Urteil des OLG Celle vom 10.11.2003

OLG Celle: nachteilige veränderung, eigentümer, eigentum, hauptsache, mehrheit, grundstück, anteil, verfügung, verzicht, zustand

Gericht:
OLG Celle, 04. Zivilsenat
Typ, AZ:
Beschluss, 4 W 184/03
Datum:
10.11.2003
Sachgebiet:
Normen:
WEG § 22, BGB § 912
Leitsatz:
Kommt eine mit einem Überbau geringen Ausmaßes verbundene bauliche Maßnahme an der
Grenzwand auf dem Nachbargrundstück in ihren Auswirkungen einer baulichen Veränderung des
gemeinschaftlichen Eigentums im Sinne von § 22 I 1 WEG gleich, ist die Wirksamkeit eines
Mehrheitsbeschlusses der Wohnungseigentümer, mit dem dem Nachbarn die Zustimmung zu dem
beabsichtigten Überbau erteilt wird, nach § 22 I 2 WEG zu beurteilen.
Volltext:
4 W 184/03
17 T 26/03 Landgericht Hannover
71 II 441/02 Amtsgericht Hannover
B e s c h l u s s
In der Wohnungseigentumssache
betreffend die Wohnungseigentümergemeinschaft
#######
Beteiligte:
#######
#######
gegen
die übrigen Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft
#######
1. #######
2. #######
3. #######
4a) #######
b) #######
in Erbengemeinschaft,
5. #######
6. #######
7a) #######
b) #######
zu je 1/2 Anteil
8a) #######
zu 2/3 Anteil
b) #######
zu 1/3 Anteil
zu 1 - 8 vertreten durch die Verwalterin #######, Hausverwaltungen GmbH,
diese vertreten durch die Geschäftsführerin #######,
#######
#######
hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht #######,
den Richter am Oberlandesgericht ####### und den Richter am Landgericht ####### auf die sofortige weitere
Beschwerde der Antragstellerin vom 7. Oktober 2003 gegen den Beschluss der 17. Zivilkammer des Landgerichts
Hannover vom 23. September 2003 am 10. November 2003 beschlossen:
Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass davon abgesehen
wird, der Antragstellerin die
außergerichtlichen Kosten der Antragsgegner vor dem Amts und Landgericht aufzuerlegen.
Die Antragstellerin trägt die Gerichtskosten der sofortigen weiteren Beschwerde. Die außergerichtlichen Kosten der
sofortigen weiteren Beschwerde tragen die Parteien jeweils selbst.
Gegenstandswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde: 3.000 EUR.
G r ü n d e :
Die sofortige weitere Beschwerde ist gemäß §§ 45 Abs. 1 WEG 27, 29 FGG statthaft und zulässig, insbesondere
form und fristgerecht eingelegt worden (§§ 29 Abs. 1 und 4, 22 Abs. 1 FGG). In der Sache hat die sofortige weitere
Beschwerde jedoch nur im Kostenpunkt teilweise Erfolg. Gemäß § 27 Abs. 1 FGG wäre die sofortige weitere
Beschwerde in der Hauptsache nur begründet, wenn das Beschwerdegericht eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig
angewendet hat und dessen Entscheidung gerade auf einer derartigen Verletzung des Rechts i. S. v. §§ 27 Abs. 1
Satz 1 und 2 FGG, 546 ZPO n. F. beruht. Bei der Überprüfung der angefochtenen Entscheidung zur Hauptsache
vermag der Senat jedoch keine Rechtsfehler festzustellen.
I.
Die Antragstellerin hat mit Antrag vom 12. Dezember 2002 den Beschluss der
Eigentümerversammlung vom 14. November 2002 unter TOP 9 angefochten, mit dem bei 5 JaStimmen gegen eine
NeinStimme mehrheitlich die Genehmigung von Umbaumaßnahmen am Nachbarhaus ####### beschlossen worden
ist, die insbesondere darin bestehen, zur Verbesserung der Wärmedämmung auf der seitlichen Giebelseite eine
ThermoFassadenverkleidung aufzubringen, die mindestens 7,5 cm über die Grenze auf das Grundstück #######
ragt.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 4. März 2003 den Antrag der Antragstellerin zurückgewiesen.
Die gegen diese Zurückweisung gerichtete sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 25. März 2003 hat das
Landgericht nach einem Ortstermin am 3. Juni 2003 auf die mündliche Verhandlung vom 2. September 2003 mit
Beschluss vom 23. September 2003 zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin, die weiterhin die
Ungültigkeit des Beschlusses zu TOP 9 begehrt und ihr bisheriges Vorbringen vertieft.
Sie behauptet, die Baumaßnahme sei nur unter Inanspruchnahme eines Grundstücksstreifens von 10 - 12 cm des
Grundstücks ####### möglich. Die Auffassung des Landgerichts, dass die beabsichtigte Baumaßnahme als eine
bauliche Veränderung i. S. v. § 22 WEG angesehen werden könne, die durch Mehrheitsbeschluss gefasst werden
könne, sei rechtsfehlerhaft, weil das Landgericht die sich aus dem Überbau ergebenden Konsequenzen bei seiner
Entscheidung nicht berücksichtigt habe. So erwerbe der Überbauende kraft Gesetzes Eigentum an der überbauten
Fläche. Dadurch gehe die Publizitätsfunktion des Grundbuchs verloren, weil der tatsächliche Bauzustand nicht der
Teilungserklärung und dem Aufteilungsplan entspreche, die für die Abgrenzung von Sondereigentum und
Gemeinschaftseigentum maßgeblich sind. Es gehe nicht um bauliche Veränderungen, die ihre Grundlage in dem
gemeinschaftlichen Eigentum des Hausgrundstücks ####### und den sich daraus ergebenden Pflichten einzelner
Wohnungseigentümer hätten, sondern um eine Maßnahme auf dem Nachbargrundstück mit Auswirkungen durch
einen Überbau auf dem Grundstück der Parteien. Der damit verbundene Eigentumsverlust trete kraft Gesetzes ein.
Als Ausgleich sei gemäß § 915 BGB für den Verlust des Eigentums die Möglichkeit des Abkaufs vorgesehen. Auch
für diesen Fall gelte, dass mehrere Eigentümer nur gemeinschaftlich handeln könnten, da einer die anderen nicht zur
Übereignung verpflichten könne. In der bestehenden Rechtsordnung gebe es keinen Eigentumsverlust durch
Mehrheitsbeschluss.
Die Kostenentscheidung des Gerichts weiche vom Grundsatz des § 47 WEG ab, obwohl die Beschlussanfechtung
nicht als schuldhaft anzusehen sei, zumal es um Eingriffe in das Eigentumsrecht der Antragstellerin gehe.
Zu dem der Antragstellerin erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht zugegangenen
Schriftsatz der Antragsgegner vom 1. September 2003 werde darauf hingewiesen, dass die Klinkermauer des
Kellerabgangs kein Hindernis sei und auch nicht zu Wasserstauungen und dadurch zu Feuchtigkeitseintritten führe.
Die Häuser stünden seit mehr als 30 Jahren, ohne dass Feuchtigkeitsschäden aufgetreten seien. Damit dies so
bleibe, sei es erforderlich, dass sich auch der Eigentümer des Hausgrundstücks ####### selbst um seine
Außenwand kümmere und im Laufe der Zeit aufgetretenen Schäden beseitige. Es werde mit Nichtwissen bestritten,
dass Feuchtigkeitsschäden in einer Wohnung auf dem Nachbargrundstück aufgetreten seien, deren Ursachen
Wasserstauungen sein sollen, die durch die Klinkermauer des Kellerabganges begründet worden seien.
Die Antragsgegner treten der sofortigen weiteren Beschwerde unter Wiederholung ihres Vortrages entgegen.
II.
Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin ist in der Hauptsache nicht begründet.
Der mit Mehrheit gefasste Beschluss der Eigentümerversammlung vom 14. November 2002, den
Umbaumaßnahmen bezüglich der Fassadenverkleidung auf dem Nachbargrundstück „####### “ zuzustimmen,
überschreitet nicht die absolute Beschlusszuständigkeit der Wohnungseigentümerversammlung und ist auch nicht
auf Grund der Anfechtung der Antragstellerin für ungültig zu erklären.
Zu Recht hat das Landgericht für die Prüfung der Rechtmäßigkeit der von der Mehrheit der
Wohnungseigentümerversammlung beschlossenen Zustimmung zu der beabsichtigten Baumaßnahme auf dem
Nachbargrundstück „####### “ die Vorschrift des § 22 WEG angewendet, auch wenn die von dem Eigentümer des
Nachbargrundstücks beabsichtigte Anbringung einer ThermoFassadenverkleidung an der seitlichen Giebelseite der
Grenzwand auf dem Grundstück „####### “ zu einem - mit Rücksicht auf die Zustimmung der
Eigentümerversammlung rechtmäßigen - Überbau geringen Ausmaßes im Bereich des zum Gemeinschaftseigentum
gehörenden Kellerabganges führen würde.
1. Der Senat verkennt nicht, dass die Gestattung des Grenzüberbaues einer Verfügung i. S. v. § 185 Abs. 2 Satz 1
BGB so nahe steht, dass diese Vorschrift regelmäßig sinngemäß Anwendung findet, wenn ein Nichtberechtigter den
Grenzüberbau ausführt. Dies ist zwar von der höchstrichterlichen Rechtsprechung lediglich für den Fall der
Genehmigung des von einem Pächter vorgenommenen Grenzüberbau durch den Eigentümer des Stammgrundstücks
entschieden worden (vgl. BGHZ 15, 216, 219). Indessen muss dies erst recht für die Zustimmung einer Mehrheit von
Eigentümern des Nachbargrundstücks zudem von dem Eigentümer des Stammgrundstücks vorgenommenen
Überbau gelten. Gleichwohl folgt daraus nicht, dass die Zustimmung zu einem das Gemeinschaftseigentum
betreffenden rechtmäßigen Überbau gemäß §§ 10 Abs. 1 Satz 1 WEG, 747 Satz 2 BGB als ein der Verfügung im
Rechtssinne ähnliches Rechtsgeschäft stets die Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer erfordert. Da bereits
die Regelung des § 747 Satz 2 BGB insbesondere durch § 745 Abs. 1 BGB eine Einschränkung erfährt, begegnet es
keinen Bedenken, den in § 10 Abs. 1 Satz 1 WEG bestimmten Vorrang der gesetzlichen Regelungen des
Wohnungseigentumsgesetzes gegenüber den gesetzlichen Vorschriften des Gemeinschaftsrechts bei der einer
Verfügung vergleichbaren Zustimmung zu einem rechtmäßigen Überbau jedenfalls dann durch die Anwendung des §
22 WEG Geltung zu verschaffen, wenn die durch den Überbau auf dem Nachbargrundstück hervorgerufene
Zustandsveränderung des Gemeinschaftseigentums in ihren Auswirkungen einer baulichen Veränderung
i. S. v. § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG gleichkommt. Unter einer baulichen Veränderung ist die gegenständliche
Umgestaltung oder Veränderung des Erscheinungsbildes des Gemeinschaftseigentums in Abweichung von dem
Zustand bei Entstehung des Wohneigentums bzw. einer zu duldenden späteren Änderung zu verstehen (vgl.
PalandtBassenge, BGB, 62. Aufl., § 22 WEG Rn. 1; Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 22 Rn. 6). Eine derartige
Zustandsveränderung würde im vorliegenden Fall durch den Überstand der an der Grenzwand auf dem
Nachbargrundstück anzubringenden ThermoVerkleidung auf den Bereich des im gemeinschaftlichen Eigentum der
Wohnungseigentümer stehenden Kellerabganges entstehen. Insoweit unterscheidet sich das Ergebnis der
beabsichtigten Baumaßnahme nicht wesentlich von der Anbringung z. B. einer Sichtschutzwand unmittelbar an der
Grenze zum Nachbargrundstück oder von der Anbringung einer Fassadenverkleidung an einer zu dem
gemeinschaftlichen Eigentum gehörenden Giebelwand, die unmittelbar an einen Kellerabgang anschließt.
Für die Annahme einer baulichen Veränderung i. S. v. § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG ist nicht die Art der Herbeiführung
der Veränderung des baulichen Erscheinungsbildes des Gemeinschaftseigentums, sondern das Ergebnis der
Veränderung maßgeblich. Aus diesem Grunde kommt es auch nicht entscheidend darauf an, ob bauliche
Maßnahmen unmittelbar an Gegenständen des gemeinschaftlichen Eigentums vorgenommen werden oder ob mit
Zustimmung der Mehrheit der Wohnungseigentümer derartige Veränderungen an der Grenzwand des
Nachbargrundstücks durchgeführt werden, welche dann die Veränderung des Erscheinungsbildes des
gemeinschaftlichen Eigentums hervorrufen.
Eine andere Beurteilung ist auch nicht mit Rücksicht auf die Veränderung der Eigentumsverhältnisse nach einem
rechtmäßigem Überbau gerechtfertigt. Wird bei Errichtung eines Gebäudes im Einverständnis mit dem
Grundstücksnachbarn über die Grenze gebaut (rechtmäßiger Überbau), so sind zwar für die Eigentumsverhältnisse
am übergebauten Gebäudeteil die gleichen Grundsätze maßgebend, die nach §§ 912 ff BGB im Falle des
entschuldigten rechtswidrigen Überbaues gelten (vgl. BGHZ 62, 141). Danach unterliegt der hinübergebaute
Gebäudeteil zwar nicht der Grundregel der §§ 94 Abs. 1, 946 BGB, es tritt jedoch entsprechend § 95 Abs. 1 Satz 2
BGB die Wirkung ein, dass er als Scheinbestandteil des überbauten Grundstücks gemäß §§ 93, 94 Abs. 2 BGB
wesentlicher Bestandteil des Grundstücks bleibt, von dem aus übergebaut wurde (vgl. BGH NJW 94, 1791).
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin rechtfertigt jedoch der mit dem Überbau verbundene Eigentumsverlust
der Wohnungseigentümer hinsichtlich des überbauten Teils des Gemeinschaftseigentums nicht den Ausschluss der
Anwendung des
§ 22 WEG. Die Rechte des einzelnen Wohnungseigentümers werden nämlich auch in dieser Beziehung dadurch
hinreichend gewahrt, dass bauliche Veränderungen gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG, die - wie ein Überbau der
Grenzwand auf dem Nachbargrundstück - über die ordnungsgemäße Instandhaltung oder Instandsetzung des
gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen, regelmäßig nicht mit Mehrheit beschlossen werden können. Die
Zustimmung eines Wohnungseigentümers zu solchen Maßnahmen ist nur dann nicht erforderlich, wenn durch die
Veränderung dessen Rechte nicht über das in § 14 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden, ihm also
kein Nachteil erwächst, der über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgeht, § 22
Abs. 1 Satz 2 WEG.
Diese Ausnahmeregelung hat der Gesetzgeber getroffen, weil das uneingeschränkte Festhalten am
Einstimmigkeitserfordernis gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG gewünschte Veränderungen des gemeinschaftlichen
Eigentums unnötig erschweren würde, die es zu vermeiden gilt, weil im Gegensatz zur Bruchteilsgemeinschaft die
Gemeinschaft der Wohnungseigentümer unaufhebbar ist (vgl. Bärmann/Pick/Merle a. a. O., § 22 Rn. 103). Der
Zweck der Regelung erfasst aber auch den hier in Rede stehenden Fall der Zustimmung zu einem rechtmäßigen
Überbau lediglich geringen Ausmaßes auf das gemeinschaftliche Eigentum, weil es gerade auch im
wohlverstandenen Interesse und der Wohnungseigentümer liegen kann, mit einer derartigen Zustimmung, die für den
einzelnen Wohnungseigentümer nur eine allenfalls unwesentliche Beeinträchtigung seiner Rechte bedeutet, ein
gedeihliches nachbarliches Gemeinschaftsverhältnis zu fördern. Bei dem vorliegenden rechtmäßigen Überbau gelten
auch die Regelungen der §§ 912 II, 915 BGB nicht unmittelbar. Vielmehr richtet es sich in erster Linie nach der
schuldrechtlichen Abmachung, ob die Eigentümer des Nachbargrundstücks eine Entschädigung für den Überbau
beanspruchen können oder ob von einem Verzicht sowohl auf eine Rente als auch die Möglichkeit eines Abkaufs
auszugehen ist. Im vorliegenden Fall sieht der Beschluss der Eigentümerversammlung keine derartigen Ansprüche
vor, was unter Berücksichtigung des geringen Umfanges des Überbaues für einen Verzicht spricht, so dass die von
der Antragstellerin angesprochene Problematik, dass ein Eigentümer nicht die anderen zu einem Abkauf verpflichten
könne, sich im vorliegenden Fall nicht stellt.
2. a) Bei der Feststellung, ob die in Rede stehende bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums durch die
Anbringung der ThermoFassadenverkleidung an der Grenzwand auf dem Nachbargrundstück eine nicht lediglich
ganz unerhebliche Beeinträchtigung für die Antragstellerin darstellt, handelt es sich weitgehend um eine
Tatsachenfeststellung, die der Senat als Rechtsbeschwerdegericht nicht auf ihre sachliche Richtigkeit, sondern nur
darauf überprüfen kann, ob das Ergebnis auf einem Rechtsfehler beruht. Danach ist nicht zu beanstanden, dass
Landgericht und Amtsgericht übereinstimmend davon ausgehen, dass allenfalls nur eine unwesentliche
Beeinträchtigung der Antragstellerin durch den beabsichtigten Überbau eintreten wird. Für die
ThermoFassadenverkleidung nimmt der Eigentümer des Nachbargrundstücks nach den tatsächlichen Feststellungen
der Vorinstanzen lediglich den Raum zwischen dem Kellergeländer auf der Oberkante der den Kellerabgang
begrenzenden Backsteinmauer und der angrenzenden Wand des Nachbargebäudes in Anspruch. Dieser Bereich des
gemeinschaftlichen Eigentums ist für die Antragstellerin ohnehin keiner praktisch sinnvollen Nutzung zugänglich.
Das Amtsgericht hat festgestellt, dass eine Verengung des Kellerabgangs durch die Aufbringung der Thermohaut zu
unerheblich sei, als dass sich hierdurch eine wahrnehmbare Beeinträchtigung auch im Hinblick auf den Abtransport
von Schnittgut vom Garagendach ergeben könnte, zumal der Abgang so eng sei, das Sperriges nicht transportiert
werden könne. Unabhängig davon, ob die Fassadenverkleidung 7,5 cm oder 10 cm dick wird, ergebe sich daraus
auch keine erhebliche Minderung der Sonneneinstrahlung. Schäden auf Grund der Konstitution der
Fassadenverkleidung und der Isolierung des Nebenhauses durch Innenmaßnahmen sowie anlässlich der
Gerüstaufstellung zwecks Reparaturen seien lediglich spekulativ. Das bloße Risiko einer Beeinträchtigung wäre
insoweit aus Rechtsgründen auch kein Nachteil i. S. v. § 22 Abs. 1 Satz 2 WEG, weil die Schwelle zu einer
Gefährdung noch nicht überschritten ist. Das Treppengeländer selbst würde nach der Anbringung der
ThermoFassadenverkleidung auf der gleichen Seite verbleiben. Das Landgericht hat sich dieses von dem
Amtsgericht bereits festgestellten Umstandes bei seinem Ortstermin nochmals vergewissert. Es begegnet auch
keinen Bedenken, dass die Vorinstanzen im Hinblick auf den bereits schmutzigen und veralgten Zustand der
Backsteinkante in der vorgesehenen Aufbringung eines Zinkblechs auf die Backsteinkante auch im Hinblick auf eine
mögliche Korrosion des Blechs keine nachteilige Veränderung des optischen Gesamteindrucks sehen. Eine
nachteilige Veränderung des optischen Eindrucks der Giebelwand durch die Aufbringung der Thermoverkleidung
selbst ist nicht einmal von der Antragstellerin geltend gemacht worden. Insoweit liegt auch eher eine Verbesserung
des optischen Gesamteindrucks nahe. Mit Recht ist das Landgericht dem Amtsgericht auch in der Beurteilung
gefolgt, dass durch das Aufbringen einer neuen Fassade ein erhöhter Wasserabfluss nicht vorstellbar sei.
b) Soweit die Antragstellerin mit der weiteren sofortigen Beschwerde geltend macht, dass durch die beabsichtigte
Baumaßnahme mit der Inanspruchnahme eines Grundstücksstreifens von mehr als 10 cm (10 - 12 cm) zu rechnen
sei, handelte es sich um neuen Tatsachenvortrag, mit dem die Antragstellerin im Verfahren der weiteren sofortigen
Beschwerde ausgeschlossen ist. Sowohl in der Antragsschrift vom 12. Dezember 2002 als auch in der
Beschwerdeschrift vom 25. März 2003 hat die Antragstellerin jeweils vorgetragen, das im Wege des genehmigten
Überbaues eine etwa 10 cm starke Thermohaut an der Fassadenfläche anzubringen sei. Allein der Hinweis in der
Antragsschrift, dass wirksamer Wärmeschutz bei älteren Bauten erst ab 12 cm Thermohaut zu empfehlen sei,
beinhaltet insoweit noch keinen abweichenden Vortrag. Die Gegenseite hatte jeweils unter Bezugnahme auf die
vorgelegten Skizzen des Architekten und bei der Erörterung im Ortstermin vor dem Landgericht geltend gemacht,
dass nur 7,5 cm über die Grenze gebaut werde. Bei dieser Sachlage ist nicht zu beanstanden, dass die
Vorinstanzen von einem Überbau von jedenfalls nicht mehr als 10 cm Breite ausgegangen sind, so dass offen
bleiben kann, ob die Anbringung einer Fassadenverkleidung mit einer Stärke von 12 cm eine andere Beurteilung des
Grades der Beeinträchtigung der Antragstellerin rechtfertigen könnte.
c) Auf die Stellungnahme der Antragstellerin in der weiteren sofortigen Beschwerde vom 7. Oktober 2003 zu dem
Inhalt des Schriftsatzes der Antragsgegner vom 1. September 2003 kommt es für die Entscheidung des Senats
nicht an. In Bezug auf das Vorbringen der Antragsgegner im Schriftsatz vom 1. September 2003 liegt nämlich ein
Rechtsfehler des Landgerichts, insbesondere eine Verletzung des rechtlichen Gehörs der Antragstellerin nicht vor.
Zwar ist der Schriftsatz den Antragsgegnern erst mit dem Sitzungsprotokoll vom 2. September 2003 zugegangen.
Indessen hat das Landgericht seine Entscheidung lediglich auf die zutreffenden Gründe der Entscheidung des
Amtsgerichts und auf das Ergebnis des von ihm am 3. Juni 2003 durchgeführten Ortstermins gestützt, den Inhalt
des Schriftsatzes der Antragsgegner vom 1. September 2003 also nicht verwertet.
Nach alledem war die sofortige weitere Beschwerde in der Hauptsache als unbegründet abzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der Gerichtskosten auf § 47 Satz 1 WEG und trägt dem Grundsatz
Rechnung, dass der in der Hauptsache Unterliegende regelmäßig die Kosten zu tragen hat. Für die Abweichung von
dem Grundsatz, eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten nicht anzuordnen (vgl. BGH WM 84, 1294) besteht
allerdings im vorliegenden Fall weder für das Verfahren der weiteren sofortigen Beschwerde noch für das Verfahren
vor dem Amtsgericht und für das Beschwerdeverfahren vor dem Landgericht Veranlassung, so dass das
Rechtsmittel der Antragstellerin in soweit teilweise Erfolg hat. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts war der
Antrag nicht von vornherein offensichtlich aussichtslos, weil die Rechtslage hinsichtlich der Anwendung des § 22
WEG auf einen Überbau des Nachbargrundstücks nicht als geklärt anzusehen war.
Die Festsetzung des Gegenstandswertes des Verfahrens der weiteren Beschwerde orientiert sich an der
zutreffenden Festsetzung des Landgerichts.
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