Urteil des OLG Celle vom 28.11.2002

OLG Celle: genehmigung, freizeit, rüge, verweigerung, briefkontrolle, gestaltung, beschränkung, zukunft, ermessensspielraum, ausnahme

Gericht:
OLG Celle, 01. Strafsenat
Typ, AZ:
Beschluß, 1 Ws 336/02
Datum:
28.11.2002
Sachgebiet:
Normen:
StVollzG § 4, StVollzG § 67
Leitsatz:
Zur Genehmigungsfähigkeit eines Fernstudiums.
Volltext:
Oberlandesgericht Celle 1 Ws 336/02 (StrVollz) 17 StVK 338/01 LG ####### B e s c h l u s s In der
Strafvollzugssache des ####### ####### ####### , geb. am ############## in #######, zurzeit in der JVA
#######, #######, - Antragstellers -, gegen die Justizvollzugsanstalt #######, vertreten durch den Anstaltsleiter -
Antragsgegnerin -, wegen Genehmigung eines Fernstudiums hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle
nach Beteiligung des Niedersächsischen Justizministeriums, vertreten durch die Generalstaatsanwaltschaft Celle,
durch den Richter am Oberlandesgericht ############## , den Richter am Oberlandesgericht ####### und die
Richterin am Oberlandesgericht ############## am 28. November 2002 beschlossen: Die Rechtsbeschwerde des
Antragstellers gegen den Beschluss der 2. kleinen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts ####### mit Sitz in
####### vom 13. September 2002 wird verworfen. Die Kosten der Rechtsbeschwerde hat der Antragsteller zu
tragen. Der Streitwert wird auf 100 Euro festgesetzt. Gründe: I. Der Antragsteller begehrt die Genehmigung zur
Fernausbildung zum Betriebswirt bei der ###################################. Seinen Antrag auf gerichtliche
Entscheidung gegen die Ablehnung der beantragten Genehmigung durch die Justizvollzugsanstalt hat die
Strafvollstreckungskammer des Landgerichts ####### mit ############## mit Beschluss vom 13. September 2002
zurückgewiesen. Die Justizvollzugsanstalt habe von dem ihr nach § 67 StVollzG eingeräumten Ermessen in
rechtsfehlerfreier Weise Gebrauch gemacht. Dagegen wendet sich der Gefangene mit seiner Rechtsbeschwerde. Er
erhebt Aufklärungsrügen und vertritt unter Heranziehung einer Entscheidung des Landgerichts ####### vom
6. September 2001 (20 Vollz 102/01) die Auffassung, die Verweigerung der Genehmigung sein nur unter den
Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 StVollzG möglich, die nicht vorlägen. Überdies sei die Entscheidung der
Justizvollzugsanstalt aber auch ermessenfehlerhaft. II. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. Die Rechtsbeschwerde
ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zulässig (§ 116 Abs. 1 StVollzG), in der Sache aber
unbegründet. 1. Die Aufklärungsrügen sind nicht in zulässiger Form ausgeführt, § 118 Abs. 2 StVollzG. Die Rüge
erfordert jeweils die Darlegung, welche Tatsache das Gericht zu ermitteln unterlassen hat, und die Bezeichnung der
Beweismittel, deren sich der Tatrichter hätte bedienen sollen. Ferner muss angegeben werden, welche Umstände
das Gericht zu weiteren Ermittlungen hätten drängen müssen und welches Ergebnis von der unterbliebenen
Beweiserhebung zu erwarten gewesen wäre (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 45. Aufl. § 244 Rdn. 81 m.w.N.).
Dem werden die Ausführungen in der Rechtsbeschwerdeschrift nicht gerecht. 2. Die Rüge der Verletzung materiellen
Rechts ist zulässig, in der Sache aber unbegründet. Zu Recht geht die Strafvollstreckungskammer davon aus, dass
Rechtsgrundlage für die Verweigerung der beantragten Genehmigung § 4 Abs. 1 i.V.m. § 67 StVollzG ist. Der
Auffassung des Antragstellers, mangels spezieller Regelungen finde für die Aufnahme eines in der Freizeit
betriebenen Fernstudiums allein die Vorschrift des § 4 Abs. 2 StVollzG Anwendung, vermag sich der Senat nicht
anzuschließen. Nach § 4 Abs. 2 StVollzG unterliegt der Gefangene den im Strafvollzugsgesetz vorgesehenen
Beschränkungen seiner Freiheit. Soweit das Gesetz Beschränkungen nicht enthält, dürfen ihm nur Beschränkungen
auferlegt werden, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung der
Ordnung der Anstalt unerlässlich sind. § 67 StVollzG sieht vor, dass der Gefangene Gelegenheit erhält, sich in
seiner Freizeit zu beschäftigen. Er soll (auch) Gelegenheit zu Fernunterricht erhalten. Die spezielle Regelung in § 67
StVollzG stellt eine Beschränkung im Sinne von § 4 Abs. 2 StVollzG dar. Sie beinhaltet nicht nur die Verpflichtung
der Justizvollzugsanstalt, für ein möglichst umfassendes und differenziertes Freizeitangebot Sorge zu tragen,
sondern ist auch die gesetzliche Grundlage für die Versagung einer beantragten Genehmigung. Dies ergibt sich aus
dem Sinn und Zweck der Vorschrift unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen des Gefangenen: Die
Aufnahme eines Fernstudiums in der Freizeit bedingt eine Reihe von Folgeent- scheidungen durch die
Justizvollzugsanstalt, z.B. im Rahmen der Briefkontrolle (§§ 28 ff StVollzG) und der Gewährung von Lockerungen
zur Ableistung von Praktika oder Prüfungen (§ 11 StVollzG). Der Gefangene hat daher - unbeschadet des Rechts zur
freien Gestaltung seiner Freizeit - ein schützenswertes Interesse daran, zu wissen, ob die zur Durchführung des
Fernstudiums erforderlichen Einzelmaßnahmen von der Justizvollzugsanstalt in Zukunft gebilligt werden oder nicht.
Es entspricht daher der Fürsorgepflicht der Justizvollzugsbehörde, für den Gefangenen klare Verhältnisse zu
schaffen, damit er überflüssige Investitionen vermeiden kann. Wenn der Gefangene eine Genehmigung beantragt,
hat die Justizvollzugsbehörde daher eine - rechtsmittelfähige - Entscheidung zu treffen. Dabei gibt § 67 StVollzG
den Entscheidungsrahmen vor: Die Sollformulierung engt den Ermessensspielraum der Vollzugsbehörde im Sinne
eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses ein. Die Justizvollzugsanstalt darf die Genehmigung nur ausnahmsweise
versagen. 3. Die (Ermessens-) Entscheidung der Justizvollzugsanstalt, den Antrag des Gefangenen auf
Genehmigung eines Fernstudiums abzulehnen, ist hier aus den in dem angefochtenen Beschluss zutreffend
ausgeführten Gründen aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs.
2 Satz 1 StVollzG, die Entscheidung über den Streitwert auf §§ 48 a, 13 GKG. ####### ####### #######