele sich nicht um eine glatte Gehwegfläche, auf der
ein Stolpern unmöglich sei. Vielmehr sei seine Ehefrau hinter eine Gehwegplatte gehakt, dabei gestolpert, zu Fall
gekommen und auf die Knie gestürzt. Es treffe nicht zu, dass sie gegenüber den behandelnden Ärzten des
Krankenhauses angegeben habe, sie sei auf der Straße zusammengesackt. Dr. K. habe sie erst bei einer Visite
nach 2 oder 3 Tagen kennengelernt. Es sei nicht nachvollziehbar, wie Dr. K. zu der Feststellung gekommen sei,
dass es nicht zu einem Unfall gekommen sei. Offenbar habe er dies laienhaft aus seiner medizinischen Sicht ohne
Kenntnis des juristischen Hintergrundes eingeschätzt. Eine spontane Ruptur der Kniescheibenbänder beiderseits sei
völlig unwahrscheinlich. Der Sturz lasse sich nur durch Unebenheiten auf dem Fußweg erklären. Eine solche
Spontanruptur könne auch bei einem Sturz eintreten.
Die Ansprüche habe er - was die Beklagte nicht bestreitet - innerhalb der Fristen angemeldet. Die Beklagte könne
nicht damit gehört werden, dass die Voraussetzungen von Ziff. 2.1.1.1 AUB nicht erfüllt seien. Dr. T. habe
entsprechende Feststellungen getroffen und könne bezeugen, dass die Invalidität innerhalb der Fristen der AUB
2000 eingetreten sei.
Der Kläger hat beantragt (Bl. 1 d. A.),
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 24.420,00 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit
Rechtshängigkeit der Klage zu bezahlen,
2. die Beklagte zu verurteilen, weitere 540,44 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit
der Klage zu bezahlen.
Die Beklagte hat beantragt (Bl. 19 d. A.),
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte nimmt das Vorliegen eines Unfalls in Abrede. Bei der Verletzung handele es sich nicht um Unfallfolgen,
sondern - wie sich auch aus dem Schreiben von Dr. K. vom 08.05.2008 (Bl. 101 f. d. A.) ergebe - um eine spontane
Ruptur der Kniescheibenbänder beiderseits bei schwerer chronischer Polyarthritis. Die Ehefrau des Klägers habe am
Tag des Vorfalls gegenüber den behandelnden Ärzten des Krankenhauses - Dr. K. bzw. Dr. A. - angegeben, dass sie
auf der Straße zusammengesackt sei. Der Riss der Kniescheibenbänder sei für einen Sturz auch absolut untypisch.
Darüber hinaus sei die angebliche Invalidität auch nicht gemäß Ziff. 2.1.1.1. AUB 2000 innerhalb von 15 Monaten
nach dem Unfall von einem Arzt schriftlich festgestellt worden. Dr. T. habe nicht festgestellt, dass die Ruptur auf
einem Unfall beruhe. Er habe lediglich festgestellt, dass es zu einer Ruptur beider Kreuzbänder gekommen sei. Sie
bestreite, dass die Invalidität innerhalb eines Jahres eingetreten sei.
Das Landgericht hat zunächst gemäß Beweisbeschluss vom 24.07.2007 (Bl. 39 d. A.) Beweis dazu erhoben, ob und
gegebenenfalls wie die Ehefrau des Klägers am 04.05.2005 stürzte und was dafür ursächlich war. Hierzu ist die
Ehefrau des Klägers als Zeugin vernommen worden. Diese hat bekundet (Bl. 77 f. d. A.), sie sei auf dem
Bürgersteig, der in dem Bereich sehr uneben sei, gestolpert und nach vorne gefallen. Sie vermute, dass sie über
einen hoch stehenden Pflasterstein gestolpert sei. Dass ein Stein hoch stand, habe sie nicht gesehen, sie wisse
nur, dass der Fußweg uneben gewesen sei. Nach dem Unfall habe sie gesehen, dass Pflastersteine dort hoch
gestanden hätten. Sie wisse ganz genau, dass sie ins Stolpern gekommen sei. Die zunächst beabsichtigte weitere
Beweisaufnahme - Vernehmung von Dr. K. und Dr. A. (Bl. 85) - hat das Landgericht dann nicht mehr durchgeführt.
Mit Urteil vom 16. September 2008 (Bl. 132 ff. d. A.) hat das Landgericht Hannover die Klage abgewiesen. Zur
Begründung hat es ausgeführt, es könne dahingestellt bleiben, ob die mitversicherte Ehefrau des Klägers
Verletzungen im Sinne der Versicherungsbedingungen erlitten habe. Dem Kläger stehe kein Anspruch auf eine
Invaliditätsentschädigung, Krankenhaustagegeld und Genesungsgeld zu. Er habe die möglicherweise aufgrund eines
Unfalls eingetretene Invalidität nicht rechtzeitig geltend gemacht. Es fehle an einer ärztlichen Feststellung der
Invalidität gemäß § 7 Ziff. 1 Abs. 1 S. 1 AUB 2000. Die ärztliche Bescheinigung von Dr. T. vom 21.08.2006 liege
außerhalb der 15 MonatsFrist. Der Arzt habe lediglich festgestellt, dass es zu einer Ruptur der Kreuzbänder
gekommen sei, ohne dort eine Ursache zu benennen. Die ärztliche Invaliditätsfeststellung sei schriftlich zu treffen.
Dem Beweisangebot des Klägers, Dr. T. als Zeugen zu vernehmen, müsse nicht nachgegangen werden. Gründe, die
die Beklagte daran hinderten, sich auf den Fristablauf zu berufen, seien weder vorgetragen noch ersichtlich. Eines
besonderen Hinweises der Beklagten auf die Frist habe es nicht bedurft. Das Berufen auf den Fristablauf sei auch
nicht treuwidrig. Von einer dauernden Beeinträchtigung habe die Beklagte aufgrund der vorgelegten Atteste nicht
ausgehen können.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, der die Klage in vollem Umfang weiterverfolgt (Bl. 150 d. A.). Zur
Begründung führt er aus, da das Landgericht zunächst eine Beweisaufnahme zu dem Unfall seiner Ehefrau erhoben
habe, könne das Landgericht nicht damit gehört werden, dass die Klage wegen Versäumung der 15MonatsFrist zur
ärztlichen Feststellung der Invalidität unbegründet sei. Das Landgericht hätte sich fragen müssen, ob überhaupt die
Bestimmungen der AUB Gegenstand der vertraglichen Vereinbarungen geworden seien. Entsprechend der
Rechtsprechung zum Werkvertragsrecht kämen die allgemeinen Versicherungsbedingungen nur dann zur
Anwendung, wenn diese ihm auch überreicht, inhaltlich erörtert und ausdrücklich zum Gegenstand des Vertrages
gemacht worden seien. Die Beklagte möge darlegen, wann die AUB ihm gegenüber eingeführt, erläutert und
umfangreich besprochen worden seien und er über seine Pflichten aufgeklärt worden sei. Wenn dies nicht erfolgt sei,
müsse man sich an den reinen Vertragstext halten, aus dem sich die 15MonatsFrist nicht ergebe. Darüber hinaus
sei die ärztliche Bescheinigung vom 21.08.2006 innerhalb der 15monatigen Frist erfolgt. Dass die Bescheinigung
außerhalb der 15MonatsFrist liege, treffe nicht zu, wenn man einmal nachrechne. Das Landgericht könne auch nicht
damit gehört werden, dass seinem Beweisangebot - Vernehmung von Dr. T. - nicht nachzugehen sei. Es entziehe
sich seiner Kenntnis, warum eine ärztliche schriftliche Feststellung nicht vorhanden sein solle.
Die Beklagte, die Zurückweisung der Berufung beantragt (Bl. 164 d. A.), ist der Ansicht, die Berufung sei bereits
unzulässig, da der Kläger keine Rechtsverletzung rüge, und verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung
und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
II.
Die Berufung ist zulässig. Die Berufungsbegründung genügt entgegen der Ansicht der Beklagten noch den formellen
Anforderungen des § 520 ZPO. Insoweit ist es ausreichend, wenn die Berufungsbegründung sich in ausreichender
Weise mit einem der in § 520 Nr. 2 - 4 ZPO genannten Berufungsgründe auseinandersetzt (Zöller/Gummer/Heßler,
ZPO, 26. Aufl. 2007, § 520 Rdnr. 27). Zwar sind die Angriffe gegen das erstinstanzliche Urteil in Teilen nicht
nachvollziehbar. Nicht verständlich sind insbesondere die Ausführungen, das Landgericht könne damit, dass die
Klage wegen Versäumung der 15MonatsFrist zur ärztlichen Feststellung unbegründet sei, nicht gehört werden, und
die zu dem Unfall vom 04.05.2005 erteilte Bescheinigung vom 21.08.2006 liege in der 15MonatsFrist, wenn man
einmal nachrechne. Ein den formellen Anforderungen des § 520 ZPO genügender Angriff ist jedoch gegeben, soweit
der Kläger rügt, das Landgericht habe seiner Entscheidung zu Unrecht die AUB zugrundegelegt, obwohl die Beklagte
nicht dargelegt habe, dass diese Versicherungsbedingungen ihm gegenüber eingeführt, erläutert und umfangreich
besprochen worden seien. Damit wird eine entscheidungserhebliche Rechtsverletzung i. S. d. § 530 Abs. 3 Ziff. 2
ZPO geltend gemacht.
Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht - im Ergebnis - weder auf einem
Rechtsfehler (§§ 513 Abs. 1, 1. Alt., 546 ZPO) noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden
Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1, 2. Alt. ZPO).
Dem Kläger steht gegen die Beklagte gemäß §§ 1 Abs. 1 S. 1, 49 VVG a. F. i. V. m. Ziff. 2.1, 2.5 und 2.6 AUB 2000
kein Anspruch auf Zahlung von Krankenhaustage und Genesungsgeld in Höhe von insgesamt 210, EUR sowie einer
Invaliditätsleistung von 24.000, EUR zu.
1. Das erstinstanzliche Urteil enthält - nicht nachvollziehbar - keine Begründung dafür, dass die Klage auch in Bezug
auf die geltend gemachten Krankentagegelder und Invaliditätsgelder abgewiesen worden ist. In den
Entscheidungsgründen ist lediglich festgestellt worden, dass auch insoweit kein Anspruch bestehe, während sich die
folgenden Ausführungen lediglich auf die beanspruchte Invaliditätsleistung beziehen.
Ein Anspruch auf Krankentagegeld und Genesungsgeld kommt deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger nicht den
ihm obliegenden Beweis erbracht hat, dass die Bänderrisse seiner Ehefrau auf einen Unfall im Sinne von Ziff. 1.3,
1.4 AUB 2000 zurückzuführen sind.
a) Ein Unfall liegt gemäß Ziff. 1.3 AUB 2000 vor, wenn der Versicherte durch ein plötzlich von außen auf seinen
Körper wirkendes Ereignis unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet. Grundsätzlich muss es sich hierbei um
ein Einwirken der Außenwelt (Person oder Sache) in der Form eines Zusammenstoßes auf den Körper des
Verletzten handeln. Zwar können auch Eigenbewegungen des Versicherten einen Unfall bewirken, wenn sie die
Gesundheitsbeschädigung zusammen mit einer äußeren Einwirkung ausgelöst haben (Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl.
2004, § 1 AUB 94 Rdnr. 7). Das kann etwa gegeben sein beim Sturz gegen ein nicht oder zu spät gesehenes
Hindernis, Umknicken des Fußes an einer Bordsteinkante (OLG Hamm VersR 1976, 336) oder infolge einer
Bodenunebenheit (LG Göttingen r+s 1991, 251) sowie infolge stumpfen Hallenbodens beim Handballspielen (OLG
München r+s 2000, 39). Entscheidende Verletzungsursache muss aber immer der irreguläre Zustand der Außenwelt,
nicht dagegen das eigene Ungeschick des Versicherten sein. Entsprechend fehlt die Unfalleigenschaft bei bloß
ungeschickten Eigenbewegungen, die als solche ohne Mitwirkung eines äußeren Ereignisses eine
Gesundheitsschädigung hervorrufen (Prölss/Martin, a. a. O.. Grimm, AUB, 4. Aufl., § 1 AUB 99 Rdnr. 30), z. B.
beim Umknicken des Fußes auf normalem Boden (LG Freiburg r+s 2003, 254), Hüpfen, Drehen und Stolpern beim
Tanzen (OLG Köln r+s 2002, 482), tanztypischen Ausfallschritt und Drehbewegungen (LG Köln r+s 2002, 350),
Umknicken des Fußes beim Aussteigen aus dem Auto (OLG Düsseldorf r+s 1999, 296), Umknicken des Fußes
beim Treppensteigen (OLG Köln r+s 1992, 105). Anderenfalls wäre jede Verletzung bei Bewegungen, insbesondere
bei jeder sportlichen oder gymnastischen Betätigung, als Unfall anzusehen. Das ist indessen mit dem Unfallbegriff
nicht zu vereinbaren, wie sich auch aus einem Umkehrschluss zu Ziff. 1.4 AUB 2000 ergibt. Hiernach sind nur
bestimmte Eigenbewegungen durch erhöhte Kraftanstrengungen mit im einzelnen bestimmten Verletzungsfolgen als
Unfall anzusehen. Dieser Unfallfiktion bedürfte es nicht, wenn bereits jede Verletzung durch ungeschickte
Eigenbewegungen als Unfall anzusehen wären (Urteil des Senats vom 15.01.2009, Az. 8 U 131/08, veröffentlicht bei
Juris).
Ein Unfall im Sinne der AUB 2000 wäre nicht gegeben, wenn die Ehefrau des Klägers - wie von der Beklagten
aufgrund der vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen behauptet - ohne äußerliche Einwirkungen eine
krankheitsbedingte Spontanruptur erlitten und erst deshalb gestürzt wäre. Aber auch auf der Grundlage der
Behauptung des Klägers, eine Spontanruptur beider Bänder sei völlig unwahrscheinlich, vielmehr seien die
Bänderrisse Folge eines Sturzes gewesen, ergibt sich bereits aus der durch das Landgericht durchgeführten
Beweisaufnahme, dass ein Unfall im Sinne der AUB 2000 nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden
kann. Die Ehefrau des Klägers, die als einzige Zeugin zu ihrem behaupteten Sturz benannt worden ist, hat nicht
sicher sagen können, dass sie aufgrund einer Bodenunebenheit gestürzt ist. Die Zeugin hat lediglich bekundet, sie
sei etwas schneller unterwegs gewesen und auf dem Bürgersteig, der in dem Bereich sehr uneben sei, gestolpert.
Die Zeugin konnte aber nicht sicher sagen, dass Ursache ihres Stolperns eine Bodenunebenheit war. Vielmehr hat
sie ausweislich des Protokolls lediglich vermutet, dass sie über einen hoch stehenden Stein gestolpert sei. Dass
gerade die Bodenunebenheiten, zu deren Ausmaß und Beschaffenheit der Kläger nicht näher vorgetragen hat,
Ursache des Sturzes waren, kann auch nicht im Wege eines Anscheinsbeweises vermutet werden. Zwar könnte - in
entsprechender Anwendung der zu Verkehrssicherungspflichtverletzungen ergangenen Rechtsprechung (vgl.
Palandt/Sprau, BGB, 68. Aufl. 2009, § 823 Rdnr. 54) - im Wege des Anscheinsbeweises vermutet werden, dass eine
vorhandene Bodenunebenheit Ursache des Sturzes war, wenn sich der Bürgersteig in einem verkehrswidrigen
Zustand befunden hätte. Einen verkehrswidrigen Zustand des Bürgersteiges hat der Kläger jedoch nicht vorgetragen.
Vielmehr lagen nach seinem Vorbringen allein Höhenunterschiede der Gehwegplatten vor, die sich durch
Witterungseinflüsse ergeben hätten. Dass diese Höhenunterschiede das übliche und hinzunehmende Maß
überschritten, ist weder dargetan noch ersichtlich.
b) Es liegt auch kein Unfall im Sinne der Unfallfiktion der Ziff. 1.4 AUB 2000 vor. Nach dieser Klausel würde es auch
als Unfall gelten, wenn die Bänderrisse durch eine erhöhte Kraftanstrengung der Zeugin K. verursacht wurden. Dies
ist ebenfalls weder dargetan noch ersichtlich. Das normale - auch etwas schnellere - Begehen des Bürgersteiges
stellt keine erhöhte Kraftanstrengung im Sinne dieser Bestimmung dar. Dass es bei dem Sturz zu einer erhöhten
Kraftanstrengung kam, durch die die Bänderrisse erst verursacht wurden, ist ebenfalls nicht vorgetragen. Nach dem
Vorbringen des Klägers waren die Bänderrisse vielmehr die unmittelbare Folge des Sturzes. Nach dem Schreiben
von Dr. K. vom 08.05.2008 (Bl. 101 f. d. A.), das sich die Beklagte zu eigen gemacht hat, sei Ursache der
Bänderrisse eine Bewegung bzw. Belastung des täglichen Lebens. Auch hiernach wäre nicht von einer erhöhten
Kraftanstrengung auszugehen.
2. Weil kein Unfall im Sinne von Ziff. 1.3 AUB 2000 festzustellen ist, kann der Kläger auch keine Invaliditätsleistung
gemäß Ziff. 2.1 AUB 2000 beanspruchen.
Darüber hinaus besteht ein Anspruch auf eine Invaliditätsleistung auch deshalb nicht, weil die Frist zur ärztlichen
Feststellung der Invalidität gemäß Ziff. 2.1.1.1 AUB 2000 nicht gewahrt ist.
Gemäß Ziff. 2.1.1.1 AUB 2000 muss die Invalidität innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall von einem Arzt
schriftlich festgestellt und von dem Versicherungsnehmer geltend gemacht worden sein.
a) Die AUB 2000 der Beklagten (Stand August 2001) sind wirksam in den Unfallversicherungsvertrag einbezogen
worden.
Ausweislich des Tatbestands des landgerichtlichen Urteils war erstinstanzlich unstreitig, dass dem
streitgegenständlichen Versicherungsvertrag die AUB 2000 der Beklagten zugrundeliegen. Die Reichweite dieser mit
Bindungswirkung (§ 314 ZPO) getroffenen Feststellung kann jedoch dahingestellt bleiben. Auch wenn dem Kläger die
AUB 2000 der Beklagten bei Vertragsschluss nicht übergeben worden sein sollten, sind sie jedenfalls gemäß § 5a
Abs. 1, Abs. 2 S. 4 VVG Vertragsbestandteil geworden, da der Kläger der Geltung dieser in dem
Versicherungsschein genannten Versicherungsbedingungen nicht innerhalb eines Jahres nach Zahlung der ersten
Prämie widersprochen hat. Entgegen den Ausführungen in der Berufungsbegründung ist die wirksame Einbeziehung
nicht von weiteren Voraussetzungen - etwa einer Erläuterung, umfangreichen Besprechung oder der Aufklärung über
Pflichten - abhängig. Für diese Ansicht besteht keine gesetzliche Grundlage.
b) Die Regelung der Ziff. 2.1.1.1 S. 2 AUB 2000, durch die - als Anspruchsvoraussetzungen einer
Invaliditätsentschädigung - bestimmte Fristen für den Eintritt, die Feststellung und die Geltendmachung der
Invalidität gesetzt werden, ist wirksam. Insbesondere ist kein Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs.
1 S. 2 BGB gegeben.
Nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB muss eine Regelung nicht nur aus sich heraus klar und verständlich sein. sie hält einer
Inhaltskontrolle auch dann nicht stand, wenn sie an verschiedenen Stellen in den Bedingungen niedergelegt ist, die
nur schwer miteinander in Zusammenhang zu bringen sind, oder wenn der Regelungsgehalt auf andere Weise durch
die Verteilung auf mehrere Stellen verdunkelt wird (BGHZ 162, 210 ff. = VersR 2005, 639 f.). Dabei kommt es auf die
Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Versicherungsnehmers an, von dem allerdings die aufmerksame
Durchsicht der Bedingungen, deren verständige Würdigung und die Berücksichtigung ihres erkennbaren
Sinnzusammenhangs erwartet werden kann. jedes eigene Nachdenken kann dem Kunden nicht erspart bleiben. eine
Überspannung des Transparenzgebots würde letztlich wieder Intransparenz mit sich bringen (BGH a. a. O.).
Zu entsprechenden Klauseln älterer Fassungen der AUB (AUB 61 / AUB 94) hat der BGH entschieden, dass diese
Fristenregelung nicht gegen § 307 BGB verstößt (BGHZ 137, 174 ff.: noch zu § 9 AGBG) und insbesondere auch
den Anforderungen des Transparenzgebotes genügt (BGHZ 162, 210 ff.), sodass keine Bedenken gegen ihre
Wirksamkeit bestanden.
Die vorliegende Fassung der AUB unterscheidet sich von den durch den BGH beurteilten Fassungen jedoch u. a.
darin, dass den Versicherungsbedingungen ein Inhaltsverzeichnis vorangestellt ist, das in „Versicherungsumfang“,
„Leistungsfall“, „Versicherungsbeitrag“ und „Weitere Bestimmungen“ untergliedert ist, und die Klauseln mit
erläuternden Überschriften versehen sind, die zum Teil in Frageform abgefasst sind:
„Versicherungsumfang
1. Was ist versichert?
2. Welche Leistungsarten können vereinbart werden?
2.1. Invaliditätsleistung
...
Leistungsfall
7. Was ist nach einem Unfall zu beachten (Obliegenheiten)?
8. Welche Folgen hat die Nichtbeachtung von Obliegenheiten?
...“
Die in dem Inhaltsverzeichnis aufgeführten Überschriften der Klauseln finden sich in dem Text der
Versicherungsbedingungen wieder. Unter Ziff. 7 folgt der Hinweis: „Ohne Ihre Mitwirkung und die der versicherten
Person können wir unsere Leistungen nicht erbringen.“, bevor die einzelnen Obliegenheiten aufgeführt werden.
Für die vorliegende Fassung der AUB sind aus diesem Grund durch das OLG Hamm - in einem obiter dictum -
Zweifel geäußert worden, ob die Klausel der Nr. 2.1.1.1, zweiter Spiegelstrich, wirksam ist (VersR 2008, 811 f.. s. a.
Prölss/ Martin, a. a. O., § 7 Rdnr. 8 AUB 94, die Wirksamkeit der Klausel verneinend). Hierzu hat das OLG Hamm
ausgeführt, möglicherweise verstoße die Regelung einer Frist zur ärztlichen Feststellung gegen das
Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB (§ 9 AGBG). Eventuell werde der durchschnittliche
Versicherungsnehmer, der sich nach einem Unfall in den Bedingungen darüber informieren möchte, was er zu tun
habe, auch bei - freilich gebotener - aufmerksamer Durchsicht der Bedingungen durch das Inhaltsverzeichnis und die
Überschriften zu der Annahme verleitet, er habe nach einem Unfall lediglich die Klausel „7. Was ist nach einem
Unfall zu beachten (Obliegenheiten)?´ zu befolgen. Dem stehe jedenfalls der Begriff „Obliegenheiten´ nicht entgegen.
denn der durchschnittliche Versicherungsnehmer werde diesen Begriff ebenso mit einer etwaigen Frist für eine von
ihm zu besorgende ärztliche Feststellung verbinden wie mit den unter Nr. 7 beschriebenen Verhaltensregeln. Auch
gehe es nicht etwa unter Nr. 7 in erster Linie um Regeln, welche den Zweck haben, die Unfallfolgen möglichst zu
mindern. Das vorangestellte Inhaltsverzeichnis mit den Überschriften „Der Versicherungsumfang´, „2. Welche
Leistungsarten können vereinbart werden?´, „2.1 Invaliditätsleistung´ und „2.2 UnfallRente plus Zusatzleistung´ lasse
den Versicherungsnehmer eher nicht vermuten, dass unter Nr. 2.1 auch eine zu beachtende Frist festgeschrieben
ist.
Hieran trifft zu, dass das Augenmerk des Versicherungsnehmers, der nach einem Unfall die
Versicherungsbedingungen zur Hand nimmt, um festzustellen, was zu veranlassen ist, durch die nicht gelungene
Überschrift zu Ziff. 7 „Was ist nach einem Unfall zu beachten (Obliegenheit)?“ zunächst auf seine Obliegenheiten
gelenkt wird, ohne dass sich dort ein Hinweis auf die nach dem Unfall als Anspruchsvoraussetzung einer
Invaliditätsleistung zu wahrenden Fristen findet. Es würde dem Versicherungsnehmer den Zugang sicherlich
erleichtern, wenn sich dort eine weitere Erläuterung finden würde, etwa wie in der Fassung der AUB, über die das
Landgericht Dortmund zu entscheiden hatte (Urteil vom 29.05.2008, Az. 2 O 208/07, veröffentlicht bei Juris):
„Nach einem Unfall sind nicht nur die jeweiligen Leistungsvoraussetzungen (z. B. die Fristen in Ziffer 2.1.1.1) nebst
Einschränkungen, Versicherbarkeit und Ausschlüssen (Ziffern 2 ff.) zu prüfen, sondern auch Obliegenheiten zu
beachten. denn ohne Ihre Mitwirkung und die der versicherten Person können wir unsere Leistung nicht erbringen.´
Gleichwohl genügen die vorliegenden AUB 2000 der Beklagten insoweit noch den Anforderungen des
Transparenzgebotes (so auch OLG Karlsruhe VersR 2005, 1384 f.. OLG Düsseldorf VersR 2006, 1487 f.). Dass die
für die Invaliditätsleistung geltende Fristenregelung nicht unter den Obliegenheiten aufgeführt ist, hat seinen Grund
darin, dass es sich um eine echte Anspruchsvoraussetzung handelt und die Versicherungsbedingungen deutlich
zwischen Anspruchsvoraussetzungen und Obliegenheiten unterscheiden. Diese Regelungstechnik ist nicht zu
beanstanden (BGHZ 162, 210 ff.). Von einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer, der nach einem Unfall meint,
es könne eine Invaliditätsleistung in Betracht kommen, kann erwartet werden, dass er bei der gebotenen
aufmerksamen Durchsicht der Bedingungen auch die in dem Abschnitt „Versicherungsumfang“ unter der Überschrift
„2.1 Invaliditätsleistung“ aufgeführten Bestimmungen liest. Wie der BGH ausgeführt hat (a. a. O.), kann sich der
Versicherungsnehmer die Lektüre dieser Bestimmungen nicht ersparen, wenn er über den Versicherungsschutz, der
ihm zusteht, auch nur in groben Zügen informiert sein will. Unter Ziff. 2.1. stößt der Versicherungsnehmer gleich zu
Beginn auf die „Voraussetzungen für die Leistung“ und findet ohne Weiteres die drucktechnisch sehr übersichtlich
aufgeführten Fristen. Von der gebotenen Lektüre wird der Versicherungsnehmer auch nicht dadurch abgehalten, dass
die ihn treffenden Obliegenheiten unter der Überschrift „Was ist nach dem Unfall zu beachten?“ aufgeführt werden.
Wenn der Versicherungsnehmer tatsächlich zuerst diesen Abschnitt liest, wird er sogleich feststellen, dass sich dort
keine Regelungen, die sich speziell auf die Invaliditätsleistung beziehen, finden lassen und er den Abschnitt „2.1
Invaliditätsleistung“ lesen muss, um sich näher über mögliche Anspruche auf eine Invaliditätsleistung zu informieren.
Hierdurch wird kein falscher Eindruck erweckt, dass es genügen könnte, nur den die Obliegenheiten betreffenden
Abschnitt zu lesen, um hinreichend über eine mögliche Invaliditätsleistung informiert zu sein.
c) Zur fristgerechten Geltendmachung der Invalidität ist nicht erforderlich, dass bereits ein Anspruch auf
Invaliditätsentschädigung geltend gemacht wird. es genügt, wenn fristgerecht gegenüber der Versicherung behauptet
wird, es sei Invalidität eingetreten (BGH VersR 1990, 732 f.). Die Geltendmachung der Invalidität muss unter Hinweis
speziell auf die Unfallfolgen - körperliche Beschwerden - erfolgen, die zur Invalidität führen. es muss ein bestimmter
Dauerschaden bezeichnet werden, der durch bestimmte Symptome gekennzeichnet wird. Die Frist ist nur für die
geltend gemachten Symptome gewahrt (Prölss/Martin, a. a. O., § 7 Rdnr. 19 AUB 94). Die bloße Angabe von
Verletzungsfolgen - ohne ausdrückliche Geltendmachung der Invalidität - reicht nur aus, wenn diese notwendig zur
Invalidität führen (BGH VersR 1987, 1235).
Der Kläger hat hierzu nur vorgetragen, er habe „die Ansprüche“ innerhalb der Fristen angemeldet (Bl. 48 d. A.). Da
die Beklagte dies aber in keiner Weise bestritten hat, dürfte das Vorbringen des Klägers insoweit noch als
ausreichend anzusehen sein.
d) Es fehlt jedoch an einer fristgerecht - binnen 15 Monaten nach dem Unfall, d. h. bis zum 04.08.2006 - erfolgten
ärztlichen Feststellung einer unfallbedingten Invalidität. Die vorgelegte Bescheinigung von Dr. T. vom 21.08.2006
genügt weder inhaltlich den Anforderungen, noch ist sie fristgerecht erfolgt.
(aa) An die ärztliche Feststellung der Invalidität sind zwar keine hohen Anforderungen zu stellen. So muss sie sich
nicht abschließend zu einem bestimmten Invaliditätsgrad äußern. Die Feststellung der Unfallbedingtheit eines
bestimmten Dauerschadens braucht noch nicht einmal richtig zu sein und dem Versicherer auch nicht innerhalb der
Frist zuzugehen, sofern sie nur fristgerecht getroffen worden ist. Aus der Invaliditätsfeststellung müssen sich aber
die ärztlicherseits dafür angenommene Ursache und die Art ihrer Auswirkungen ergeben. Denn die
Invaliditätsbescheinigung soll dem Versicherer Gelegenheit geben, dem geltend gemachten Versicherungsfall
nachzugehen und seine Leistungspflicht auf Grundlage der ärztlichen Feststellung zu prüfen. Zugleich soll sie eine
Ausgrenzung von Spätschäden ermöglichen, die in der Regel nur schwer abklärbar und überschaubar sind und die
der Versicherer deshalb von der Deckung ausnehmen will. Deshalb können nur die in der ärztlichen
Invaliditätsfeststellung beschriebenen unfallbedingten Dauerschäden Grundlage des Anspruchs auf
Invaliditätsentschädigung sein (BGH VersR 2007, 1114 ff.).
Die vorgelegte ärztliche Bescheinigung genügt diesen Anforderungen selbst dann nicht, wenn darüber
hinweggesehen wird, dass dort von einer Ruptur beider Kreuzbänder die Rede ist, während tatsächlich die
Kniescheibenbänder betroffen waren. Zwar dürfte sich der Bescheinigung - wegen der Verwendung des Wortes
„Unfalltag“ - noch die Ansicht des Arztes entnehmen lassen, dass die Bänderruptur durch einen Unfall verursacht
wurde. Der Bescheinigung fehlen jedoch jegliche Ausführungen dazu, dass es sich bei den genannten
Einschränkungen um einen Dauerschaden handelt. Aus der Angabe, dass die Erwerbsfähigkeit seit dem 01.07.2006
30 % betrug, lässt sich nicht auf einen Dauerschaden schließen. Vielmehr spricht der Umstand, dass nach den
dortigen Angaben die Minderung der Erwerbsfähigkeit kontinuierlich zurückgegangen ist und nur noch eine
leichtgradige Einschränkung der Beweglichkeit besteht, gegen die Annahme, dass die bei Erstellung der
Bescheinigung noch bestehenden Einschränkungen dauerhaft sind.
(bb) Darüber hinaus ist durch die vorgelegte ärztliche Bescheinigung auch die Frist nicht gewahrt.
Es genügt nicht, dass der behandelnde Arzt die Feststellung in der Frist von 15 Monaten nach dem Unfall getroffen
hat. Die ärztliche Feststellung hätte auch in dieser Frist schriftlich niedergelegt werden müssen. Für ältere
Fassungen der AUB war streitig, ob die ärztliche Invaliditätsfeststellung schriftlich zu treffen war (vgl. Darstellung
des Streitstandes im Senatsurteil vom 22.11.2007, VersR 2008, 670 ff.). In der vorliegenden Fassung der AUB ist
jedoch ausdrücklich klargestellt, dass die Invalidität innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall schriftlich zu treffen
ist.
Die ärztliche Bescheinigung vom 21.08.2006 wahrt in Bezug auf den Unfall vom 04.05.2005 die 15MonatsFrist nicht.
Wieso sich nach Ansicht des Klägers etwas anderes ergeben sollte, wenn man einmal nachrechnet, ist nicht
nachvollziehbar.
(cc) Das Erfordernis fristgerechter ärztlicher Feststellung der Invalidität ist eine Anspruchsvoraussetzung, deren
Nichtvorliegen nicht entschuldigt werden kann (BGHZ 165, 167 ff.).
(dd) Die Beklagte ist auch nicht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) gehindert, sich auf den Fristablauf zu berufen.
Das Berufen des Versicherers auf den Ablauf der Frist zur ärztlichen Feststellung kann im Einzelfall als
rechtsmissbräuchlich angesehen werden. Das ist etwa dann anzunehmen, wenn dem Versicherer ein
Belehrungsbedarf des Versicherungsnehmers hinsichtlich der Rechtsfolgen der Fristversäumnis deutlich wird, er
aber gleichwohl eine solche Belehrung unterlässt. Davon kann auszugehen sein, wenn der Versicherte
Invaliditätsansprüche rechtzeitig geltend macht, seine Angaben oder die von ihm vorgelegten ärztlichen Atteste den
Eintritt eines Dauerschadens nahe legen, die erforderliche ärztliche Feststellung der Invalidität aber noch fehlt.
Gleiches kommt in Betracht, wenn der Versicherer nach Geltendmachen von Invalidität von sich aus noch innerhalb
der Frist zur ärztlichen Feststellung ein ärztliches Gutachten einholt, ohne den Versicherungsnehmer darauf
hinzuweisen, dass er unbeschadet dessen selbst für eine fristgerechte ärztliche Feststellung der Invalidität zu
sorgen habe (BGHZ 165, 167 ff.).
Einen entsprechenden Tatbestand, der den Einwand der Treuwidrigkeit wegen einer unterlassenen Belehrung
begründen könnte, hat der Kläger nicht vorgetragen. Dieser ist auch nicht ersichtlich. Das Berufen auf die nicht
fristgerechte ärztliche Invaliditätsfeststellung ist insbesondere auch nicht deshalb als treuwidrig anzusehen, weil die
Beklagte bereits mit Schreiben vom 17.07.2006 (Bl. 8 d. A.) - mithin vor Ablauf der 15MonatsFrist - Leistungen aus
der Unfallversicherung mit der Begründung abgelehnt hatte, dass die beiderseitige Ruptur nicht auf ein
bedingungsgemäßes Unfallereignis zurückzuführen sei. Wenn der Versicherer seine Leistungspflicht aus einem
Gesichtspunkt abgelehnt hat, der in keinem Zusammenhang mit der Einhaltung der Frist für die ärztliche
Invaliditätsfeststellung steht, berechtigt dies den Versicherungsnehmer nicht zu der Annahme, dass sich der
Versicherer auf das Fehlen einer fristgerechten Feststellung nicht berufen werde (BGHZ 165, 167 ff.). Einer
Leistungsablehnung lässt sich im Allgemeinen nicht entnehmen, dass der Versicherer den geltend gemachten
Anspruch allein aus den dort angegebenen Gründen für nicht gegeben hält (BGH a. a. O.). Im vorliegenden Fall hat
sich die Beklagte zu der Frage, wie der Anspruch zu beurteilen wäre, wenn sich die in der Leistungsablehnung
angegebenen Gründe nicht als zutreffend erweisen sollten, ersichtlich nicht geäußert. dazu war sie auch unter
Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht verpflichtet (vgl. BGH a. a. O.).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§
708 Nr. 10, 711 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor. Insbesondere gibt die Frage der
Wirksamkeit der Fristenregelung der Ziff. 2.1.1.1 - 2. Spiegelstrich - AUB 2000 im Hinblick auf das Transparenzgebot
keinen Anlass zur Zulassung der Revision, da die Klage schon mangels Vorliegens eines Unfalls unbegründet ist
und die Frage der Wirksamkeit der Klausel mithin nicht mehr entscheidungserheblich ist.
G. Dr. K. S.