Urteil des OLG Celle vom 27.03.2000

OLG Celle: vergleich, report, nebenintervention, kostenregelung, zahl, verrechnung, behandlung, ausgleichung, prozesskosten, datum

Gericht:
OLG Celle, 13. Zivilsenat
Typ, AZ:
Beschluss, 13 U 147/99
Datum:
27.03.2000
Sachgebiet:
Normen:
ZPO § 101, ZPO § 98
Leitsatz:
Zur Frage der Kostenverteilung bei Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich zwischen den
Parteien ohne Beteiligung des Streithelfers.
Volltext:
Oberlandesgericht Celle
Beschluss
13 U 147/99
5 O 44/99 LG Lüneburg
vom 27. März 2000
In dem Rechtsstreit
pp.
XXXXXXX
XXXXXX
gegen
XXXXX
XXXXX
hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am
Oberlandesgericht #####, des Richters am Oberlandesgericht ##### und des Richters am Landgericht ##### am 27.
März 2000 beschlossen:
Der Beklagte zu 1 trägt die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Streithelfer der Klägerin erster Instanz; die
Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Streithelfer der Klägerin zweiter Instanz tragen die Beklagten zu je 1/2.
Gründe
I.
Die Parteien haben den Rechtsstreit durch Vergleich am 7. März 2000 ohne Beteiligung der Streithelfer, die auf
Seiten der Klägerin beigetreten waren, beendet. Im Vergleich haben die Parteien vereinbart, dass die Klägerin und
der Beklagte zu 1 die Gerichtskosten je zur Hälfte tragen und dass die Parteien im Übrigen ihre außergerichtlichen
Kosten selbst tragen.
II.
Auf den Antrag der Streithelfer war den Beklagten die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Streithelfer für die
Berufungsinstanz aufzuerlegen, die Hälfte der Kosten erster Instanz trägt der Beklagte zu 1 allein, weil die Klage im
Wege der Klagerweiterung erst in der Berufungsinstanz auf den Beklagte zu 2 erstreckt worden ist und dieser dem
Vergleich beigetreten ist.
In dem ohne Beteiligung der Streithelfer geschlossenen Vergleich, durch den der Rechtsstreit insgesamt beendet
worden ist, haben die Parteien vereinbart, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben. Hieraus
folgt, dass die Beklagten – nach den Instanzen unterschiedlich – gemäß §§ 101 Abs. 1, 98 ZPO aufgrund der
getroffenen Regelung die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der auf Klägerseite beigetretenen Streithelfer zu
tragen haben. Auch der Beklagte zu 2 haftet insoweit. Der Beitritt des Beklagten zu 2 zum Vergleich rechtfertigt
seine Beteiligung an der Kostenhaftung gegenüber den Streithelfern für die Berufungsinstanz. Denn der Beklagte zu
2 ist spätestens durch Beitritt zum Vergleich Gegner der von den Streithelfern unterstützten Hauptpartei geworden.
Der Senat ist insofern nicht an den Antrag der Streithelfer gebunden (§ 308 Abs. 2 ZPO). Ob und wie die beantragte
Kostenentscheidung zu treffen ist, ist von Amts wegen ohne Bindung an die Anträge der Beteiligten zu entscheiden.
§ 101 Abs. 1 ZPO bestimmt, dass die Kosten der Streithilfe dem Gegner der Hauptpartei des Streithelfers
aufzuerlegen sind, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen
hat. Nach dem Sinn der Regelung ist der Streithelfer hinsichtlich der ihm entstandenen Kosten so zu behandeln, wie
die von ihm unterstützte Hauptpartei. Haben die Parteien des Rechtsstreits einen Vergleich geschlossen, so ergibt
sich aus der Verweisung des § 101 Abs. 1 ZPO auf die Regelung des § 98 ZPO, dass für die Entscheidung über die
Kosten der Streithilfe grundsätzlich der Inhalt des Vergleichs maßgeblich ist. Dies gilt auch für den Fall, in dem wie
hier der Vergleich ohne Beteiligung der Streithelfer abgeschlossen worden ist (BGH NJW 1967, 983; OLG Celle,
Report, 2000, 60). Die Kosten der Streithilfe sind zwischen dem Streithelfer und dem Gegner der Hauptpartei in
demselben Verhältnis zu verteilen, wie die Kosten zwischen den Hauptparteien verteilt worden sind. Für eine
Entscheidung nach § 91 a ZPO, wie sie zum Teil gefordert wird, ist kein Raum, auch wenn sich der Vergleich der
Hauptparteien nicht über eine Kostenregelung für die Nebenintervention verhält (BGH NJW 1967, 983; OLG Bremen
MDR 1998, 1310, OLG Celle Report, 2000, 60 je m. w. N.).
Soweit durch die Nebenintervention keine zusätzlichen Gerichtskosten, sondern nur die außergerichtlichen Auslagen
des Nebenintervenienten entstanden sind, kommt es für die gemäß § 101, 98 ZPO zu treffende Kostenentscheidung
auch nur auf die Kostenregelung an, die die Prozessparteien untereinander wegen ihrer außergerichtlichen Auslagen
getroffen haben. Im vorliegenden Fall sollte jede Partei ihre außergerichtlichen Auslagen selbst tragen, wie es auf
der gesetzlichen Regelung im Falle einer Aufhebung der Kosten gegeneinander entspricht (§ 92 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
Nach der ganz herrschenden Ansicht in Rechtsprechung und Literatur (BGH NJW 1961, 460 f.; OLG Bremen MDR
1998, 1310 f.; OLG Celle, Report 2000, 60, 61; OLG Dresden NJWRR 1998, 285 f.; OLG Köln NJWRR 1985, 1215;
Baumbach/LauterbachHartmann, ZPO, 58. Aufl., § 101 Rn. 25; SteinJonasBork, ZPO, 21. Aufl., § 101 Rn. 7) ist
dieser Fall wie eine hälftige Teilung der außergerichtlichen Kosten der Prozessparteien zu behandeln und den
Streithelfern deshalb die Hälfte ihrer außergerichtlichen Kosten vom Gegner der unterstützten Partei zu erstatten.
Eine Kostenaufhebung ist ebenso wie eine hälftige Teilung zu behandeln. Trägt bei der Kostenaufhebung die Partei
ihre außergerichtlichen Kosten selbst, so trägt sie in diesem Umfang auch „Kosten des Rechtsstreits“ i. S. v. § 101
Abs. 1 ZPO. Denn die außergerichtlichen Kosten sind unzweifelhaft auch Kosten des Rechtsstreits. Dies hat zur
Folge, dass ihr in dieser Höhe auch die Kosten des Streithelfers ihres Prozessgegners aufzuerlegen sind. Auch bei
einer Aufhebung der Kosten gegeneinander trägt jede Prozesspartei grundsätzlich die Hälfte der gesamten
Prozesskosten. Dieser Grundsatz wird nicht dadurch infrage gestellt, dass dabei aus Vereinfachungsgründen eine
Festsetzung und Ausgleichung der den Prozessparteien entstandenen außergerichtlichen Auslagen nicht stattfindet
und dabei eine Ungleichgewichtigkeit dadurch auftreten kann, dass die außergerichtlichen Auslagen einer Partei
höher sein können als diejenigen der anderen Partei. Denn in der überwiegenden Zahl der Fälle sind die jeweils bei
einer Partei entstehenden außergerichtlichen Kosten annähernd gleich hoch. Die Kostenaufhebung stellt in dieser
Hinsicht lediglich eine vereinfachte Abrechnungsmodalität dar, weil die Verrechnung bei einer hälftigen Kostenteilung
in aller Regel nicht zu einer Erstattung bzw. allenfalls zu einer Erstattung minimaler Beträge führen würde. Materiell
gesehen steht sie jedoch der hälftigen Kostenteilung gleich. Ein über die bloß formal abweichende, rechtstechnische
Ausgestaltung hinausgehender Grund für eine nach § 101 Abs. 1 ZPO unterschiedliche Behandlung der
Kostenaufhebung und der hälftigen Kostenteilung ist insofern nicht ersichtlich (OLG Bremen MDR 1310 f.; OLG Celle
Report 2000, 60 f.; OLG Dresden, NJWRR 1998, 285 f.).
Demgegenüber vermag die Gegenansicht (OLG Karlsruhe NJWRR 1997, 401; OLG Nürnberg MDR 1995, 533), die im
Falle der Kostenaufhebung dem Streithelfer keinen Erstattungsanspruch zuerkennt, weil die Zuerkennung eines
derartigen Anspruchs den Streithelfer kostenmäßig besser stelle als die von ihm unterstützte Partei, nicht zu
überzeugen. Diese Ansicht entspricht weder dem Wortlaut noch dem dargelegten Zweck des § 101 Abs. 1 ZPO.
Bereits der Wortlaut dieser Vorschrift stellt nicht auf einen Erstattungsanspruch der unterstützten Hauptpartei ab,
sondern gewährt dem Streithelfer einen Erstattungsanspruch gegen den Gegner in dem Umfang, in dem dieser „die
Kosten des Rechtsstreits“ zu tragen hat, zu denen unzweifelhaft auch außergerichtliche Kosten gehören.