Urteil des OLG Celle vom 19.08.2004

OLG Celle: erwerb, eigentumswohnung, darlehen, ausschluss, vermittler, versicherungsschutz, immobilienfonds, versicherungsnehmer, begriff, hotel

Gericht:
OLG Celle, 08. Zivilsenat
Typ, AZ:
Urteil, 8 U 49/04
Datum:
19.08.2004
Sachgebiet:
Normen:
ARB 75 § 4 Abs 1k
Leitsatz:
Der Ausschluss des Versicherungsschutzes in der Rechtsschutzversicherung gem. § 4 Abs. 1 k)
ARB 75 (Wahrnehmung rechtlicher Interessen im unmittelbaren Zusammenhang mit der Planung oder
Errichtung eines im Eigentum oder Besitz des Versicherungsnehmers befindlichen oder von diesem
zu erwerbenden Grundstücks) greift nicht ein, wenn es sich nicht um eine Streitigkeit wegen der
Errichtung oder Planung eines mangelfreien Gebäudes handelt, sondern um Ansprüche gegen den
den Erwerb vorbereitenden Vermittler sowie die finanzierenden Kreditinstitute wegen mangelnder
Rentabilität der zum Zweck der Steuerersparnis und zur Vermietung erworbenen Eigentumswohnung
(im Anschluss an BGH VersR 2003, 454).
Volltext:
Oberlandesgericht Celle
Im Namen des Volkes
Urteil
8 U 49/04
8 O 101/03 Landgericht Hannover Verkündet am
19. August 2004
...,
Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
In dem Rechtsstreit
1. N. R., ...,
2. E. R., ...,
Kläger und Berufungskläger,
Prozessbevollmächtigte zu 1, 2:
Rechtsanwälte ...,
gegen
... RechtsschutzService GmbH, vertreten durch den Vorstand, diese vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden, ...,
Beklagte und Berufungsbeklagte,
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte ...,
hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 13. August 2004 durch den
Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am
Oberlandesgericht ... für Recht erkannt:
Das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 16. Januar 2004 wird abgeändert und insgesamt wie
folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 9.839,58 EUR nebst Zinsen in
Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 14. Mai 2003 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte die über den Betrag von
9.839,58 EUR hinausgehenden, den Klägern bei deren zu führenden
Rechtsstreitigkeiten gegen H.G. S., S., die C. Volksbank sowie die
D.Bank, B., entstehenden Kosten zu tragen hat.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter
Instanz.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung
gegen Sicherheitsleistung von 110 % des aus dem Urteil zu vollstrecken
den Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger zuvor Sicherheit in Höhe
von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e
I.
Die Kläger begehren Rechtsschutz aus einem bei der Beklagten zum 1. Dezember 1991 geschlossenen
Versicherungsvertrag, dem die mit den ARB 75 identi
schen Allgemeinen Rechtsschutzversicherungsbedingungen der Beklagten zugrunde liegen (Bl. 2, 50 f. d. A.). Diese
bestimmen u. a. in § 4 Abs. 1 k):
„Der Versicherungsschutz bezieht sich nicht auf die Wahrnehmung rechtlicher Interessen
die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Planung, Errichtung oder genehmigungspflichtigen baulichen
Veränderung eines im Eigentum oder Besitz des Versicherungsnehmers befindlichen oder von diesem zu
erwerbenden Grundstückes, Gebäudes oder Gebäudeteils stehen.“
Am 7. Oktober 1991 begann die W. S. GmbH & Co. BauprojekteKG mit der Errichtung eines aus 187 Appartements
bestehenden „BoardingHouses“ (Hotel Garni) in C. Hierbei handelte es sich um ein Anlageobjekt, wobei die Erwerber
der einzelnen Appartements nach der zugrundeliegenden Teilungserklärung verpflichtet waren, nur an einen Pächter
zu vermieten. Fertig gestellt werden sollte das Objekt bis Frühjahr 1993.
Die Kläger hatten Kontakt zu einem Anlageberater S. in S., der diese Appartements als Kapitalanlage ohne
Eigenmittel mit zu erwartenden steuerlichen Vorteilen vermittelte. Am 7. April 1993 unterbreiteten die Kläger der T.
Verwaltungen GmbH in C. das notarielle Angebot zum Abschluss eines Treuhandvertrages (Bl. 24 - 33 d. A.). Dieser
sieht den Erwerb eines der Appartements in der Anlage sowie den Abschluss der dazugehörigen Darlehensverträge
vor. Die T. Verwaltungen GmbH schloss in Ausführung dieses von ihr angenommenen Vertragsangebotes im Namen
und mit Vollmacht der Kläger am 17. Mai 1993 einen Kaufvertrag mit der W. S. GmbH & Co. BauprojekteKG, der
den Erwerb eines 52,76/10.000 Miteigentumsanteil an dem Flurstück 3751 und 3752 der Gemarkung S. verbunden
mit dem Sondereigentum an dem Appartement Nr. 28 zum Preis von 141.657,45 DM zum Gegenstand hat (Bl. 6 - 23
d. A.). In Ziff. 3.6 trat die Verkäuferin ihren Kaufpreisanspruch an die C. Volksbank eG ab, während die Kläger in
Ziff. 3.7. des Vertrages ihren Auflassungsanspruch an diese Bank abtraten.
Die Kläger nahmen zur Finanzierung des Erwerbs im Mai 1993 zwei Kredite auf, nämlich bei der C. Volksbank eG in
Höhe von 53.600,28 EUR (= 104.833,03 DM) und bei der D.Bank in Höhe von 66.467,94 EUR (130.000 DM).
Nach Fertigstellung konnte das Objekt zunächst nicht verpachtet werden. Erst nach einiger Zeit fand sich ein
Pächter, der jedoch nach 8 Monaten Konkurs anmeldete. Dies führte bei den Klägern zu einem bleibenden Ausfall
von Einkünften (Bl. 2 d. A.). Die Beklagte lehnte die von den Klägern begehrte Deckungszusage für Verfahren gegen
die finanzierenden Banken und den Vermittler S. mit Schreiben vom 13. Dezember 2002 unter Berufung auf die
Baurisikoklausel des § 4 Abs. 1 k) ARB ab (Bl. 34 f. d. A.).
Die Kläger haben behauptet,
das gesamte Konzept für die Anlage sei von vornherein realitätsfremd gewesen und habe auf unzutreffenden
Kalkulationen beruht. Diese schlechte Konzeptionierung sowie das daraus resultierende drohende Scheitern des
Gesamtprojektes seien sowohl dem Vermittler als auch den finanzierenden Banken, die sich hier für den
Konzeptionär engagiert hätten, bekannt gewesen (Bl. 2 f., 57 f. d. A.). Die Kläger müssten deshalb so gestellt
werden, als hätten sie sich nicht zum Kauf des Miteigentumsanteils entschlossen und folglich auch die beiden
Darlehen nicht
aufgenommen. In den drei zu führenden Verfahren sei hierbei gegenüber Herrn
S. von einem Gegenstandswert von 120.068,22 EUR, gegenüber der D.Bank von 66.467,94 EUR sowie gegenüber
der C. Volksbank von 53.600,28 EUR auszugehen (Bl. 5 d. A.). Hierfür errechne sich unter Berücksichtigung des
Gerichtskostenvorschusses in den Verfahren sowie einer 7,5/10Gebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO zunächst
ein zu zahlender Betrag von 9.839,59 EUR.
§ 4 Abs. 1 k) ARB 75 sei nicht einschlägig, weil es sich nicht um das spezifische Risiko eines mangelhaften Baus,
sondern um ein Beratungsverschulden im Bereich des KapitalanlageProjektes gehandelt habe, welches das „Ob“ der
Entscheidung des Erwerbs betreffe (Bl. 3 - 5, 56 - 58 d. A.). Auch um die Planung gehe es nicht, da die Immobilie im
Zeitpunkt des Erwerbs fertig gestellt gewesen sei. Eine selbständige Tätigkeit der Kläger gem. § 26 ARB liege nicht
vor (Bl. 58 d. A.).
Die Kläger haben beantragt (Bl. 1, 73 d. A.),
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger 9.839,58 EUR nebst Zinsen in Höhe
von 5 % über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
2. festzustellen, dass die Beklagte die über den Betrag von 9.839,58 EUR
hinausgehenden, den Klägern bei deren zu führenden Rechtsstreitigkeiten
gegen H.G. S., S., die C. Volksbank sowie die D.Bank, B., entstehenden
Kosten zu tragen hat.
Die Beklagte hat beantragt (Bl. 48, 73 d. A.),
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich auf einen Ausschluss des Versicherungsschutzes nach § 4 Abs. 1 k) ARB berufen, da ein typischer
Zusammenhang mit einem Baurisiko vorliege (Bl. 52 - 55 d. A.). Unter den dort erwähnten Begriff der Planung falle
auch die wirtschaftliche und finanzielle Gestaltung des Projektes. Hier bestehe ein unmittelbarer Zusammenhang
zwischen der Aufnahme der zweckgebundenen Darlehen und dem Erwerb der Immobilie. Es gehe um den von den
Kläger erhobenen einheitlichen Vorwurf der fehlerhaften Beratung über die Risiken des zu finanzierenden
Anlageobjektes. Schließlich greife die Ausschlussklausel des § 26 Abs. 1 S. 3 ARB 88 ein, da der Abschluss des
Treuhandvertrages eine selbständige Tätigkeit darstelle, die den Bereich privater Vermögensverwaltung übersteige
(Bl. 55 d. A.).
Mit Urteil vom 16. Januar 2004 hat das Landgericht die Klage abgewiesen (Bl. 75 - 80 d. A.). Zur Begründung hat es
ausgeführt, es könne offen bleiben, ob die beabsichtigten Klagen hinreichende Aussicht auf Erfolg hätten, da die
Kläger für die Darlehen einen Gegenwert in Form der Eigentumswohnung erhalten hätten. Jedenfalls sei
Versicherungsschutz nach § 4 Abs. 1 k) ARB 75 ausgeschlossen. Der Begriff der Planung im Sinne dieser
Vorschrift sei nicht auf die bautechnische Seite des Bauvorhabens beschränkt, sondern erfasse auch die
wirtschaftliche und finanzielle Gestaltung des Bauvorhabens. Hier habe ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen
dem Erwerb des Objekts und den zeitgleich aufgenommenen Darlehen bestanden. Die Entscheidung des BGH vom
19. Februar 2003 stehe dem nicht entgegen, da es dort nur um den Erwerb von Anteilen an einem geschlossenen
Immobilienfonds gegangen sei. Das sei mit dem unmittelbaren Erwerb einer Eigentumswohnung nicht zu
vergleichen. Hier sei überdies das gesamte Bauvorhaben nicht als normale Eigentumswohnungsanlage, sondern als
Hotel Garni geplant worden. Das erfordere die Berücksichtigung besonderer baulicher Vorgaben. Diese Nutzung sei
auch vertraglich festgeschrieben worden. Gehe es wegen falscher Renditeerwartungen aber um die fehlerhafte
Planung des gesamten Bauvorhabens, so greife die Ausschlussklausel ein.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Kläger. Sie machen geltend, die Baurisikoklausel greife nicht ein, weil sie
sich nur auf einen Ausschluss wegen typischer Baurisiken beziehe, um die es hier indessen nicht gehe (Bl. 95 - 98
d. A.). Insoweit weiche die angefochtene Entscheidung auch vom Urteil des BGH vom 19. Februar 2003 ab. Eine
Differenzierung danach, ob der Erwerber eine Eigentumswohnung unmittelbar kaufe oder sich an einem
Immobilienfonds beteilige, sei nicht sachgerecht. Hier sei das Objekt als solches bereits im Zeitpunkt des
Vertragsschlusses mängelfrei fertig gestellt worden und derzeit auch gut ausgelastet (Bl. 98 d. A.). Indessen
könnten durch die Einnahmen nicht die Belastungen der Anleger gedeckt werden, was auf einer Falschberatung des
Vermittlers und der Banken beruhe.
Die Kläger beantragen (Bl. 95, 155 d. A.),
unter Aufhebung des Urteils des LG Hannover vom 16. Januar 2004
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger 9.839,58 EUR nebst Zinsen in
Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
2. festzustellen, dass die Beklagte die über den Betrag von 9.839,58 EUR
hinausgehenden, den Klägern bei deren zu führenden Rechtsstrei
tigkeiten gegen H.G. S., S., die C. Volksbank sowie die D.Bank, B.,
entstehenden Kosten zu tragen hat.
Die Beklagte beantragt (Bl. 112, 155 d. A.),
die Berufung zurückzuweisen.
Sie meint, die Grundsätze des Urteils des BGH vom 19. Februar 2003 seien hier nicht anzuwenden, weil es sich
vorliegend um den unmittelbaren Erwerb einer
Eigentumswohnung sowie die behauptete fehlerhafte Planung des gesamtes Objektes handele (Bl. 133 d. A.). Hier
bestehe jedenfalls ein zeitlicher und innerer sachlicher Zusammenhang zwischen der Aufnahme der zum Erwerb des
Objektes dienenden Darlehen und dem tatsächlichen Erweb der Wohnung (Bl. 134 f. d. A.). Die Auszahlung der
Darlehen sei von der Bedingung abhängig gemacht worden, dass eine Bestätigung über den Abschluss des
Kaufvertrages vorgelegt werde. Es gehe mithin bei Finanzierung und Kauf um ein einheitliches Geschäft, welches
der Vermittler S. im Gesamtpaket angeboten habe.
II.
Das angefochtene Urteil beruht auf einem Rechtsfehler (§ 513 Abs. 1, 1. Alt.,
§ 546 ZPO). Es erweist sich auch nicht aus einem anderen Grund als richtig (§ 561 ZPO analog). Den Klägern steht
gem. § 158 l Abs. 1 S. 1 VVG i. V. m. § 1, § 14 Abs. 3 ARB 75 ein Anspruch auf Gewährung von Rechtsschutz
gegen die Beklagte zu.
1. Die beabsichtigte Interessenwahrnehmung der Kläger fällt entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht unter den
Versicherungsausschluss der Baurisikoklausel nach § 4 Abs. 1 k) ARB 75. Die Besonderheit dieses Falles liegt
darin, dass die Kläger keine Mängel des Baus bezüglich seiner Planung oder Errichtung geltend machen und auch
nicht den Verkäufer/Werkunternehmer der Anlage in Anspruch nehmen, sondern Ansprüche gegen den Vermittler
und die Banken geltend machen, weil diese die Anlage von vornherein aufgrund unzutreffender Kalkulationen falsch
konzeptioniert hätten, so dass die Einnahmen nicht die Belastungen der Anleger deckten. Ob der Begriff des
unmittelbaren Zusammenhangs mit der Planung auch die wirtschaftliche Gesamtplanung, insbesondere die
Baufinanzierung, umfasst, oder auf die typische Bauplanung beschränkt ist, ist umstritten (vgl. Harbauer,
Rechtsschutzversicherung, 7. Aufl., § 4 Rdnr. 93 f., 100 f.; Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 4 ARB Rdnr. 18 - 20).
a) Die früher überwiegende Ansicht hat § 4 Abs. 1 k) ARB weit ausgelegt und unter diese Klausel auch Streitigkeiten
im Zusammenhang mit der Baufinanzierung, wirtschaftlichen Planung und Renditemöglichkeit eines Baus fallen
lassen, auch wenn derartige Ansprüche nicht gegen unmittelbar mit der Errichtung des Baus Beteiligte, sondern
gegen Vermittler oder Banken geltend gemacht wurden (vgl. OLG Bamberg r+s 2003, 197: Beteiligung an einem
geschlossenen Immobilienfonds und Klage gegen Anlagevermittler und Banken wegen fehlenden Hinweises auf das
Konkursrisiko des Bauträgers; OLG Schleswig NJWRR 2002, 1552: Beratungsverschulden gegenüber der Bank
wegen mangelnder Rentabilität bei Beitritt zu einem geschlossenen Immobilienfond; OLG Stuttgart MDR 2000, 335;
OLG München VersR 2000, 722: Klage gegen Bank auf Rückabwicklung
eines Darlehensvertrages zur Finanzierung des Erwerbs einer Eigentumswohnung; OLG Karlsruhe VersR 1997, 182:
Streitigkeit mit einer Bank über eine Kreditgewährung zur Finanzierung eines Bauvorhabens bei abschnittsweise
vorzunehmender Auszahlung; LG Köln VersR 2002, 1277; LG München I r+s 2001, 68: Klage gegen Bank wegen
unterlassener Aufklärung über fehlende Steuervorteile; weitere Nachweise bei Harbauer, a. a. O., Rdnr. 93;
Prölss/Martin, a. a. O., Rdnr. 19). Begründet wird diese Ansicht damit, das Risiko der Baufinanzierung hänge in
derartigen Fällen unmittelbar mit der Planung und Errichtung des einzelnen Bauvorhabens zusammen. Eine isolierte
Betrachtungsweise würde demgegenüber einen einheitlichen wirtschaftlichen Gesamtzusammenhang zerreißen. Das
entspreche nicht nur dem Sinn und Zweck des Ausschlusses, sondern auch dem Verständnis eines
durchschnittlichen Versicherungsnehmers.
Diese Ansicht ist indessen durch die Entscheidung des BGH vom 19. Februar 2003 (VersR 2003, 454) überholt.
Hiernach umfasst die Ausschlussklausel des § 4 Abs. 1 k) ARB 75 nicht auch das Erwerbsrisiko. In dem vom BGH
zu entscheidenden Fall ging es einerseits um Ansprüche eines Anlegers gegen Geschäftsführer der
Fondsgesellschaft sowie der Treuhand GmbH anlässlich des Erwerbs von Anteilen an einem geschlossenen
Immobilienfonds, weil entgegen den Angaben im Prospekt das Gebäude nur für 7 statt für 12 Geschosse genehmigt
wurde mit der Folge einer geringeren vermietbare Fläche, sowie andererseits um nicht vollständig ausgewiesene
Vertriebskosten. Maßgebend sei, dass Versicherungsbedingungen so auszulegen sind, wie ein durchschnittlicher
Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des
erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Bei Risikoausschlüssen gehe das Interesse des
Versicherungsnehmers regelmäßig dahin, dass der Versicherungsschutz nicht weiter verkürzt wird, als der
erkennbare Zweck der Klausel dies gebietet. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer brauche nicht damit zu
rechnen, dass er Lücken im Versicherungsschutz hat,
ohne dass ihm dies verdeutlicht wird.
Die Ausschlussklausel des § 4 Abs. 1 k) ARB 75 verfolgt nach Auffassung des BGH den - auch für den
durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbaren - Zweck, die erfahrungsgemäß besonders kostenträchtigen
und im Kostenrisiko schwer zu überschauenden und kaum kalkulierbaren rechtlichen Streitigkeiten um
Baumaßnahmen aller Art und die sie unmittelbar begleitenden Vorgänge von der Versicherung auszunehmen, weil
nur für einen verhältnismäßig kleinen Teil der in der Risikogemeinschaft zusammengeschlossenen
Versicherungsnehmer ein solches Risiko entstehen kann. Der geforderte Zusammenhang mit der Planung und
Errichtung eines Gebäudes müsse hierbei nicht nur zeitlich bestehen, sondern es müsse auch ein innerer sachlicher
Zusammenhang gegeben sein. Hierbei gehe es um die Wahrung der rechtlichen Interessen, die der Bauherr an der
Errichtung und Planung eines mangelfreien Gebäudes habe. Nur das offenbare sich dem Versicherungsnehmer bei
unbefangener Lektüre der Klausel. Es erschließe sich ihm dagegen nicht, dass er keinen Deckungsschutz für die
Durchsetzung von Ansprüchen haben soll, die zu dem Bauvorhaben selbst in keinem unmittelbaren Zusammenhang
stehen, sondern sich etwa aus dem Erwerb eines zur Bebauung vorgesehenen Grundstücks (so der Fall BGH VersR
1994, 44) oder dem Erwerb von Fondsanteilen ergeben, selbst wenn der Zweck der Gesellschaft in der Errichtung
und Verwaltung einer Immobilie besteht. In dem der Entscheidung des BGH zugrundeliegenden Sachverhalt hat
dieser die beabsichtigte Rechtsverfolgung dem nicht unter den Ausschluss fallenden Erwerbsrisiko zugeordnet, da
der Vorwurf des Betruges in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der Baumaßnahme stehe und keinen
Baumangel zur Folge habe.
Ausdrücklich aufgegeben hat der BGH dagegen seine Rechtsprechung in der von vielen Instanzgerichten zitierten
Entscheidung VersR 1986, 132, in der die Baurisikoklausel angewendet worden war bei der beabsichtigten Klage
gegen einen Baubetreuer und die finanzierende Bank wegen der nicht gesicherten aber versprochenen Erwartung
erheblicher Steuervorteile sowie darauf gestützter unwirksamer Vollmacht des Baubetreuers.
Diese Auffassung des BGH bezüglich einer engen auf typische Baurisiken der Planung und Errichtung eines
mängelfreien Gebäudes gerichteten Auslegung der Klausel unter Ausschluss von Streitigkeiten im Zusammenhang
mit der Baufinanzierung und dem Erwerbsrisiko wird auch von Teilen der Rechtsprechung (vgl. OLG Köln VersR
2003, 1437: Täuschung des Erwerbers einer Eigentumswohnung durch den Verkäufer über den zu erzielenden
Mietzins der als Anlageobjekt erworbenen Wohnung; OLG Karlsruhe VersR 2002, 842: Ansprüche des Käufers einer
fast fertigen Eigentumswohnung gegenüber einem Kreditinstitut wegen unzutreffender Angaben zu überhöht
kalkulierten Nettomieten; OLG Stuttgart NJWRR 2001, 462: mangelnde Aufklärung durch Verkäufer einer mangelfrei
errichteten Eigentumswohnung über bauordnungsrechtliche Nutzungsbeschränkungen; LG Coburg VersR 2002,
1275: betrügerische Schädigung bei Beitritt zu
einem geschlossenen Immobilienfonds) sowie in der Literatur vertreten (vgl.
Harbauer, a. a. O.; Rdnr. 93 f., 99; Prölss/Martin, a. a. O.).
Ihr schließt sich auch der Senat aus den im Urteil des BGH zutreffend genannten Gründen an. Für eine enge
Auslegung spricht auch die Regelung des § 305 c Abs. 2 BGB (= § 5 AGBG), wonach Zweifel bei der Auslegung von
Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders gehen. Ferner macht nur so das zusätzliche
Erfordernis der Unmittelbarkeit in § 4 Abs. 1 k) ARB Sinn, da bei einer weiten Auslegung fraglich wäre, welche
relevanten Fallgruppen dann überhaupt noch unter den Versicherungsschutz fallen sollen.
Schließlich hat es auch der Versicherer selbst in der Hand, durch eine klare Ge
staltung der Versicherungsbedingungen das Erwerbs und Finanzierungsrisiko im Zusammenhang mit Bauvorhaben
vom Versicherungsschutz auszuschließen. Entsprechendes sieht jetzt § 3 Abs. 1 d) ARB 94 vor, wonach für den
Ausschluss zum einen unter Wegfalls des Unmittelbarkeitserfordernisses bereits ein ursächlicher Zusammenhang
zwischen der beabsichtigten Wahrnehmung der rechtlichen Interessen und der Planung und Errichtung eines
Gebäudes genügt und zum anderen Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Finanzierung ausdrücklich im Rahmen
des Risikoausschlusses erwähnt werden (zu dieser neuen Regelung vgl. etwa OLG Karlsruhe VersR 2004, 59; r+s
2004, 192).
b) Für den vorliegenden Fall folgt hieraus, dass die beabsichtigte Wahrnehmung der rechtlichen Interessen der
Kläger nicht unter die Risikoausschlussklausel fällt. Der Umstand, dass die beiden Darlehen hier praktisch zeitgleich
mit dem Kaufvertrag beantragt und zweckgebunden für das Objekt verwendet wurden, genügt hierbei für den
erforderlichen inneren sachlichen Bezug zur Planung des Gebäudes nicht. Die Kläger machen keinerlei Ansprüche
wegen fehlerhafter oder verzögerter Fertigstellung der Appartementanlage oder hieraus resultierender Baumängel
oder wegen Verstößen gegen Treuhandauftrag geltend. Entsprechend nehmen sie weder den Verkäufer bzw.
Werkunternehmer noch den Treunehmer auf Schadensersatz in Anspruch. Sie wollen vielmehr wegen der
fehlerhaften Rentabilität des Objektes den Vermittler sowie die finanzierenden Banken belangen. Das hat indessen
mit dem eigentlichen Baurisiko, bei dem sich Risiken der Planung und Errichtung eines Gebäudes im Allgemeinen
verwirklichen, nichts mehr zu tun. Es handelt sich vielmehr um das allgemeine mit der Anlage von Geld verbundene
Risiko, nicht die erwartete Rendite zu erzielen, das sich unabhängig von der Errichtung eines Gebäudes
verwirklichen kann. Es geht somit um den Vorwurf von Pflichtverletzungen, die sich erst in der Zukunft auswirken
werden und mit der Bauerrichtung nichts (mehr) zu tun haben. Derartige Rentabilitätsgesichtspunkte genügen aber
für einen unmittelbaren Zusammenhang mit der Planung eines Gebäudes ebenso wenig wie etwa der Erwerb einer
bereits genutzten Immobilie zum Zweck der Vermietung über einen Mietpool (vgl. OLG Karlsruhe VersR 2002, 842
f.).
Insoweit liegt auch kein sachlicher Unterschied darin, ob die Kläger - wie in dem vom BGH entschiedenen Fall -
Anteile an einem Immobilienfonds oder - wie hier -
unmittelbar eine Eigentumswohnung erwerben. Dies betrifft allein die rechtstechnische Ausgestaltung des Erwerbs,
sagt aber über die inhaltliche Frage, ob ein unmittelbarer Zusammenhang mit einem typischen Baurisiko besteht,
nichts aus.
Der erforderliche unmittelbare Zusammenhang mit der Planung wird auch nicht dadurch hergestellt, dass es sich hier
nicht um eine „normale“ Eigentumswohnungsanlage, sondern um ein Bauvorhaben handelte, das als Hotel Garni
geplant war. Hier mag es zwar Besonderheiten in der baulichen Herrichtung des Objektes sowie der Bindung der
Wohnungseigentümer an eine derartige Nutzung sowie der Verpflichtung zur Einschaltung nur eines Pächters geben,
die von einer reinen Wohnungseigentumsanlage abweichen. Auch hieraus allein leiten die Kläger indessen keinerlei
Ansprüche ab. Sie stützen sich vielmehr auf Schadensersatzansprüche, weil ihrer Ansicht nach das Objekt aufgrund
seiner Konzeption insgesamt nicht die zu erwartende Rendite und die damit verbundene Steuerersparnis erbracht
habe (Bl. 98 d. A.). Damit handelt es sich aber um ein typisches Erwerbs
risiko, welches lediglich die wirtschaftlich sinnvolle Verwendung der als solcher mängelfrei errichteten Anlage betrifft.
Dass unter diesen Umständen von der Errichtung einer derartigen Anlage ggfs. insgesamt hätte Abstand genommen
werden müssen, mag zwar zutreffen, ändert aber nichts daran, dass sich hier kein typisches Baurisiko, sondern das
Verwendungsrisiko einer mängelfrei errichteten Anlage verwirklicht hat.
2. Auch der Ausschluss nach § 26 Abs. 1 S. 4 ARB 75 für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen im
Zusammenhang mit einer selbständigen Tätigkeit greift nicht ein. Die Verwaltung privaten Vermögens fällt
grundsätzlich auch dann nicht unter die Ausschlussklausel, wenn es um beträchtliche Werte geht. Etwas anderes
gilt nur, wenn der Umfang der für die Verwaltung erforderlichen Geschäfte einen planmäßigen Geschäftsbetrieb
erfordert wie etwa die Unterhaltung eines Büros oder einer Organisation zur Durchführung der Geschäfte
(Prölss/Martin, § 25 ARB Rdnr. 5). Davon kann bei dem Erwerb einer Eigentumswohnung als Kapitalanlage und zur
Steuerersparnis nicht die Rede sein, auch wenn zwecks Abwicklung ein Treuhandunternehmen eingeschaltet wurde.
Entsprechend wird die Ausschlussklausel bei der Anlage von Vermögen in Grundstücke nur angenommen, wenn es
hier um eine Vermögensanlage größeren Stils geht (vgl. Prölss/Martin, a. a. O., Rdnr. 6: Erschließung eines großen
Grundstücks; Erwerb und Verwaltung mehrerer Mietshäuser; Erwerb einer Eigentumswohnungsanlage mit 7
Einheiten). Die Beschaffung einer Eigentumswohnung nach dem Bauherrenmodell genügt dagegen nicht (LG
Hannover ZfS 1990, 234). Hier haben die Kläger zwecks Kapitalanlage und Erlangung von Steuervorteilen lediglich
ein Appartement in einer größeren Anlage erworben.
3. Nicht zu entscheiden ist im vorliegenden Rechtsstreit schließlich, ob die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen
der Kläger überhaupt notwendig gem. § 1 ARB 75 ist, weil sie hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht
mutwillig erscheint. Der Versicherer verliert nämlich das Recht, die Leistung wegen fehlender Erfolgsaussicht oder
Mutwilligkeit abzulehnen, wenn er dies dem Versicherungsnehmer entgegen § 17 Abs. 1 S. 2 ARB nicht
unverzüglich schriftlich mitteilt (BGH NJW 2003, 1936). Hier hat die Beklagte indessen die Ablehnung ihrer
Eintrittspflicht im Schreiben vom 13. Dezember 2002 alleine auf das Eingreifen der Baurisikoklausel gestützt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §
708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die
Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung gem. § 543 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO und dient auch nicht der
Fortbildung des Rechts gem. § 543 Abs. 2 Ziff. 2 ZPO, da die entscheidungserhebliche Frage bezüglich der
Reichweite der Baurisikoklausel des § 4 Abs. 1 k) ARB 75 durch die Entscheidung des BGH vom 19. Februar 2003
geklärt ist. Auch die Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung erfordert keine Entscheidung des
Revisionsgerichts gem. § 543 Abs. 2 Ziff. 2 ZPO, da der Senat (soweit ersichtlich) von keiner neueren - nach dem
Erlass des Urteils des BGH - ergangenen Entscheidung eines anderen Gerichts zur Reichweite der Baurisikoklausel
abweicht.
... ... ...