Urteil des OLG Celle vom 01.03.2004

OLG Celle: beurkundung, nahestehende person, firma, unabhängigkeit, unparteilichkeit, auflage, kapitalgesellschaft, bedingung, aufsichtsbehörde, vermögensrecht

Gericht:
OLG Celle, Notarsenat
Typ, AZ:
Beschluss, Not 3/04
Datum:
01.03.2004
Sachgebiet:
Normen:
BeurkG § 3 Abs. 1 Nr. 3
Leitsatz:
Es stellt einen Verstoß gegen § 3 Abs. 1 Nr. 3 BeurkG dar, wenn der Notar Grundstücks-Kaufverträge
beurkundet, die von seinem Vater als Makler vermittelt worden sind. Bei der Beurkundung der
Verträge wirkt der Notar in der „Angelegenheit“ einer Person mit, die mit ihm in gerader Linie verwandt
ist, weil dessen Rechte oder Pflichten durch den Urkundsvorgang unmittelbar betroffen werden: Die
Beurkundung des Kaufvertrages ist als der letzte Teil eines mehraktigen Tatbestandes anzusehen,
der schließlich zu einem Zahlungsanspruch des Maklers gegenüber seinem Vertragspartner geführt
hat. Erst die notarielle Beurkundung bewirkt im Rechtssinne - dann aber auch „unmittelbar“-, dass die
Forderung vom Vater des Notars gegenüber seinem Vertragspartner durchgesetzt werden kann, da
dieser Umstand ohne weitere Zwischenschritte zur Provisionspflicht führt.
Ein solches Verständnis gebietet auch der Schutzzweck der Vorschrift, die die Unabhängigkeit und
Unparteilichkeit des Notars gewährleisten soll: Da den Notar vielfältige Belehrungspflichten treffen,
aus denen sich erheblicher Erörterungsbedarf hinsichtlich der Ausgestaltung des konkreten zu
beurkun-denden Vertrages ergibt, besteht das Risiko, dass eine Vertragspar-tei - auf-grund der
Verhandlungen während der Beurkundung - von einem Vertrags-schluss Abstand nimmt. Damit
besteht die Gefahr, dass der Notar in Wider-streit zu seiner Verpflichtung zur Unabhängigkeit kommt,
da er einerseits ein gewisses Interesse am erfolgreichen Abschluss der Beurkundung hat, ande-
rerseits aber über Risiken des Abschlusses des zu beurkundenden Vertrages zu belehren hat.
Volltext:
Not 3/04
B e s c h l u s s
In dem nichtförmlichen Disziplinarverfahren
gegen den Notar M. F., B.Straße, H.,
Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt Dr. E.B. in C.
hat der Senat für Notarsachen bei dem Oberlandesgericht auf den Antrag des Notars auf gerichtliche Entscheidung
vom 29. Januar 2004 über die Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts Celle - Die Präsidentin - vom 18.
Dezember 2003 (10 F 136 - SH III ) unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Heile, des
Richters am Oberlandesgericht Dr. Stoll und des Notars Kortüm nach Anhörung ohne mündliche Verhandlung (§ 96
BNotO i. V. m. § 32 Abs. 5 S. 1 NDO) am 1. März 2004 beschlossen:
Die Disziplinarverfügung des Landgerichts Hannover - Der Präsident - vom 21. Oktober 2003 (2 F 85 - SH 3 ) und die
sie bestätigende Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts Celle - Die Präsidentin - vom 18. Dezember 2003
werden aufrecht erhalten.
Der Notar trägt die Kosten des gerichtlichen Verfahrens sowie die ihm entstandenen notwendigen Auslagen.
Gründe
I.
Der jetzt 56 Jahre alte Anwaltsnotar ist seit 1976 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit dem Amtssitz in H. übt er
aufgrund der Bestellung durch Urkunde des Niedersächsischen Ministers der Justiz vom 25. Mai 1984 auch das
Notaramt aus. Er ist mit den Rechtsanwälten T.D. und C.G. beruflich verbunden.
Der Notar ist disziplinarrechtlich bisher nicht in Erscheinung getreten.
1. Mit Verfügung vom 26. Juni 2003 wurde gegen den Notar im Anschluss an eine Prüfung seiner Amtsgeschäfte ein
disziplinarisches Vorermittlungsverfahren eröffnet. Es bestand Anlass anzunehmen, dass der Notar unter Verstoß
gegen § 3 Abs. 1 Nr. 4 BeurkG rechtsgeschäftliche Erklärungen des bei dem Notar angestellten Rechtsanwalts als
vollmachtloser Vertreter und entgegen § 3 Abs. 1 Nr. 3 BeurkG Grundstückskaufverträge beurkundet hatte, die von
seinem Vater, der
Inhaber der Firma F.I. ist, als Makler vermittelt worden waren.
Hinsichtlich der Verstöße gegen § 3 Abs. 1 Nr. 4 BeurkG hat der Notar den Sachverhalt eingeräumt und erklärt, er
werde sich an diese Beschränkung zukünftig halten. Im Hinblick auf den Verstoß gegen § 3 Abs. 1 Nr. 3 BeurkG hat
der Notar geltend gemacht, seine Tätigkeit sei infolge der bisherigen Notarprüfungen bis 1998 nicht beanstandet
worden. Im Übrigen handele es sich nicht um eine „Angelegenheit“ seines Vaters, da die von ihm beurkundeten
Verträge lediglich mittelbare Folgewirkungen auf Ansprüche seines Vaters hätten. Dessen Provisionsansprüche
fänden nämlich ihre Grundlage nicht in dem von ihm - dem Notar - beurkundeten Vertrag, sondern in dem zwischen
seinem Vater und einer der Vertragsparteien abgeschlossenen Maklervertrag. Wegen der Verstöße gegen § 3 Abs. 1
Nr. 3 und 4 BeurkG hat die Aufsichtsbehörde gegen den Antragsteller eine Disziplinarverfügung vom 21. Oktober
2003 erlassen, mit der sie den Notar mit einer Geldbuße in Höhe von 3.000 EUR gem. § 97 BNotO i. V. m. § 26
NDO belegt hat.
Gegen diese Disziplinarverfügung hat der Notar am 20. November 2003 Beschwerde eingelegt, die durch das
Oberlandesgericht - Die Präsidentin - mit am 5. Januar 2004 dem Notar zugestellter Beschwerdeentscheidung vom
18. Dezember 2003 zurückgewiesen wurde. Mit einem Schriftsatz vom 29. Januar 2004, der am 30. Januar 2004 bei
Gericht eingegangen ist, hat der Notar Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt und diesen begründet.
2. Der Antragsteller ist der Auffassung, die Beurkundung der Grundstückskaufverträge habe die Maklertätigkeit der
Firma F.I. oder die freiberufliche Tätigkeit von Mitarbeitern dieser Firma nicht berührt; eine sog. Maklerklausel
zugunsten der Firma F.I. sei - insoweit unstreitig - nicht in den beurkundeten Vertrag aufgenommen worden, sodass
sich eine unmittelbare Rechtsfolge aus dem Kaufvertrag nicht ergebe. Der Anspruch auf Maklerprovision sei
gegebenenfalls Ausfluss des Maklervertrages, der nicht einmal auf die Beurkundungstätigkeit eines Notars
verweisen müsse. Der Abschluss eines Grundstückskaufvertrages möge forderungsbegründendes Merkmal sein, sei
dies aber nicht zwingend und auch nicht allein. Kausal für das Entstehen des Anspruchs sei also nicht das
Notargeschäft; dieses sei lediglich als formaler Schlussakt eines Grundstücksgeschäfts zu bewerten. Letztlich sei
der Makler also vom Notarvertrag lediglich „mittelbar“ betroffen, während Voraussetzung der Anwendbarkeit des § 3
Abs. 1 Nr. 4 BeurkG sei, dass es sich um eine „Angelegenheit“ der dort genannten Personen handele, also das zu
beurkundende Geschäft einen „unmittelbaren“ Bezug zu den betreffenden Personen aufweise. Eine solche
Auslegung sei auch geboten, da man anderenfalls - soweit man nämlich lediglich mittelbare rechtliche oder
wirtschaftliche Auswirkungen für ausreichend halten wollte - zu einer uferlosen Ausdehnung des Begriffs gelangen
würde. Insgesamt hätten die jeweiligen Urkundsvorgänge die Rechte des Vaters des Antragstellers jedenfalls nicht
unmittelbar betroffen; sie hätten sich auf dessen Rechtstellung „überhaupt nicht ausgewirkt“, da der Vater des
Antragstellers auf Verkäufer oder Käuferseite oder rechtlich am Kaufgegenstand in keiner Weise beteiligt gewesen
sei.
Zudem wäre ein - unterstellter - Verstoß dem Antragsteller nicht vorzuwerfen, da sein Verhalten durch keinen der
bisherigen Notarprüfer in irgendeiner Weise beanstandet worden sei. Schließlich liege kein schwerwiegendes
Dienstvergehen vor; der Antragsteller habe sein Amt nunmehr seit fast 20 Jahren ohne Beanstandungen geführt. Es
bedürfe jedenfalls keiner Disziplinarmaßnahme, um ihn auch in Zukunft dazu anzuhalten, seine Amtstätigkeiten im
Einklang mit Recht und Gesetz nachzugehen.
Der Antragsteller beantragt,
unter Aufhebung der Beschwerdeentscheidung vom 18. Dezember 2003 die gegen ihn ergangene
Disziplinarverfügung des Präsidenten des Landgerichts Hannover vom 21. Oktober 2003 aufzuheben.
Die Präsidentin des Oberlandesgerichts beantragt,
den Antrag auf gerichtliche Entscheidung als unbegründet zurückzuweisen.
Sie macht geltend, die Beurkundung des Vertrages sei Wirksamkeitsvoraussetzung des Grundstücksgeschäfts,
dieses wiederum führe zu einem Entstehen der Provisionsforderung des Vaters des Notars. Insofern habe bereits
der Bundesgerichtshof (Urteil vom 25. Mai 1984, NJW 1985, S. 2027 f.) ausgeführt, dass eine Mitwirkung des Notars
ausgeschlossen ist, wenn eine Provisionsabrede getroffen worden und der Grundstückskaufvertrag als rechtliche
Bedingung für das Entstehen der Provisionsforderung zu qualifizieren sei. Zudem würde das Vertrauen in die
Unparteilichkeit und Unabhängigkeit des Notars erheblich beeinträchtigt, wenn es diesem gestattet wäre,
Beurkundungen vorzunehmen, die als Bedingung für das Entstehen von Makleransprüchen seiner Angehörigen
einzuordnen seien, weil zumindest der sich damit ergebende Anschein eines Eigeninteresses des Notars verhindert
werden müsse. Insbesondere in den vorliegenden Fällen sei der Antragsteller seiner Verantwortung nicht enthoben,
da er Kenntnis von den Vermittlungen durch seinen Vater gehabt habe. Dies ergebe sich daraus, dass der Notar –
insoweit unstreitig - gerade Kopien der betreffenden Verträge an die Firma F.I. versandt habe.
II.
Der gemäß §§ 96 BNotO, 32 Abs. 2 NDO zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte und begründete Antrag des
Notars auf gerichtliche Entscheidung hat in
der Sache keinen Erfolg. Die Beurteilung des dem Notar zur Last gelegten Fehlverhaltens seitens der
Aufsichtsbehörde ist in jeder Hinsicht zutreffend. Die Schwere des Dienstvergehens rechtfertigt das
disziplinarrechtliche Einschreiten und die Verhängung einer Geldbuße, die geeignet erscheint, den bislang
unbelasteten Notar
anzuhalten, künftig seine Dienstpflichten ohne Beanstandung zu erfüllen.
Bei der Beurkundung der entsprechenden Grundstückskaufverträge hat der Antragsteller in der Angelegenheit einer
Person, die mit ihm in gerader Linie verwandt ist
nämlich seines Vaters - mitgewirkt, was nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 BeurkG unzulässig war. Zwar enthält § 3 BeurkG eine
„SollVorschrift“ (vgl. etwa BGH NJW 1985, 2027; s. a. Keidel/Winkler, Beurkundungsgesetz, 14. Aufl., § 3 Rdn. 10).
Auch eine solches Verhaltensgebot begründet indes eine unbedingte Amtspflicht des Notars als
Beurkundungsperson und räumt nicht etwa ein Ermessen ein.
Um eine Angelegenheit einer Person handelt es sich dann, wenn deren Rechte oder Pflichten durch den
Urkundsvorgang unmittelbar betroffen werden (vgl. Keidel/ Winkler a. a. O., § 3 Rdn. 24). Eine solche unmittelbare
Auswirkung des Beurkundungsvorgangs auf die Rechtstellung des Vaters des Notars liegt hier vor: Zwar trifft es zu,
dass nicht der Beurkundungsvorgang allein eine Forderung des Vaters des Notars begründet, diese vielmehr auf den
zwischen ihm und einer Vertragspartei geschlossen Maklervertrag zurückgeht. Indes entsteht auch beim sog.
„Nachweismakler“ erst dann ein durchsetzbarer Anspruch gegen den Partner des Maklervertrages, wenn der Vertrag
über das nachgewiesene Objekt tatsächlich zustande kommt. Dies wiederum ist bei Grundstückverkehrsgeschäften
nur dann der Fall, wenn die entsprechende notarielle Beurkundung erfolgt ist (vgl. § 313 BGB a. F. bzw. den am 1.
Januar 2002 in Kraft getretenen § 311 b BGB). Insofern ist die Beurkundung als der letzte Teil eines mehraktigen
Tatbestandes anzusehen, der schließlich zu einem Zahlungsanspruch des Vaters des Notars gegenüber seinem
Vertragspartner geführt hat. Erst die notarielle Beurkundung hat also im Rechtssinne – dann aber auch „unmittelbar“ -
bewirkt, dass die Forderung vom Vater des Notars gegenüber seinem Vertragspartner durchgesetzt werden konnte
(zur Notwendigkeit insbesondere eines – formwirksam – abgeschlossenen Vertrages als Voraussetzung des
Provisionsanspruchs vgl. Palandt/Sprau, BGB, § 652 Rn. 35). Gerade um diese durchzusetzen hat im Übrigen der
Notar Ablichtungen der von ihm beurkundeten Verträge der von seinem Vater geführten Firma F.I. übersandt. Über
die Bedeutung seines Verhaltens im Hinblick auf Ansprüche der Firma F.I. war sich der Notar also ersichtlich im
klaren. Allein aus dem Umstand, dass mehrere Voraussetzungen gegeben sein müssen, damit der Anspruch des
Maklers entsteht, also auch weitere Elemente gegeben sein müssen – wie etwa das Bestehen eines
Maklervertrages, eine „Nachweistätigkeit“ des Maklers , kann nicht geschlossen werden, dass es sich lediglich um
eine bloß „mittelbare“ Rechtswirkungen handelt. Dieser Umstand führt nämlich ohne weitere Zwischenschritte zur
Provisionspflicht. Ausreichend ist aber, dass die Rechte, Pflichten oder Verbindlichkeiten faktisch unmittelbar
günstig oder ungünstig beeinflusst werden (Winkler, Beurkundungsgesetz, 2. Aufl., § 3 Rn. 24 a. E.). Das Kriterium
der Unmittelbarkeit dient also vielmehr nur dazu, Folgen auszugrenzen, die sich nicht schon aufgrund der
Beurkundung selbst auf die Pflichtenstellung des Betroffenen auswirken, sondern erst infolge weiterer Geschehnisse
oder eines Verhaltens derjenigen Personen, die ihrerseits durch die Beurkundung unmittelbar betroffen sind. So
handelt es sich etwa nicht um eine eigene Angelegenheit, wenn der Notar oder eine ihm nahestehende Person
Mitglied einer Kapitalgesellschaft ist, deren Beschlüsse beurkundet werden (Mihm, DNotZ 1999, 8, 13). Denn zwar
entfalten Beschlüsse einer Kapitalgesellschaft letztlich auch rechtliche – und wirtschaftliche – Konsequenzen für
ihre Aktionäre, etwa indem ihre Dividendenchancen beeinträchtigt werden könnten. Das Vermögensrecht Aktie selbst
wird aber durch einen Beschluss der Gesellschaft nicht unmittelbar betroffen, so dass es sich (nur) um eine
„Angelegenheit“ der Gesellschaft, nicht aber ihrer Eigner handelt. Hier liegt es jedoch anders, da der Makler selbst
rechtliches Zuordnungsobjekt des Zahlungsanspruchs ist, der mit dem formwirksamen Abschluss des von ihm
vermittelten Vertrages entsteht.
Diese rechtliche Beurteilung befindet sich in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. In
dem auch vom Antragsteller herangezogenen Fall, der der Entscheidung vom 25. Mai 1984 zugrunde liegt (NJW
1985, 2027 f. = DNotZ 1985, 231), handelte es sich um eine eigene Angelegenheit des Notars, da er selbst als
Vermittler am Erlös des zu beurkundenden Geschäfts beteiligt war. Eine vergleichbare Konstellation liegt hier
lediglich mit der Besonderheit vor, dass der Erlös aus der Vermittlung des Geschäfts nicht dem Notar selbst,
sondern dem von seinem Vater geführten Unternehmen zustand, was aber gerade im Hinblick auf § 3 Abs. 1 Nr. 3
BeurkG unerheblich ist. Nichts anderes ergibt sich aus der Überlegung, dass zur Eingrenzung des Merkmals
„Angelegenheit“ darauf abgestellt wird, ob der Schutzzweck der Norm, nämlich die Unabhängigkeit und
Unparteilichkeit des Notars zu sichern, noch gewährleistet ist (vgl. dazu Mecke/Lerch, Beurkundungsgesetz, 2.
Aufl., § 3 Rdn. 5). Hier war der Notar mit der Beurkundung eines Geschäfts befasst, das für einen nahen
Familienangehörigen mit besonderen unmittelbaren Folgen rechtlicher und wirtschaftlicher Art - nämlich aufgrund des
Entstehens eines Provisionsanspruchs - verbunden war. Durch die Beurkundung hat also der Notar daran mitgewirkt,
dass ein bestimmter vermögensrechtlicher Zuwachs auf Seiten seines Vaters entsteht. Dass gerade deshalb
Bedenken an der Unabhängigkeit bzw. Unparteilichkeit des Notars entstehen können, liegt auf der Hand. Den Notar
treffen etwa vielfältige Belehrungspflichten, aus denen sich erheblicher Erörterungsbedarf hinsichtlich der
Ausgestaltung des konkreten, zu beurkundenden Vertrages ergeben können. Deshalb ist durchaus das Risiko
gegeben, dass eine Vertragspartei – aufgrund der Verhandlungen während der Beurkundung – von einem
Vertragsschluss Abstand nimmt. Insofern wird der Notar, der darum weiß, dass der – möglicherweise nicht
unerhebliche – Provisionsanspruch eines nahen Angehörigen nur dann entsteht, wenn es zum notariellen
Vertragsabschluss kommt, ein gewisses Interesse am erfolgreichen Abschluss der Beurkundung haben und damit –
jedenfalls abstrakt - in Widerstreit zu seiner Verpflichtung zur Unabhängigkeit kommen, zu der im Einzelfall auch die
Belehrung über Risiken des Abschlusses des zu beurkundenden Vertrages, die sich aus einzelnen Regelungen
ergeben, gehören.
Es entlastet den Notar auch nicht, dass sein - bereits in der Vergangenheit offenkundig praktiziertes - Verhalten bei
vorangegangenem Notarprüfungen unbeanstandet geblieben ist. Ein besondere Vertrauenstatbestand zugunsten des
Notars ist damit nicht geschaffen worden. Es ist nämlich nicht ersichtlich, inwiefern etwa gerade diese
Verhaltensweise des Notars ausdrücklich Gegenstand von Erörterungen zwischen den Notarprüfern bzw. der
Aufsichtsbehörden und ihm selbst gewesen ist mit der Folge, dass der Notar von einer bewussten Billigung des
Verhaltens, das im Widerspruch zum geltenden Recht steht, ausgehen durfte.
Aus den obigen Erörterungen zum Widerstreit der Interessen wird zudem deutlich, dass der Notar, sofern er– wie hier
– um die Vermittlung des vom ihm zu beurkundenden Geschäfts weiß, jedenfalls hinsichtlich der Konfliktlage
sensibilisiert sein muss. Dass man als Notar jedenfalls ein allgemeines „Problembewusstsein“ hat oder haben muss,
wenn durch den von ihm beurkundeten Grundstückskaufvertrag ein Provisionsanspruch des Vaters ausgelöst wird,
erscheint dem Senat selbstverständlich. Steht ihm auch keine unzweifelhafte rechtliche Beurteilung vor Augen, gibt
die Situation indes doch allen Anlass, sich anhand der einschlägigen Kommentarliteratur und Rechtsprechung über
die Bewertung Klarheit zu verschaffen. Die rechtliche Qualifizierung ist durch die Entscheidung des
Bundesgerichtshofes vorgeprägt, wie oben ausgeführt wurde. Diese Entscheidung indes hat seit geraumer Zeit
Eingang in die Kommentierungen insbesondere zum Beurkundungsgesetz gefunden: Unabhängig davon, dass die
Entscheidung sowohl in der Neuen Juristischen Wochenschrift und der Deutschen Notarzeitung veröffentlicht worden
ist, war sie auch etwa bereits bei Keidel/Winkler, BeurkG, 14. Auflage, 1999, und bei Schippel, BNotO, 7. Auflage
2000, § 16 Rn. 17, ebenso erwähnt wie in der 3. Auflage der Kommentierung zur BNotO von Arndt/Lerch, die im Jahr
1996 erschienen ist (dort § 16 Rn. 5). Deshalb kann nicht angenommen werden, dass der Antragsteller – bei der
gebotenen Überprüfung – von einer rechtlichen Unbedenklichkeit seines Verhaltens ausgehen durfte.
Damit war seine Auffassung, er dürfe beurkunden, ein vermeidbarer Verbotsirrtum.
Im Hinblick auf wiederholte Verstöße gegen § 3 Abs. 1 Nr. 3 BeurkG sowie gegen
die Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 4 BeurkG - letztere hat der Notar eingeräumt - ist die Verhängung einer Geldbuße
als disziplinarische Ahndung nicht zu beanstanden. Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Notar
bisher disziplinarrechtlich unbelastet ist, erscheint eine Ahndung auch in Höhe von insgesamt 3.000 EUR
angemessen. Dabei war zu berücksichtigen, dass angesichts ihrer Zahl die Verstöße auch von wirtschaftlichem
Gewicht waren, so dass die Verhängung lediglich eines Verweises nicht ausreichte; der allein schon wegen des
„unstreitigen“ Verstoßes gegen § 3 Abs. 1 Nr. 4 BeurkG gerechtfertigt gewesen wäre (OLG Celle Nds. Pfl. 2003,
245).
III.
Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens beruht auf §§ 96 BNotO, 114, 115 NDO. Gegen die Entscheidung
des Senats ist ein Rechtsmittel nicht gegeben, §§ 105 BNotO, 31 Abs. 4 S. 2 BDO.
Dr. Heile Dr. Stoll Kortüm