Urteil des OLG Celle vom 09.03.2009

OLG Celle: rechtliches gehör, hauptsache, verfügung, verfahrenskosten, erlass, rechtshängigkeit, anhörung, glaubhaftmachung, gemeinde, geschäftsführer

Gericht:
OLG Celle, 13. Zivilsenat
Typ, AZ:
Beschluss, 13 W 20/09
Datum:
09.03.2009
Sachgebiet:
Normen:
ZPO § 922
Leitsatz:
Die sofortige Beschwerde gegen einen Beschluss, mit dem der Antrag auf Erlass einer einstweiligen
Verfügung zurückgewiesen wurde, ist unzulässig, wenn sie mit dem Ziel eingelegt ist, die Erledigung
der Hauptsache auszusprechen und wenn der Antragsgegner nicht am Verfahren beteiligt war.
Volltext:
13 W 20/09
4 O 41/09 Landgericht Stade
B e s c h l u s s
In der Beschwerdesache
Bautaucherei und Bergungsbetrieb B.####### GmbH, gesetzlich vertreten durch
den Geschäftsführer D.####### L.#######, A.####### 5, ####### B.#######,
Antragstellerin und Beschwerdeführerin,
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte A.####### & V.#######, G.#######Straße 24, ####### R.#######,
Geschäftszeichen: #######
gegen
Gemeinde D.#######, vertreten durch den Bürgermeister Herrn W.####### N.#######, W.####### 13, #######
D.#######,
Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin,
hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle nach Übertragung des Verfahrens auf den Senat (§ 568 Abs. 1
Satz 2 Nr. 2 ZPO) durch die Richterin am Oberlandesgericht Z.####### als Vorsitzende, den Richter am
Oberlandesgericht B.####### und die Richterin am Oberlandesgericht R.####### am 9. März 2009 beschlossen:
1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des
Landgerichts Stade vom 2. Februar 2009 (4 O 41/09) wird als unzulässig verworfen.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 22.000 EUR.
Gründe:
Das Landgericht hat der fristgerecht eingelegten sofortigen Beschwerde der Antragstellerin gegen seinen Beschluss
vom 2. Februar 2009 zu Recht und mit zutreffenden Gründen nicht abgeholfen. Die sofortige Beschwerde ist nicht
zulässig. Einer Sachentscheidung bedarf es daher nicht.
1. Zwar ist der Antragstellerin zuzugeben, dass die Frage, ob im einstweiligen Verfügungsverfahren eine Beschwerde
mit dem Ziel eingelegt werden kann, das Eilverfahren in der Hauptsache für erledigt zu erklären, in Rechtsprechung
und Literatur zumindest für den Fall umstritten ist, in dem sich das Verfügungsverfahren im Beschlussverfahren
befindet.
Soweit eine sofortige Beschwerde für zulässig erachtet wird (vgl. z. B. OLG Frankfurt, NJWRR 1992, 493.
ZöllerVollkommer, § 922 Rz. 4 m. w. N.), wird dies zum einen mit prozessökonomischen Erwägungen begründet,
zum anderen mit der Überlegung, dass der Antragstellerseite die Möglichkeit einer einseitigen Erledigung nicht
gänzlich abgeschnitten werden dürfe und es ausreiche, dem Antragsgegner im Beschwerdeverfahren rechtliches
Gehör zu gewähren.
Die gegenteilige Ansicht beruft sich vor allem auf die Regelungen in § 922 Abs. 3, § 936 ZPO, wonach der
Antragsgegner im Falle der Zurückweisung des Arrestgesuchs nicht zu beteiligen ist (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss
vom 15. Januar 2001, 6 W 60/00. OLG Koblenz, Beschluss vom 18. Dezember 2002, Az. 4 W 747/02. OLG
Bamberg, Beschluss vom 18. April 2004, Az. 3 W 36/02. OLG Hamm, Beschluss vom 25. Oktober 1984, Az. 4 W
143/84).
2. Der Senat schließt sich mit dem Landgericht der zuletzt genannten Auffassung an, welche die Beschwerde für
unzulässig ansieht. Ergänzend zu den vom Landgericht ausgeführten Gründen beruht dies im Wesentlichen auf
folgenden Erwägungen:
a) § 922 Abs. 3 ZPO sieht in Fällen, in denen der Antragsgegner wegen der Zurückweisung des Arrestgesuchs nicht
beteiligt worden ist, eine förmliche Beteiligung ausdrücklich nicht vor.
Die Zulässigkeit einer im Wege der sofortigen Beschwerde erklärten Hauptsacheerledigung hätte aber zur Folge,
dass der Antragsgegner aktiv an dem Verfahren als Partei beteiligt werden müsste. Dadurch würde von dem
gesetzlich vorgesehenen Verfahrensgang abgewichen werden, was einen Systembruch darstellen würde.
b) Abgesehen davon, dass mit der Zurückweisung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung durch
Beschluss zunächst gar kein Verfahren mehr anhängig ist, in dem eine Erledigung hätte eintreten können, sprechen
auch die Besonderheiten des einstweiligen Verfügungsverfahrens als Eilverfahren gegen die Zulässigkeit der
Beschwerde zur Erklärung der Erledigung der Hauptsache:
Entscheidungen über die Frage der Erledigung der Hauptsache, bei denen es vorrangig um die Klärung des
Schuldners der Verfahrenskosten geht, sind ihrer Natur nach nicht dringlich. Das einstweilige Verfügungsverfahren
soll indes allein der dringlichen Rechtsdurchsetzung in der Sache dienen. An einem rechtlichen Interesse an einer
Eilentscheidung nur wegen der Kosten fehlt es dagegen.
c) Für die Auffassung der Befürworter einer Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde sprechen auch nicht etwa
Gründe der Prozessökonomie:
Die Bejahung der Zulässigkeit würde durch die damit verbundene notwendige Anhörung des Antragsgegners im
Gegenteil zu zusätzlichen Verfahrenskosten führen, ohne dass eine endgültige Entscheidung herbeigeführt würde.
Die endgültige Klärung sowohl bezüglich des materiellrechtlichen Anspruchs als auch bezüglich der Kosten des
einstweiligen Verfügungsverfahrens wäre nämlich nur im
Hauptsacheverfahren möglich. Streitgegenstand des einstweiligen Verfügungsverfahrens ist dagegen nur das
vorläufige Sicherungsbegehren der Antragstellerin, nicht der materiellrechtliche Anspruch. Es handelt sich insofern
nur um ein summarisches Erkenntnisverfahren. Es ist daher auf die Glaubhaftmachung beschränkt. die
Entscheidung, wer endgültig die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens zu tragen hat, hängt dagegen vom
Ergebnis des Hauptverfahrens ab.
d) Soweit schließlich im Berufungsverfahren eine Berufungseinlegung mit dem Ziel zulässig ist, die Erledigung der
Hauptsache feststellen zu lassen, spricht dies ebenfalls nicht für die Zulässigkeit der Beschwerde auch in der
vorliegenden Fallkonstellation. Die Ausgangssituation ist nämlich nicht vergleichbar: Berufungen sind nur gegen
Urteile möglich, setzen also notwendigerweise eine Beteiligung des Gegners bereits in der ersten Instanz voraus. An
einer solchen Beteiligung fehlt es aber gerade im einseitigen Verfügungsverfahren.
Viel näher liegt insoweit die Parallele zum Fall der einseitigen Erledigung zwischen Klageerhebung und Eintritt der
Rechtshängigkeit. Auch hier fehlt es noch an einer Beteiligung des Gegners, weshalb in diesem Fall nach ganz
überwiegender Ansicht eine Feststellung der Erledigung ausscheidet.
3. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin kommt hier aber auch keine entsprechende Anwendung von § 269
Abs. 3 Satz 3 ZPO in Betracht, weil dieser
wie ausgeführt - der Charakter des einstweiligen Verfügungsverfahrens als Mittel zur Durchsetzung eines nur
vorläufigen Sicherungsbegehrens entgegenstünde. Mit dem Landgericht ist der Senat daher der Auffassung, dass
die Antragstellerin auf die im Falle des Bestehens eines Anspruchs gegebene Möglichkeit verwiesen werden muss,
den Antragsgegner nach materiellem Recht wegen der Kosten, die ihm im einstweiligen Verfügungsverfahren
entstanden sind, auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Wertfestsetzung auf § 3 ZPO.
Z.####### B.####### R.#######