Urteil des OLG Celle vom 21.09.2009

OLG Celle: abtretung, abmahnung, feststellungsklage, anfechtung, offenkundig, auflage, anfang, anlageberatung, zedent, anwaltsbüro

Gericht:
OLG Celle, 11. Zivilsenat
Typ, AZ:
Beschluss, 11 W 40/09
Datum:
21.09.2009
Sachgebiet:
Normen:
ZPO § 93
Leitsatz:
Im Fall einer isolierten Drittwiderklage gegen den Zedenten der Klagforderung hat der Zedent auch
dann die Kosten der Drittwiderklage zu tragen, wenn er den Anspruch sofort anerkennt. Einer
vorherigen Abmahnung des Zedenten bedarf es nicht.
Volltext:
11 W 40/09
13 O 135/08 Landgericht Hannover
B e s c h l u s s
In der Beschwerdesache
X GmbH, …,
Beklagte, Widerklägerin und Beschwerdeführerin,
Prozessbevollmächtigte:
Anwaltsbüro …
gegen
1. Y. F., …,
ehemalige Klägerin, Drittwiderbeklagte und Beschwerdegegnerin,
2. A. H., …,
Kläger und Beschwerdegegner,
Prozessbevollmächtigte zu 1, 2:
Rechtsanwälte …
hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht … sowie
die Richter am Oberlandesgericht … und … am 21. September 2009 beschlossen:
Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird Nr. 2 des Tenors des Anerkenntnis und Schlussurteils der 13.
Zivilkammer des Landgerichts
Hannover vom 18. Juni 2009 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Beklagten tragen die Drittwiderbeklagte und der Kläger zu
2 zu je 1/2. Die außergerichtlichen Kosten der Drittwiderbeklagten und des Klägers zu 2 tragen diese jeweils selbst.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Drittwiderbeklagte und der Kläger zu 2 als Gesamtschuldner.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 1.500 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Der Kläger zu 2 hat aus abgetretenem Recht Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte wegen vermeintlich
fehlerhafter Anlageberatung geltend gemacht. Die Beklagte hat gegen die Zedentin Drittwiderklage erhoben mit dem
Antrag festzustellen, dass der Drittwiderbeklagten keine Schadensersatzansprüche zustünden. Die
Drittwiderbeklagte hat den Anspruch anerkannt. Der Kläger zu 2 hat seine Klage zurückgenommen.
Mit Anerkenntnis und Schlussurteil hat das Landgericht festgestellt, dass der Drittwiderbeklagten keine
Schadensersatzansprüche zustehen. Die Gerichtskos
ten und die außergerichtlichen Kosten der Beklagten hat das Landgericht der Drittwiderbeklagten, dem Kläger zu 2
und der Beklagten selbst zu je 1/3 auferlegt. Die außergerichtlichen Kosten der Drittwiderbeklagten hat das
Landgericht dieser zu 1/2 und der Beklagten ebenfalls zu 1/2 auferlegt.
Das Landgericht hat die Ansicht vertreten, dass die Drittwiderklage zulässig gewesen sei. Vor Erhebung der
negativen Feststellungsklage sei grundsätzlich keine Abmahnung erforderlich, da sich die fehlende Bereitschaft zum
Nachgeben darin zeige, dass der Drittwiderbeklagte sich eines Anspruches berühme. Durch die
– offenkundig aus prozesstaktischen Gründen vorgenommene – Abtretung habe die Drittwiderbeklagte zum
Ausdruck gebracht, dass sie selbst keine Ansprüche mehr geltend machen wolle. In einer solchen Situation halte die
Kammer es zur Vermeidung der Kostenfolge des § 93 Abs. 1 ZPO für erforderlich, vor Erhebung der Klage eine
Abmahnung auszusprechen.
Die Beklagte wendet sich mit ihrer sofortigen Beschwerde dagegen, dass sie anteilig mit den Gerichtskosten und
den außergerichtlichen Kosten der Drittwiderbeklagten belastet worden ist. Die Beklagte weist darauf hin, dass die
Drittwiderbeklagte vorprozessual vermeintliche Ansprüche auch im eigenen Namen erhoben habe und diesbezüglich
mit einer Klage gedroht habe. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei die Drittwiderklage zulässig.
Eine Abmahnung der Drittwiderbeklagten sei nicht erforderlich gewesen. Aus der Abtretung könne nicht gefolgert
werden, dass die Drittwiderbeklagte keine eigenen Ansprüche mehr geltend machen werde. Es könne nicht
ausgeschlossen werden, dass die Abtretung von vornherein nichtig gewesen sei oder aufgrund einer späteren
Anfechtung durch die Drittwiderbeklagte rückwirkend unwirksam werde.
II.
Die gem. §§ 99 Abs. 2, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO sofortige Beschwerde ist begründet.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, von der abzuweichen der Senat keiner Veranlassung hat, ist
eine isolierte Drittwiderklage gegen einen Zedenten der Klageforderung, mit der die Feststellung beantragt wird, dass
diesem keine Ansprüche zustehen, zulässig (BGH, Urteil vom 13. Juni 2008 – V ZR 114/07).
Zutreffend geht das Landgericht weiter davon aus, dass im Rahmen einer negativen Feststellungsklage
grundsätzlich keine Abmahnung erforderlich ist, da sich die fehlende Bereitschaft zum Nachgeben darin zeigt, dass
sich der Beklagte einer Forderung berühmt (Zöller/Herget, ZPO, 27. Auflage, § 93 Rdnr. 6 „Feststellungsklage“).
Im vorliegenden Fall ist die Abtretung offenkundig deshalb vorgenommen worden, um eine alleinige Gläubigerstellung
des Klägers zu 2 und eine Zeugenstellung der Zedentin herbeizuführen. Dieses prozesstaktische Verhalten der
Klägerseite führt nach Ansicht des Senats jedoch nicht dazu, dass die Zedentin, die sich vorprozessual eigener
Ansprüche berühmt hat, noch einmal von der Beklagten hätte abgemahnt werden müssen. Zutreffend weist die
Beklagte darauf hin, dass es Fallkonstellationen gibt, nach denen die Abtretung von vornherein nichtig ist oder durch
Anfechtung als von Anfang nichtig anzusehen ist. In Fällen der Abtretung eines Anspruches kommt einem
Drittwiderbeklagten daher nicht die Kostenfolge des § 93 ZPO zugute, wenn er im Rechtsstreit den Anspruch sofort
anerkennt.
Daher war auf die Beschwerde der Beklagten die unter Nr. 2 des Tenors des Anerkenntnis und Schlussurteils des
Landgerichts ausgesprochene Kostenentscheidung abzuändern.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Drittwiderbeklagte und der Kläger zu 2 als unterlegene Parteien
nach § 91 ZPO zu tragen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens richtet sich nach dem Umfang der Kostentragungspflicht der Beklagten.
Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
… … …