Urteil des OLG Celle vom 02.09.2004

OLG Celle: rüge, gericht erster instanz, ausschreibung, vergabeverfahren, ausstattung, ausschluss, karte, eugh, hersteller, bekanntmachung

Gericht:
OLG Celle, Vergabesenat
Typ, AZ:
Beschluss, 13 Verg 14/04
Datum:
02.09.2004
Sachgebiet:
Normen:
VOL/A § 8 Nr. 1 Abs 2, VOL/A § 9a, GWB § 107 Abs 3 Satz 1
Leitsatz:
Zur Frage, in welchem Umfang der öffentliche Auftraggeber bei einer europaweiten Ausschreibung von
ComputerHardware die Bewertungskriterien und deren Gewichtung den Bietern offen legen muss.
Wenn ein Teilnehmer an einem Vergabeverfahren davon Kenntnis hat, dass der für den Zuschlag
vorgesehene Bieter bei der vorangegangenen Ausschreibung des Auftraggebers an einer verbotenen
Submissionsabsprache beteiligt war, so gilt für die Rüge, der Auftraggeber habe deshalb den Bieter
mit seinem Angebot ausschließen müssen, keine Ausnahme von § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB. Der
Bieter kann sich regelmäßig nicht darauf berufen, eine unverzügliche Rüge hätte etwaige Ermittlungen
des Kartellamts gefährden können.
Volltext:
13 Verg 14/04
203 VgK 28/2004 Vergabekammer
Verkündet am
2. September 2004
bei der Bezirksregierung Lüneburg
S.
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
B e s c h l u s s
in der Vergabesache
pp.
hat der Vergabesenat des Oberlandesgerichts Celle unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am
Oberlandesgericht Dr. K. sowie der Richter am Oberlandesgericht U. und W. auf Grund der mündlichen Verhandlung
vom 26. August 2004 beschlossen:
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Vergabekammer bei der Bezirksregierung
Lüneburg vom 12. Juli 2004 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen des
Auftraggebers und der Beigeladenen zu 1 zu tragen.
Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 127.500 EUR festgesetzt.
G r ü n d e
I.
Der Auftraggeber schrieb im November 2003 europaweit im offenen Verfahren Rahmenverträge über die Lieferung
von ITHardware für das Informatikzentrum N. aus. Die Ausschreibung ist in sechs Lose unterteilt. Streitbefangen ist
hier das Los 1 (Rahmenvertrag über die Lieferung und ggf. Installation von ArbeitsplatzPC und Monitoren).
Die Ausschreibung enthält einen umfangreiches Leistungsverzeichnis, in dem die gewünschten
Ausstattungsmerkmale mit einer Beschreibung angegeben sind (für den ArbeitsplatzPC beispielsweise: „...
Prozessor mind. Intel P4 2.6 GHz FSB 800 oder vergleichbar“). Die meisten Ausstattungsmerkmale sind als
„KOKriterium“ gekennzeichnet. In der Ausschreibung heißt es:
Jedes Angebot, das die ausgewiesenen Mindestanforderungen nicht erfüllt, scheidet aus. Für die verbleibenden
Angebote werden Vergleichsdaten gebildet und eine Gesamtbeurteilung durchgeführt.
Der Zuschlag wird spätestens am 16. April 2004 auf das unter Berücksichtigung aller Kriterien wirtschaftlichste
Angebot erteilt.
Zur Information wurde ein Auszug der Bewertungsmatrix (Darstellung der Bewertungsmatrix bis teilweise der dritten
Substufe) als Anlage 4 beigefügt.“
Die Anlage 4 enthält zum Los 1 folgende Angaben:
1. Substufe 2. Substufe
Schriftliches
Angebot
Testgestellung Kosten
APC 25 20 40 40
Desktop 25 20 40 40
LowCostPC 20 20 30 50
17“CRT 2 20 40 40
19“CRT 1 20 40 40
21“CRT 2 20 40 40
15“TFT 8 20 40 40
17“TFT 7 20 40 40
18“TFT 8 20 40 40
1920“TFT 2 20 40 40
100
Mit Schreiben vom 19. Dezember 2003 bat die Antragstellerin die Vergabestelle, ihr „die vollständige Bewertungs
und Gewichtungsmatrix“ zu übersenden. Die Vergabestelle erwiderte, dass diese im Detail noch nicht fertiggestellt
sei. Als die Antragstellerin die Rüge wiederholte, gab die Vergabestelle mit Schreiben vom 16. Januar 2004 eine
Aufstellung mit weiteren Bewertungskriterien und deren prozentualer Gewichtung bekannt, so für den
Arbeitsplatzcomputer:
APC 2. Substufe 3. Substufe 4. Substufe
Schriftliches Angebot 20 %
Wartungsfreundlichkeit (lfd. Nr. 1. + 1.3) 5 %
Einbauplätze LW (lfd. nr. 1.4) 5 %
Netzteil (lfd. Nr. 2.1) 5 %
Geräusch (lfd. Nr. 2.2) 10 %
externe Anschlüsse (lfd. Nr. 2.5) 5 %
Interne Steckplätze (lfd. Nr. 2.6) 10 %
Prozessor (lfd. Nr. 2.7) 13 %
RAM (lfd. Nr. 2.8) 9 %
HDD (lfd. Nr. 2.9) 5 %
Grafik (lfd. Nr. 2.10) 5 %
LAN (lfd. Nr. 2.11) 2 %
Sound (lfd. Nr. 2.12) 4 %
optische LW (lfd. Nr. 2.14) 5 %
Chipkartenleser (lfd. Nr. 2.15) 5 %
Zubehör (lfd. Nr. 5.15.8) 10 %
Konfigurator (S. 19) 2 %
100 %
Testgestellung 40 %
Funktionsumfang/ sicherheit 40 %
Anschlüsse 10 %
Lautstärke 10 %
Benchmarktest 35 %
Ausstattung 30 %
Systemstabilität / Datensicherheit 15 %
100 %
Ausbaufähigkeit / Servicefreundlichkeit 35 %
Motherboard / Speicher / CPU 20 %
Laufwerk 10 %
Steckkarten / Plätze 25 %
Festplatte 10 %
Gehäuse / Funktion 30 %
Netzteil 5 %
100 %
Bedienbarkeit 25 %
Maus 20 %
Tastatur 30 %
BIOSEinstellbarkeit 30 %
Anordnung der Buchsen 20 %
100 % 100 %
Kosten 40 %
Einmalige Kosten 48 h 55 %
Einmalige Kosten 72 h 20 %
Einmalige Kosten 10 Tage 5 %
Dienstleistung 20 %
100 % 100 %
Die Vergabestelle erklärte, die Einzelpositionen würden mit einer Punkteskala von 0 bis 10 bewertet, und zwar durch
Gegenüberstellung der Angaben und Ergebnisse aus den eingegangenen Angeboten und der Testgestellung. Weitere
Rügen der Antragstellerin, insbesondere die Aufforderung, ihr die Bewertungsmaßstäbe für die Vergabe der Punkte
von 0 bis 10 bekannt zu geben, blieben ohne Erfolg.
Die Vergabestelle kam bei der Wertung der Angebote zu dem Ergebnis, dass nach den erreichten Punktzahlen das
Angebot der Beigeladenen zu 1 an erster Stelle vor den Angeboten der Beigeladenen zu 2 und dem der
Antragstellerin liege. Hiervon informierte die Vergabestelle die Antragstellerin mit Schreiben vom 4. Mai 2004.
Am 17. Mai 2004 hat die Antragstellerin die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens beantragt. Sie hat
beanstandet, dass der Auftraggeber es unterlassen habe, schon in der Leistungsbeschreibung bekanntzugeben,
nach welchen Kriterien er die Bewertung durchführe und nach welchen Kriterien er die Punkteskala von 0 bis 10
anwenden wolle. Es müsse davon ausgegangen werden, dass der Auftraggeber die Bewertungskriterien bereits bei
der Erstellung der Leistungsbeschreibung festgelegt habe. Auch die mit Schreiben vom 16. Januar 2004 übersandte
Wertungsmatrix genüge nicht, um den Bietern ein speziell auf die Anforderungen des Auftraggebers zugeschnittenes
Angebot zu ermöglichen und die Bewertungsmaßstäbe des Auftraggebers erkennen zu lassen. Darin liege ein
Verstoß gegen das Transparenzgebot und gegen das Gebot der eindeutigen und erschöpfenden
Leistungsbeschreibung. Ferner seien die Gebote der Chancengleichheit und das Diskriminierungsverbot verletzt.
Offenkundig verfüge das Herstellerunternehmen FSC, dessen Produkte die Beigeladene 1 angeboten habe, über
Kenntnisse bezüglich der Wertungskriterien des Auftraggebers. Im Übrigen habe der Auftraggeber nahezu alle
Bewertungskriterien bezüglich der Testergebnisse fehlerhaft angewandt. Außerdem habe die Beigeladene zu 1
wegen der Nichterfüllung von „KOKriterien“ und wegen wettbewerbswidriger Absprachen vom Wettbewerb
ausgeschlossen werden müssen. Darüber hinaus habe die Vergabestelle die bereits erfolgte Ausschließung der
Beigeladenen zu 2 wegen nachträglicher Preisänderungen nicht rückgängig machen dürfen.
Die Antragstellerin hat begehrt, das Vergabeverfahren hinsichtlich des Loses 1 aufzuheben, hilfsweise, das
Vergabeverfahren hinsichtlich des Loses 1 in das Stadium vor Angebotswertung zurück zu versetzen.
Der Auftraggeber ist dem Nachprüfungsantrag entgegen getreten.
Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag zurückgewiesen.
Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde, mit der sie im Wesentlichen ihre
erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt.
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere rechtzeitig eingelegt (§ 116 Abs. 1, 117 GWB). Soweit der
Auftraggeber rügt, dass die Antragstellerin die anderen Verfahrensbeteiligten entgegen § 117 Abs. 4 GWB nicht
durch Übermittlung einer Ausfertigung der Beschwerdeschrift unterrichtet habe, ist dies für die Zulässigkeit der
Beschwerde folgenlos (vgl. BayObLG, Beschluss vom 22. Januar 2002 - Verg 18/01= VergabeR 2002, 244 m.w.N. =
VergabeE C218/01).
In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. Ein Vergaberechtsfehler des Auftraggebers liegt nicht vor.
1. Angabe der Zuschlagskriterien und deren Gewichtung
a) Die Vergabekammer hat die Auffassung vertreten, dass der Auftraggeber nicht gehalten gewesen sei, die
Zuschlagskriterien und Bewertungsmaßstäbe weiter offenzulegen, als dies bereits in der Leistungsbeschreibung und
in der am 16. Januar 2004 übersandten Bewertungsmatrix geschehen sei. Zur Wahrung des Transparenzgebotes
müsse ein Auftraggeber den Bietern sämtliche Zuschlagskriterien bekannt machen. Er habe schon in den
Verdingungsunterlagen oder in der Vergabebekanntmachung zumindest eine Reihenfolge der Kriterien entsprechend
ihrer Wertung anzugeben. Die Gewichtung der Zuschlagskriterien müsse der Auftraggeber spätestens vor Öffnung
der Angebote festlegen und in der Vergabeakte dokumentieren. Im vorliegenden Fall sei der Auftraggeber über diese
Anforderungen hinausgegangen. Er habe den Bietern mit den Verdingungsunterlagen und dem Schreiben vom 16.
Januar 2004 eine detaillierte Bewertungsmatrix offen gelegt, sogar mit der vorgesehenen prozentualen Gewichtung
der einzelnen Kriterien. Soweit die Antragstellerin meine, dass die mitgeteilte Punkteskala von 1 bis 10 für die
Unterpositionen auf der 4. Substufe näher habe erläutert werden müssen, könne dem nicht gefolgt werden. Es sei
nicht zu beanstanden, dass der Auftraggeber sich für die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots gemäß § 25 Nr.
3 VOL/A noch einen letzten Ermessenspielraum erhalten habe.
b) Die Vergabekammer hat einen Verstoß des Auftraggebers gegen das Transparenz und Gleichbehandlungsgebot
zu Recht verneint.
Gemäß § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A sind, um eine einwandfreie Preisermittlung zu ermöglichen, alle sie beeinflussenden
Umstände festzustellen und in den Verdingungsunterlagen anzugeben. Gemäß § 9 a VOL/A geben die Auftraggeber
in den Verdingungsunterlagen oder in der Vergabebekanntmachung alle Zuschlagskriterien an, deren Verwendung sie
vorsehen, möglichst in der Reihenfolge der ihnen zuerkannten Bedeutung. Nach der Rechtsprechung der
Vergabesenate ergibt sich aus der Regelung in § 9 a VOL/A, dass der Auftraggeber den Bietern eine Gewichtung der
einzelnen Zuschlagskriterien nicht schon in der Bekanntmachung oder in den Verdingungsunterlagen mitteilen muss
(OLG Dresden, Beschluss vom 6. April 2004 - WVerg 0001/04 = IBR 2004, 454; OLG Stuttgart, Beschluss vom 16.
Septem
ber 2002 - 2 Verg 12/02 = VergabE C112/02v; zu § 16 Abs. 3 VOF: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29. Oktober
2003 - Verg 43/03 = IBR 2004, 42). Insbesondere ist es, jedenfalls nach derzeitiger Rechtslage, nicht
vorgeschrieben, eine Bewertungsmatrix frühzeitig zu erstellen und diese in der Vergabebekanntmachung oder in den
Verdingungsunterlagen anzugeben (vgl. Noch in: MüllerWrede, VOL/A, § 25 Rdnr. 90, 91). Hat indes der
Auftraggeber im Voraus Regeln für die Gewichtung der Wertungskriterien aufgestellt, so ist er verpflichtet, diese in
der Vergabebekanntmachung oder in den Ausschreibungsunterlagen anzugeben (OLG Düsseldorf a. a. O.;
Ingenstau/Korbion/MüllerWrede, 15. Aufl., § 97 GWB Rdnr. 14).
Diese Rechtsprechung, der der Senat folgt, steht im Einklang mit der Rechtsprechung der europäischen Gerichte zu
den Richtlinien, die u.a. mit § 9 a VOL/A umgesetzt wurden. Das europäische Gericht erster Instanz hat zu Art. 30
Abs. 2 der Baukoordinierungsrichtlinie 93/37/EWG, der dem Artikel 26 Abs. 2 der hier einschlägigen
Lieferkoordinierungsrichtlinie 93/36/EWG und dem § 9 a VOL/A entspricht, ausgeführt, dass die Vorschrift nicht dazu
verpflichte sondern nur empfehle, die Reihenfolge der den Vergabekriterien zuerkannten Bedeutung anzugeben
(EuG, Beschluss vom 25. Februar 2003 - Rs. T - 183/00 Rdnr. 77 = ZfBR 2003, 400). Zwar hat der europäische
Gerichtshof die Auffassung vertreten, ein angemessenes Transparenzniveau und damit die Einhaltung des
Gleichbehandlungsgrundsatzes in Vergabeverfahren könne nur gewährleistet werden, wenn Art. 30 Abs. 2 der
Richtlinie 93/37/EWG dahin ausgelegt werde, dass der Auftraggeber eine vorgenommene Gewichtung der
Zuschlagskriterien in den Verdingungsunterlagen oder in der Bekanntmachung benennen muss (EuGH, Beschluss
vom 12. Dezember 2002 - Rs. C470/99 „UniversaleBau AG/Entsorgungsbetriebe Simmering“, = VergabE A15/02 =
VergabeR 2003, 141). Diese Rechtsprechung betrifft aber ausdrücklich nur den Fall, dass der Auftraggeber die
entsprechenden Kriterien bereits im Voraus festgelegt hat (EuGH a. a. O. Rdnr. 85, 97).
Nach diesen Grundsätzen ist die Bekanntgabe der Zuschlagskriterien durch die Vergabestelle nicht zu beanstanden.
Aufgrund der Leistungsbeschreibung können die Bieter erkennen, welche Ausstattungsmerkmale die ArbeitsplatzPC
und Monitore mindestens aufweisen müssen, welche Gewichtung die Vergabestelle bei der Wertung der
verschiedenen Gerätearten vornehmen will (ArbeitsplatzPC 25 %, Desktop 25 %, LowCostPC 20 % usw.) und in
welchem Verhältnis bei der Wertung das schriftliche Angebot, ein durchzuführender Test sowie die Kosten
berücksichtigt werden (z. B. beim ArbeitsplatzPC: schriftliches Angebot 20 %, Test 40 %, Kosten 40 %). Darüber
hinaus hat die Vergabestelle den Bietern mit Schreiben vom 16. Janu
ar 2004 am 4. Februar 2004, noch rechtzeitig vor dem Termin zur Abgabe der Angebote, eine detaillierte
Bewertungsmatrix mitgeteilt. Dieser ist zu entnehmen, welche Kriterien für die Wertung des schriftlichen Angebots
von Bedeutung sind (beim ArbeitsplatzPC: Wartungsfreundlichkeit, Einbauplätze, Netzteil, Geräusch u.s.w.), und mit
wie viel Prozent jeder dieser Gesichtspunkte in die Wertung einfließen soll. Für die Wertung der Tests enthält die
Bewertungsmatrix eine noch weitergehende Differenzierung: Auf einer dritten Substufe werden die Wertungskriterien
(Funktionsumfang/sicherheit, Ausbaufähigkeit/Servicefreundlichkeit, Bedienbarkeit) nebst prozentualer Gewichtung
genannt. Auf einer vierten Substufe werden zu diesen Kriterien Unterkriterien angeführt (z. B. zu
Funktionsumfang/sicherheit: Anschlüsse, Lautstärke, BenchmarkTest, Ausstattung,
Systemstabilität/Datensicherheit) und deren anteilige Gewichtung. Ferner hat der Auftraggeber in dem Schreiben
mitgeteilt, dass die Einzelpositionen mit jeweils 0 - 10 Punkten bewertet werden, und zwar durch eine
Gegenüberstellung der Angaben und Ergebnisse aus den eingegangenen Angeboten und der Testgestellung. Weitere
Hinweise zu den Bewertungsmaßstäben waren nicht erforderlich. Die Vergabekammer hat insoweit zu Recht darauf
hingewiesen, dass der Auftraggeber sich für die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots gemäß § 25 Nr. 3 VOL/A
einen bestimmten Ermessensspielraum erhalten darf, um die Qualität der unterschiedlichen Angebote angemessen
würdigen zu können. Richtig ist auch, dass dies besonders für Ausschreibungen gilt, bei denen, wie hier
(ComputerHardware), die technischen Standards in kurzen Zeitabständen geändert und übertroffen werden.
Soweit die Antragstellerin behauptet, dass die Vergabestelle bereits vor der Versendung der
Ausschreibungsunterlagen eine vollständige Bewertungsmatrix erstellt habe, liegen dafür keine greifbaren
Anhaltspunkte vor. Dass in dem Leistungsverzeichnis von einem „Auszug aus der Bewertungsmatrix“ die Rede ist,
lässt den von der Antragstellerin gezogenen Schluss, die Bewertungsmatrix sei bereits insgesamt fertiggestellt
gewesen, nicht zu. Es ist wahrscheinlich, dass die Vergabestelle mit dieser Formulierung nur zum Ausdruck bringen
wollte, dass es sich bei der Anlage 4 zum Leistungsverzeichnis nicht um die vollständige Bewertungsmatrix
handelte.
Unbegründet ist auch die Rüge, dass die Wertung des Auftraggebers gegen das Gebot der wirtschaftlichen und
sparsamen Haushaltsführung i. S. des § 7 LHO verstößt. Es braucht nicht entschieden zu werden, ob es sich bei §
7 LHO um eine bieterschützende Vorschrift handelt. Die Auffassung, auf Grund der Ausschreibung liege ein reiner
Leistungswettbewerb und kein Preiswettbewerb vor, trifft nicht zu. Das Preiskriterium fällt bei der Wertung mit 40
bzw. 50 % ins Gewicht. Hierdurch ist der Gesichtspunkt der Preisgünstigkeit hinreichend berücksichtigt.
2. Durchführung der Wertung
Die Vergabekammer hat ausgeführt, dass auch die Angebotswertung nicht gegen das Transparenzgebot gemäß § 97
Abs. 1 GWB oder gegen das Gleichbehandlungsgebot gemäß § 97 Abs. 2 GWB verstoße. Der Auftraggeber habe
sich bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots strikt an die mitgeteilten Zuschlagskriterien gehalten und
lediglich den hinsichtlich der detaillierten Festlegung verbleibenden Beurteilungsspielraum genutzt. Den
Vergabestellen stehe bei der Auswahl des wirtschaftlichsten Angebots nach § 25 Nr. 3 VOL/A ein
Beurteilungsspielraum zu, der von den Nachprüfungsinstanzen nur begrenzt dahin überprüft werden könne, ob die
Vergabestellen bei ihrer Entscheidung das vorgeschriebene Verfahren eingehalten hätten, von einem zutreffend und
vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen seien, aufgrund sachgemäßer und sachlich nachvollziehbarer
Erwägungen entschieden hätten und ob sich der angelegte Beurteilungsmaßstab im Rahmen der
Beurteilungsermächtigung handele. Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs sei die Angebotswertung nicht zu
beanstanden.
b) Auch hiergegen wendet die Antragstellerin sich ohne Erfolg.
aa) Die Antragstellerin macht geltend, die Vergabestelle habe bei der abschließenden Angebotswertung offenbar
Kriterien berücksichtigt, von deren Bieter mit Geschäftsbeziehungen zum Auftraggeber bereits Kenntnis gehabt
hätten. Diesen Vorwurf will die Antragstellerin dadurch belegen, dass der Auftraggeber bei der Bewertung des
Kriteriums „Steckkarten/Plätze“ auch die Möglichkeit bewertet habe, lange Steckkarten einzubauen; nur Bieter, die
wie die Beigeladene zu 1 bereits Vertragspartner des Auftraggebers seien, hätten erkennen können, dass der
Auftraggeber ein Interesse haben könne, die in den Dienststellen oftmals vorhandenen normalen (langen)
Steckkarten weiter zu nutzen.
Die Rüge ist unbegründet. Die Annahme der Antragstellerin, andere Bieter hätten eher als die Antragstellerin
erkennen können, dass die Vergabestelle bei der endgültigen Wertung auch die Möglichkeit des Einbaus von langen
Steckkarten berücksichtigen werde, ist nicht hinreichend durch Tatsachen belegt. Im Übrigen zeigt die
Antragstellerin nicht auf, dass dieser Gesichtspunkt die Vergabeentscheidung zu ihrem Vorteil beeinflusst hat. Es
handelt sich nur um ein einziges Wertungskriterium unter der großen Anzahl der dokumentierten Kriterien.
bb) Zur weiteren Begründung der Rüge, dass die Vergabestelle die Angebotswertung fehlerhaft durchgeführt habe,
nimmt die Antragstellerin auf ihr Vorbringen Bl. 48 - 64, 277 - 291 und Bl. 370 - 385 der Akten der Vergabekammer
Bezug. Die Antragstellerin hat die aus dem Konvolut „Testgestellung Computer“ (Ordner IV der Vergabestelle)
ersichtlichen Erläuterungen des Auftraggebers zur Bewertung ihres Angebots in allen Punkten angegriffen, in denen
sie nicht die Höchstbewertung von
10 Punkten erhalten hat.
Der Nachprüfungsantrag hat auch insoweit keinen Erfolg. Der Auftraggeber hat zu den Rügen schriftsätzlich im
Einzelnen Stellung genommen und nachvollziehbar im Einzelnen begründet, weshalb er zu den in der Vergabeakte
dokumentierten Beurteilung gelangt ist. Die dagegen erhobenen Einwände greifen nicht durch. Insbesondere
verkennt die Antragstellerin, dass die Vergabestelle nicht gehindert war, bei der Wertung eine über die
Mindestanforderungen in der Leistungsbeschreibung hinausgehende technische Ausstattung (z. B. zweite serielle
Schnittstelle) positiv in Ansatz zu bringen. Dass die zusätzlichen, über die Mindestanforderungen hinausgehenden
Leistungsmerkmale in der den Bietern bekannt gegebenen Bewertungsmatrix nicht ausdrücklich genannt worden
sind, ist nicht zu beanstanden.
Soweit in der Dokumentation der Wertung unter „Abzüge“ bzw. „Pluspunkte“ weitere Kriterien aufgeführt sind, welche
die offengelegten Kriterien weiter konkretisieren, sind diese sachgemäß und aus Sicht der Bieter nicht überraschend.
So ist es sachlich nachvollziehbar, dass etwa bei der Bewertung des Kriteriums „Gehäuse“ (Funktion) erhöhte
Servicefreundlichkeit, durchdachter Aufbau und geschickte Belüftung positiv ins Gewicht fallen können, während es
Abzüge für wenig Platz innen, Zugänglichkeit nur mit Werkzeug, Verschleißteile, scharfe Kanten und schlechte
Verarbeitung geben kann.
3. Ausschluss der Beigeladenen zu 1
Die Rüge der Antragstellerin, der Auftraggeber habe das Angebot der Beigeladenen von der Wertung ausschließen
müssen, greift nicht durch.
a) Die Antragstellerin macht geltend, die Vergabestelle habe die Beigeladene zu 1 ausschließen müssen, weil sie im
Leistungsverzeichnis als Mindestanforderung gekennzeichnete Positionen nicht angeboten habe. Gemäß Seite 24
des Leistungsverzeichnisses hätten die Bieter gegen Aufpreis eines der dort genannten Betriebssysteme (Position
5.7) und, ebenfalls gegen Aufpreis, die genannte Anwendersoftware (Position 5.8) anbieten müssen. Beide
Positionen seien als „KOKriterium“ gekennzeichnet. Ausweislich des Vergabevermerks habe die Beigeladene zu 1
die Anwendersoftware (OfficePaket) nur im Zusammenhang mit dem Betriebssystem zu Position 5.7 angeboten. Ihr
Angebot genüge in diesem Punkt nicht den Mindestanforderungen der Leistungsbeschreibung.
Die Rüge ist unbegründet. Das Angebot der Beigeladenen zu 1 beinhaltet die in der Beschreibung genannten
Betriebssysteme und die Anwendersoftware mit den entsprechenden Aufpreisen. Der Ausschreibung ist nicht zu
entnehmen, dass das - nur zusammen mit dem Betriebssystem funktionierende - OfficePaket auch ohne das
Betriebssystem anzubieten sei.
b) Ein Verstoß gegen Mindestanforderungen des Leistungsverzeichnisses liegt auch nicht insoweit vor, als die
Beigeladene das als „KOKriterium“ unter Position 5.3 des Leistungsverzeichnisses geforderte DVDRW mit der
Beschreibung „DVDR, DVD+R, mind. 4 x, ATAPI, incl. Kabel (IDE und Sound) und Einbaumaterial (Hersteller und
Preis)“ als externes Laufwerk angeboten hat. Die Vergabekammer hat den Standpunkt des Auftraggebers geteilt, es
habe sowohl ein internes als auch ein externes Laufwerk angeboten werden können, da ein „Einbaulaufwerk“ nicht
gefordert gewesen sei. Das ist zutreffend. Ein Ausschlusskriterium, das eindeutig hätte bezeichnet werden müssen,
liegt insoweit nicht vor.
c) Die Antragstellerin macht erstmals im Beschwerdeverfahren geltend, das Angebot der Beigeladenen zu 1 sei auch
gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 f VOL/A auszuschließen. Die Beigeladene zu 1 habe sich bei einer vom Auftraggeber im
Jahre 2001 durchgeführten Ausschreibung mit dem Hersteller F. darauf verständigt, wer von beiden - Beigeladene zu
1 und Firma F. - auf welches Los Angebote abgebe, ferner dass die Beigeladene zu 1 Geräte des Herstellers C. um
5 % teurer als die des Herstellers F. anbiete.
Die Rüge hat im Ergebnis keinen Erfolg.
Zwar dürfte der Auftraggeber seine Prüfungspflicht, ob die Beigeladene zu 1 nach § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A oder
gemäß § 7 Abs. 5 c VOL/A (§ 25 Nr. 1 Abs. 1 f VOL/A greift nicht ein, vgl. Beck´scher VOBKomm./Brinker/ohler A §
25 Rdn. 18) wegen einer Submissionsabsprache bei der vorangegangenen Ausschreibung auszuschließen ist, nicht
ordnungsgemäß ausgeübt haben. Der vorliegende Schriftwechsel zwischen der Beigeladenen zu 1 und der Firma F.
enthält eindeutig die Absprache zweier Bieter über eine Abgabe bzw. Nichtabgabe von Angeboten auf bestimmte
Lose. Die Würdigung des Auftraggebers, es liege „lediglich ein geschäftliches Abstimmen einer
Subunternehmerschaft“ vor, lässt die gebotene kritische Überprüfung des bekannt gewordenen Sachverhalts
vermissen.
Jedoch ist der Nachprüfungsantrag wegen dieser Rüge bereits unzulässig, weil die Antragstellerin den behaupteten
Verstoß bereits im Vergabeverfahren erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht unverzüglich gerügt hat (§ 107
Abs. 3 Satz 1 GWB). Wie der Vertreter der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage erklärt hat,
war der zugrunde liegende Sachverhalt der Antragstellerin schon vor ihrem Antrag auf Einleitung eines
Nachprüfungsverfahrens bekannt. Sie hat das Verhalten der Beigeladenen zu 1 damals auch bereits als
Rechtsverstoß gewertet, wie sich aus ihrer Mitteilung an das Kartellamt ergibt. Nicht tragfähig ist der Standpunkt der
Antragstellerin, das Unterlassen der Rüge sei unschädlich, weil die Rüge mögliche Ermittlungen des Kartellamts
hätte gefährden können. Der Bieter kann und muss regelmäßig davon ausgehen, dass der Auftraggeber bei
Hinweisen auf Submissionsabsprachen anderer Bieter ein erhebliches eigenes Interesse an der Aufklärung des
Sachverhalts hat, und dass er deshalb den Erfolg etwaiger Ermittlungen durch das Kartellamt nicht gefährdet. Die
Antragstellerin hätte deshalb spätestens nachdem ihr die Bieterinformation vom 4. Mai 2004 zugegangen ist, die
Wertung des Auftraggebers unverzüglich rügen müssen.
4. Ausschluss des Angebots der Beigeladenen zu 2
In der Ausschreibung wurde unter Zubehör zum ArbeitsplatzPC als „KOKriterium“ der Aufpreis für eine „LWLNIC 10
Mbit“ und für eine „LWLNIC 100 Mbit“ abgefragt.
Die Beigeladene zu 2 hat angeboten: „3 Com 100 Secure Fibre NIC„R“ pro Karte 182,75 EUR“. Daraufhin hat der
Auftraggeber nachgefragt, ob diese Karte auch in einem 10 Mbit Glasfasernetz verwendet werden könne. Die
Beklagte zu 2 hat geantwortet:
„. . . . haben wir Ihnen den Preis von 182,75 EUR (als Aufpreis) sowohl für die Ausstattung des betreffenden
Systems mit einer LWLNIC 10 Mbit als auch für die Ausstattung des betreffenden Systems mit einer LWLNIC 100
Mbit beziffert. Die 3 Com 100 Secure Fibre NIC„R“, die wir als 100 MbitVariante vorgesehen haben, ist exemplarisch
benannt, um den Einsatz hochwertiger Markenprodukte zu dokumentieren. Bei der 10 MbitLWLVariante behalten wir
uns vor, . . . . die am besten geeignete Netzwerkkarte einzusetzen . . . .“
Daraufhin hat die Vergabestelle unter dem 19. März 2004 vermerkt, die Angabe der Beigeladenen zu 2 müsse als
nachträgliche Abänderung des Angebots gewertet werden. Ihr Angebot sei nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 d VOL/A
auszuschließen. Dies hat die Vergabestelle der Beigeladenen zu 2 unter dem 29. März 2004 mitgeteilt. Dagegen hat
die Beigeladene zu 2 sich mit Rügeschreiben vom 7. April 2004 gewandt. Daraufhin hat die Vergabestelle den
Ausschluss des Angebots zurückgenommen.
Diese Entscheidung lässt keinen Vergaberechtsfehler erkennen. In dem Leistungsverzeichnis musste von den
Bietern nur der jeweilige Aufpreis für eine LWLNIC 10 Mbit und für eine LWLNIC 100 Mbit angegeben werden. Eine
Bezeichnung des Produktherstellers war, anders als in anderen Positionen des Leistungsverzeichnisses, nicht
gefordert. Die Preisangabe ist in dem Angebot der Beigeladenen zu 2 enthalten („pro Karte 182,75 EUR“). Daraus,
dass die Beigeladene zu 2 für die 100 MbitVariante ein bestimmtes Produkt angegeben hat, kann nicht hergeleitet
werden, dass der genannte Aufpreis entgegen dem Leistungsverzeichnis nicht auch für die 10 MbitVariante gelten
soll Dies hat die Beigeladene zu 2 auf Nachfrage des Auftraggebers in ihrem Schreiben vom 12. März 2004
klargestellt.
5. Die Antragstellerin rügt, dass die Vergabestelle den Ausschluss des Bieters MaxData in den Vergabeakten
offensichtlich nicht dokumentiert habe, und dass die Vergabestelle offenbar bezüglich dieses Bieters die
Wertungsstufe nicht eingehalten habe.
Die Rüge ist unzulässig, weil nicht ersichtlich ist, dass sich durch den angeblichen Vergaberechtsverstoß die
Chancen der Antragstellerin auf den Zuschlag verschlechtert haben könnten.
6. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Dr. K. U. W.