Urteil des OLG Celle vom 13.06.2002

OLG Celle: fahrzeug, verkehrsunfall, eigenschaft, zufall, vorsorge, verfügung, radfahrer, versicherer, verweigerung, verdacht

Gericht:
OLG Celle, 14. Zivilsenat
Typ, AZ:
Urteil, 14 U 272/01
Datum:
13.06.2002
Sachgebiet:
Normen:
BGB § 823, STVG § 7
Leitsatz:
Zum Vorbringen eines gestellten Unfalls.
Volltext:
14 U 272/01 1 O 4573/00 Landgericht Hannover Verkündet am 13. Juni 2002 #######, Justizangestellte als
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle In dem Rechtsstreit #######, Kläger und Berufungskläger,
Prozessbevollmächtigte: ####### gegen 1. #######, 2. #######, 3. #######, Beklagte und Berufungsbeklagte,
Prozessbevollmächtigte zu 1, 2: ####### hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche
Verhandlung vom 21. Mai 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ####### sowie die Richter am
Oberlandesgericht ####### und ####### für Recht erkannt: Die Berufung des Klägers gegen das am 31. August
2001 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die
Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Revision wird nicht zugelassen. Wert der
Beschwer: 9.739,08 €. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO a. F. abgesehen.
Entscheidungsgründe Die Berufung erweist sich als unbegründet. Dem Kläger stehen gegen die Beklagten
Schadensersatzansprüche aus Anlass des von ihm behaupteten Verkehrsunfalls vom 4. Mai 2000 in der ####### in
Hannover nicht zu. Ob es dabei, wie die Kammer gemeint hat, bereits an der Aktivlegitimation des Klägers im
Hinblick auf die von ihm behauptete Eigentümerstellung an dem beschädigten Kraftfahrzeug fehlt (immerhin hat der
Kläger nicht nur seine Eigenschaft als Halter dieses Fahrzeugs nachgewiesen, sondern in zweiter Instanz zudem
noch eine Bescheinigung des Verkäufers des Fahrzeugs vorgelegt, wonach er persönlich das Fahrzeug auch gekauft
hat; mehr wird der Kläger nach Veräußerung des Fahrzeuges schwerlich nachweisen können) kann dahinstehen.
Jedenfalls ist nämlich davon auszugehen, dass es sich bei dem Geschehnis vom 4. Mai 2000 nicht um einen Unfall,
d. h. ein ungewolltes Schadensereignis gehandelt hat, sondern dass eine entsprechende Verabredung zwischen den
Beteiligten getroffen worden war, der Kläger mithin in die Beschädigung seines Fahrzeuges eingewilligt hat. Für eine
solche Unfallmanipulation streitet im vorliegenden Fall eine Anzahl von Indizien, die in ihrer Gesamtschau zu einer
solchen Schlussfolgerung führen. Auch wenn jedes einzelne Indiz für sich gesehen einer natürlichen Erklärung
zugeführt werden könnte, führt ihre auffällige Häufung zu der Überzeugung des Senats, dass der Verkehrsunfall
gestellt war. Dabei hatte der Senat Folgendes zu berücksichtigen: Bei dem geschädigten Fahrzeug handelte es sich
um ein älteres Modell der automobilen Oberklasse, das nach dem Unfall umgehend unrepariert verkauft worden ist.
Typischerweise werden derartige, in der Anschaffung vergleichsweise erschwingliche Fahrzeuge, die jedoch einen
hohen finanziellen Reparaturaufwand erfordern, für fingierte Verkehrsunfälle herangezogen, im Anschluss daran
jedoch entweder gar nicht oder angeblich in Eigenregie repariert. Geschädigt wurde das Fahrzeug durch einen
gemieteten Klein-Lkw, und zwar zu nächtlicher Zeit in einer wenig befahrenen Nebenstraße. Dieses Fahrzeug war
erst wenige Stunden vor dem Unfall am selben Abend mit einem so genannten Kurzzeit-Miettarif durch den
Beklagten zu 3 angemietet worden, wobei die Selbstbeteiligung für etwaige Schadensfälle reduziert worden ist. Alles
drei, also der Zeitablauf, die Eigenschaft als Mietfahrzeug und der Fahrzeugtyp sind für solcherlei Konstellationen
typisch, wobei hinzu kommt, dass der Beklagte zu 3 keinen Ansatz unternommen hat, zu erläutern, was er zu dieser
Zeit mit dem angemieteten Fahrzeug überhaupt vor hatte. Hinzu kommt, dass die angeblichen Unfallgegner nicht
weit voneinander am südlichen Rand des südlich von Hannover gelegenen Ortsteiles Ricklingen in vergleichsweiser
Nähe wohnen, der Unfall sich jedoch in der nördlichen Innenstadt von Hannover in einer entlegenen Seitenstraße
abgespielt hat. Auch der behauptete Hergang des Unfallgeschehens erscheint wenig plausibel. Ausweislich seiner
Einlassung gegenüber der den Unfall aufnehmenden Polizei hat der Beklagte zu 3 einem ihm entgegenkommenden
Radfahrer ausweichen wollen und dabei das Fahrzeug des Klägers streifend beschädigt. Abgesehen davon, dass es
bei einem entgegenkommenden schmalen und verhältnismäßig langsamen Fahrradfahrer kaum nachvollziehbare
Veranlassung geben kann, das vom Beklagten zu 3 geführte Fahrzeug derart weit nach rechts hinüberzuziehen, ist
auffälligerweise bei diesem Manöver auch nur das Fahrzeug des Klägers beschädigt worden, nicht etwa die
unmittelbar davor oder dahinter in grader Linie parkenden weiteren Fahrzeuge. Dies mag, wie die anderen Indizien
auch, für sich gesehen noch als merkwürdiger Zufall angesehen werden können, in Zusammenschau mit den
weiteren Umständen rechtfertigt es jedoch den Schluss auf eine entsprechende Verabredung. Dem und dem
typischen Geschehenshergang eines gestellten Verkehrsunfalls entspricht es auch, dass wegen des Unfallortes und
der Unfallzeit Zeugen nicht zur Verfügung stehen, speziell der angeblich unfallursächliche Fahrradfahrer nicht
namhaft gemacht worden ist. Besonders gravierend fällt ins Gewicht, dass der angebliche Schädiger, der Beklagte
zu 3, auf Anfrage der Beklagten zu 1 schriftsätzlich am 9. August 2000, also wenige Monate nach dem
Verkehrsunfall, mitgeteilt hat (Bl. 60 d. A.), sich angeblich an nichts mehr erinnern zu können wegen seines ´ganz
schwachen Gedächtnisses´. Dass ein Unfallbeteiligter sich bereits nach wenigen Monaten an keinerlei Einzelheiten
des von ihm selbst verschuldeten Verkehrsunfalls erinnern will, obwohl er zuvor für solche Fälle sogar bewusst
Vorsorge betrieben hat (hier durch Herabsetzung der Selbstbeteiligung) ist nicht nachvollziehbar und deutet darauf
hin, dass durch Verweigerung der Mitwirkung gegenüber dem eigenen Versicherer der wirkliche Geschehenshergang
verschleiert werden sollte. Schließlich kommt hinzu, dass der Kläger selbst nur einen Monat zuvor in unmittelbarer
Nachbarschaft des Geschehensortes an einem Verkehrsunfall beteiligt gewesen ist, hinsichtlich dessen zumindest
der Verdacht eines provozierten Unfalles geäußert worden ist (vgl. Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 17. Januar
2002, 547 C 13937/00, Bl. 199 ff. d. A.). Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1; 708
Nr.10, 711, 713 ZPO; 26 Nr. 8 EGZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, § 543 ZPO n. F. Weder hat die
Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. ####### ####### #######