Urteil des OLG Celle vom 31.07.2008
OLG Celle: irreführende werbung, arzneimittel, gesetzliche vermutung, homöopathie, kopfschmerzen, dringlichkeit, vertreter, inhaltsstoff, aufzählung, irreführung
Gericht:
OLG Celle, 13. Zivilsenat
Typ, AZ:
Urteil, 13 U 69/08
Datum:
31.07.2008
Sachgebiet:
Normen:
UWG § 12 Nr 2, HWG § 3, HWG § 3 a, UWG § 4 Nr 11
Leitsatz:
1. § 12 Abs. 2 UWG gewährt grundsätzlich eine widerlegliche tatsächliche
Vermutung der Dringlichkeit für sämtliche Unterlassungsansprüche nach
dem UWG und nicht bloß für solche, deren Entscheidung aus tatsächlichen
und/oder rechtlichen Gründen einfach, klar und schnell erfolgen kann.
2. Eine Irreführung nach § 3 Satz 2 Nr. 1 HWG liegt vor, wenn bei einem
nicht unbeachtlichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise der Ein
druck der wissenschaftlichen Unangefochtenheit erweckt wird, obwohl die
behauptete therapeutische Wirksamkeit oder Wirkung des Arzneimittels in
Wahrheit umstritten und nicht nachgewiesen bzw. nicht hinreichend abge
sichert ist.
3. Wird mit einer fachlich umstrittenen Wirksamkeitsangabe geworben, ohne
dass der Werbende klarstellt, dass seine Überzeugung von der Wirksam
keit seines Produkts nicht unumstritten ist, braucht der Kläger nur die
fachliche Umstrittenheit der Wirksamkeitsbehauptung darzulegen und zu
beweisen.
Volltext:
Oberlandesgericht Celle
Im Namen des Volkes
Urteil
13 U 69/08
23 O 177/07 Landgericht Hannover
Verkündet am
31. Juli 2008
T.,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
In dem einstweiligen Verfügungsverfahren
Verband S. W. e. V., vertreten durch den 1. Vorsitzenden Kaufmann L. P.,
K., B.,
Verfügungskläger und Berufungskläger,
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte B. & Partner, O. Allee, B.
Geschäftszeichen: #######
gegen
m. F. Arzneimittel GmbH, vertreten durch die Geschäftsführerinnen
Dr. R. M. F. und Dr. I. R. F., P. Straße, S.,
Verfügungsbeklagte und Berufungsbeklagte,
Prozessbevollmächtigte:
Anwaltsbüro K. Rechtsanwälte, E., H.,
hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 17. Juni 2008 durch den
Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht
Dr. K., den Richter am Oberlandesgericht B. und die Richterin am Oberlandesgericht R. für Recht erkannt:
Auf die Berufung des Verfügungsklägers wird das Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts
Hannover vom 18. März 2008 wie folgt abgeändert:
Der Verfügungsbeklagten wird bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall künftiger Zuwiderhandlung
festzusetzenden Ordnungsgeldes bis 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu 6
Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführerinnen, untersagt, im geschäftlichen Verkehr für das Mittel „m.“ mit
folgenden Aussagen zu werben:
„Fieber und Entzündungsmittel bei akuten Erkrankungen (z. B.
Pharyngitis, Laryngitis ...)“
„Erbrechen und Diarrhoe“
„In der homöopathischen Praxis ist die rechtsdrehende Milchsäure ein Arzneimittel, das bei Kehlkopfentzündungen
und Bronchitis eingesetzt wird.“,
„Acidum sarcolacticum wirkt ausgleichend auf den SäureBasenHaushalt des Körpers und gilt als Gegenmittel der
linksdrehenden Milchsäure, die im Körper Glieder und Muskelschmerzen verursacht“,
„Eisenphosphat wird als homöopathische Arznei bevorzugt bei beginnenden Entzündungsprozessen und Fieber, wie
z. B. Hals und Ohrenentzündungen eingesetzt.“,
„Die Nieswurz ... hat eine anregende Wirkung auf die Steuerzentrale des Nervensystems. Auf diese Weise kann
auch der grippale Infekt mit Koliken, Erbrechen beherrscht werden“,
„Luffa operculata ... hat sich bei ... den chronischen Entzündungen der Nasennebenhöhlen bewährt“.
Der weitergehende Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom
21. Dezember 2007 wird zurückgewiesen.
Die weitergehende Berufung des Verfügungsklägers wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Verfahrens hat der Verfügungskläger 2/3 und die Verfügungsbeklagte 1/3 zu tragen.
G r ü n d e
I.
Von einer Darstellung des Sach und Streitstandes wird gemäß den §§ 540
Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
II.
Die zulässige Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg.
1. Entgegen der Annahme des Landgerichts ist der für den Erlass einer einstweiligen Verfügung erforderliche
Verfügungsgrund gegeben. Die nach § 12 Abs. 2 UWG bestehende tatsächliche Vermutung für die Dringlichkeit der
begehrten Unterlassung in Wettbewerbssachen ist weder durch den Inhalt der Antragsschrift vom 21. Dezember
2007 noch durch das prozessuale Verhalten des Verfügungsklägers (im Folgenden: Kläger) widerlegt worden. Dass
die beanstandeten Aussagen in der einen Werbeschrift (Anl. A 3) bereits seit September 2007 und in der anderen
Werbebroschüre (vgl. Anl. A 4) sogar seit mehreren Jahren publiziert sind, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Der
Kläger hat glaubhaft und unwidersprochen versichert, dass er von dem Wettbewerbsverstoß erst am 5. Dezember
2007 (Bl. 57 d. A.) und somit ungefähr drei Wochen vor Eingang seiner Antragsschrift beim Landgericht Hannover
Kenntnis erlangt hat.
a) Anders als das Landgericht meint, wird die gesetzliche Vermutung der Eilbedürftigkeit nicht dadurch entkräftet,
dass der Kläger anstatt der gestellten 18 Unterlassungsanträge zum schnell wirksamen Schutz des Fach und
Laienpublikums vor unzulässiger Werbung in den beiden Broschüren der Verfügungsbeklagten (im Folgenden:
Beklagte) einen einfach gehaltenen Unterlassungsantrag hätte stellen können, der auf das Fehlen des in dem
Zulassungsbescheid zu den Anwendungsgebieten aufgeführten Warnhinweises (§ 4 Abs. 1 Nr. 4 und 7
Heilmittelwerbegesetz - HWG) abzielte. Dem Kläger kann nicht unter Hinweis auf die tatsächlichen und rechtlichen
Schwierigkeiten des mit seinen Unterlassungsanträgen verfolgten Rechtsschutzziels, nämlich die Unzulässigkeit der
konkret beanstandeten Werbeaussagen für ein zugelassenes homöopathisches Altarzneimittel feststellen zu lassen,
der gesetzlich vorgesehene Rechtsschutz im wettbewerbsrechtlichen Eilverfahren versagt werden. § 12 Abs. 2 UWG
gewährt eine widerlegliche tatsächliche Vermutung der Dringlichkeit für sämtliche Unterlassungsansprüche aus dem
UWG und nicht lediglich für solche, deren Entscheidung aus tatsächlichen und/oder rechtlichen Gründen einfach,
klar und schnell erfolgen kann. Ob etwas anderes gilt, wenn eine Entscheidung im einstweiligen Verfügungsverfahren
nur begehrt wird, um die besseren und fundierteren Erkenntnismöglichkeiten eines Hauptsacheverfahrens,
insbesondere durch Einholung eines Sachverständigengutachtens, zu umgehen oder ob sich in diesen Fällen bereits
aus dem Sachverhalt ergibt, dass eine vorläufige Regelung nicht dringend ist (OLG Koblenz, GRUR 1978, 718, 719),
kann hier dahinstehen. Eine solche Sachverhaltskonstellation ist vorliegend nicht gegeben.
b) Die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG wird vorliegend auch nicht dadurch widerlegt, dass beide
Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 6. Februar 2008 und vor dem erkennenden Senat
am
17. Juni 2008 wegen weiterer Vergleichsgespräche um einen weiträumigen Verkündungstermin gebeten haben. Trotz
dieser Bitte ist wegen des Versuchs einer Einigung im Vergleichswege und unter Berücksichtigung der zahlreichen
streitgegenständlichen Unterlassungsanträge sowie der Erörterung in der mündlichen Verhandlung die Dringlichkeit
noch gegeben (vgl. dazu KG, GRUR 1993, 929. auch OLG Koblenz, GRUR 1978, 718, 720. Köhler, in
Hefermehl/Köhler/
Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 26. Aufl. § 12 Rdn. 3.16).
2. Ein Verfügungsanspruch des Kläger gemäß § 8 Abs. 1 und 3 Nr. 2, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i. V. m. §§ 3 Satz 1 und 2
Nr.1 , 3 a Satz 2 Heilmittelwerbegesetz (HWG) ist hinsichtlich der Klageanträge zu 4., 9., 14., 17. und 18. in vollem
Umfang, bezüglich der Klageanträge zu 5. und 10. lediglich teilweise und bei den Klageanträge zu Ziffer 1., 2., 4., 6.
7., 8., 11., 12., 13., 15. und 16. nicht gegeben.
a) Der Kläger ist als eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen
Interessen seiner Mitglieder, insbesondere die Achtung der Einhaltung der Regeln des unlauteren Wettbewerbs,
gehört, gemäß §§ 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG befugt, Ansprüche wegen der beanstandeten Wettbewerbsverstöße geltend
zu machen.
b) Den Werberegelungen bzw. Werbeverboten des HWG kommt wegen ihrer gesundheitspolitischen Zielsetzung, die
Bevölkerung vor einer unsachlich werbenden Beeinflussung zu schützen, wertbezogene Bedeutung zu. Sie sollen
auch das Marktverhalten regeln und stellen deshalb marktbezogene Verhaltensnormen i. S. des § 4 Nr. 11 UWG dar.
Ein Verstoß gegen sie führt regelmäßig zu einem wettbewerbswidrigen Verhalten (vgl. OLG Oldenburg, GRURRR
2006, 243, 244). Allerdings erfasst das HWG nicht jegliche Wirtschaftswerbung, sondern nur die produktspezifische
und leistungsbezogene Absatzwerbung. Sonstige Werbemaßnahmen, insbesondere die allein auf ein Unternehmen
bezogene Werbung (Firmenwerbung), fallen dagegen nicht unter das HWG (BGH, Urteil vom 17. Juni 1992 – I ZR
221/90, GRUR 1992, 873 „PharmaWerbespot“). Die streitgegenständlichen Werbebroschüren enthalten jedoch keine
unternehmensbezogene Werbung, sondern preisen allein das Produkt „m.“ an und unterfallen deshalb dem HWG.
c) Nach § 3 a HWG ist die Werbung für ein Arzneimittel, das der Pflicht zur Zulassung unterliegt und nicht nach den
arzneimittelrechtlichen Vorschriften zugelassen ist oder als zugelassen gilt, unzulässig. Dazu gehört gemäß § 3 a
Satz 2 HWG auch die Werbung für ein zugelassenes Arzneimittel bzgl. weitergehender, vom arzneimittelrechtlichen
Zulassungsstatus nicht abgedeckter Anwendungsgebiete und Darreichungsformen (OLG Hamburg, GRURRR 2003,
354, 355.
Doepner, HWG 2. Aufl. § 3 a Rdn.11). Denn in diesem Bereich fehlt es wie bei einem insgesamt nicht zugelassenen
Arzneimittel an der medizinischpharmakologischen Überprüfung durch die nationale oder europäische
Zulassungsbehörde. Der Wortlaut der in der Zulassung wiedergegebenen Anwendungsgebiete bestimmt den
rechtlichen Rahmen der Verkehrsfähigkeit des Arzneimittels (OLG Hamburg a. a. O.. Doepner a. a. O.). Existenz
und Inhalt des Zulassungsbescheid als Verwaltungsakt des BfArM binden den Zivilrichter, solange er nicht von Amts
wegen oder auf Rechtsbehelfe hin in dem dafür vorgesehenen Verfahren aufgehoben worden ist (BGHZ 122, 1, 5.
OLG Hamburg, GRURRR 2003, 354, 356).
d) Darüber hinaus ist gemäß § 3 Satz 1 HWG allgemein jede irreführende (Absatz) Werbung hinsichtlich der unter
das HWG fallenden Arzneimittel und Verfahren als unzulässig anzusehen (vgl. Doepner a. a. O. § 3 Rdn.14). Nach §
3 Satz 2 Nr.1 HWG liegt eine Irreführung insbesondere dann vor, wenn Arzneimitteln eine therapeutische
Wirksamkeit oder Wirkungen beigelegt werden, die sie nicht haben. Das ist bereits dann anzunehmen, wenn bei
einem nicht unbeachtlichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise der Eindruck der wissenschaftlichen
Unangefochtenheit erweckt wird, obwohl die behauptete Wirkung in Wahrheit umstritten und nicht nachgewiesen
bzw. nicht hinreichend abgesichert ist
(Doepner, HWG 2. Aufl. § 3 Rdn.36 und 71). Zwar trägt auch bei gesundheitsbezogenen Werbungsangaben die
Darlegungs und Beweislast für die Unrichtigkeit der angegriffenen Werbebehauptung grundsätzlich der Kläger (BGH,
Urteil vom
7. März 1991 – I ZR 127/89, GRUR 1991, 848, 849 „R.“. Gröning, HWG (Stand: 2005) § 3 Rdn.17). Wird aber mit
einer fachlich umstrittenen Wirksamkeitsangabe geworben, ohne dass der Werbende klarstellt, dass seine
Überzeugung von der Wirksamkeit seines Produkts nicht unumstritten ist, braucht der Kläger nur die fachliche
Umstrittenheit der Wirksamkeitsbehauptung darzulegen und zu beweisen (OLG Frankfurt a. M., GRURRR 2005, 394
m. w. Nachw.. Doepner, HWG 2. Aufl. § 3 Rdn. 34. Gröning a. a. O.). Dabei kann sich der Kläger zur Darlegung der
von ihm vorzutragenden Irreführungsgefahr auf eine substanzbezogene Monographie des Bundesinstituts für
Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) berufen. Derartige Monographien dienten der Zulassungsbehörde als
Grundlage für die Verlängerung der fiktiven Zulassung nach den Übergangsvorschriften der § 105 ff. AMG (Doepner,
HWG 2. Aufl. § 3 Rdn. 34. Gröning, HWG (Stand 2005) § 3 Rdn.19). Da sie den wissenschaftlichen Stand nur
bezüglich des Zeitpunkts ihrer Verabschiedung wiedergeben und ferner keinen Ausschließlichkeitscharakter haben,
ist ein jedoch ein Gegenbeweis möglich (Doepner a. a. O. Rdn.35). Wird einem Mittel in der Werbung eine
Wirksamkeit zugeschrieben, die von einer Aufbereitungsmonographie nicht gedeckt ist und vermittelt die Werbung
gleichwohl den Eindruck wissenschaftlicher Unbestrittenheit, muss daher der Beklagte die hinreichende
wissenschaftliche Absicherung seiner Werbung nachweisen (Gröning
a. a. O.)
e) Gemessen an diesen Grundsätzen gilt für die Unterlassungsanträge Folgendes:
aa) Unterlassungsanträge zu Ziffer 1 bis 7
(1) Ein Werbeverbot ist bei den Anträgen zu Ziffer 1 bis 7 gemäß § 3 a Satz 2 HWG gerechtfertigt, soweit das
Arzneimittel „m.“ mit Anwendungsgebieten beworben wird, die von dem Zulassungsbescheid des BfArM vom 6.
Dezember 2002 nicht erfasst sind (vgl. Doepner, HWG 2. Aufl. § 3 a Rdn. 11). Der Zulassungsbescheid führt zu den
Anwendungsgebieten aus:
„Die Anwendungsgebiete leiten sich von den homöopathischen Arzneimittelbildern ab. Dazu gehören: grippale
Infekte.“
Für die Werbebroschüre „Das Plus* bei grippalen Infekten“ folgt daraus: Soweit die dort aufgeführten einzelnen
Indikationen als Anwendungsgebiete bzw. Arzneimittelbilder in den für die einzelnen Wirkstoffe (Monosubstanzen)
erstellten und vom Kläger vorgelegten Aufbereitungsmonographien mit zutreffenden Verdünnungspotenzen
aufgeführt sind und ihr Bezug zu dem im Zulassungsbescheid genannten Anwendungsgebiet „grippaler Infekt“
gewahrt bleibt, verstößt ihre Nennung nicht gegen § 3 a Satz 2 HWG. Entgegen der Auffassung des Klägers ist der
Hinweis „Das Plus* bei grippalen Infekten“ ausreichend, um für einen durchschnittlich verständigen Vertreter der
angesprochenen Verkehrskreise den erforderlichen Bezug der einzelnen, in der Aufbereitungsmonographie
genannten Arzneimittelbildern zu dem Oberbegriff „grippaler Infekt“ herzustellen. Dies wird durch die balkenartige
Überschrift „Das Plus* bei grippalen Infekten“ erreicht, die bereits räumlich sowohl den Inhaltsstoffen als auch den
Indikationen vorangestellt ist. Angesichts dieser textlichen Gestaltung kann ein durchschnittlich verständiger
Vertreter des Verkehrskreises der Durchschnittskonsumenten, dem die entscheidenden Richter selbst angehören,
und noch mehr ein entsprechender Vertreter des Verkehrskreises „Verkaufspersonal“, an den sich die
Werbebroschüre „Das Plus* bei grippalen Infekten“ wendet, die Zuordnung zwischen den aufgeführten Indikationen
zum dem Krankheitsbild „grippaler Infekt“ eindeutig vornehmen.
(2) Soweit sich die in der vorgenannten Werbebroschüre bezeichneten Indikationen den jeweiligen
Aufbereitungsmonographien nicht entnehmen lassen, ist neben einem Verstoß gegen § 3 a Satz 2 HWG zugleich
auch eine Verletzung des Verbots der irreführende Werbung nach § 3 Satz 1 HWG gegeben. Denn den einzelnen
Inhaltsstoffen des Arzneimittels wird in der Werbung der Beklagten eine indikationsbezogene Wirkung zugeschrieben
und damit relevanten Teilen der Werbeadressaten eine wissenschaftlich unbestrittene therapeutische Wirksamkeit
vermittelt, die nach der jeweiligen Aufbereitungsmonographie als nicht nachgewiesen gilt (Gröning, HWG (Stand:
2005) § 3 Rdn.18. Doepner, HWG 2. Aufl. § 3 Rdn. 76).
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Beklagten eingereichten offenen Studie mit 99 Probanden bei
grippalem Infekt. Zwar darf heilmittelwerberechtlich zur Absicherung von Wirksamkeitsbehauptungen auch alternativ
auf praktische Erfahrungen zurückgegriffen werden. Diese müssen sich jedoch auf Beobachtungen bei einem
größeren Personenkreis und regelmäßig über einen gewissen Zeitraum stützen. Nur nach wissenschaftlichen
Methoden aufbereitetes Erfahrungsmaterial ist wissenschaftlich fundierten Wirksamkeitsnachweisen vergleichbar
(Doepner, HWG 2. Aufl. § 3 Rdn. 73). Diesen Anforderungen genügt weder die vorgelegte offene Studie, die sich auf
eine zehntägige Untersuchung von 99 Patienten ohne Zuhilfenahme wissenschaftlicher Kontrollmethoden
beschränkt, noch die von der Beklagten im Termin überreichten Auszüge aus der (homöopathischen) Literatur.
(3) Im Einzelnen:
Zu Ziff. 1: „Ausleitung und Drainage der Toxine nach einem Infekt“
Dem Kläger steht kein Anspruch auf Unterlassung der vorgenannten Werbeaussage wegen Verstoßes gegen § 3
Satz 1 bzw. § 3 a Satz 2 HWG zu. Entgegen seiner Auffassung bezieht sich diese Aussage nicht auf
Krankheitsbilder, die über einen bloßen grippalen Infekt hinausgehen oder mit diesem in keinem Zusammenhang
mehr stehen und dementsprechend nicht von dem Zulassungsbescheid des BfArM gedeckt sind. Der erforderliche
Bezug zu dem Anwendungsgebiet „grippaler Infekt“ wird aus den bereits dargestellten Erwägungen durch die
Überschrift „Das Plus bei grippalen Infekten“ gewahrt.
Aus demselben Grund liegt auch keine irreführende Werbung nach § 3 Abs.1 HWG vor, da die im Bundesanzeiger
Nr. 193 vom 16. Oktober 1991, S. 7118 veröffentlichte Aufbereitungsmonographie als Anwendungsgebiet ebenfalls
den grippalen Infekt aufführt.
Zu Ziff. 2: „Kopfschmerzen, Unwohlsein .... vor allem in Folge von Witterungs
wechsel“
Hinsichtlich dieser, die Indikation des Inhaltsstoffes „Gelsemium sempervirens D4“ (gelber Jasmin) betreffenden
Angabe ist ein Anspruch des Klägers auf Unterlassung gemäß § 3 Satz 1 HWG oder § 3 a Satz 2 HWG ebenfalls
nicht gegeben. Die Kopfschmerzen werden als Anwendungsgebiet in der im Bundesanzeiger
Nr. 217 a vom 22. November 1985 veröffentlichen Aufbereitungsmonographie ausdrücklich genannt. Daneben
werden dort aber noch u. a. „nervöse Störungen“, „Lähmungen und Krampfleiden“ erwähnt. Diese Indikationen werden
von der Umschreibung „Unwohlsein“ erfasst. Soweit der Kläger beanstandet, dass diese Beschreibung über den
bloßen grippalen Infekt hinausgeht, bzw. damit nicht mehr im Zusammenhang steht, vermag der Senat diesem
Verständnis der Werbebroschüre aus den bereits dargestellten Erwägungen nicht zu folgen. Ein durchschnittlich
verständiger Vertreter des Verkehrskreises „Verkaufspersonal“ kann die Zugehörigkeit des genannten
Anwendungsgebietes „Kopfschmerzen“ zu dem Krankheitsbild „grippaler Infekt“ eindeutig zuordnen.
Zu Ziff. 3: „Fieber und Entzündungsmittel bei akuten Erkrankungen (z. B.
Pharyngitis, Laryngitis....)“
Diese Beschreibung der Indikation des Inhaltsstoffes „Ferrum phosphoricum D8“ ist lediglich wegen des
Klammerzusatzes, der beispielhaft Erkrankungen der
Atemorgane, wie die Pharyngitis, Laryngitis sowie den grippalen Infekt, nennt, zu weitgehend mit der Folge, dass
dem Kläger insoweit ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 3, 4 Nr.11 UWG i. V. m. § 3 a Satz 2 HWG zusteht. Der
für das streitgegenständliche Präparat ergangene Zulassungsbescheid nennt als Anwendungsgebiet unter Hinweis
auf seine Ableitung von den homöopathischen Arzneimittelbildern den grippalen Infekt. Nur für dieses
Anwendungsgebiet ist Werbung erlaubt. Die beispielhafte Aufzählung zu dem Inhaltsstoff „Ferrum phosphoricum“
beschränkt sich aber nicht auf bloß damit zusammenhängende Indikationen, sondern preist seine Wirkweise auch
für andersartige Erkrankungen der Atemwege, wie einer Entzündung der Rachenschleimhaut oder des Kehlkopfes.
Diese unterfällt jedoch ebenfalls der Verbotsregelung des § 3 a HWG (vgl. Doepner, WWG 2.
Aufl. § 3 a Rdn.11). Dass die weiteren Anwendungsgebiete sich ebenfalls aus der Aufbereitungsmonographie (vgl.
Bundesanzeiger Nr. 190 a vom 10. Oktober 1985, S. 36 „fieberhafte, entzündliche Erkrankungen der Atemorgane“)
ergeben, ist im Rahmen des § 3 a HWG, der lediglich auf die arzneimittelrechtliche Zulassung abstellt, unerheblich.
Zu Ziff. 4: „Hochakute entzündliche Erkrankung, wie ... beginnendes Infektions
fieber“
Bei dieser Aussage zu der Indikation des Inhaltsstoffes „Aconitum napellus D4“ (blauer Eisenhut) steht dem Kläger
dagegen kein Unterlassungsanspruch zu. Die genannten Anwendungsbereiche decken sich mit den in der
Aufbereitungsmonographie (vgl. Bundesanzeiger Nr. 190a vom 10. Oktober 1985, S.9) ausgewiesenen Indikationen.
Das gilt auch für das „beginnende Infektionsfieber“. Diese Indikation kann zudem der Überschrift „grippaler Infekt“
zugeordnet werden und wird folglich auch von dem Zulassungsbescheid umfasst.
Zu Ziff. 5: „Kreislaufschwäche mit Kollapsneigung, Antriebslosigkeit,
Erbrechen und Diarrhoe“
Bezüglich dieser zur Indikation des Inhaltsstoffes „Veratrum album D4“ (weiße Nieswurz) gemachten Ausführungen
ist die Beklagte gemäß §§ 3, 4 Nr.11 UWG
i. V. m. § 3 Satz 1 und 2 Nr.1 HWG lediglich zur Unterlassung des Begriffes „Erbrechen“ verpflichtet. Die übrigen,
dort genannten Arzneimittelbilder entsprechen den in der Aufbereitungsmonographie aufgeführten
Anwendungsgebieten (vgl. Bundesanzeiger Nr. 190 a vom 10. Oktober 1985, S. 53). Der Bezug zu dem
Krankheitsbild „grippaler Infekt“ wird durch die Überschrift in hinreichender Weise hergestellt. Dass der Inhaltsstoff
„Veratrum album D4“ dagegen auch gegen Erbrechen erfolgreich Anwendung findet, hat die Beklagte nicht glaubhaft
dargelegt. Eine solche Wirkweise ihres Präparats lässt sich selbst der von ihr vorgelegten Studie nicht entnehmen.
Zu Ziff. 6: „Müdigkeits und Zerschlagenheitsgefühl der Muskulatur“
Insoweit kann der Kläger nicht die Unterlassung dieser Werbeaussage von der Beklagten wegen Verstoßes gegen §
3 Satz 1 bzw. 3 a Satz 2 HWG verlangen, da die zu dem Inhaltsstoff „Acidum sarcolacticum D15“ (rechtsdrehende
Milchsäure) gegebene Indikationsbeschreibung dem in der Aufbereitungsmonographie (vgl. Bundesanzeiger Nr. 109
a vom 16. Juni 1987, S. 6) aufgeführten Anwendungsgebiet „Muskelschmerzen“ inhaltlich vollständig entspricht und
aus den bereits dargestellten Gründen der Bezug zum grippalen Infekt hinreichend gewahrt bleibt.
Zu Ziff. 7: „Appetitlosigkeit nach Infekten, Rekonvaleszenz nach akuten
Erkrankungen“
Hinsichtlich dieser Ausführungen ist die Beklagte ebenfalls nicht zur Unterlassung verpflichtet. Der Hinweis auf die
Appetitlosigkeit nach Infekten entspricht ebenso wie die Beschreibung „Rekonvaleszenz nach akuten Erkrankungen“
den Vorgaben des Zulassungsbescheides. Inhaltlich wird diese Aussage von dem in der Aufbereitungsmonographie
(Bundesanzeiger Nr. 109 a vom 22. November 1985, S. 15) zu „Gentiana lutea“ (Gelber Enzian) genannten
Anwendungsgebiet „Verdauungsstörung“ jedenfalls umfasst und ist daher nicht als irreführend anzusehen.
bb) Unterlassungsanträge Nr.8 bis 18
(1) Auch hinsichtlich der weiteren Unterlassungsanträge zu Ziffer 8 bis 18 liegt ein Verstoß gegen § 3 a Satz 2 HWG
nur vor, soweit einzelnen Inhaltsstoffen des Arzneimittels „m.“ in der Werbebroschüre „Wenn Igel niesen .... Ihr
persönliches SchnupfenRevier“ (Anl. A 4) eine therapeutische Wirksamkeit für Anwendungsgebiete zugeschrieben
wird, auf die sich der Zulassungsbescheid des BfArM vom 6. Dezember 2002 sowie die jeweils einschlägigen
Aufbereitungsmonographien nicht erstrecken.
(2) In dem Umfang, in dem die beanstandeten Werbeaussagen durch ihre konkreten Formulierungen zugleich den
Eindruck wissenschaftlicher Unbestrittenheit erwecken, obwohl die beschriebene Wirksamkeit nicht von einer
Aufbereitungsmonographie gedeckt ist, liegt ferner ein Verstoß gegen das Verbot der irreführende Werbung nach § 3
Satz 1und 2 Nr.1 HWG vor. Soweit die Beklagte sich zum Beleg der Richtigkeit der in ihren Werbeaussagen
behaupteten Wirkungen auf die im Rahmen der Nachzulassung eingereichte offene Studie mit 99 Probanden bei
grippalem Infekt beruft, rechtfertigt dies aus den bereits genannten Gründen keine andere Beurteilung.
Die Feststellung, ob die bezeichneten Werbeaussagen nach dem Verständnis eines nicht unbeachtlichen Teils des
angesprochenen Verkehrskreises, der hier – im Gegensatz zu der an das Verkaufspersonal gerichtete Werbeschrift
„Das Plus* bei grippalen Infekten“ – aus dem interessierten Laienpublikum besteht, den Eindruck der
wissenschaftlichen Unangefochtenheit erwecken und damit irreführend sind, kann der Senat ohne sachverständige
Hilfe ermitteln, da die entscheidenden Richter selbst den angesprochenen Verkehrskreisen angehören (vgl. BGHZ
156, 250, 255. OLG Karlsruhe, GRURRR 2006, 241, 242). Maßgeblich ist der Gesamteindruck, den die Werbangabe
auf die angesprochenen Verkehrskreise macht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die von der herrschenden
Auffassung abweichenden Therapieverfahren (z.B. Homöopathie) nicht nur der Fachwelt, sondern auch dem
angesprochenen Verbraucher bekannt sind und dieser von einem zugelassenen Heilmittel gemäß seinem
homöopathischen Therapieeinsatz nicht den gleichen Wirksamkeitsbeleg wie bei den allopathischen Arzneimittel
erwartet (Doepner, HWG 2.Aufl. § 3 Rdn. 72).
(3) Danach ist für die Unterlassungsanträge zu Ziffer 8 bis 18 im Einzelnen festzustellen:
Zu Ziff. 8: „Die homöopathische Schnupfenbremse“
Bezüglich dieser Formulierung steht dem Kläger kein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i. V. m. §§
3 Satz 1 und 2 Nr.1, 3 a Satz 2 HWG zu. Zwar schreibt der schlagwortartig verkürzte Begriff „Schnupfenbremse“
dem Arzneimittel „m.“ eine therapeutische Wirksamkeit zu. Diese ist jedoch in der Aufbereitungsmonographie für
Luffa operculata (Bundesanzeiger Nr. 129 a vom
14. September 1988) enthalten.
Zu Ziff. 9: „In der homöopathischen Praxis ist die rechtsdrehende Milchsäure
ein Arzneimittel, das bei Kehlkopfentzündungen und Bronchitis
eingesetzt wird“.
Dagegen ist die Beklagte wegen Verstoßes gegen § 3 a Satz 2 HWG zur Unterlassung dieses Hinweises
verpflichtet. Wie bereits ausgeführt, ist eine werbende Aussage nur für das in dem Zulassungsbescheid benannte
Anwendungsgebiet erlaubt. Mit der vorstehenden Aussage wirbt die Beklagte aber für den Einsatz der
rechtsdrehenden Milchsäure auch bei Kehlkopfentzündungen und Bronchitis geworben. Diese Erkrankungen werden
von dem Zulassungsbescheid aber nicht erfasst und fallen daher unter die Verbotsregelung des § 3 a HWG.
Zu Ziff. 10: „Acidum sarcolaticticum wirkt ausgleichend auf den SäureBasen
Haushalt des Körpers und gilt als Gegenmittel der linksdrehenden
Milchsäure, die im Körper Glieder und Muskelschmerzen verursacht.
Die Muskelmüdigkeit, wie sie bei grippalen Erkrankungen häufig auftritt, wird dadurch positiv beeinflusst.“
Dem Kläger steht hinsichtlich des ersten Satzes ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 3, 4 Nr.11 UWG i. V. m. § 3
Satz 1 und 2 Nr.1 HWG zu. Insoweit wird eine Behauptung zur konkreten Wirkungsweise dieses speziellen
Wirkstoffes des Arzneimittels aufgestellt, die sich nicht in der betreffenden Aufbereitungsmonographie
(Bundesanzeiger Nr. 109 a vom 16. Juni 1987 S. 6) findet und von der Beklagten nicht wissenschaftlich
nachgewiesen wurde. Der Hinweis, dass die rechtsdrehende Milchsäure die Muskelmüdigkeit positiv beeinflusst,
entspricht dagegen der einschlägigen Aufbereitungsmonographie für Acidum sarcolaticticum.
Zu Ziff. 11: „Als sehr unangenehm werden die Nervenschmerzen in Form von
Kopf oder Gliederschmerzen bei einem grippalen Infekt empfunden. Der gelbe Jasmin (Gelsemium sempervirens)
wird in der Homöopathie bei Nerven und Kopfschmerzen verabreicht“.
Hinsichtlich dieser Ausführungen ist die Beklagte nicht zur Unterlassung verpflichtet. Der erste Satz gibt lediglich
eine Empfindung beim Vorliegen eines grippalen Infektes wieder und ist keine nicht erwiesene
Tatsachenbehauptung. Auch der Hinweis in dem nachfolgenden zweiten Satz ist - wie bereits festgestellt - vom
Zulassungsbescheid des BfArM sowie der maßgebenden Aufbereitungsmonographie (vgl. Bundesanzeiger Nr. 217 a
vom 22. November 1985, S. 14 f.) gedeckt und nicht als irreführend anzusehen. Insoweit wird keine konkrete
Wirkung des gelben Jasmin behauptet, sondern lediglich sein Einsatzgebiet in der Homöopathie zutreffend
beschrieben.
Zu Ziff. 12: „Aconitum napellus und Ferrum phosphoricum sind in der Homöopathie beleibte (richtigerweise: beliebte)
Fiebermittel“
Auf die Unterlassung dieser Aussage hat der Kläger ebenfalls keinen Anspruch. Beide Wirkstoffe des zugelassenen
Arzneimittels werden nach den jeweiligen Aufbereitungsmonographien, die dem Zulassungsbescheid zu Grunde
liegen, zur Behandlung hochakuter (Aconitum napellus) bzw. fieberhafter (Ferrum phosphoricum) entzündlicher
Erkrankungen eingesetzt. Etwas anderes wird mit der von dem Kläger beanstandeten Aussage nicht behauptet.
Zu Ziff. 13: „Aconitum napellus, wächst in den Hochgebirgen Europas. Seine
Haupteinsatzgebiete in der Homöopathie sind fieberhafte Erkrankungen der Atemwege, vor allem wenn sie mit
angstvoller Unruhe verbunden sind“.
Auch insoweit steht dem Kläger kein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zu. Ebenso wie bei der
Werbeaussage unter Ziff. 12 wird hier lediglich das Einsatzgebiet des vom Zulassungsbescheid umfassten
Wirkstoffes des Arzneimittels beschrieben, ohne dass ihm eine erfolgreiche Wirkungsweise zugesprochen wird.
Zu Ziff. 14: „Eisenphosphat wird als homöopathische Arznei bevorzugt bei beginnenden Entzündungsprozessen und
Fieber, wie z.B. bei Hals und Ohrenentzündungen eingesetzt.“
Ein Unterlassungsanspruch steht dem Kläger dagegen in Bezug auf diese Werbeaussage gemäß §§ 3, 4 Nr.11 UWG
i. V. m. § 3 Satz 1 und 3 a Satz 3 HWG wegen der beispielhaften Aufzählung zu, da sich der Anwendungsbereich
entsprechend der Aufbereitungsmonographie (vgl. Bundesanzeiger Nr. 190 a vom
10. Oktober 1985, S. 36 – Anl. Ag 4) nur auf fieberhafte, entzündliche Erkrankungen der Atemorgane und nicht – wie
vorstehend unter Ziffer 12 aufgeführt – auf eine durch die Aufzählung angesprochene weitergehende Indikation
erstreckt. Zudem umfasst auch die Zulassung des Präparats der Beklagten diese Anwendungsbereiche nicht.
Zu Ziff. 15: „Gegen Kreislaufschwäche und Kollapsneigung - auch bei grippalen
Infekten keine Seltenheit - wirkt der weiße Nieswurz“
Hinsichtlich dieser Aussage steht dem Kläger kein Unterlassungsanspruch zu, da dem Arzneistoff „weißer Nieswurz“
vorliegend eine Wirkungsweise zugesprochen wird, die auch Gegenstand des Zulassungsbescheids und nach der
Aufbereitungsmonographie (vgl. Bundesanzeiger Nr.190 a vom 10. Oktober 1985, S. 53) auch wissenschaftlich
bewiesen ist.
Zu Ziff. 16: „Veratrum album gilt als Kreislauf anregendes Mittel und bewährt sich deshalb beim Einsatz von mit
Kreislaufschwäche begleiteten
Infekten“.
Auch bezüglich dieses Satzes kann der Kläger aus den vorstehend genannten Gründen keine Unterlassung
verlangen, da hier ebenfalls eine Wirkungsweise behauptet wird, die Gegenstand des Zulassungsbescheids und
nach der Aufbereitungsmonographie (vgl. Bundesanzeiger Nr.190 a vom 10. Oktober 1985, S. 53) auch
wissenschaftlich nachgewiesen ist.
Zu Ziff. 17: „Der Nieswurz ... hat eine anregende Wirkung auf die Steuerzentralen des Nervensystems. Auf diese
Weise kann auch der grippale Infekt mit Koliken, Erbrechen und Durchfall beherrscht werden“.
Bezüglich dieser Ausführungen - mit Ausnahme des Hinweises auf den Durchfall - ist die Beklagte zur Unterlassung
gemäß den §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i. V. m. §§ 3 Satz 1 und 2 Nr.1, 3 a Satz 2 HWG verpflichtet. Zum einen werden
damit Anwendungsgebiete beschrieben, auf die sich der Zulassungsbescheid der BfArM für das Mittel „m.“ nicht
erstreckt. Zum anderen wird in beiden Sätzen eine erfolgreiche Wirkweise des Arzneistoffes „weißer Nieswurz“
dargelegt, die weder durch die Aufbereitungsmonographie noch anderweitig wissenschaftlich nachgewiesen ist. Der
Hinweis der Beklagten auf die von ihr eingereichten Darstellungen in der homöopathischen Literatur genügt dafür
nicht.
Zu Ziff. 18: „Luffa operculata ... hat sich bei ... den chronischen Entzündungen
der Nasennebenhöhlen bewährt“.
Im Hinblick auf die obige Aussage steht dem Kläger ebenfalls ein Unterlassungsanspruch nach den genannten
Vorschriften zu. Die chronische Entzündung der Nasennebenhöhlen ist nicht Gegenstand der Zulassung des
streitgegenständlichen Präparats. Ausweislich der im Bundesanzeiger Nr. 129a vom 15. Juli 1988 veröffentlichten
Monographie wird diese Erkrankung auch nicht zum Anwendungsgebiet der Luffa operculata (Schwammgurke)
gerechnet. Damit wird auch diesem Wirkstoff des Arzneimittels eine Wirkungsweise zuerkannt, die nicht
wissenschaftlich bewiesen ist.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO.
Dr. K. B. R.