Urteil des OLG Celle vom 15.09.2005

OLG Celle: auskunft, altersrente, bemessungsgrundlage, firma, rückrechnung, betrug, rentenanspruch, abschlag, stadt, wertsteigerung

Gericht:
OLG Celle, 10. Familiensenat
Typ, AZ:
Beschluss, 10 UF 217/04
Datum:
15.09.2005
Sachgebiet:
Normen:
BGB § 1587a Abs 2 Nr 3, VAHRG § 10A
Leitsatz:
1. Ein durch vorzeitige Inanspruchnahme einer Betriebsrente ausgelöster Versorgungsabschlag ist im
Versorgungsausgleich außer Betracht zu lassen, soweit er durch Zeiten vorzeitigen Rentenbezuges
außerhalb der Ehezeit verursacht worden ist.
2. Eine im Zeitpunkt der Entscheidung bereits laufende Betriebsrente, die nur im Leistungsstadium
volldynamisch ist, ist ohne Umwertung in den Versorgungsausgleich einzubeziehen. Die Rente ist
jedoch entsprechend der seit Ehezeitende eingetretenen Entwicklung ihrer persönlichen
Bemessungsgrundlage auf das Ende der Ehezeit zurückzurechnen.
3. Eine Rente aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes, die aufgrund der Strukturreform
zum 1.1.2002 neu berechnet worden ist (sog. Startgutschrift), muss im Abänderungsverfahren nach §
10 a VAHRG auf ein früheres Ehezeitende zurückgerechnet werden. Diese Rückrechnung kann i.d.R.
entsprechend der Entwicklung des gesamtversorgungsfähigen Entgelts vom Ehezeitende bis zum
31.12.2001 erfolgen.
Volltext:
10 UF 217/04
620 F 2636/03 Amtsgericht Hannover
B e s c h l u s s
In der Familiensache
I. B., ... ,
Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin,
Verfahrensbevollmächtigte:
Rechtsanwälte M., ... ,
Geschäftszeichen: ...
gegen
D. B., ... ,
Antragsteller und Beschwerdegegner,
Verfahrensbevollmächtigte:
Rechtsanwälte F., ... ,
Geschäftszeichen: ...
Beteiligte:
1. Landesversicherungsanstalt Hannover, Lange Weihe 2/4, 30880 Laatzen,
Geschäftszeichen: ... und Geschäftszeichen: ...
2. Zusatzversorgungskasse der Stadt H., ... ,
Geschäftszeichen: ...
hat der 10. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am
Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ... am
15. September 2005 beschlossen:
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Hannover vom 2.
September 2004 geändert.
Der Antrag des Antragstellers, die im Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Hannover vom 1. Dezember 1983
getroffene Entscheidung zum Versorgungsausgleich abzuändern, wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten beider Instanzen hat der Antragsteller zu tragen, der der Antragsgegnerin auch ihre notwendigen
Auslagen zu erstatten hat.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.000, EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Der am 30. Mai 1939 geborene Antragsteller und die am 29. November 1942 geborene Antragsgegnerin haben am 6.
Juli 1962 miteinander die Ehe geschlossen. Am 28. Januar 1983 wurde der Ehefrau der Scheidungsantrag des
Ehemannes zugestellt. Mit Urteil vom 1. Dezember 1983 (210 F 6/83) hat das Amtsgericht - Familiengericht -
Hannover die Ehe der Parteien geschieden. Zugleich wurde der Versorgungsausgleich durchgeführt. Dabei ist das
Amtsgericht von folgenden in der Ehezeit (1. Juli 1962 bis 31. Dezember 1982; § 1587 Abs. 2 BGB) erworbenen
Versorgungsanwartschaften der Parteien ausgegangen:
Ehemann:
Gesetzliche Rentenversicherung 757,40 DM
Ehefrau:
Gesetzliche Rentenversicherung 263,10 DM
Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes (Anwartschaft auf
Versicherungsrente, dynamisiert) 6,01 DM
269,11 DM
In Höhe der Hälfte der Differenz zwischen den insgesamt von beiden Eheleuten erworbenen Anwartschaften, also
757,40 DM ./. 269,11 DM = 488,29 DM : 2 = 244,15 DM, bezogen auf den 31. Dezember 1982 als Ende der Ehezeit,
hat das Amtsgericht von dem Versicherungskonto des Ehemannes bei der Landesversicherungsanstalt (LVA)
Hannover monatliche Rentenanwartschaften auf das Versicherungskonto der Ehefrau bei der LVA Hannover
übertragen.
Der Ehemann hat mit Antrag vom 11. Juni 2003, beim Amtsgericht am 12. Juni 2003 eingegangen, Abänderung der
genannten Entscheidung beantragt. Das Amtsgericht hat daraufhin Folgendes ermittelt:
Der Ehemann bezieht seit dem 1. Juni 1999 aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine Altersrente wegen
Arbeitslosigkeit (§ 38 SGB VI a.F., jetzt § 237 SGB VI); deren Ehezeitanteil beträgt nach Auskunft der LVA
Hannover - bezogen auf das Ende der Ehezeit (31.12.1982) - monatlich 384,61 EUR.
Die Ehefrau bezieht seit dem 1. Dezember 2002 aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine Altersrente für
Frauen gemäß § 237 a SGB VI; deren Ehezeitanteil beträgt nach Auskunft der LVA Hannover - bezogen auf das
Ende der Ehezeit - monatlich 195,92 EUR.
Ferner bezieht die Ehefrau ebenfalls seit dem 1. Dezember 2002 von der Zusatzversorgungskasse (ZVK) der Stadt
H. eine Rente aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes. Deren Höhe war zum 1. Januar 2002 als
„Startgutschrift“ aufgrund der Strukturreform mit monatlich 371,94 EUR festgestellt worden. Die ZVK hat den
„maßgebenden Betrag der Betriebsrente für die Ehezeit“ wie folgt errechnet:
Startgutschrift bezogen auf das Ende der Ehezeit:
gesamtversorgungsfähiges Entgelt
zum Ende der Ehezeit 1.139,38 EUR
371,94 EUR x = 216,15 EUR
gesamtversorgungsfähiges Entgelt
zum 31.12.2001 1.960,55 EUR
VomHundertSatz für die Ehezeit:
Jahre in der Ehezeit 6,74 Jahre x 100 GBQ Ehezeit 0,79
x = 26,99 %
Jahre insgesamt 24,66 Jahre GBQ insgesamt 0,80
(GBQ: Gesamtbeschäftigungsquotient; dieser drückt aus, in welchem Verhältnis die tatsächliche Arbeitszeit bei
Teilzeitbeschäftigung zur Arbeitszeit eines durchgehend Vollbeschäftigten steht)
Der auf die Ehezeit entfallende Anteil der Betriebsrente beträgt
26,15 EUR x 26,99 % = 58,34 EUR
Dieses Anrecht hat sich durch die vorzeitige Inanspruchnahme der Rente zum 1.12.2002 um 10,5 % gemindert.
Der Rentenanspruch beträgt daher zum Ende der Ehezeit 52,21 EUR.
Das Amtsgericht hat dieses Anrecht als volldynamisch angesehen und ohne Umwertung in folgende neue
Gesamtausgleichsbilanz eingestellt:
Anrechte des Ehemannes aus gesetzl. Rentenversicherung 384,61 EUR
Anrechte der Ehefrau aus gesetzl. Rentenversicherung 195,92 EUR
aus der Zusatzversorgung 52,21 EUR
136,48 EUR : 2 = 68,24 EUR
Da dieser Gesamtausgleichswert um mehr als 10 % von dem in der Erstentscheidung durchgeführten
Gesamtausgleich von 124,83 EUR abwich, hat das Amtsgericht den im Scheidungsverbundurteil durchgeführten
Versorgungsausgleich gemäß § 10 a VAHRG dahin abgeändert, dass - mit Rückwirkung auf den 1. Juli 2003 -
lediglich monatliche Rentenanwartschaften von 68,24 EUR zugunsten der Ehefrau übertragen werden.
Gegen diese Abänderungsentscheidung richtet sich die Beschwerde der Ehefrau. Sie rügt, dass das Amtsgericht
eine betriebliche Altersversorgung des Ehemannes unberücksichtigt gelassen und die Versorgung der Ehefrau bei
der ZVK zu Unrecht als volldynamisch angesehen habe.
II.
Die Beschwerde der Ehefrau ist zulässig (§§ 621 Abs. 1 Nr. 6, 621 e Abs. 1 und 3 ZPO) und begründet. Sie führt zur
Abweisung des Antrages des Ehemannes, weil die Voraussetzungen für eine Abänderung der Entscheidung über
den Versorgungsausgleich aus dem Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Hannover vom 1. Dezember 1983
gemäß § 10a VAHRG nicht vorliegen.
1.
In der Ehezeit des § 1587 Abs. 2 BGB, das ist im vorliegenden Fall der Zeitraum vom 1. Juli 1962 bis zum 31.
Dezember 1982, hat der Ehemann neben Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung auch - im
Scheidungsverfahren und auch in der ersten Instanz des vorliegenden Verfahrens noch verschwiegene -
Anwartschaften auf eine Betriebsrente seines früheren Arbeitgebers, der Firma H. ..., erworben.
a) Von der LVA Hannover bezieht der Ehemann seit dem 1. Juni 1999, d. h. seit Vollendung des 60. Lebensjahres,
eine Altersrente der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 1587 a Abs. 2 Nr. 2 BGB). Dabei handelt es sich um eine
Altersrente wegen Arbeitslosigkeit, der ein Zugangsfaktor von 1,0 zugrunde liegt, die also ohne einen Abschlag
wegen vorzeitiger Inanspruchnahme gewährt wird und somit der Regelaltersrente entspricht. Den Ehezeitanteil
dieses Rentenanspruchs hat die LVA Hannover - bezogen auf das Ende der Ehezeit - zutreffend mit monatlich
384,61 EUR errechnet (Auskunft vom 13. November 2003, Bl. 45 ff. d. A.).
b) Nach den Ermittlungen des Senats bezieht der Ehemann ferner ebenfalls seit dem 1. Juni 1999 auf Grund einer
ihm von seinem früheren Arbeitgeber, der Firma H. ... (im Folgenden: H.), erteilten Versorgungszusage eine
Betriebsrente. Der Ehemann war bei der Firma H. (bzw. ihrer Rechtsvorgängerin) vom 24. März 1965 bis zum 30.
Juni 1994 beschäftigt. Anschließend war er bis zum Rentenbeginn arbeitslos. Die Betriebsrente betrug bei
Rentenbeginn monatlich 371 DM (189,69 EUR). Dieser Betrag ist entsprechend der erteilten Versorgungszusage wie
folgt ermittelt worden: Zunächst ist die bei fortbestehender Betriebszugehörigkeit bis zur Vollendung des 65.
Lebensjahres erreichbar gewesene Rente errechnet worden. Aus der bis zu dieser Altersgrenze erreichbaren
betrieblichen Dienstzeit von 39 Jahren ergab sich ein Ruhegehaltssatz von (5 + 5,3 + 4,73 =) 15,03 %. Dieser
Prozentsatz war auf das in den letzten drei Jahren vor dem Ausscheiden aus dem Betrieb (d.h. vom 1.7.1991 bis
zum 30.6.1994) erzielte monatliche „pensionsfähige Diensteinkommen“ von 3.755 DM anzuwenden. Dies ergab eine
maximal erreichbar gewesene Betriebsrente von monatlich 564,19 DM. Dieser Betrag wurde im Hinblick auf die
vorzeitige Beendigung der Betriebszugehörigkeit des Ehemannes im Juni 1994 nach den Bestimmungen der
Versorgungsordnung und des BetrAVG über die Höhe unverfallbarer Anwartschaften im Verhältnis der bis zum
Ausscheiden aus dem Betrieb erreichten vollen Monate der Betriebszugehörigkeit (351) zu den bis zur Vollendung
des 65. Lebensjahres erreichbar gewesenen Monaten der Betriebszugehörigkeit (470) auf 74,681 % von 564,19 DM,
also monatlich 421,34 DM gekürzt. Hiervon wurde aufgrund der Versorgungsordnung noch ein Abzug von 12 % im
Hinblick auf die Inanspruchnahme der Rente vor Vollendung des 65. Lebensjahres vorgenommen, sodass sich
schließlich ein Rentenzahlbetrag von (gerundet) 371 DM (189,69 EUR) ergab.
Seit dem 1. Januar 2000 wird die Rente aufgrund einer ergänzenden Gesamtbetriebsvereinbarung um mindestens 1
% pro Jahr erhöht. Ferner findet weiterhin alle drei Jahre eine Überprüfung mit dem Ziel einer ggf. zusätzlichen
Anpassung an den Verbraucherpreisindex statt. Die Rentenanpassungen erfolgen jährlich zum 1. August mit
Rückwirkung auf den 1. Juli. Zum 1. Juli 2001 wurde die Rente des Ehemannes auf 193,50 EUR erhöht, zum 1. Juli
2002 auf 200,50 EUR, zum 1. Juli 2003 auf 202,50 EUR, zum 1. Juli 2004 auf 204,52 EUR und zum 1. Juli 2005 auf
209,70 EUR.
Der BGH hat mit Beschluss vom 22. Juni 2005 - XII ZB 117/03 - (FamRZ 2005, 1455) entschieden, dass ein durch
vorzeitige Inanspruchnahme einer gesetzlichen Rente ausgelöster Versorgungsabschlag im Versorgungsausgleich
nur insoweit zu berücksichtigen ist, als er durch Zeiten vorzeitigen Rentenbezuges innerhalb der Ehezeit verursacht
wurde. Dem schließt sich der Senat an. Nach seiner Auffassung muss Entsprechendes auch für andere
Versorgungsanwartschaften gelten. Da der Ehemann im vorliegenden Fall erst nach Ende der Ehezeit in den
Ruhestand getreten ist, muss die Kürzung seiner Betriebsrente, die auf der vorgezogenen Inanspruchnahme beruht,
im Versorgungsausgleich außer Betracht bleiben. Auszugehen ist daher von einer während der Betriebszugehörigkeit
erdienten vollen Versorgung von - bezogen auf den Rentenbeginn am 1. Juni 1999 - monatlich 421,34 DM.
Das Anrecht auf Betriebsrente ist im Hinblick auf die jährlichen Erhöhungen von mindestens 1 % im
Leistungsstadium als volldynamisch anzusehen (vgl. BGH FamRZ 2004, 1474; 2004, 1706; 2004, 1959). Tatsächlich
betrug die Wertsteigerung vom Rentenbeginn im Juni 1999 bis Juli 2005 sogar 10,55 %, also jährlich durchschnittlich
rund 1,75 %. In der Anwartschaftsphase bestand eine Volldynamik dagegen nur bis zum Ausscheiden des
Ehemannes aus dem Betrieb am 30. Juni 1994; während der Betriebszugehörigkeit war die Wertentwicklung durch
die Anbindung an das letzte „pensionsfähige Diensteinkommen“ an die Steigerung der Bruttoeinkommen der im
Betrieb Erwerbstätigen geknüpft. Auf die Wertentwicklung des Anrechts in der Anwartschaftsphase kommt es
allerdings im Abänderungsverfahren nicht mehr an, wenn - wie hier - der Versorgungsfall bereits eingetreten ist. Der
Senat folgt insoweit der Rechtsprechung des BGH (FamRZ 2005, 601 mit Anm. Bergner S. 602; ebenso auch für
Erstverfahren BGH Beschluss vom 13.4.2005 - XII ZB 59/02 - ), wonach eine im Zeitpunkt der Entscheidung bereits
laufende Rente, die im Leistungsstadium als volldynamisch zu beurteilen ist, unabhängig davon, ob das Anrecht
auch im Anwartschaftsstadium volldynamisch war, ohne Umwertung in den Versorgungsausgleich einzubeziehen ist.
Allerdings kann in den öffentlichrechtlichen Versorgungsausgleich nicht der derzeitige Rentenzahlbetrag einbezogen
werden. Vielmehr muss das betriebliche Versorgungsanrecht des Ehemannes - ebenso wie seine gesetzliche
Rentenanwartschaft - auf den gesetzlichen Bewertungsstichtag - das Ende der Ehezeit im Sinne des § 1587 Abs. 2
BGB - zurückbezogen werden (vgl. Bergner a.a.O.). Andernfalls würden keine vergleichbaren Rechengrößen in die
nach § 1587 a Abs. 1 BGB zu bildende Gesamtausgleichsbilanz eingestellt werden. Dies gilt auch für das
Abänderungsverfahren nach § 10 a VAHRG, in dem die auszugleichenden Anrechte wiederum in eine - allerdings
aktualisierte - Gesamtausgleichsbilanz aufzunehmen sind.
Die Betriebsrente des Ehemannes ist auf der Grundlage seines in den letzten drei Jahren vor dem Ausscheiden aus
dem Betrieb, d. h. vom 1. Juli 1991 bis zum 30. Juni 1994, erzielten durchschnittlichen monatlichen pensionsfähigen
Diensteinkommens errechnet worden. Einer stichtagsbezogenen Berechnung des Versorgungsanrechts müsste
daher das pensionsfähige Diensteinkommen des Ehemannes zum Ende der Ehezeit zugrunde gelegt werden. Dies
stößt allerdings im vorliegenden Fall auf die Schwierigkeit, dass sich die damalige persönliche
Bemessungsgrundlage des Ehemannes nicht mehr zuverlässig ermitteln lässt. Der Senat hat versucht, das
pensionsfähige Diensteinkommen des Ehemannes in den letzten drei Jahren vor Ende der Ehezeit (1980 bis 1982)
festzustellen. Dabei war zu berücksichtigen, dass zum pensionsfähigen Einkommen z. B. keine Vergütungen für
Mehr, Sonntags und Feiertagsarbeit, keine Weihnachtszuwendungen, kein Urlaubsgeld, keine Jubiläumszahlungen
und keine Arbeitgeberbeiträge zur Vermögensbildung gehören (2.4.2 der Versorgungsordnung). Der Arbeitgeber hat
mitgeteilt, über das pensionsfähige Einkommen des Ehemannes seien keine Unterlagen mehr vorhanden. Der
Ehemann besitzt nach seinen Angaben ebenfalls keine Verdienstbescheinigungen aus der fraglichen Zeit mehr. Zwar
ergibt sich aus der Auskunft der LVA Hannover (und aus den vom Ehemann vorgelegten Versicherungsnachweisen)
das rentenversicherungspflichtige Einkommen des Ehemannes in den letzten drei Jahren vor Ehezeitende. Dieses
Einkommen war aber mit dem pensionsfähigen Diensteinkommen im Sinne der Ziffer 2.4.1 der Versorgungsordnung
nicht identisch, weil letzteres Sonderzahlungen nicht erfasste.
Der Senat hat daher erwogen, die Rückrechnung des Versorgungswertes auf das Ehezeitende unter Heranziehung
der Entwicklung des aktuellen Rentenwertes der gesetzlichen Rentenversicherung vorzunehmen. Er nimmt hiervon
jedoch Abstand, weil damit eine Wertentwicklung der betrieblichen Versorgungsanwartschaft unterstellt würde, die
derjenigen eines artfremden Anrechts, nämlich der gesetzlichen Rente, entsprach. Vorliegend kommt hinzu, dass die
betriebliche Versorgungsanwartschaft des Ehemannes in der Zeit von seinem Ausscheiden aus dem Betrieb am 30.
Juni 1994 bis zum Rentenbeginn am 1. Juni 1999 überhaupt keine Wertsteigerung erfahren hat und bei fiktiver
Berücksichtigung der mit Vollendung des 65. Lebensjahres erreichbar gewesenen Rente sogar bis zum 1. Juni 2004
nicht erfahren hätte.
Der Senat hat weiter erwogen, zu Lasten des Ehemannes - der die mangelnde Aufklärbarkeit durch sein bisheriges
Verschweigen des Anrechts maßgeblich verursacht hat - das sozialversicherungspflichtige Einkommen als
persönliche Bemessungsgrundlage bei Ehezeitende zu verwenden. Es liegt jedoch auf der Hand, dass damit ein -
bezogen auf das Ehezeitende - deutlich zu hoher Wert zugrunde gelegt würde, weil das pensionsfähige
Diensteinkommen erhebliche Bestandteile des rentenversicherungspflichtigen Einkommens nicht umfasste.
Der Senat hält deshalb hier unter Heranziehung des § 1587 a Abs. 5 BGB eine Schätzung des auf das Ehezeitende
bezogenen Wertes der Betriebsrente anhand der vorliegenden Daten für geboten. Aus der Auskunft der LVA
Hannover ergibt sich auch das rentenversicherungspflichtige Einkommen des Ehemannes in den letzten drei Jahren
vor seinem Eintritt in den Ruhestand. Es lag in dieser Zeit um rund 15 % über dem pensionsfähigen
Diensteinkommen, das die Firma H. der Berechnung der Betriebsrente zugrunde gelegt hat. Der Senat schätzt auf
dieser Grundlage, dass das rentenversicherungspflichtige Einkommen des Ehemannes bei Ende der Ehezeit
ebenfalls um rund 15 % über seinem damaligen pensionsfähigen Einkommen lag. Das rentenversicherungspflichtige
Einkommen des Ehemannes betrug in den letzten drei Jahren vor Ehezeitende (d. h. in den Jahren 1980 bis 1982)
monatlich durchschnittlich 3.312 DM (119.248 DM : 36 Monate). 85 % davon, also rund 2.816 DM, sind als auf das
Ehezeitende bezogene persönliche Bemessungsgrundlage anzunehmen. Der Senat hat dabei nicht verkannt, dass
eine auf einem beruflichen Aufstieg („Karrieresprung“) beruhende außergewöhnliche Einkommenssteigerung nach
Ehezeitende außer Betracht zu bleiben hätte. Eine solche Entwicklung ist jedoch beim Ehemann ausweislich seines
Versicherungsverlaufs nicht eingetreten.
Ausgehend von der ermittelten persönlichen Bemessungsgrundlage am Ende der Ehezeit errechnet sich (anhand der
Auskunft der Firma H. vom 25. Januar 2005) eine erreichbare volle Betriebsrente von 2.816 DM x 15,025 % = 423,10
DM. Aufgrund der vorzeitigen Beendigung der Betriebszugehörigkeit zum 30. Juni 1994 verkürzte sich der Anspruch
auf Betriebsrente tatsächlich auf 74,681 % von 423,10 DM, das sind 315,98 DM.
Hiervon ist gemäß § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 b BGB der Ehezeitanteil zu ermitteln. In die Ehezeit fiel eine
Betriebszugehörigkeit von 214 Monaten (März 1965 bis Dezember 1982), die gesamte Betriebszugehörigkeit dauerte
352 Monate (März 1965 bis Juni 1994). Danach ergibt sich ein Ehezeitanteil des Versorgungsanrechts von 192,10
DM = 98,22 EUR.
c) Insgesamt hat der Ehemann daher in der Ehezeit folgende Versorgungsanwartschaften erworben:
Gesetzliche Rentenversicherung 384,61 EUR
Betriebliche Altersversorgung 98,22 EUR
insgesamt 482,83 EUR.
2.
Die Ehefrau hat in der Ehezeit Rentenanwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie aus der
Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes erworben. Diese Anrechte waren beide bereits Gegenstand des mit der
Scheidung durchgeführten Versorgungsausgleichs, sind jedoch nunmehr vor allem aufgrund zwischenzeitlicher
Gesetzes bzw. Satzungsänderungen anders zu bewerten.
a) Die Ehefrau bezieht seit dem 1. Dezember 2002 eine Altersrente der gesetzlichen Rentenversicherung. Der
Rentenanspruch, der auf § 237 a SGB VI beruht (Altersrente für Frauen), ist teilweise in der Ehezeit erworben
worden. Nach der Auskunft der LVA Hannover vom 22. August 2003 (Bl. 30 ff. d. A.) ergibt sich aus den in der
Ehezeit erworbenen Entgeltpunkten eine ehezeitbezogene Rentenanwartschaft von monatlich 195,92 EUR. Die
deutlich höhere Bewertung der auf die Ehezeit entfallenden Entgeltpunkte beruht im Wesentlichen auf der erst nach
Ehezeitende wirksam gewordenen, aber den Ehezeitanteil des Anrechts beeinflussenden Einführung von
Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung.
In der Auskunft der LVA Hannover ist nicht berücksichtigt worden, dass die Rente der Ehefrau aufgrund vorzeitiger
Inanspruchnahme um einen Abschlag von 10,5 % vermindert ist (§§ 77, 237 a SGB VI i.V. mit Anlage 20 SGB VI).
Dieser Abschlag entspricht nach § 77 SGB VI einem von 1,0 auf (1,0 - [35 Monate x 0,003=] 0,105 =) 0,895
verringerten Zugangsfaktor (vgl. auch §§ 63, 66 SGB VI). Gemäß § 1587 a Abs. 2 Nr. 2 BGB ist der Zugangsfaktor
jedoch im Versorgungsausgleich außer Betracht zu lassen, was zur Folge hat, dass sich ein unter 1,0 liegender
Zugangsfaktor nicht auswirkt und damit ein Versorgungsabschlag unberücksichtigt bleibt. Eine Ausnahme davon ist
nach dem bereits oben zitierten Beschluss des BGH vom 22. Juni 2005 nur dann und nur insoweit zu machen, als
die für die Veränderung des Zugangsfaktor maßgeblichen Zeiten vorzeitigen Rentenbezuges in der Ehezeit
zurückgelegt worden sind. Das ist indes bei der Ehefrau nicht der Fall. Somit ist ihre in der Ehezeit erworbene
Rentenanwartschaft ungekürzt in den Versorgungsausgleich einzubeziehen.
b) Die Ehefrau bezieht - ebenfalls seit dem 1. Dezember 2002 - eine Rente der betrieblichen Altersversorgung aus
der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes. Diese Rente ist mit der Strukturreform der Zusatzversorgung zum
1. Januar 2002 (als sog. Startgutschrift) neu berechnet worden und betrug zu diesem Zeitpunkt nach der Auskunft
der ZVK vom 25. August 2004 (Bl. 58 ff. d.A.) monatlich 371,94 EUR.
Im öffentlichrechtlichen Versorgungsausgleich ist auch dieses Anrecht auf das Ehezeitende, d. h. den 31. Dezember
1982, zu beziehen. Da sich eine „Startgutschrift“ nach dem neuen Satzungsrecht rückwirkend auf diesen Zeitpunkt
kaum berechnen lässt, muss die bei Wirksamwerden der Strukturreform bestehende Rentenanwartschaft (die sich
hier zudem zeitnah zum Rentenanspruch verfestigt hat) auf das Ehezeitende rückgerechnet werden. Diese
Rückrechnung hat - wie bereits oben bezüglich der Betriebsrente des Ehemannes dargelegt - nach Möglichkeit unter
Heranziehung der für das konkrete Anrecht geltenden Bemessungsgrundlagen zu erfolgen. Insoweit hält der Senat
die von der ZVK herangezogene Entwicklung des gesamtversorgungsfähigen Entgelts - einerseits zum Ende der
Ehezeit und andererseits zum 31. Dezember 2001 für einen geeigneten Ansatz. Das gesamtversorgungsfähige
Entgelt war nach § 43 VBLSatzung a.F. bzw. den entsprechenden Satzungen anderer Zusatzversorgungsträger der
monatliche Durchschnitt des Entgelts, für das für die letzten drei Kalenderjahre vor dem Jahr des
Versicherungsfalles Umlagen entrichtet wurden. Die Entwicklung des gesamtversorgungsfähigen Entgelts spiegelt
daher im Regelfall die Wertentwicklung des Versorgungsanrechts in der Anwartschaftsphase zutreffend wider. Etwas
anderes kann zwar in Betracht kommen, wenn der Versicherte nach Ehezeitende beruflich aufgestiegen ist oder
wenn Fehlzeiten vorliegen. Im vorliegenden Fall weist der aus der Auskunft der ZVK ersichtliche
Versicherungsverlauf der Ehefrau von ihrem Eintritt in die Versicherung im April 1976 bis zu ihrem Ausscheiden mit
November 2000 aber keine Lücken oder besonderen Einkommensveränderungen auf. Es bestehen daher keine
durchgreifenden Bedenken dagegen, der Berechnung der ZVK folgend entsprechend dem Verhältniswert der
gesamtversorgungsfähigen Entgelte die auf das Ehezeitende bezogene Versorgungsanwartschaft mit (58,115 % von
371,94 EUR =) 216,15 EUR anzunehmen. Würde man - dem Vorschlag von Bergner (a.a.O.) folgend - zur
Rückrechnung die aktuellen Rentenwerte der gesetzlichen Rentenversicherung heranziehen, ergäbe sich im Übrigen
ein nur geringfügig abweichender Wert (60,836 % von 371,94 EUR = 226,27 EUR).
Anschließend ist der Ehezeitanteil dieser auf das Ehezeitende bezogenen Rentenanwartschaft zu ermitteln. Insoweit
ist die Berechnung der ZVK geringfügig zu korrigieren: In die Ehezeit fallen 81 Monate Versicherungszeit, insgesamt
umfasste die Versicherungszeit 296 Monate. Aus dem Verhältnis dieser Versicherungszeiten sowie dem Verhältnis
der Gesamtbeschäftigungsquotienten in den gleichen Zeiträumen errechnet sich ein (genauer) Verhältniswert von
27,02 %. Der Ehezeitanteil beträgt somit (27,02 % von 216,15 EUR =) 58,04 EUR.
Der infolge des vorzeitigen Rentenbezugs wirksam gewordene Versorgungsabschlag von 10,5 % ist hier ebenso
wenig zu berücksichtigen wie bei der gesetzlichen Rente (und bei der Betriebsrente des Ehemannes).
In der Leistungsphase ist die Zusatzversorgungsrente aufgrund der jährlichen Erhöhungen um 1 % als volldynamisch
anzusehen (vgl. BGH FamRZ 2004, 1474). Der ermittelte auf das Ehezeitende bezogene Wert der
Rentenanwartschaft ist daher ohne Umwertung in den Versorgungsausgleich einzubeziehen.
c) Die Ehefrau hat daher nach heutigem Stand in der Ehezeit folgende Anwartschaften erworben:
Gesetzliche Rentenversicherung: 195,92 EUR
Zusatzversorgung: 58,04 EUR
253,96 EUR.
3.
Die Differenz der beiderseits insgesamt erworbenen Anwartschaften beträgt damit jetzt (482,83 EUR - 253,96 EUR
=) 228,87 EUR. Die Hälfte davon, also monatlich 114,44 EUR, wären gemäß § 1587 a Abs. 1 BGB zu Gunsten der
Ehefrau auszugleichen.
Gemäß § 1587 b Abs. 1 BGB wäre zunächst die Hälfte der Differenz zwischen den beiderseits in der Ehezeit
erworbenen gesetzlichen Rentenanwartschaften auszugleichen, also monatlich (384,61 EUR - 195,92 EUR = 188,69
EUR : 2 =) 94,35 EUR. Der restliche Ausgleich von monatlich 20,09 EUR müsste gemäß § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG
durch erweitertes Splitting durchgeführt werden. Der insoweit maßgebende Höchstbetrag von 49,20 DM = 25,16 EUR
würde nicht überschritten.
4.
Eine Abänderung des öffentlichrechtlichen Versorgungsausgleichs findet indes nur dann statt, wenn sie zu einem
wesentlich anderen Gesamtausgleich führen würde als in der früheren Entscheidung über den öffentlichrechtlichen
Versorgungsausgleich (§ 10 a Abs. 1 und 2 VAHRG). Wesentlich ist nur eine Abweichung von mehr als 10 % (§ 10 a
Abs. 2 Satz 2 VAHRG). Im Urteil vom 1. Dezember 1983 sind monatliche Anwartschaften von 244,15 DM = 124,83
EUR ausgeglichen worden. Von diesem Gesamtausgleichsbetrag weicht der nunmehr ermittelte
Gesamtausgleichsbetrag von monatlich 114,44 EUR nur um 10,39 EUR ab, das sind lediglich rund 8,3 % des bisher
ausgeglichenen Monatsbetrages.
Die Voraussetzungen für eine Abänderung des öffentlichrechtlichen Versorgungsausgleichs liegen daher nicht vor.
Folglich ist der Abänderungsantrag des Ehemannes zurückzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91 Abs. 1 ZPO (analog), 13a Abs. 1 S. 1 FGG, 2 Nr. 1 KostO, die
Festsetzung des Beschwerdewerts auf § 99 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 KostO.
... ... ...