Urteil des OLG Celle vom 15.06.2000

OLG Celle: rechtskräftiges urteil, unerlaubte handlung, zwangsvollstreckung, altersrente, eid, strafverfahren, aufbewahrung, kopie, vertretung, datum

Gericht:
OLG Celle, 11. Zivilsenat
Typ, AZ:
Beschluß, 11 W 22/00
Datum:
15.06.2000
Sachgebiet:
Normen:
ZPO § 114, ZPO § 850 f Abs. 2
Leitsatz:
Die beabsichtigte Klage gegen eine Partei, die eine geringe Altersrente bezieht, ist im Hinblick auf §
850 f Abs. 2 ZPO nicht mutwillig, wenn sie einen Anspruch aus unerlaubter Handlung verfolgt.
Volltext:
B e s c h l u s s
In dem Prozesskostenhilfeverfahren
pp.
hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr.
#######, den Richter am Oberlandesgericht Dr. ####### und den Richter am Landgericht ####### am 15. Juni 2000
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Be-schluss der 16. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 21.
Februar 2000 aufgehoben. Der Antragstellerin wird für die beabsichtigte Klage Prozesskostenhilfe für die erste
Instanz gewährt. Ihr wird zur Vertretung in dem Verfahren Rechtsanwalt ####### in ####### beigeordnet.
Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; im Be-schwerdeverfahren entstandene außergerichtliche Kosten
werden nicht erstattet.
G r ü n d e
Die nach § 127 Abs. 2 ZPO zulässige Beschwerde der Antrag-stellerin hat Erfolg. Gemäß § 114 ZPO ist einer
Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht
aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe zu gewähren, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende
Aus-sicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Das Landgericht hat die Ansicht vertreten, dass die beabsichtigte Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg
bieten würde und im Übrigen mutwillig sei, weil nicht die geringste Aussicht bestehen würde, gegen den
Antragsgegner mit Erfolg im Wege der Zwangsvollstreckung vorzugehen.
1. Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass grundsätzlich eine Klage dann keine Aussicht auf Erfolg bietet,
wenn sich ein Antragsteller auf Parteivernehmung des Antragsgegners zum Beweis für seine Behauptung beruft und
der Antragsgegner bereits das Gegenteil der behaupteten Tatsache vorgetragen hat (vg.
Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 58. Aufl., § 114 Rdnr. 86 mwN.). Inzwischen ist der Antragsgegner jedoch
durch nicht rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 29. Februar 2000 (Kopie Bl. 55 d.A.) wegen
Diebstahls des Geldbetrages, der Gegenstand der Klagforderung ist, zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden.
Ausweislich der schriftlichen Urteilsgründe hat der Angeklagte in der Haupt-verhandlung zugegeben, das Bargeld,
das die Antragstellerin verwahrt hatte, an sich genommen zu haben und die Beträge in Höhe von gut 45.000 DM an
dritte Personen zur Aufbewahrung übergeben zu haben. Die Personen, denen der Antragsgegner das Geld übergeben
haben will, haben jedoch unter Eid ausgesagt, dass sie die Beträge nicht erhalten haben. Auch wenn die
Zivilgerichte nicht an die Entscheidungen der Strafgerichte gebunden sind, so ergibt sich nunmehr auf Grund der
Einlassung des Antragsgegners im Strafverfahren und der Zeugenaussagen die für die beabsichtigte Klage
erforderliche Erfolgsaussicht.
2. Der Senat teilt nicht die Ansicht des Landgerichts, dass die beabsichtigte Klage im vorliegenden Fall mutwillig
erscheint. Mutwillig im Sinne von § 114 ZPO handelt derjenige, der davon abweicht, was eine verständige,
ausreichend bemittelte Partei in einem gleichliegenden Fall tun würde. Eine Klage gegen einen völlig
Vermögenslosen dürfte nur selten sinnvoll sein und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe lediglich um ein
Kostenurteil zu erwirken, dürfte ebenso regelmäßig ausschei-den (vgl. Baumbach/ Lauterbach/Hartmann, ZPO, 57.
Aufl., § 114 Rnr. 107; Zöller/Philippi, ZPO, 20. Aufl., § 114 Rnr. 31). Im vorliegenden Fall ergeben sich allerdings
Besonderheiten. Nach dem Vortrag der Antragstellerin hat der Antragsgegner eine vor-sätzliche unerlaubte Handlung
begangen. Der Antragsgegner bezieht eine Altersrente von etwa ####### DM. Im Hinblick auf § 850 f Abs. 2 ZPO
erscheint es durchaus möglich, dass eine Zwangsvollstreckung der Antragstellerin
- sollte sie mit ihrer beabsichtigten Klage Erfolg haben - dazu führen kann, dass Beträge beige-trieben werden
können.
3. Demgemäß war der Antragstellerin Prozesskostenhilfe zu gewähren. Wie sich aus den vorgelegten Unterlagen
ergibt, erfüllt die Antragstellerin die subjekti-ven Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe.
4. Gemäß § 127 Abs. 4 ZPO werden die im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten nicht
erstattet.