Urteil des OLG Celle vom 04.07.2005

OLG Celle: treu und glauben, auskunftserteilung, vergleich, rechnungslegung, ergänzung, schweigepflicht, wiederholung, erlass, abgabe, rechtskraftwirkung

Gericht:
OLG Celle, 04. Zivilsenat
Typ, AZ:
Beschluss, 4 W 137/05
Datum:
04.07.2005
Sachgebiet:
Normen:
BGB § 259 f, ZPO § 888
Leitsatz:
Haben die Parteien ein früheres Zwangsgeldfestsetzungsverfahren nach Auskunftserteilung
übereinstimmend für erledigt erklärt, besteht ein Anspruch auf erneute Auskunftserteilung allenfalls
dann, wenn der Gläubiger nachweist, dass die früher erteilte Auskunft fehlerhaft oder unvollständig
war und er unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben auf die nochmalige
Auskunftserteilung angewiesen ist.
Volltext:
4 W 137/05
6 O 314/02 Landgericht Hannover
B e s c h l u s s
In der Zwangsvollstreckungssache
pp.
hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr.
H####### und die Richter am Oberlandesgericht R####### und Dr. P#######
am 4. Juli 2005 beschlossen:
Die sofortige Beschwerde des Gläubigers gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom
20. Mai 2005 wird zurückgewiesen.
Der Gläubiger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Wert des Beschwerdeverfahrens: 5.000 EUR.
G r ü n d e :
I.
Die Parteien, die ursprünglich Partner einer Steuerberatungsgesellschaft gewesen sind, haben nach einer Kündigung
des Gesellschaftsvertrages am 2. April 2003 vor dem Landgericht Hannover einen Vergleich zur Aufhebung ihrer
Partnergesellschaft zum 30. Juni 2002 abgeschlossen, in dem sich der Schuldner u. a. verpflichtet hat, dem
Gläubiger Auskunft über den steuerlichen Bilanzwert der Forderungen aus Lieferungen und Leistung der M#######,
H####### & Partner Steuerberatungsgesellschaft per 30. Juni 2002 zu geben. Nachdem der Schuldner seiner
Auskunftspflicht aus diesem Vergleich nicht unverzüglich nachgekommen ist, hat der Gläubiger im September 2003
ein Verfahren auf Festsetzung eines Zwangsgeldes gegen den Schuldner zur Erzwingung der Auskünfte, zu deren
Erteilung sich der Schuldner in dem Vergleich verpflichtet hatte, eingeleitet.
In diesem Verfahren hat der Gläubiger mit Schriftsatz vom 18. September 2003 zu Nr. 7 des Vergleichs die Auskunft
erteilt, dass der steuerliche Bilanzwert der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen 99.918,56 EUR betrage. Im
Hinblick auf diese Angabe sowie die weiteren vom Schuldner in dem Schriftsatz erteilten Auskünfte hat der
Gläubiger mit Schriftsatz vom 29. Oktober 2003 seinen Antrag auf Festsetzung eines Zwangsgeldes „einstweilen“ in
der Hauptsache für erledigt erklärt. Nachdem sich der Schuldner dieser Erklärung angeschlossen hatte, haben
Landgericht und Oberlandesgericht den Schuldner übereinstimmend verurteilt, die Kosten des Zwangsgeldverfahrens
zu tragen.
Mit Schriftsatz vom 6. Mai 2005 hat der Gläubiger nunmehr erneut beantragt, gegen den Schuldner ein Zwangsgeld
festzusetzen, weil dieser seiner Pflicht zur Auskunftserteilung gemäß Nr. 7 des Vergleichs nicht nachgekommen sei
und keine übersichtlichen Aufstellungen nebst Belegen bezogen auf den steuerlichen Bilanzwert der Forderungen
aus Lieferungen und Leistungen, insbesondere „SuSaListen“, eine „BWA“ und die „Stundennachweise aller
Mitarbeiter“ vorzulegen. Der Gläubiger meint, der Schuldner sei hierzu im Rahmen der von ihm geschuldeten
Rechnungslegung verpflichtet.
Demgegenüber ist der Schuldner der Auffassung, sich in dem Vergleich nur zu einer Auskunftserteilung und nicht zu
einer Rechnungslegung verpflichtet zu haben. Die Forderung des Gläubigers, 18 Monate nach einvernehmlicher
Beendigung des ersten Zwangsgeldverfahrens weitere Auskünfte zu erteilen, müsse als schikanös angesehen
werden.
Das für die Durchführung des Zwangsgeldverfahrens zuständige Landgericht Hannover hat den erneuten Antrag auf
Festsetzung eines Zwangsgeldes mit Beschluss vom 20. Mai 2005 mit der Begründung abgewiesen, die
Voraussetzungen des § 888 Abs. 1 ZPO lägen nicht vor, weil der Schuldner sich in Nr. 7 des Vergleichs lediglich zur
Erteilung einer Auskunft verpflichtet habe, die er dem Gläubiger auch bereits mit Schriftsatz vom 18. September
2003 erteilt habe. Weitergehende Ansprüche auf Vorlage von Summen und Saldenlisten sowie
betriebswirtschaftlichen Auswertungen und Stundennachweisen der Mitarbeiter könne der Gläubiger aus dem
Vergleich nicht herleiten.
Demgegenüber begründet der Gläubiger seine form und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde gegen diesen
Beschluss mit der Auffassung, nach § 260 Abs. 1 BGB habe derjenige, der Auskunft über einen Inbegriff von
Gegenständen zu erteilen habe, stets ein Bestandsverzeichnis vorzulegen und eine Darstellung zu liefern, die den
Gläubiger in die Lage versetze, die Angaben des Schuldners auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Von einer
Rechtskraftwirkung des früheren Zwangsgeldverfahrens sei nicht auszugehen, sodass dem erneuten Erlass eines
Zwangsgeldes nichts entgegen stehe.
II.
Die zulässige sofortige Beschwerde ist nicht begründet.
Der Gläubiger hat gegen den Schuldner keinen Anspruch auf Erteilung einer weiteren Auskunft. Das Landgericht ist
mit Recht davon ausgegangen, dass der Schuldner seine Pflicht zur Auskunftserteilung mit Schriftsatz vom 18.
September 2003 erfüllt hat. Der Wortlaut des § 7 des Vergleichs ist entsprechend den Ausführungen des
Landgerichts eindeutig. Danach hat sich der Schuldner zur Auskunftserteilung verpflichtet, eine weitergehende
Verpflichtung zur Rechnungslegung ist dem Vergleich nicht zu entnehmen.
Soweit der Gläubiger darauf hinweist, dass gemäß § 260 Abs. 1 BGB im Rahmen der Verpflichtung zur
Auskunftserteilung über einen Inbegriff von Gegenständen stets ein Bestandsverzeichnis vorzulegen sei, hat das
Landgericht mit Recht darauf hingewiesen, dass gemäß § 8 zweiter Absatz des Vergleiches der Beklagte berechtigt
sein sollte, durch einen von ihm zu benennenden Beauftragten die Bücher und Unterlagen der
Steuerberatungsgesellschaft im Hinblick auf die Richtigkeit der Auskünfte des Schuldners zu den Ziffern 6 - 8 des
Vergleichs überprüfen zu lassen. Im Hinblick auf diese Regelung im Vergleich durfte das Landgericht ohne weiteres
davon ausgehen, dass sich der Schuldner lediglich zur Erteilung der Auskunft über den Bilanzwert und nicht zu
weitergehenden Auskünften über Einzelpositionen und die Vorlage von Saldenlisten usw. verpflichtet hat. Die
Parteien haben eindeutig geregelt, dass es Sache des Gläubigers selbst sein sollte, die Angaben des Schuldners zu
überprüfen bzw. durch einen von ihm beauftragten der Schweigepflicht unterliegenden Dritten überprüfen zu lassen.
Das Verlangen des Gläubigers verstößt im Übrigen auch gegen § 242 BGB. Obwohl der Gläubiger die Möglichkeit
hätte, selbst die erforderlichen Angaben anhand einer Einsicht in die Bücher und Unterlagen der
Steuerberatungsgesellschaft zu überprüfen, beschränkt er sich darauf, 18 Monate nach Erteilung der Auskunft
weitere Auskunftsverlangen an den Schuldner zu richten. Zwar ist nach einer bereits erteilten Auskunft ein
nochmaliges Auskunftsverlangen nicht von vornherein ausgeschlossen; der Schuldner kann vielmehr in den Grenzen
des § 242 BGB zur Wiederholung der Auskunft verpflichtet sein (vgl. BGH, NJWRR 1988, 1073). Ein Verstoß gegen
Treu und Glauben liegt jedoch dann vor, wenn der Gläubiger willkürlich sein Auskunftsverlangen wiederholt, obwohl
er - jedenfalls wird dafür vorliegend nichts ausgeführt - gar keinen Zweifel an der Richtigkeit der Auskunft hat und im
Übrigen selbst in der Lage wäre, eventuelle Zweifel zu überprüfen.
Der Gläubiger macht zwar geltend, die Erledigungserklärung im früheren Auskunftsverfahren nur „einstweilen“
abgegeben zu haben. Diese Einschränkung seiner Erledigungserklärung, die rechtlich ohne Bedeutung ist, weil die
Erledigungserklärung als Prozesshandlung bedingungsfeindlich ist und allenfalls mit einer bloßen innerprozessualen
Bedingung, wie etwa der „hilfsweisen“ Abgabe versehen werden kann, ändert nichts daran, dass sich der Gläubiger
an dem Inhalt seiner Erledigungserklärung festhalten lassen muss. Diese Erklärung ist aus der Sicht des Schuldners
dahin gegangen, dass sich der Gläubiger mit den erteilten Auskünften zufrieden gegeben und diese als ausreichend
angesehen hat.
Ob eine nochmalige Auskunft verlangt werden kann, wenn substantiiert dargelegt werden kann, dass die früher
erteilten Auskünften fehlerhaft oder unvollständig gewesen sind, braucht der Senat vorliegend nicht zu entscheiden,
weil es hierfür gar keine Anhaltspunkte gibt. Der Kläger verlangt lediglich eine Ergänzung der ihm früher erteilten
Auskünfte ohne eine Erklärung dafür abzugeben, aus welchen Gründen er erst jetzt diese Ergänzung begehrt,
nachdem er 1 ½ Jahre zuvor die erteilte Auskunft zumindest für den damaligen Zeitpunkt als ausreichend hat gelten
lassen. Würde man diesem Begehren des Gläubigers stattgeben, bekäme der Anspruch auf Auskunftserteilung den
Charakter einer regelmäßig wiederkehrenden Verpflichtung, turnusmäßig nach dem Willen und Belieben des
Gläubigers Berichte vorzulegen. Einen solchen Inhalt hat der Anspruch auf Auskunftserteilung, der regelmäßig mit
der erteilten Auskunft erledigt ist, jedoch nicht.
Die Beschwerde war deshalb mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO, die gemäß § 891 Satz 2 ZPO entsprechend
anzuwenden ist, zurückzuweisen.
Dr. ####### R####### Dr. #######
Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Richter am Oberlandesgericht Richter am Oberlandesgericht