Urteil des OLG Celle vom 13.12.2001

OLG Celle: gegen die guten sitten, erlöschen des anspruchs, handelsvertreter, widerklage, beendigung, unternehmer, aufrechnung, provision, anschrift, bezirk

Gericht:
OLG Celle, 11. Zivilsenat
Typ, AZ:
Urteil, 11 U 90/01
Datum:
13.12.2001
Sachgebiet:
Normen:
HGB § 89 b IV
Leitsatz:
Umgehung von § 89 b Abs. 4 HGB durch Vereinbarung eines hohen Einstandsgeldes
Volltext:
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil 11 U 90/01 22 O 3062/00 Landgericht Hannover
Verkündet am 13. Dezember 2001 #######, Justizangest. als Urkundsbeamt. der Geschäftsstelle In dem
Rechtsstreit ####### Beklagte, Widerklägerin, Berufungsklägerin und Anschlussberufungsbeklagte,
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte #######, gegen #######, Kläger, Widerbeklagter, Berufungsbeklagter
und Anschlussberufungskläger, Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt #######, hat der 11. Zivilsenat des
Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 1. November 2001 durch den Vorsitzenden Richter am
Oberlandesgericht #######, die Richterin am Oberlandesgericht ####### und den Richter am Amtsgericht #######
für Recht erkannt: 1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 21. Februar 2001 verkündete Urteil der 22.
Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird zurückgewiesen. 2. Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das
am 21. Februar 2001 verkündete Urteil der 22. Zivilkammer des Landgerichts Hannover zu Ziff. 2 teilweise
abgeändert und wie folgt neu gefasst: Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 24.991,59 DM nebst 5 % Zinsen
auf 11.206,82 DM sowie 8 % Zinsen auf 13.784,77 DM, jeweils seit dem 19. Mai 2000 zu zahlen. Wegen des weiter
gehenden Zinsanspruchs wird die Klage abgewiesen. 3. Die weiter gehende Anschlussberufung wird
zurückgewiesen. 4. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. 5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 55.000,00 DM abwenden, wenn
nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Beiden Parteien wird gestattet, die
Sicherheit auch durch eine unbedingte, unbefristete, unwiderrufliche und selbstschuldnerische Bürgschaft einer
inländischen öffentlichen Sparkasse oder eines anderen Kreditinstituts zu erbringen, das einer für die Anlage von
Mündelgeld ausreichenden Sicherungseinrichtung angehört. 6. Der Wert der Beschwer der Beklagten übersteigt
60.000 DM. T a t b e s t a n d Die Parteien machen wechselseitig Ansprüche aus einem beendeten
Handelsvertreterverhältnis geltend. Der Kläger beansprucht von der Beklagten die Erteilung eines Buchauszuges
sowie die Zahlung der rechnerisch unstreitigen Bruttoprovisionen für die Monate März und April 2000, während die
Beklagte von dem Kläger nach Verrechnung unstreitig verdienter Provisionen von März 2000 bis März 2001 eine
Einstandszahlung in Höhe von 200.000 DM nebst Mehrwertsteuer verlangt. Bei der Beklagten handelt es sich um ein
führendes Unternehmen im Bereich der Produktion von Überladebrücken und Torabdichtungen. Die Beklagte
montiert, wartet und repariert diese Artikel auch. Am 29. Juni 1993 schlossen die Parteien mit Wirkung zum
1. Juli 1993 einen Handelsvertretervertrag. Dem Kläger wurde ein nach Postleitzahlen bestimmter Bezirk
zugewiesen. Gemäß § 1 b) des Handelsvertretervertrages umfasste die Geschäftsvermittlung sämtliche von der
Beklagten vertriebenen Erzeugnisse einschließlich der dazu gehörigen Ersatzteile (Vertragsgegenstände). In § 6 des
Handelsvertretervertrages verpflichtete sich der Kläger gegenüber der Beklagten, an diese für den Erwerb des
Vertretungsrechts einen Betrag von 200.000 DM zuzüglich Mehrwertsteuer zu zahlen. Dabei konnte der Kläger
wählen, ob ihm ab Juli 1994 jeweils 20 % der monatlichen Provision bis zum Erreichen der Einstandssumme
abgezogen werden sollten oder ob die Beklagte dem Kläger die Einstandssumme unter Anpassung an den
veränderten Lebenshaltungskostenindex bis zur Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses stunden sollte. Der
Kläger entschied sich für letztere Alternative. Ebenfalls am 29. Juni 1993 schlossen die Parteien die Zusatzverträge
Nr. 1 (Provisionsregelung) und Nr. 2 (Vermittlung von Wartungsverträgen) sowie eine Vereinbarung über die sog.
Montagevergütung. Der Vorgänger des Klägers, Herr Kossatz, dem die Beklagte nach dessen Ausscheiden keinen
Handelsvertreterausgleich gezahlt hat, hatte für seine Tätigkeit als Handelsvertreter in den später dem Kläger
zugewiesenen Bezirken folgende Netto-Provisionen verdient: - 1988: 141.893,26 DM - 1989: 169.717,93 DM - 1990:
182.806,64 DM - 1991: 263.417,00 DM - 1992: 303.162,00 DM. Die Beklagte erteilte dem Kläger fortlaufend
Monatsabrechnungen für vermittelte Aufträge einschließlich vermittelter Wartungsaufträge und der sog.
Montagevergütung. Darin enthalten waren auch Provisionen für die im Rahmen der vermittelten Reparatur- und
Wartungsaufträge von der Beklagten gelieferten Ersatzteile. Im Einzelfall rechnete die Beklagte auch vermittelte
Reparaturaufträge auf Festpreisbasis ab, für welche sie ebenfalls Provisionen an den Kläger zahlte. Der Kläger
vermittelte im Laufe seiner Tätigkeit auch Reparaturaufträge an die Beklagte, die nach Stundenlohn gegenüber den
Kunden abzurechnen waren. Diese Aufträge wurden von der Beklagten weder verprovisioniert noch in die
Monatsabrechnungen eingestellt. Neben den Monatsabrechnungen übersandte die Beklagte dem Kläger - ebenfalls
mit Ausnahme der vermittelten Reparaturaufträge auf Stundenlohnbasis - die vollständige Korrespondenz mit den
jeweiligen Kunden einschließlich Angebot, Annahme, Vertragsurkunde, Abschlags- und Schlussrechnungen,
Abnahmeprotokolle und Reklamationsschreiben in Kopie. Vereinzelt beanstandete der Kläger die
Monatsabrechnungen der Beklagten. Das Handelsvertreterverhältnis zwischen den Parteien wurde zum 31. März
2000 beendet. Die Beklagte zahlte die rechnerisch unstreitigen Provisionen für die Monate März 2000 bis März 2001
nicht mehr an den Kläger aus. Mit Schreiben vom 18. Mai 2000 machte die Beklagte gegenüber dem Kläger die
Einstandsumme in Höhe von 200.000,00 DM zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer geltend. Sie rechnete in diesem
Schreiben gegen den Anspruch des Klägers auf Zahlung der Bruttoprovisionen für die Monate März 2000 (11.206,82
DM) und April 2000 (13.784,77 DM) auf und forderte den Kläger auf, bis zum 2. Juni 2000 207.008,41 DM an die
Beklagte zu zahlen. Mit Schreiben vom 30. Mai 2000 lehnte der Kläger jegliche Zahlung an die Beklagte ab. Der
Kläger hat von der Beklagten die Erteilung eines Buchauszuges für den Zeitraum vom 1. Januar 1996 bis
31. März 2000 sowie die Provisionen für März 2000 (11.206,82 DM brutto) und April 2000 (13.784,77 DM brutto)
beansprucht. Er hat gemeint, ungeachtet der Monatsabrechnungen und der fortlaufenden Übersendung sämtlicher
Unterlagen über die jeweils vermittelten Geschäfte könne er einen Buchauszug von der Beklagten beanspruchen,
zumal die von den Parteien jeweils errechneten Jahresprovisionen voneinander abwichen und jegliche Vermittlung
von Reparaturaufträgen, einschließlich der auf Stundenlohnbasis, Provisionsansprüche begründe. Außerdem bedürfe
es eines Buchauszuges, um gegebenenfalls zur Berechnung eines Ausgleichsanspruchs zwischen Alt- und
Neukunden differenzieren zu können. Im Hinblick auf die mit Schreiben der Beklagten vom 18. Mai 2000 erklärte
Aufrechnung gegen die Provisionsansprüche für die Monate März und April 2000 hat der Kläger die Ansicht
vertreten, dass die Regelung in § 6 des Handelsvertretervertrages über die Einstandszahlung gegen § 9 AGBG
sowie gegen § 89 b Abs. 4 Satz 1 HGB verstoße und damit unwirksam sei. Der Kläger hat beantragt, die Beklagte
zu verurteilen, 1. dem Kläger einen Buchauszug über alle im Vertragsgebiet #######/ ####### (frühere
Postleitzahlen: #######) in der Zeit vom 1. Januar 1996 bis 31. März 2000 getätigten Geschäfte zu erteilen, der eine
geordnete Aufstellung über Auftragsdatum, Warenart, Warenmenge, Rechnungsdatum, Rechnungsbetrag, Kunden
mit genauer Anschrift, Provisionssatz, Stadium der Ausführung des Geschäftes, Höhe der eingegangenen
Zahlungen, Annullierungen, Retouren, Nachlässe, jeweils mit genauer Angabe der Gründe, zu enthalten hat; 2. an
den Kläger 24.991,59 DM nebst 8 % Zinsen seit dem 19. Mai 2000 zu zahlen. Die Beklagte hat beantragt, die Klage
abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, ein Buchauszug sei nicht mehr geschuldet, da der Kläger die
Monatsabrechnungen und sämtliches Schriftwerk über die jeweiligen vermittelten Aufträge erhalten habe. Des
Weiteren hätten sich die Parteien durch die jahrelange, im Wesentlichen widerspruchslose Hinnahme der
Abrechnungen über die Provision geeinigt. Weiterhin hat die Beklagte die Ansicht vertreten, dass ein Anspruch auf
Erteilung eines Buchauszuges jedenfalls verwirkt sei. Sie hat überdies im Hinblick auf § 8 des
Handelsvertretervertrages die Einrede der Verjährung erhoben. Sie hat die Vereinbarung über die Einstandssumme
für wirksam gehalten, so dass der Provisionsanspruch für die Monate März und April 2000 durch Aufrechnung
erloschen sei. Die Beklagte hat im Wege der Widerklage die nach Aufrechnung gegen die Provisionsansprüche für
die Monate März und April 2000 verbleibende Bruttoeinstandssumme abzüglich der von der Beklagten verrechneten
Provisionsansprüche des Klägers für die Monate Mai bis Juli sowie September bis Dezember 2000 geltend gemacht
und hat beantragt, den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte 174.999,85 DM nebst 5 % Zinsen seit dem
1. April 2000 zu zahlen. Der Kläger hat beantragt, die Widerklage abzuweisen. Er hat gegen die Widerklagforderung
hilfsweise mit dem unstreitigen Provisionsanspruch für August 2000 in Höhe von 6.990,62 DM sowie mit einem -
streitigen - Ausgleichsanspruch in Höhe von 156.020,93 DM erklärt und weiter hilfsweise ein Zurückbehaltungsrecht
im Hinblick auf einen etwaigen Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges ausgeübt. Das Landgericht hat der
Klage stattgegeben, soweit ein Buchauszug beansprucht worden ist. Zur Begründung hat das Landgericht
ausgeführt, der Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges sei nicht erloschen, weil die von den Parteien jeweils
angegebenen Jahresprovisionen erheblich voneinander abwichen und Provisionsansprüche des Klägers für
vermittelte Reparaturaufträge zumindest ernsthaft in Betracht kämen. Das Landgericht hat weiterhin dem
Zahlungsanspruch des Klägers in Höhe von 9.341,18 DM nebst 8 % Zinsen seit dem 18. Januar 2001 stattgegeben
und die Widerklage abgewiesen. Dabei hat das Landgericht § 6 des Handelsvertretervertrages als wirksam
angesehen und hat Gegenansprüche des Klägers in Höhe von 156.020,93 DM (Ausgleichsanspruch) sowie in Höhe
von 85.320,25 DM (Provisionen für März 2000 bis Dezember 2000) angenommen. Gegen dieses Urteil wendet sich
die Beklagte mit der frist- und formgerecht eingelegten und begründeten Berufung sowie der Kläger mit der
unselbstständigen Anschlussberufung. Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr Vorbringen aus erster Instanz. Gegen
den zuerkannten Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges wendet sie erneut ein, dass sie dem Kläger neben den
Monatsabrechnungen fortlaufend sämtliche Schriftstücke über die zu verprovisionierenden Aufträge übersandt habe.
Sie wiederholt und verteidigt ihre Ansicht, durch die im Wesentlichen widerspruchslose Hinnahme der
Monatsabrechnungen hätten sich die Parteien über die Provisionen geeinigt. Die Differenzen in den beiderseitigen
Angaben der Jahresprovisionen beruhten ausschließlich auf der fehlerhaften Berechnungsweise des Klägers. Ein
Buchauszug sei auch nicht im Hinblick auf vermittelte Reparaturaufträge geschuldet. Soweit die Beklagte vermittelte
Reparaturaufträge auf Festpreisbasis verprovisioniert habe, sei sie dazu nicht verpflichtet gewesen. Ansprüche des
Klägers auf Provisionen für vermittelte Reparaturaufträge seien auf die bestellten Ersatzteile beschränkt gewesen.
Die Beklagte verfolgt ihre Widerklage mit der Maßgabe weiter, dass sie die Bruttoeinstandssumme unter
Zugrundelegung der bisherigen Verrechnungen weiterhin beansprucht und diese darüber hinaus mit den inzwischen
fällig gewordenen Provisionsansprüchen des Klägers für die Monate Februar und März 2001 in Höhe von insgesamt
5.181,08 DM brutto verrechnet. Die Beklagte beantragt, das am 21. Februar 2001 verkündete Urteil der
22. Zivilkammer des Landgerichts Hannover teilweise abzuändern und 1. die Klage insgesamt abzuweisen; 2. auf die
Widerklage den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte 141.498,67 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 1. April 2000 zu
zahlen. Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen sowie im Wege der unselbstständigen
Anschlussberufung, das am 21. Februar 2001 verkündete Urteil der 22. Zivilkammer des Landgerichts Hannover zu
Ziff. 2 teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger über den ausgeurteilten Betrag hinaus
weitere 15.650,41 DM nebst 8 % Zinsen seit dem 19. Mai 2000 sowie auf den Betrag von 9.381,18 DM weitere 8 %
Zinsen für die Zeit vom 19. Mai 2000 bis zum 17. Januar 2001 zu zahlen. Der Kläger vertieft und wiederholt sein
Vorbringen aus erster Instanz. Hinsichtlich des Buchauszuges verweist er auf Berechnungsdifferenzen im eigenen
Zahlenwerk der Beklagten. Der Kläger ist der Ansicht, dass sämtliche Reparaturaufträge zu verprovisionieren seien.
Im Übrigen benötige er auch einen Buchauszug, um zur Berechnung eines Ausgleichsanspruchs zwischen Alt- und
Neukunden differenzieren zu können. Der Kläger wiederholt und vertieft seine Ansicht, dass § 6 des
Handelsvertretervertrages gegen § 89 b Abs. 4 Satz 1 HGB verstoße, weil mit der Verpflichtung zur Zahlung der
vereinbarten Einstandssumme der Ausgleichsanspruch des Klägers im Ergebnis ausgeschlossen werde. Im Übrigen
habe die Beklagte keine Gegenleistungen erbracht. Der Kläger erklärt seinerseits die Hilfsaufrechnung in Höhe von
weiteren 5.181,08 DM (Provisionen für Februar und März 2001) sowie mit dem bereits vom Landgericht zuerkannten
Ausgleichsanspruch und wiederholt die hilfsweise Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts. Die Beklagte
beantragt, die Anschlussberufung zurückzuweisen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes
wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe: Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Demgegenüber erweist sich die
Anschlussberufung des Klägers mit Ausnahme der Zinshöhe als begründet. 1. Buchauszug: Zu Recht hat das
Landgericht die Beklagte verurteilt, dem Kläger einen Buchauszug für den Zeitraum vom 1. Januar 1996 bis zum
31. März 2000 zu erteilen. Der Anspruch des Klägers auf Erteilung eines Buchauszuges beruht auf § 87 c
Abs. 2 HGB. Der Kläger war für die Beklagte bis zum 31. März 2000 als Handelsvertreter tätig, so dass er einen
umfassenden Buchauszug beanspruchen kann. Die Einwendungen der Beklagten dagegen dringen nicht durch: a)
Der Anspruch des Klägers auf Erteilung eines umfassenden Buchauszugs ist nicht dadurch erfüllt, dass die
Beklagte fortlaufende Monatsabrechnungen erteilt und dem Kläger mit der Tagespost vollständige Kopien der die
jeweiligen Aufträge betreffenden Schriftstücke übersandt hat. Ein Buchauszug muss die für die Berechnung, Höhe
und Fälligkeit der Provisionen des Handelsvertreters relevanten geschäftlichen Verhältnisse in klarer und
übersichtlicher Weise vollständig widerspiegeln, soweit sie sich den Büchern des Unternehmers entnehmen lassen.
Nur dann kann er seinen Zweck erfüllen, dem Handelsvertreter über seine Provisionsansprüche Klarheit zu
verschaffen und ihm eine Nachprüfung der vom Unternehmer erteilten oder noch zu erteilenden
Provisionsabrechnung zu ermöglichen. Der Buchauszug muss für den Zeitpunkt seiner Aufstellung eine ins Einzelne
gehende Bestandsaufnahme der Kundenbeziehungen des Unternehmers, soweit sie die Provisionsansprüche des
Handelsvertreters berühren einerseits, und der vertraglichen Beziehungen zwischen Unternehmer und
Handelsvertreter andererseits darstellen. Er muss deshalb neben der genauen Anschrift der Vertragspartner die für
den Vertreter wesentlichen Inhalte der Verträge, nämlich die gelieferte Menge, Preise und sonstige Abreden
enthalten. Im Falle von Retouren sind deren Gründen anzugeben. In dem Buchauszug sind ferner die Geschäfte
anzugeben, die provisionspflichtig sein können. Hierbei sind auch die Gründe für die Nichtausführung mitzuteilen.
Der Unternehmer muss ferner auch über die vertragswidrig abgeschlossenen Geschäfte in dem Buchauszug
Aufschluss geben sowie die noch schwebenden Geschäfte erfassen, die erst nach § 87 Abs. 3 HGB bedingt
provisionspflichtig sind. Nur die zweifelsfrei nicht provisionspflichtigen Geschäfte können bei der Erteilung des
Buchauszugs unberücksichtigt bleiben (vgl. BGH vom 23. Februar 1989 - I ZR 203/87 in - NJW-RR 1989,
Seite 738 f.; BGH vom 23. Oktober 1981 - I ZR 171/89 - in WM 1982, 152 ff.). Diese Voraussetzungen sind durch
die fortlaufenden Monatsabrechnungen und die sukzessive Übersendung des Schriftwerks mit der Tagespost nicht
erfüllt. Unabhängig von der Frage, ob damit alle im vorbeschriebenen Sinne notwendigen Informationen erteilt worden
sind, handelte es sich dabei jedenfalls nicht um übersichtliche und geordnete Darstellungen. Darüber hinaus sind die
übersandten Monatsabrechnungen und Unterlagen nicht vollständig, da unstreitig die von dem Kläger vermittelten
Reparaturaufträge auf Stundenlohnbasis nicht mit enthalten waren. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat,
handelte es sich dabei nicht um zweifelsfrei nicht provisionspflichtige Geschäfte, die von vornherein
unberücksichtigt hätten bleiben dürfen. Dies folgt zum Einen daraus, dass der in § 1 b) des
Handelsvertretervertrages bezeichnete Vertragsgegenstand, nämlich die von der Beklagten ‘vertriebenen
Erzeugnisse’ im Sinne des Klägers dahin auslegungsfähig ist, dass damit auch sämtliche vermittelten
Reparaturaufträge mit umfasst sind. Eine Vereinbarung, wonach Reparaturaufträge schlechthin oder unter
bestimmten Voraussetzungen nicht zu verprovisionieren seien, haben die Parteien weder ausdrücklich getroffen,
noch lässt sich eine solche aus den Vertragswerken ableiten. Dies gilt umso mehr, als die Beklagte selbst einräumt,
Provisionen für vermittelte Reparaturaufträge auf Festpreisbasis an den Kläger gezahlt zu haben. Die Argumentation
der Beklagten, dies sei nicht auf vertraglicher Grundlage, sondern freiwillig erfolgt, greift nicht durch. Es ist für den
Senat nicht nachvollziehbar und wird auch von der Beklagten nicht hinreichend vorgetragen, weshalb die Beklagte
freiwillige Leistungen an den Kläger hätte erbringen sollen. Daraus leitet der Senat die Folgerung ab, dass die
Beklagte entweder ihre Verpflichtung zur Zahlung von Provisionen für vermittelte Reparaturaufträge aus den
Verträgen vom 29. Juni 1993 abgeleitet hat oder aber die Parteien den Bereich der zu verprovisionierenden
Geschäfte konkludent im Laufe des Vertragsverhältnisses auch auf vermittelte Reparaturaufträge erweitert haben.
Damit ist aber, wie es zum Erlöschen des Anspruchs auf Erteilung eines Buchauszuges erforderlich wäre, nicht
zweifelsfrei ausgeschlossen, dass durch die Vermittlung aller Reparaturaufträge Provisionsansprüche des Klägers
begründet worden sind. b) Der Einwand der Beklagten, der Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges entfalle, weil
die Parteien sich über die Provisionen geeinigt hätten, da der Kläger jahrelang die Monatsabrechnungen im
Wesentlichen ohne Beanstandungen hingenommen habe, greift ebenfalls nicht durch. Zum Einen hat der Kläger
unstreitig mit den von ihm vorgelegten Schreiben vom 13. Dezember 1996, 31. März und 18. Juni 1998 einzelne
Abrechnungen beanstandet. Zum Anderen ist allein in dem Umstand, dass der Kläger, abgesehen von den
genannten Beanstandungen, über mehrere Jahre hinweg die Abrechnungen der Beklagten widerspruchslos
hingenommen hat, weder ein stillschweigend erklärtes Einverständnis mit den Abrechnungen noch ein Verzicht auf
weitere Provisionen für nicht durchgeführte Geschäfte zu sehen (vgl. BGH vom 29. November 1995 -
VIII ZR 293/94 - in NJW 1996, 588 f.). c) Der Anspruch des Klägers auf Erteilung eines Buchauszuges ist auch
nicht verjährt. Dabei geht der Senat davon aus, dass die Beklagte durch die Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches
Vorbringen auf Seite 16 ihrer Berufungsbegründung auch die Einrede der Verjährung in der Berufungsinstanz weiter
verfolgt. Der Anspruch verjährt gemäß § 88 HGB nach vier Jahren. Die Beklagte kann sich nicht auf die in § 8 a) des
Handelsvertretervertrages einseitig zu Lasten des Klägers verkürzte Verjährungsfrist berufen. Insoweit macht sich
der Senat ausdrücklich die zutreffenden Ausführungen des angefochtenen Urteils zu Eigen. d) Da der Anspruch auf
Erteilung eines Buchauszuges bereits aus den dargelegten Gründen besteht, kommt es nicht darauf an, wie es sich
auf diesen Anspruch auswirken könnte, dass, worauf der Kläger auf Seite 3 seiner Berufungsbegründung zutreffend
hinweist, im eigenen Vorbringen der Beklagten über die an den Kläger in den Jahren 1998 und 1999 gezahlten
Jahresprovisionen nicht unerhebliche Differenzen auftreten. 2. Der Kläger kann von der Beklagten gemäß
§ 87 a Abs. 2 Satz 1 Abs. 4 HGB die rechnerisch unstreitigen Provisionen für die Monate März 2000 (11.206,82 DM
brutto) sowie April 2000 (13.784,77 DM brutto) beanspruchen. Der Anspruch ist nicht durch die mit Schreiben vom
18. Mai 2000 vorprozessual erklärte Aufrechnung der Beklagten erloschen. Die Beklagte kann eine Einstandssumme
nicht von dem Kläger beanspruchen, da die in § 6 des Handelsvertretervertrages getroffene Vereinbarung gegen die
zwingende Vorschrift des § 89 b Abs. 4 S. 1 HGB verstößt und damit unwirksam ist. a) Gemäß § 89 b Abs. 1 -
3 HGB kann der Handelsvertreter unter bestimmten Voraussetzungen nach Beendigung des Vertragsverhältnisses
einen angemessenen Ausgleich bis zur Höhe der in § 89 b Abs. 2 HGB geregelten Kappungsgrenze beanspruchen.
Dieser gesetzliche Ausgleichsanspruch kann gemäß § 89 b Abs. 4 Satz 1 HGB nicht im Voraus ausgeschlossen
werden. Diese Regelung soll den Handelsvertreter vor der Gefahr bewahren, sich aufgrund seiner wirtschaftlichen
Abhängigkeit von dem Unternehmen auf ihn benachteiligende Abreden einzulassen (BGH vom 29. März 1990 - I
ZR 2/89 - in NJW 1990, 2889 ff. sowie BGH vom 29. März 1990 - I ZR 289/88 -). Die Vereinbarung in § 6 des
Handelsvertretervertrages über die Zahlung einer Einstandssumme stellt nach Überzeugung des Senats einen im
Voraus vereinbarten Ausschluss bzw. eine dem gleichzustellende erhebliche Verminderung des
Ausgleichsanspruchs des Klägers dar und verstößt damit gegen § 89 b Abs. 4 Satz 1 HGB. Es kann in diesem
Zusammenhang offen bleiben, ob gegen die Vereinbarung einer Einstandszahlung unter gleichzeitiger Stundung bis
zur Vertragsbeendigung grundsätzlich keine Bedenken bestehen (so BGH vom 24. Februar 1983 - I ZR 14/81 - in
WM 1983, 937, 938; Küstner u. a.: Handbuch des gesamten Außendienstrechts, Bd. II, 1995, RdNrn. 181 - 183), da
die Parteien hier einen derart hohen Übernahmepreis vereinbart haben, dass dies auf eine Umgehung des
unabdingbaren gesetzlichen Ausgleichsanspruchs hinauslaufen würde (BGH a. a. O.). aa) Als
Bemessungsgrundlage für einen zu erwartenden Ausgleichsanspruch des Klägers waren die bekannten Provisionen
für Herrn #######, dem Vorgänger des Klägers, in den Jahren 1988 bis 1992 heranzuziehen. Diese entsprachen,
bezogen auf diesen Zeitraum, einer durchschnittlichen Jahresnettoprovision von rund 212.000 DM. Diese
durchschnittliche Jahresprovision lag damit nur unwesentlich höher als die vereinbarte Einstandssumme. Die
Parteien dürften also im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses davon ausgegangen sein, dass ein späterer
Ausgleichsanspruch des Klägers allenfalls in dieser Größenordnung entstehen werde. Im Falle der Wirksamkeit von
§ 6 des Handelsvertretervertrages käme der Kläger bei der zu erwartenden Geschäftsentwicklung regelmäßig nicht in
den Genuss eines etwaigen Ausgleichsanspruchs. b) Der Einwand der Beklagten, dem Kläger sei als Gegenleistung
durch die Übertragung des Alleinvertriebsrechts und des Altkundenstammes die Möglichkeit eröffnet worden,
sogleich ohne die Akquirierung von Neukunden erhebliche Umsätze zu tätigen, führt zu keiner anderen Beurteilung.
Es ist zwar richtig, dass es für einen Handelsvertreter vorteilhaft sein mag, einen festen Kundenstamm zu
übernehmen. Dieser Vorteil wirkt sich jedoch nicht darauf aus, dass die Vereinbarung einer auf die Umgehung des
gesetzlichen Ausgleichsanspruch hinauslaufenden hohen Einstandssumme gegen § 89 b Abs. 4 S. 1 HGB verstößt.
Außerdem ist es auch für den Unternehmer in gleicher Weise vorteilhaft, wenn der neu eintretende Handelsvertreter
einen festen Kundenstamm übernimmt, weil das Altkundengeschäft nahtlos fortgesetzt werden kann und damit
entsprechende Umsätze erwirtschaftet werden können. c) Es kann dahinstehen, ob der Sachverhalt anders zu
beurteilen wäre, wenn die Beklagte dem ausgeschiedenen Handelsvertreter ####### einen Ausgleich gezahlt hätte
und diesen Ausgleich durch die Einstandszahlung des Klägers hätte kompensieren wollen, denn unstreitig hat die
Beklagte eine solche Ausgleichszahlung an den Vorgänger des Klägers nicht erbracht. d) Der rechtlichen Beurteilung
des Senats steht auch nicht entgegen, dass der Kläger wählen konnte, die Einstandssumme durch den fortlaufenden
Einbehalt von 20 % seiner Provisionen abzutragen, statt sich diese bis zur Beendigung des
Handelsvertreterverhältnisses stunden zu lassen. Zum einen ist nach Überzeugung des Senats das formelle
Wahlrecht der Art der Erfüllung faktisch dadurch eingeschränkt, dass sich jeder wirtschaftlich denkende
Handelsvertreter, der den Bezirk neu übernimmt, für die zur Wahl gestellte Stundung bis zur Beendigung des
Vertragsverhältnisses entscheiden wird, da er in Unkenntnis der tatsächlich zu beanspruchenden Provisionen
anderenfalls Gefahr laufen würde, in wirtschaftliche Not zu geraten, wenn ihm jeweils 20 % der Provisionen
abgezogen wird. Zum anderen würde auch der fortlaufende Einbehalt von 20 % der Provisionen zur Folge haben,
dass der Kläger etwa ein Jahr lang umsonst für die Beklagte arbeiten müsste und ein durchsetzbarer
Ausgleichsanspruch lediglich dazu dienen würde, die vorangegangenen, durch den monatlichen Abtrag entstandenen
Provisionsverluste auszugleichen. e) Schließlich kann auch die Beklagte aus der Entscheidung des
Bundesgerichtshofs vom 9. Dezember 1992 - VIII ZR 23/92 - (NJW-RR 1993, Seite 375 f.), auf die sie verweist,
nichts für sich herleiten. Diese Entscheidung befasst sich nicht mit der Umgehung des § 89 b Abs. 4 S. 1 HGB,
sondern mit der Frage, ob eine formularmäßig ausbedungene Verpflichtung zur Einstandszahlung der Inhaltskontrolle
nach §§ 9 - 11 AGBG unterliegt. Darauf kommt es jedoch aus den dargelegten Gründen ebenso wenig an wie auf die
Frage, ob der Umstand, dass der Kläger im Falle der Wirksamkeit der in § 6 des Handelsvertretervertrages
getroffenen Regelung etwa ein Jahr für die Beklagte hätte umsonst arbeiten müssen, eine gegen die guten Sitten
verstoßende Knebelung darstellt. 3. Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, dass die Widerklage unbegründet
und die Berufung auch insoweit zurückzuweisen ist. 4. Über die Hilfsaufrechnungen des Klägers war in zweiter
Instanz nicht zu entscheiden, da die Beklagte neben der Einstandssumme keine weiteren Ansprüche gegen den
Kläger geltend gemacht hat. 5. Der Zinsanspruch des Klägers begründet sich wie folgt: Die Beklagte hat sich durch
ihr Schreiben vom 18. Mai 2000 mit Wirkung ab dem 19. Mai 2000 selbst in Verzug gesetzt, da sie die Auszahlung
der Provisionen für die Monate März und April 2000 ernsthaft und endgültig abgelehnt hat. Die Provision in Höhe von
11.206,82 DM für den Monat März 2000 war gemäß §§ 87 a Abs. 4, 87 c Abs. 1 HGB am 30. April 2000 fällig.
Gemäß Art. 229 § 1 Abs. 1 S. 3 EGBGB sind § 288 BGB und § 352 HGB in den seit dem 01. Mai 2000 geltenden
Fassungen auf diese Forderung nicht anwendbar. Da der Kläger einen höheren Zinsschaden nicht bewiesen hat,
kann er deshalb gemäß § 352 Abs. 1 S. 1 HGB (a. F.) auf diese Forderung nur 5 % Zinsen beanspruchen. Die
Berufung der Beklagten hat in diesem Umfang jedoch keinen Erfolg, denn der Senat legt das angefochtene Urteil
dahin aus, dass die zuerkannten Zinsen von 8 % auf einen Betrag von 9.341,18 DM auf den – reduzierten -
Provisionsanspruch für den Monat April 2000 ausgeurteilt worden sind. Insoweit erweist sich das angefochtene Urteil
im Ergebnis als richtig, denn der Kläger kann auf die Provisionsforderung für den Monat April 2000 in Höhe von
13.784,77 DM 8 % Zinsen beanspruchen. Diese Forderung ist gemäß §§ 87 a Abs. 4, 87 c Abs. 1 HGB am 31. Mai
2000 fällig geworden. Damit ist § 288 BGB in der seit dem 1. Mai 2000 geltenden Fassung mit der Folge auf diese
Forderung anwendbar, dass der Kläger 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszins hätte beanspruchen können.
Dieser Zinssatz übersteigt seit dem 1. Mai 2000 ständig den geltend gemachten Zinssatz von 8 %
(Bekanntmachung des MJ vom 3. September 2001, Nds. Rpfl. 2001, 297), sodass der Zinsanspruch des Klägers in
geltend gemachter Höhe auch begründet ist. 6. Die weiteren Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1,
92 Abs. 2, 708 Nr. 10, 711, 546 Abs. 2 ZPO. ####### ####### #####