Urteil des OLG Celle vom 18.12.2003
OLG Celle: treu und glauben, ablauf der frist, versicherer, eintritt des versicherungsfalles, grobe fahrlässigkeit, boot, versicherungsnehmer, widersprüchliches verhalten, diebstahl, fristablauf
Gericht:
OLG Celle, 08. Zivilsenat
Typ, AZ:
Urteil, 8 U 39/03
Datum:
18.12.2003
Sachgebiet:
Normen:
VVG § 12, VVG § 61, BGB § 242
Leitsatz:
1. Der Versicherer kann sich nach Treu und Glauben nicht auf den Fristablauf nach § § 12 Abs. 3
VVG berufen, wenn er im Zeitpunkt des mit der Fristbelehrung verbundenen Ablehnungsschreibens
bereits wissen mußte, dass der Versicherungsnehmer kurz zuvor irrig Klage gegen den mit den
Regulierungsverhandlungen beauftragten Versicherungsagenten bzw. makler erhoben hat, gleichwohl
einen Hinweis auf sich als richtigen Versicherer unterläßt und sich im Prozess erst nach erfolgtem
Parteiwechsel und Ablauf der Frist des § 12 Abs. 3 VVG auf diese beruft.
2. Zur Frage, ob dem Versicherer wegen seines Verhaltens nach Klagerhebung unter dem
Gesichtspunkt von § 242 BGB das Berufen auf den Fristablauf des § 12 Abs. 3 VVG versagt werden
kann, wird die Revision zugelassen.
3. Der Versicherer ist nicht nach § 61 VVG leistungsfrei, wenn der Versicherungsnehmer an Bord
seines in einem Hafen liegenden Schiffes zwar die Netzschlüssel für die Elektrik hat stecken und die
Motoren schlüsel in einem nicht verschlossenen Fach hat liegen lassen, aber nicht festgestellt
werden kann, ob das Schiff überhaupt mit Hilfe dieser Schlüssel gestartet oder ob es durch ein
anderes Schiff aus dem Hafen geschleppt wurde.
Volltext:
Oberlandesgericht Celle
Im Namen des Volkes
Urteil
8 U 39/03
17 O 229/02 Landgericht Hannover Verkündet am
18. Dezember 2003
######,
Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
In dem Rechtsstreit
pp.
hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 28. November 2003 durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht #######, den Richter am Oberlandesgericht ####### und die
Richterin am Oberlandesgericht ####### für Recht erkannt:
Auf die Berufung des Klägers wird das am 14. Januar 2003 verkündete Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts
Hannover abgeändert und festgestellt, dass die Beklagte zu 2 aufgrund des zwischen den Parteien bestehenden
Versicherungsvertrages (Versicherungsscheinnummer #######) verpflichtet ist, ihm den Schaden, abzüglich des
vereinbarten Selbstbehaltes, zu ersetzen, der dem Kläger aus dem in der Nacht vom 27.03. zum 28.03.2001 in
#######, #######, erfolgten Diebstahl der MY „#######“, Typ #######, Baujahr 1989, entstanden ist.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt der Kläger die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1
sowie die Gerichtskosten, die durch die Anrufung der unzuständigen Gerichte (Amtsgericht Hannover zum Az. 537 C
17929/01, Landgericht Hannover zum Az. 17 O 36/02 und Landgericht Heilbronn zum Az. 4 O 61/02 Hf) entstanden
sind. Die übrigen Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Verfahren vor dem Landgericht
Hannover (Az. 17 O 229/02) trägt die Beklagte zu 2. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
Die Kosten des Berufungsverfahrens zuzüglich der außergerichtlichen Kosten des Streithelfers des Klägers trägt die
Beklagte zu 2.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 110 %
des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die jeweils andere Partei oder der
Streithelfer vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger macht gegen die Beklagte zu 2 Ansprüche wegen des Diebstahls seiner Yacht „#######“, Typ #######,
Baujahr 1989, geltend. Im Juni 1998 erwarb der Kläger das Boot zum Preis von 346.240 DM (Bl. 10 - 12 d. A.).
Ausweislich des Vertrages vom 3. Mai 2000 war die Yacht bei der Beklagten zu 2 mit einer Summe von 295.000 DM
bei einer Selbstbeteiligung von 2.000 DM kaskoversichert (Bl. 13 - 17 d. A.). Dem Vertrag liegen die AVB
Wassersportfahrzeuge 1993 zugrunde (Bl. 18 - 21 d. A.). Am Ende des Deckblatts des Versicherungsscheins heißt
es (Bl. 13 d. A.):
„In Vollmacht des Versicherers
#######
#######
Wassersport Versicherungen“.
Die Motoryacht wurde in der Nacht vom 27. auf den 28. März 2001 aus dem Hafen von ####### in #######
entwendet. Das Boot war am 27. März 2001 vom Personal des Hafens vom Landliegeplatz im Hafengelände zu
Wasser gelassen worden, um es am 28. März 2001 auf den vom Kläger angemieteten Liegeplatz in den Hafen zu
verbringen (Bl. 3 d. A.; vgl. ferner Bericht des Havariekommissariats ####### vom 10. April 2001, Bl. 188 - 192 d.
A.). Der Kläger meldete den Schadensfall zunächst der Beklagten zu 1, die mit Einverständnis der Beklagten zu 2
zunächst die Regulierungsverhandlungen führte. Das von dieser eingeschaltete Sachverständigenbüro #######
übersandte dem Kläger mit Schreiben vom 4. April 2001 eine Niederschrift über die vom Kläger gemachten Angaben
und bat um deren schriftliche Bestätigung, die der Kläger am 17. Mai 2001 abgab (Bl. 126 - 130 d. A.). Dort es heißt
es u. a.:
„h 2) Der Zugang in die Yacht erfolgt durch eine Tür von Deck in den Salon, die
mit einem Sicherheitsschloss versehen ist. Zu diesem Schloß gibt es zwei
Schlüssel, einer wurde uns von Ihnen überlassen, ein weiterer befindet sich
noch im Hafenbüro bei „#######“.
h 3) Für den Motorstart benötigt man je Motor einen Zündschlüssel, diese befan
den sich in zweifacher Ausfertigung in einer abgedeckten Ablage unterhalb
des Fahrstandes an Bord.
h 4) Zur Inbetriebnahme der elektrischen Einrichtung gab es drei abschließbare
Hauptschalter ... im Schalt und Sicherungskasten. Die Hauptschalter wurden
von Ihnen regelmäßig benutzt, die Schlüssel blieben üblicherweise auf den
Schlössern stecken.“
Mit weiterem Schreiben vom 17. Mai 2001 an das Sachverständigenbüro teilte der Kläger nochmals mit, die
Motorenschlüssel seien abgezogen und in einem Fach aufbewahrt, die Bordnetzschlüssel seien stecken gelassen
worden (Bl. 131 d. A.).
Durch Schreiben vom 23. Mai 2001 bat die Beklagte zu 1 den Kläger um weitere Auskünfte und teilte mit,
anschließend könnten sie voraussichtlich über den Entschädigungsanspruch befinden (Bl. 26 f. d. A.). Mit
anwaltlichen Schreiben vom 13. Juli 2001 (Bl. 214 f. d. A.) und 25. Oktober 2001 (Bl. 29 f. d. A.) forderte der
Streithelfer als Bevollmächtigter des Klägers die Beklagte zu 1 sodann zur Auszahlung der Versicherungssumme
auf. Am 23. Juli 2001 teilte die Beklagte zu 1 dem Streithelfer mit, nach Rücksprache mit dem führenden
Versicherer, der #######, müsse sie mitteilen, dass man seiner Zahlungsaufforderung derzeit nicht nachkommen
könne (Bl. 216 d. A.).
Mit Schreiben vom 8. November 2001 unter dem Betreff
„#######
MY „#######“
meldete sich bei dem Streithelfer Rechtsanwalt ####### und teilte mit, dass er die Interessen des
KaskoVersicherers anwaltlich wahrnehme (Bl. 99 d. A.). Mit weiterem Schreiben vom 15. November 2001 unter
demselben Betreff teilte Rechtsanwalt ####### dem Streithelfer mit, die Yacht liege in einer Bucht vor #######, der
Versicherer werde eine Rückholung indessen nicht veranlassen (Bl. 28 d. A.).
Mit anwaltlichem Schreiben vom 20. November 2001 unter dem Betreff „#######“ wandte sich der Streithelfer an
Rechtsanwalt ####### und kündigte namens des Klägers die Erhebung einer Klage an (Bl. 195 f. d. A.). Mit
Schreiben vom 21. Dezember 2001 unter dem Betreff
„#######
MY „#######“
teilte Rechtsanwalt ####### dem Streithelfer mit (Bl. 101 d. A.):
„ich nehme Bezug auf meine Schreiben vom 08. November 2001 und 15. November 2001 und erkläre nach
Rücksprache mit dem KaskoVersicherer:
Der KaskoVersicherer lehnt den von Seiten Ihres Mandanten erhobenen Anspruch ab und wird aus dem
Versicherungsverhältnis keine Leistung erbringen, da der Versicherungsfall auf grobe Fahrlässigkeit des
Versicherungsnehmers zurückzuführen ist.
Wie Ihnen selbstverständlich bekannt ist, wird der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn der
Anspruch auf Leistung nicht innerhalb von sechs Monaten gerichtlich geltend gemacht wird (§ 12 Absatz 3 VVG).“
Bereits zuvor hatte der Kläger am 28. November 2001 zunächst vor dem Amtsgericht Hannover gegen die Beklagte
zu 1 Klage auf Feststellung der Leistungspflicht (Bl. 1 - 9 d. A.) erhoben, welche dieser am 17. Dezember 2001
zugestellt wurde (Bl. 34 d. A.). Mit Beschluss vom 30. Januar 2002 verwies das Amtsgericht Hannover (Az.: 537 C
17929/01) den Rechtsstreit an das Landgericht Hannover (Bl. 45 d. A.), welches mit weiterem Beschluss vom 18.
März 2002 (Az.: 17 O 36/02) den Rechtsstreit an das für die Beklagte zu 1 örtlich zuständige Landgericht Heilbronn
verwies (Bl. 54 d. A.). Nachdem die Beklagte zu 1 mit Schriftsatz vom 25. Juni 2002 ihre fehlende
Passivlegitimation rügte (Bl. 77 f. d. A.), beantragte der Kläger mit Schriftsatz vom 16. Juli 2002 einen
Parteiwechsel dahin, dass die Klage sich nunmehr gegen die Beklagte zu 2 richten solle (Bl. 103 f. d. A.). Dieser
Schriftsatz wurde der Beklagten zu 2 am 22. Juli 2002 zugestellt (Bl. 113 d. A.). Auf Antrag des Klägers verwies das
Landgericht Heilbronn den Rechtsstreit mit Beschluss vom 26. Juli 2002 (Az.: 4 O 61/02 Hf) an das Landgericht
Hannover (Bl. 132 d. A.), welcher dort unter dem Az. 17 O 229/02 geführt wurde.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, er habe die Klagefrist des § 12 Abs. 3 VVG auch gegenüber der Beklagten zu 2
durch die Erhebung der Klage gegen die Beklagte zu 1 gewahrt (Bl. 187, 209 - 212 d. A.). Die Beklagte zu 1 habe
ihm vorgerichtlich erklärt, für die Regulierung zuständig zu sein (Bl. 209, 211 d. A.). Bei den Verhandlungen sei auch
nicht zum Ausdruck gekommen, dass die Beklagte zu 1 nicht der Versicherer sei. Auch der sodann tätige
Bevollmächtigte der Beklagten zu 2 habe nicht eindeutig erklärt, für den Versicherer zu handeln (Bl. 211 d. A.).
Jedenfalls sei das spätere Verhalten der Beklagten zu 2 in der Prozessführung rechtsmissbräuchlich (Bl. 211 d. A.).
Der Anspruch sei auch in der Sache begründet, da dem Kläger keine grob fahrlässige Herbeiführung des
Versicherungsfalles vorzuwerfen sei (Bl. 4 - 7, 105 f., 179 - 182 d. A.). Der Diebstahl der Yacht sei gerade nicht mit
den an Bord befindlichen Schlüsseln, sondern dadurch erfolgt, dass das Boot durch ein anderes Schiff auf die hohe
See herausgeschleppt worden sei (Bl. 6 f., 181 f. d. A.). Der Kläger habe auch während der Winterzeit keine
Motorschlüssel an Bord gelassen. Dies sei vielmehr der Mechaniker des Hafens gewesen, nachdem er am 27. März
2001 das Boot zu Wasser gelassen hatte (Bl. 185 f. d. A.).
Der Kläger hat beantragt (Bl. 1 f., 103, 225 d. A.) festzustellen, dass die Beklagte zu 2 aufgrund des zwischen den
Parteien bestehenden Versicherungsvertrages (Versicherungsscheinnummer #######) verpflichtet ist, ihm den
Schaden, abzüglich des vereinbarten Selbstbehaltes, zu ersetzen, der dem Kläger aus dem in der Nacht vom 27.03.
zum 28.03.2001 in #######, #######, erfolgten Diebstahl der MY „#######“, Typ #######, Baujahr 1989,
entstanden ist.
Die Beklagte zu 2, die Klagabweisung beantragt hat (Bl. 218, 225 d. A.), hat sich auf Leistungsfreiheit gem. § 12
Abs. 3 VVG berufen, da die Klage gegen sie nicht innerhalb von sechs Monaten seit dem Ablehnungsschreiben vom
21. Dezember 2001 erhoben worden sei (Bl. 118, 152 f., 200 f., 219 - 22 d. A.). Die Klage gegen die Beklagte zu 1
habe die gegen sie laufende Frist nicht unterbrochen, zumal aus dem Versicherungsschein und der Korrespondenz
klar hervorgehe, dass sie und nicht die Beklagte zu 1 Versicherer sei. Ferner hat die Beklagte zu 2 sich auf
Leistungsfreiheit wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles berufen, da der Kläger sämtliche
Motoren und Netzschlüssel an Bord gelassen habe, sodass die Diebe lediglich die leicht aufzubrechende Salontür
hätten öffnen müssen (Bl. 117 f., 142 - 150, 198 - 200 d. A.). Außerdem sei die Feststellungsklage unzulässig, da
der Kläger Leistungsklage erheben müsse (Bl. 142 d. A.).
Mit Urteil vom 14. Januar 2003 hat das Landgericht die Klage abgewiesen (Bl. 230 - 235 d. A.) und zur Begründung
ausgeführt, die Beklagte zu 2 sei gem. § 12 Abs. 3 VVG leistungsbefreit. Nach dem Ablehnungsschreiben der
Beklagten zu 2 vom 21. Dezember 2001 sei durch die am 17. Juli 2002 beim Landgericht Heilbronn eingereichte
Klage die Frist nicht gewahrt worden. Eine Fristwahrung durch die zunächst gegenüber der Beklagten zu 1 erhobene
Klage sei im Verhältnis zur Beklagten zu 2 nicht erfolgt, da es sich bei ersterer nur um den Agenten bzw. Makler
gehandelt habe. Das Berufen der Beklagte zu 2 auf § 12 Abs. 3 VVG sei auch nicht treuwidrig. Weder der Vertrag
noch der nachfolgende Schriftwechsel ließen Zweifel daran, dass die Beklagte zu 2 und nicht die Beklagte zu 1 der
Versicherer sei. Dass zunächst die Beklagte zu 1 die Vertragsverhandlungen als Agent bzw. Makler geführt habe,
sei demgegenüber unerheblich. Auf die Frage der grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalles, für die
durch das Zurücklassen der Schlüssel einiges spreche, komme es daher nicht mehr an.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Er vertritt die Ansicht, die Beklagte zu 2 müsse sich die zunächst
gegen die Beklagte zu 1 erhobene Klage zurechnen lassen (Bl. 263 d. A.). Dies ergebe sich aus dem der Beklagten
zu 2 zuzurechnenden Regulierungsverhalten der Beklagten zu 1, insbesondere ihrem Schreiben vom 23. Mai 2001,
als auch aus dem inhaltlich unklaren Versicherungsschein, aus dem der zuständige Versicherer nicht eindeutig zu
entnehmen sei (Bl. 263 f. d. A.). Auch habe die Beklagte zu 1 während des sie gegen laufenden Prozesses erst auf
ihre fehlende Passivlegitimation hingewiesen, nachdem die Frist des § 12 Abs. 3 VVG abgelaufen gewesen sei (Bl.
264 f. d. A.). Das müsse die Beklagte zu 2 sich, die auch von dieser Klage erfahren habe, zurechnen lassen.
Schließlich weise auch das Ablehnungsschreiben vom 21. Dezember 2001 nicht auf den Versicherer hin und
enthalte keinen Hinweis auf den Fristbeginn (Bl. 266 f. d. A.). In der Sache selbst fehle es an einer grob fahrlässigen
Herbeiführung des Versicherungsfalles (Bl. 267 - 269, 298 - 300 d. A.).
Der Kläger beantragt (Bl. 247 f., 317 d. A.),
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Hannover vom 14.01.2003 festzustellen, dass die Beklagte zu 2
aufgrund des zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsvertrages (Versicherungsscheinnummer #######)
verpflichtet ist, ihm den Schaden, abzüglich des vereinbarten Selbstbehaltes, zu ersetzen, der dem Kläger aus dem
in der Nacht vom 27.03. zum 28.03.2001 in #######, #######, erfolgten Diebstahl der MY „#######“, Typ #######,
Baujahr 1989, entstanden ist,
hilfsweise,
die Beklagte zu 2 unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Hannover vom 14.1.2003 zu verurteilen, dem
Kläger 293.000 DM entsprechend 149.808,52 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem
27.12.2001 zu zahlen.
Der Streithelfer des Klägers schließt sich dessen Antrag an (Bl. 317 d. A.). Er vertritt ebenfalls die Ansicht, das
Berufen der Beklagten zu 2 auf den Fristablauf nach § 12 Abs. 3 VVG sei treuwidrig (Bl. 305 - 307 d. A.). Außerdem
erfülle das Ablehnungsschreiben vom 21. Dezember 2001 nicht die Anforderungen des § 12 Abs. 3 VVG, da es den
Versicherer nicht erkennen lasse (Bl. 307 d. A.), dem gegenüber der Kläger auch gar keine Ansprüche erhoben habe
(Bl. 304 d. A.).
Die Beklagte zu 2 beantragt (Bl. 276, 317 d. A.),
die Berufung zurückzuweisen.
Sie beruft sich weiterhin auf Leistungsfreiheit gem. § 12 Abs. 3 VVG und meint, weder sie noch die Beklagte zu 1
habe einen Rechtsschein dahin gesetzt, dass die Beklagte zu 1 Versicherer sei (Bl. 290 - 293, 319 - 324 d. A.).
Auch ein missbräuchliches prozessuales Verhalten liege nicht vor (Bl. 293 f. d. A.). Jedenfalls habe der Kläger den
Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt (Bl. 294 f. d. A.).
II.
Die Berufung ist begründet. Das angefochtene Urteil beruht auf einem Rechtsfehler (§ 513 Abs. 1, 1. Alt., § 546
ZPO). Es erweist sich auch nicht aus einem anderen Grund als richtig (§ 561 ZPO analog). Dem Kläger steht gem. §
1 Abs. 1 S. 1, § 49 VVG i. V. m. §§ 1, 7 AVB Wassersportfahrzeuge 1993 aus dem zwischen den Parteien am 3.
Mai 2000 geschlossenen Vertrag ein Anspruch auf Ersatz des Schadens zu, der ihm durch den Diebstahl seiner
Yacht entstanden ist.
1. Die Feststellungsklage ist zulässig. Das Feststellungsinteresse gem. § 256 Abs. 1 ZPO fehlt nicht etwa deshalb,
weil der Kläger - wie mit dem Hilfsantrag im Berufungsverfahren geschehen - auch Leistungsklage erheben könnte.
Von der Beklagten zu 2 als einem großen Versicherungsunternehmen kann erwartet werden, dass es ihrer
Verpflichtung zum Schadensersatz aus einem rechtskräftigen Feststellungsurteil freiwillig nachkommt, ohne dass es
zusätzlich eines auf Zahlung gerichteten Vollstreckungstitel bedürfte (vgl. BGH NJW 1999, 2374, 2375; ZöllerGreger,
ZPO, 23. Aufl., § 256 Rdnr. 8).
2. Rechtsfehlerhaft ist das Landgericht davon ausgegangen, die Beklagte zu 2 sei wegen Fristablauf gem. § 12 Abs.
3 VVG leistungsbefreit. Leistungsfreiheit tritt hiernach ein, wenn der Anspruch auf die Leistung nicht innerhalb von
sechs Monaten gerichtlich geltend gemacht wird, nachdem der Versicherer gegenüber dem Versicherungsnehmer
den erhobenen Anspruch unter Angabe der mit dem Ablauf der Frist verbundenen Rechtsfolge schriftlich abgelehnt
hat. An diese Rechtsfolgenbelehrung sind strenge Anforderungen zu stellen. Trifft sie auch nur in einem
wesentlichen Punkt nicht zu, so ist sie insgesamt unwirksam und kann die Frist nicht in Gang setzen (BGH VersR
2003, 489; 2001, 1497 f.). Im Einzelfall kann es dem Versicherer verwehrt sein, sich auf die Rechtsfolgen des § 12
III VVG zu berufen.
a) Allerdings fehlt es nicht bereits deshalb an einer wirksamen Belehrung in dem Ablehnungsschreiben vom 21.
Dezember 2001, weil dieses nicht erkennbar von der Beklagten zu 2 als Versicherer stammen würde (zu diesem
Erfordernis Prölss/Martin, VVG, 26. Aufl., § 12 Rdnr. 33). Vielmehr hat der Bevollmächtigte der Beklagten zu 2 in
diesem Schreiben ausdrücklich klargestellt, dass der KaskoVersicherer keine Leistung erbringen wird. Ferner wurde
der Kläger darauf hingewiesen, dass der Versicherer von der Leistung frei wird, wenn der Anspruch nicht innerhalb
von sechs Monaten gerichtlich geltend gemacht wird.
In dem Betreff des Schreibens wird ferner auf eine Sache „#######“ verwiesen. Auch der Versicherungsschein weist
auf die Beklagte zu 2 als Versicherer hin, wenn es dort heißt (Bl. 13 d. A.)
„In Vollmacht des Versicherers
#######
#######
Wassersport Versicherungen“.
Der Umstand, dass in dem Schreiben vom 21. Dezember 2001 die Versicherungs und die Schadensnummer nicht
genannt sind, ist demgegenüber unschädlich. Dies wird von § 12 Abs. 3 VVG nicht gefordert, zumal hier nicht
zweifelhaft sein konnte, um welchen Schadensfall es sich handelte, da im Betreff des Schreibens ausdrücklich noch
auf „MY„#######“ Kaskoversicherung“ hingewiesen wurde. Entsprechend trifft auch die Auffassung des Streithelfers
nicht zu, das Ablehnungsschreiben vom 21. Dezember 2001 gehe schon deshalb ins Leere, weil gegenüber dem
Versicherer noch gar keine Ansprüche erhoben worden seien. Das Gegenteil ergibt sich vielmehr aus den Schreiben
des Streithelfers vom 13. Juli 2001 (Bl. 214 f. d. A.), 25. Oktober 201 (Bl. 29 f. d. A.) und insbesondere aus
demjenigen vom 20. November 2001 (Bl. 195 f. d. A.) mit der Ankündigung einer
Klage. Dass der Streithelfer sich dann bei Klagerhebung zunächst über die Person des Versicherers irrte, ist
demgegenüber unerheblich.
Die erfolgte Rechtsbelehrung ist auch inhaltlich zutreffend. Sie gibt den Wortlaut des § 12 Abs. 3 VVG
unmissverständlich wieder. Unschädlich ist demgegenüber, dass in dem Schreiben nicht zugleich auf den Zeitpunkt
des Beginns der 6MonatsFrist, dem dem Zugang des Ablehnungsschreibens folgenden Tag, hingewiesen wird. Dies
wird von § 12 Abs. 3 VVG, der keine vollständige Rechtsbehelfsbelehrung vorsieht, nicht gefordert (BGH VersR
1978, 313; OLG Köln VersR 1971, 613; Prölss/ Martin, VVG, 26. Aufl., § 12 Rdnr. 37).
b) Die Frist des § 12 Abs. 3 VVG wurde auch nicht dadurch gewahrt, dass der Kläger rechtzeitig Klage gegen die
Beklagte zu 1 erhob. Grundsätzlich ist es demjenigen, der eine Klageerhebung beabsichtigt, selbst zuzumuten, den
richtigen Anspruchsgegner und dessen konkrete Bezeichnung in Erfahrung zu bringen (OLG Frankfurt/M. r + s 1996,
162, 163 f.). Die Klageerhebung gegen einen falschen Versicherer wahrt die Frist deshalb ebenso wenig wie diejenige
gegenüber dem Versicherungsagenten oder makler des richtigen Versicherers (OLG Saarbrücken VersR 1997, 435,
436; Prölss/Martin, § 12 Rdnr. 59, § 45 Rdnr. 6; § 43 Rdnr. 25).
Die Beklagte zu 1 war auch nicht etwa befugt, Rechtsstreitigkeiten für die Beklagte zu 2 zu führen. Eine derartige
Prozessführungsklausel enthalten die Versicherungsbedingungen nicht. Vielmehr bestimmt im Gegenteil Ziff. 16.1
der Besonderen Bedingungen für die WassersportKaskoVersicherung, dass der führende Versicherer bevollmächtigt
ist, Rechtsstreitigkeiten auch im Namen der Mitversicherer zu führen. Eine entsprechende Bevollmächtigung im
Verhältnis der Beklagten zu 2 zur Beklagten zu 1 als ihrer Agentin bzw. Maklerin besteht demgegenüber nicht.
c) Die Berufung der Beklagten zu 2 auf den Fristablauf gem. § 12 Abs. 3 VVG ist indessen rechtsmissbräuchlich
gem. § 242 BGB. Ein derart treuwidriges Verhaltern eines Versicherers liegt etwa vor, wenn dieser durch irritierende
Gestaltung seines Briefkopfes oder widersprüchliches Verhalten während der Regulierungsphase selbst Anlass dazu
gegeben hat, dass der Versicherungsnehmer zunächst einen anderen als den wahren Versicherer verklagt (OLG
Frankfurt VersR 2000, 708; zfs 1998, 426; OLG Hamm r + s 1996, 89; VersR 1994, 969; 1978, 633;
Römer/Langheid, VVG, 2. Aufl., § 12 Rdnr. 87 f.; Prölss/ Martin, § 12 VVG Rdnr. 52).
Die Besonderheit des vorliegenden Falles liegt darin begründet, dass der Kläger bereits Klage gegen die Beklagte zu
1 erhoben hatte, bevor die Beklagte zu 2 die gegen sie erhobenen Ansprüche unter Fristsetzung nach § 12 Abs. 3
VVG zurückwies. Die am 28. November 2001 erhobene Klage wurde der Beklagten zu 1 am 17. Dezember 2001,
einem Montag, zugestellt. Das Ablehnungsschreiben der Beklagten zu 2 datiert dagegen erst vom 21. Dezember
2001, einem Freitag. Der Beklagten zu 2 hätte mithin bei ordnungsgemäßem Verhalten der Beklagten zu 1 bereits
vor dem Ablehnungsschreiben vom 21. Dezember 2001 bekannt sein können und müssen, dass der Kläger die
Klage fälschlicherweise nicht gegen die Beklagte zu 2 als zuständigen Versicherer, sondern gegen die nicht
passivlegitimierte Beklagte zu 1 als Versicherungsagentin bzw. Maklerin erhoben hatte. Die Beklagte zu 2 muss
sich hierbei das Verhalten der Beklagten zu 1, die sie nach Eintritt des Schadensfalles mit der Regulierung
beauftragt hatte, gem. § 278 BGB zurechnen lassen. Es kommt mithin auch nicht darauf an, ob der Beklagten zu 2
im Zeitpunkt des Ablehnungsschreibens die Klagerhebung gegen die Beklagte zu 1 tatsächlich bekannt war oder
nicht. Entscheidend ist, dass dies der Beklagten zu 2 hätte bekannt sein müssen, da die Beklagte zu 1 verpflichtet
war, die Beklagte zu 2 von der gegen sie erhobenen Klage zu unterrichten.
Musste die Beklagte zu 2 aber am 21. Dezember 2001 wissen, dass bereits Klage gegen die Beklagte zu 1 erhoben
war, so wäre sie unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben, der im besonderen Maße das
Versicherungsverhältnis prägt, verpflichtet gewesen, den Kläger in diesem Schreiben in dem Sinne auf die fehlende
Passivlegitimation der Beklagten zu 1 hinzuweisen, dass sie ausdrücklich klarstellt, dass nur sie der zuständige
Versicherer ist. In diesem Fall hätte der Kläger noch ausreichend Möglichkeiten gehabt, innerhalb der
SechsMonatsFrist im laufenden Verfahren einen Parteiwechsel von der Beklagten zu 1 auf die Beklagte zu 2 zu
erklären. Demgegenüber verstößt es gegen Treu und Glauben, wenn die Beklagte zu 2, die überdies durch
denselben Bevollmächtigten wie die Beklagte zu 1 vertreten wurde, sich erstmals im laufenden Verfahren nach der
erfolgten Parteiwechselerklärung des Klägers mit Schriftsatz vom 15. August 2002, d. h. nach Ablauf der
SechsMonatsFrist, auf diese berief.
Soweit das OLG Saarbrücken (VersR 1997, 435, 436) demgegenüber davon ausgeht, es reiche nicht aus, wenn der
richtige Versicherer innerhalb der Frist des
§ 12 Abs. 3 VVG irgendwie Kenntnis davon erlangt, dass der Versicherungsnehmer einen anderen Versicherer oder
einen fälschlich für einen Versicherer gehaltenen Agenten oder Makler verklagt hat, kann offen bleiben, ob dem in
dieser Allgemeinheit unter dem Gesichtspunkt einer den Versicherer aus § 242 BGB treffenden Hinweispflicht gefolgt
werden kann. Entscheidend ist hier, dass anders als in dem vom OLG Saarbrücken entschiedenen Fall die Beklagte
zu 2 bereits im Zeitpunkt ihres Ablehnungsschreibens vom 21. Dezember 2001 wissen konnte und musste, dass der
Kläger fälschlich Klage gegen die mit den Regulierungsverhandlungen beauftragte Beklagte zu 1 erhoben hatte.
Jedenfalls in einem solchen Fall ist es treuwidrig, wenn der Versicherer gleichwohl jeden Hinweis auf die gegen den
falschen Beklagten erhobene Klage unterlässt.
Auch der Zweck des § 12 Abs. 3 VVG steht dem nicht entgegen. Durch die Vorschrift soll eine möglichst schnelle
Klärung herbeigeführt werden, ob die Deckungsablehnung rechtens ist, weil eine Verzögerung in der Erledigung
zweifelhafter Ansprüche sowohl die zuverlässige Feststellung der maßgebenden Tatsachen erschwert als auch die
Übersicht über den wahren Stand des Vermögens des Versicherers beeinträchtigt wird (zur Entstehungsgeschichte
der Vorschrift vgl. Römer/Langheid, § 12 Rdnr. 32; Prölss/ Martin, § 12 VVG Rdnr. 21). Hier war diese Warnfunktion
für die Beklagte zu 2 indessen bereits bei Abfassung ihres Ablehnungsschreibens vom 21. Dezember 2001 erfüllt,
da bereits zu diesem Zeitpunkt für sie ersichtlich war bzw. ersichtlich hätte sein müssen, dass der Kläger seine
Ansprüche gerichtlich durchsetzen würde, sich also mit einer außergerichtlichen Ablehnung nicht zufrieden geben
würde.
Ein treuwidriges Verhalten der Beklagten zu 2 entfällt auch nicht deshalb, weil der Kläger nicht schutzwürdig
gewesen wäre. Tatsächlich waren weder der Inhalt des Versicherungsvertrages noch der Ablauf der
Regulierungsverhandlungen derart eindeutig, dass der Kläger zwingend davon ausgehen musste, Versicherer sei die
Beklagte zu 2, sodass es eines gesonderten Hinweises ihrerseits keinesfalls bedurft hätte. So ist dem Deckblatt des
Versicherungsscheins zwar bei genauerem Lesen zu entnehmen, dass die Beklagte zu 2 der Versicherer ist.
Erschwert wird das Verständnis aber dann durch den Zusatz am Ende des Deckblattes, Gerichtsstand sei der Sitz
des führenden Versicherers. Auch in der Ziff. 16.1. der Besonderen Bedingungen zur
WassersportKaskoVersicherung ist von einer Prozessführungsklausel zugunsten des führenden Versicherers die
Rede. Mehrere Versicherer gab es vorliegend aber überhaupt nicht. Insbesondere ist die Beklagte zu 1 nicht
Mitversicherer gewesen, sondern lediglich als Agent bzw. Versicherungsmakler für die Beklagte zu 2 tätig geworden.
Diese Tatsache kommt indessen im Versicherungsvertrag nur schwer verständlich zum Ausdruck. Zwar heißt es
dort, die Beklagte zu 1 handele „in Vollmacht des Versicherers“. Andererseits firmiert sie selbst mit dem Zusatz
„WassersportVersicherungen“.
Dass es hier nicht völlig ausgeschlossen war, auch die Beklagte zu 1 als Versicherer anzusehen, ergibt sich ferner
aus Ziff. 15 der Besonderen Bedingungen zur WassersportKaskoVersicherung. Dort wird eine Reduzierung der
Selbstbeteiligung um 50 % zugesagt, wenn das Wasserfahrzeug fünf Jahre bei der „#######
WassersportVersicherungen“ schadensfrei versichert ist, obwohl diese in Wahrheit gar nicht Versicherer ist. Diese
Unklarheiten des Versicherungsvertrages muss die Beklagte zu 2 sich zurechnen lassen.
Missverständlich war es ferner, dass die Beklagte zu 1 dem Streithelfer mit Schreiben vom 23. Juli 2001 mitteilte,
nach Rücksprache mit dem führenden Versicherer, der #######, könne man seiner Leistungsaufforderung nicht
nachkommen. Dies deutete erneut fälschlich darauf hin, neben der Beklagten zu 2 gebe es noch andere Versicherer,
möglicherweise die Beklagte zu 1 selbst.
Schließlich hat auch der Bevollmächtigte der Beklagten zu 2, der sich mit Schreiben vom 8. November 2001 (Bl. 99
d. A.) und 15. November 2001 (Bl. 28 d. A.) an den Streithelfer wandte, lediglich im Eingang seiner Schreiben das
Kurzrubrum "#######" benutzt. Eine ausdrückliche Klarstellung, dass Kaskoversicherer die Beklagte zu 2 - und nur
diese - ist, erfolgte in den Schreiben dagegen nicht. Der Beklagten zu 2 konnte auch nicht verborgen bleiben, dass
dem Streithelfer des Klägers die Frage des richtigen Versicherers keineswegs klar war. Immerhin wandte er sich
noch mit Schreiben vom 20. November 2001 unter dem Kurzrubrum „#######“ an den Bevollmächtigten der
Beklagten zu 2 unter Bezugnahme auf dessen Schreiben vom 15. November 2001 und kündigte eine Klage an (Bl.
195 f. d. A.).
Die Beklagte zu 2 wäre deshalb angesichts dieser Umstände verpflichtet gewesen, den Kläger mit dem Schreiben
vom 21. Dezember 2001, jedenfalls aber in der Folgezeit bis zum Ablauf der SechsMonatsFrist, darauf hinzuweisen,
dass Versicherer ausschließlich sie selbst, nicht dagegen die Beklagte zu 1 ist. Das Unterlassen diesen Hinweises
war demgegenüber treuwidrig und schließt ein Berufen auf den Fristablauf gem. § 12 Abs. 3 VVG aus.
3. Die angefochtene Entscheidung erweist sich auch nicht aus einem anderen Grund als richtig (§ 561 ZPO analog).
Der Anspruch des Klägers ist inhaltlich begründet. Der Diebstahl selbst ist zwischen den Parteien zunächst
unstreitig.
a) Der Anspruch ist nicht wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles gem. § 61 VVG
ausgeschlossen. Zwar liegt es hier nahe, das Verhalten des Klägers als grob fahrlässig anzusehen, weil er die zwei
Motorschlüssel in einem unverschlossenen Fach an Bord der Yacht gelassen und die drei Bordnetzschlüssel
überdies in der elektrischen Anlage hat stecken lassen. Soweit der Kläger sich demgegenüber darauf beruft, er habe
die beiden Motorenschlüssel selbst nicht an Bord gelassen, dies sei vielmehr erst am 27. März 2001 durch den
Mechaniker erfolgt, der das Boot zu Wasser gelassen hatte (Bl. 185 f. d. A.), steht dies im Widerspruch zu den
Angaben, die er in der schriftlichen Bestätigung vom 17. Mai 2001 zu Ziffern h 2 und h3 (Bl. 126, 129 d. A.) sowie im
Schreiben vom 17. Mai 2001 gemacht hat (Bl. 131 d. A.). Dort hat er ausdrücklich eingeräumt, die beiden
Motorenschlüssel seien in einer verdeckten Ablage unterhalb des Fahrstandes aufbewahrt worden. Demgegenüber
hat er gerade nicht erklärt, die Motorenschlüssel seien dort nur eigenmächtig von dem Mechaniker, dessen
Verhalten der sich mangels „Repräsentanteneigenschaft“ nicht zurechnen lassen müsste, am 27. März 2001
zurückgelassen worden. Den Widerspruch dieser Bestätigungen zu seinem Prozessvortrag hat der Kläger auch nicht
mit Substanz zu erklären vermocht.
Leistungsfreiheit der Beklagten zu 2 tritt jedoch selbst bei Annahme grober Fahrlässigkeit nicht ein. Die Beklagte zu
2 hat nämlich nicht den ihr obliegenden Beweis geführt, dass die Yacht überhaupt unter Zuhilfenahme der Schlüssel
gestohlen wurde, indem zunächst die verschlossene Tür zur Salonkabine aufgebrochen wurde, die Täter sodann die
in der verdeckten Ablage liegenden Motorschlüssel gefunden und das Boot sodann mit Hilfe dieser Motor sowie der
Netzschlüssel gestartet und mit ihm davon gefahren sind. Wie das Boot tatsächlich entwendet wurde, steht bis
heute nicht fest. Neben einer Entwendung unter Benutzung der Schlüssel und Fahren auf eigenem Kiel kommt hier
als gleichwertige Möglichkeit das Abschleppen des Schiffes durch ein anderes aus dem Hafenbecken auf hohe See
in Betracht. Dass ein derartiges Abschleppen technisch nicht möglich wäre, hat auch die Beklagte zu 2 nicht mit
hinreichender Substanz behauptet. Das Schiff verfügte auch über keine mit einem PKW vergleichbare zusätzliche
Sicherungseinrichtungen, wie etwa eine Wegfahrsperre o. ä., die ein Abschleppen unmöglich gemacht hätten.
Darlegungs und beweispflichtig für die Kausalität der groben Fahrlässigkeit des Versicherungsnehmers für den
Eintritt des Versicherungsfalles ist indessen der Versicherer (Römer/Langheid, § 61 Rdnr. 92; Prölss/Martin, § 61
Rdnr. 21). Zwar genügt es für § 61 VVG, dass das Verhalten des Versicherungsnehmers mitursächlich war (BGH
VersR 1986, 962). Zumindest dies muss aber positiv festgestellt werden, was die Beklagte zu 2 hier nicht hat
beweisen können. Soweit ferner dem Versicherungsnehmer die Beweislast dafür auferlegt wird, dass bei einem nicht
grob fahrlässigen Verhalten ein Geschehen abgelaufen wäre, das ebenfalls zum Eintritt des Versicherungsfalles
geführt hätte (BGH, Römer, Prölss/Martin, a. a. O.), vermag dies der Beklagten zu 2 ebenfalls nicht weiter zu helfen.
Vorliegend geht es nämlich nicht darum, ob das Schiff auch statt eines festgestellten Startens der Motoren mit den
zurückgelassenen Schlüsseln hypothetisch hätte abgeschleppt werden können, sondern darum, wie es überhaupt
entwendet wurde. Kommt hierfür aber ernsthafterweise auch ein Geschehensablauf in Betracht, der keine grobe
Fahrlässigkeit des Versicherungsnehmers begründet, greift § 61 VVG nicht ein. Dass hier ein Diebstahl durch
Abschleppen nicht völlig von der Hand zu wiesen war, ergibt sich auch aus dem Bericht des Havariekommissariats
####### vom 10. April 2001, wo dies als Diebstahlsablauf ausdrücklich angenommen wird (Bl. 120 - 124 d. A. 153
Js 36300/01 StA Oldenburg).
Der Beklagten zu 2 kommen hier auch keine Beweiserleichterungen zugute. Insbesondere spricht der Beweis des
ersten Anscheins hier nicht für einen Diebstahl des Bootes mit Hilfe der zurückgelassenen Schlüssel. Die
Wahrscheinlichkeit, dass die Diebe das Boot mit Hilfe der Schlüssel gestartet haben und damit weggefahren sind, ist
nicht größer als die Wahrscheinlichkeit dafür, dass sie es mit Hilfe eines anderen Bootes abgeschleppt haben,
zumal jedenfalls die Motorenschlüssel auch von außen nicht sichtbar im Bereich des Fahrstandes lagen oder gar in
den Schlössern steckten, sondern von den Dieben erst bei einer Durchsuchung des Schiffes nach erfolgtem
Aufbruch der Kabinentür hätten gefunden werden können.
b) Auch eine Leistungsfreiheit der Beklagten zu 2 wegen subjektiver Gefahrerhöhung gem. § 23 Abs. 1 i. V. m. § 25
Abs. 1 VVG infolge Zurücklassens der Schlüssel auf dem Boot kommt nicht in Betracht. Die Annahme einer
Gefahrerhöhung setzt nämlich voraus, dass ein Zustand erhöhter Gefahrverwirklichung für eine gewisse Dauer
vorliegt (BGHZ 7, 311, 317 f.; Römer/Langheid, §§ 23 - 25 Rdnr. 20). Hier ist das Boot indessen erst am 27. März
2001 von dem Liegeplatz an Land in das Hafenbecken verbracht und sodann noch in der Nacht zum 28. März 2001
gestohlen worden. Dies genügt für das Erfordernis einer gewissen Dauer nicht. Dass die Schlüssel sich
möglicherweise schon zuvor an Bord des Schiffes befanden, als es sich noch an Land befand, stellt demgegenüber
keine Gefahrerhöhung dar, da hierdurch die Gefahr einer Entwendung nicht relevant erhöht wurde. Hier hätten die
Täter das Boot vielmehr erst mit erheblichem zeitlichen und technischen Aufwand zu Wasser lassen müssen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1, § 101 Abs. 1, § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO. Der Ausspruch über die
vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision wird gem. § 543 Abs. 2 Ziff. 2, 1. Alt. ZPO zur Fortbildung des Rechts wegen folgender Fragen
zuzulassen:
„Trifft den Versicherer nach Treu und Glauben anlässlich der schriftlichen Ablehnung des gegen ihn erhobenen
Anspruchs, die formal ordnungsgemäß unter Angabe der mit dem Ablauf der Frist verbundenen Rechtsfolge erfolgt
ist (§ 12 Abs. 3 VVG), eine Verpflichtung, den Versicherungsnehmer zusätzlich darauf hinzuweisen, dass eine vom
Versicherungsnehmer bereits kurz zuvor erhobene Klage gegen den mit den Regulierungsverhandlungen
beauftragten Versicherungsagenten bzw. Versicherungsmakler die Frist des § 12 Abs. 3 VVG gegenüber dem
Versicherer nicht wahrt?
Ist dem Versicherer bejahendenfalls nach Treu und Glauben das Berufen auf den Fristablauf des § 12 Abs. 3 VVG
versagt, wenn er sich nach erfolgtem Parteiwechsel und zwischenzeitlichem Ablauf der Frist des § 12 Abs. 3 VVG
auf diese beruft?“
Die Zulassung der Revision rechtfertigt sich daraus, dass ein Durchbrechen des § 12 Abs. 3 VVG unter dem
Gesichtspunkt von Treu und Glauben bisher im Wesentlichen auf den Zeitraum vor Klagerhebung wegen
Unklarheiten im Versicherungsschein oder widersprüchlichen Verhaltens während der Regulierungsphase
angenommen wurde. Ob den Versicherer dagegen eine gesonderte Hinweispflicht auch noch nach bereits erfolgter
Klagerhebung gegen einen falschen Versicherer bzw. den Agenten/Makler treffen kann, ist dagegen bisher nicht
geklärt.
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