Urteil des OLG Celle vom 05.04.2001

OLG Celle: unfall, geschäftsführer, rechtshängigkeit, klageerweiterung, vollstreckbarkeit, warnung, bauarbeiten, fahrzeugführer, verschulden, datum

Gericht:
OLG Celle, 14. Zivilsenat
Typ, AZ:
Urteil, 14 U 111/00
Datum:
05.04.2001
Sachgebiet:
Normen:
BGB § 823, BGB § 254
Leitsatz:
Zur Haftungsverteilung bei Schäden aus einem Unfall, an dem eine Planierraupe und eine
Straßenbahn beteiligt sind
Volltext:
Oberlandesgericht Celle
Im Namen des Volkes
Urteil
14 U 111/00
11 O 4117/99 LG Hannover
Verkündet am
5. April 2001
Justizobersekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In dem Rechtsstreit
pp.
XXXXXXX
XXXXXX
gegen
XXXXX
XXXXX
hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 13. März 2001 unter
Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ##### der Richters am Oberlandesgericht ##### und
##### für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 22. März 2000 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts
Hannover unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte zu 2 wird verurteilt, an die Klägerin 30.515,17 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 8. Dezember 1999 zu
zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Gerichtskosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 20 % und der Beklagten zu 2 zu 80 % auferlegt. Von
den außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin die der Beklagten zu 1 voll und 20 % derjenigen
der Beklagten zu 2 und die Beklagte zu 2 80 % der außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Wert der Beschwer übersteigt für keine der Parteien 60.000 DM.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin gegen das klagabweisende erstinstanzliche Urteil ist, nachdem sie das zunächst auch
gegen die Beklagte zu 1 gerichtete Rechtsmittel zurückgenommen hat, überwiegend begründet.
Die Klägerin geht mit ihrer Klage und Berufung davon aus, dass die Kollision, die sich am Freitag, dem 9. Juli 1999,
gegen 14:00 Uhr zwischen einem ihrer Stadtbahnzüge und einer Planierraupe der Beklagten zu 2 (im Folgenden: die
Beklagte) auf der ##### in ##### ereignet hat, auf ein in etwa gleich zu bewertendes Fehlverhalten der beiden
Fahrzeugführer zurückzuführen ist. Sie hat daher (lediglich) 50 % des ihr durch den Unfall entstandenen Schadens
geltend gemacht. Die Beklagte ist demgegenüber der Auffassung, dass der Stadtbahnführer ##### allein für den
Unfall verantwortlich ist.
Nach Überzeugung des Senats ist angesichts der Umstände, unter denen es zu dem Unfall gekommen ist, eine
Haftungsverteilung im Verhältnis 60 : 40 zu Lasten der Klägerin angemessen. Dieser steht daher ein
Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1, § 831 Abs. 1 BGB in Höhe von 30.515,17 DM gegenüber der Beklagten
zu. Im Einzelnen:
Bei der Haftungsverteilung ist einerseits zu berücksichtigen, dass sich der Mitarbeiter der Beklagten #####, auf
dessen Verschulden es im Rahmen der Haftung der Beklagten aus § 831 BGB nicht ankommt, nicht
verkehrsgerecht verhalten hat. Er hätte die Planierraupe nicht so abstellen dürfen, dass ihr Schild in den Fahrbereich
der Stadtbahn hineinragte. Zum Zeitpunkt des Unfalls war ##### nämlich nicht etwa mit Planierarbeiten beschäftigt.
Er hielt sich vielmehr – für den Fahrer der Stadtbahn unstreitig nicht erkennbar – zusammen mit dem
Geschäftsführer der Beklagten ##### hinter der Raupe auf, um die Höhe des Planums nachzumessen (vgl. Bl. 103).
Vor der Durchführung dieser Messarbeiten hätte ##### jedoch sicherstellen müssen, dass die Planierraupe, so
abgestellt war, dass ihr Schild nicht in den Fahrbereich der Stadtbahn hineinragte und damit den trotz der
Bauarbeiten aufrecht erhaltenen Zugverkehr gefährdete. Erforderlichenfalls hätte ##### oder der anwesende
Geschäftsführer der Beklagten, für dessen fahrlässiges Verhalten auch eine unmittelbare Haftung der Beklagten aus
§ 823 Abs. 1 BGB in Betracht kommt, die Raupe während der Messarbeiten an einer anderen (breiteren) Stelle
zwischen den Gleisen außerhalb des Gefahrenbereichs abstellen oder eine weitere Person mit der Warnung des
Zugverkehrs, mit dem jederzeit zu rechnen war, beauftragen müssen.
Bei der Abwägung der Haftungsverteilung ist aber andererseits auch zu berücksichtigen, dass sich der Führer der
Stadtbahn ebenfalls keineswegs verkehrsgerecht verhalten hat. Er ist auf die Planierraupe, deren Schild in den
Fahrbereich seines Zuges hineinragte, zugefahren, ohne sich nach einer Verlangsamung der Fahrt zu vergewissern,
ob er das Baufahrzeug gefahrlos werde passieren können. Da dieses Fehlverhalten schwerer wiegt als dasjenige des
Raupenführers, hält der Senat – wie eingangs bereits ausgeführt – eine Haftungsverteilung von 60 : 40 zu Lasten der
Klägerin für angemessen. Dass bei einer derartigen Quotierung der auf die Beklagte entfallende Mitverursachungs
bzw. Mitverschuldensanteil im Gegensatz zur Auffassung des Landgerichts nicht völlig hinter demjenigen des
Führers der Stadtbahn zurücktritt, bedarf keiner weiteren Begründung.
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Klägerin durch den Unfall ein Schaden von 76.287,93 DM entstanden
ist. 40 % dieser Summe machen einen Betrag von 30.515,17 DM aus. In dieser Höhe sind Klage und Berufung der
Klägerin daher mit der Folge begründet, dass das klagabweisende erstinstanzliche Urteil entsprechend abzuändern
war.
Der Zinsausspruch beruht auf § 291 BGB. Im Verhältnis zur früheren Beklagten zu 2 (und jetzigen alleinigen
Beklagten und Berufungsbeklagten) ist Rechtshängigkeit erst am 8. Dezember 1999 eingetreten, weil ihr die
Klageerweiterung vom 26. November 1999 (Bl. 31 d. A.) erst an diesem Tage zugestellt worden ist.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, §§ 711, 713 ZPO. Den Wert der Beschwer hat der Senat gemäß § 546 Abs.
2 Satz 1 ZPO festgesetzt.
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