Urteil des OLG Celle vom 09.03.2009

OLG Celle: stufenklage, abweisung, meinung, gebühr, ausnahme, rücknahme, entstehung, pfändung, auflage, datum

Gericht:
OLG Celle, 06. Zivilsenat
Typ, AZ:
Beschluss, 6 W 28/09
Datum:
09.03.2009
Sachgebiet:
Normen:
GKG § 68 Abs 1, ZPO § 254, RVG § 2 Abs 2 Anlage 1 Nr 3104
Leitsatz:
Der Streitwert einer Stufenklage richtet sich für das Verfahren bei vollständiger Abweisung der
Stufenklage trotz Verhandlung lediglich zur Auskunftsstufe nach der höchsten Stufe (Leistungsstufe),
für die durch die mündliche Verhandlung entstandenen Gebühren (Terminsgebühren) jedoch nur nach
dem Wert der Auskunftsstufe.
Volltext:
6 W 28/09
4 O 307/08 Landgericht Hildesheim
B e s c h l u s s
In dem Rechtsstreit
1. G. R., K.g. in H.,
2. K. R., K.g. in H.,
Kläger und Beschwerdeführer,
Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt G., B.straße in H.,
gegen
H. M., Am K.g. in H.,
Beklagter,
Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt H. M., B.allee in H.,
hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die Beschwerde der Kläger vom 18. Februar 2009 gegen den
Beschluss des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim vom 13. Februar 2009 durch den
Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Piekenbrock, den Richter am Landgericht Heintzmann und den Richter
am Oberlandesgericht Becker am 9. März 2009 beschlossen:
Der angefochtene Beschluss wird teilweise geändert. Der Gebührenstreitwert wird, soweit er die durch die mündliche
Verhandlung entstandenen Gebühren betrifft, auf 5.703,92 EUR festgesetzt. Die weitergehende Beschwerde wird
zurückgewiesen.
Gründe:
Die nach § 68 Absatz 1 GKG zulässige Beschwerde ist nur teilweise begründet. Da mit dem Rechtsmittel allein das
Ziel verfolgt wird, den vom Landgericht festgesetzten Gebührenstreitwert zu reduzieren, ist die Beschwerde so
aufzufassen, dass der Prozessbevollmächtigte der Kläger sie allein in deren Namen eingelegt hat.
1. Das Landgericht hat den Gebührenstreitwert des Rechtsstreits, soweit er das Betreiben des Verfahrens betrifft, zu
Recht auf bis zu 25.000 EUR festgesetzt.
Bei der Stufenklage wird mit Erhebung der Klage nicht nur der geltend gemachte Auskunftsanspruch (1. Stufe),
sondern sogleich die Klage zu allen Stufen rechtshängig. Der Streitwert wird nicht geringer, wenn bereits mit der
Entscheidung zur Auskunftsstufe die weitergehende Klage abgewiesen wird (KG MDR 2008, 45. OLG Stuttgart - 8.
Zivilsenat - FamRZ 2008, 533. OLG Brandenburg FamRZ 2007, 71. OLG Köln AGS 2005, 451. OLG Nürnberg
FamRZ 2004, 962. OLG Celle FamRZ 1997, 99. Hartmann, Kostengesetze, 38. Auflage 2008, § 48 Anh. I (§ 3 ZPO)
Rz. 110 m.w.N.). Die Meinung, dass allein der Wert der Auskunftsstufe maßgeblich sei, da andernfalls die Regelung
des § 44 GKG keinen Sinn habe, wenn der Gegenstandswert stets nach dem des Leistungsantrags bemessen werde
(OLG Stuttgart – 17. Zivilsenat – FamRZ 1990, 652. OLG Stuttgart – 16. Zivilsenat – FamRZ 2005, 1765 [der
ausdrücklich keine Stellung zu dem Fall der vollständigen Abweisung der Klage bezieht]) folgt der Senat nicht. Mit
der herrschenden Meinung ist anzunehmen, dass ein rechtshängiger Anspruch nicht rückwirkend im Wert reduziert
werden kann, erst recht nicht, wenn über ihn bereits rechtskräftig entschieden worden ist. Aus § 44 GKG ist eine
Differenzierung für das Betreiben des Verfahrens, wie sie der 16. und 17. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart
annimmt, nicht zu entnehmen. Der Streitwert für das Betreiben des Verfahrens ist anhand der geäußerten Erwartung
der Partei bei Beginn der Instanz zu schätzen. Die Kläger wollten mit der Stufenklage ihre der Pfändung des
Pflichtteils und Pflichtteilsergänzungsanspruchs zugrunde liegende Forderung in Höhe von 22. 815.68 EUR
realisieren.
2. Für die durch die Verhandlung entstandenen Gebühren (Terminsgebühren) ist dagegen lediglich der geringere Wert
der Auskunftsstufe maßgeblich.
Die Parteien haben in der mündlichen Verhandlung lediglich über die erste Stufe verhandelt. Die vollständige
Abweisung der Stufenklage ist selbst dann für zulässig zu erachten, wenn in der mündlichen Verhandlung
ausdrücklich nur der Klagantrag zur 1. Stufe (Auskunft) gestellt worden ist (vgl. OLG Celle, NJWRR 1995, 1021 für
die Abweisung in der Berufungsinstanz). Auch in erster Instanz erscheint das Verlangen einer vorherigen
Antragstellung in der Zahlungsstufe eine prozessunökonomische Förmelei (vgl. BGHZ 94, 268. BGHZ 30, 213.
Zöller/Greger, ZPO, § 254 Rz. 14). Ein beachtlicher Verstoß gegen den Verhandlungsgrundsatz ist hierin nicht zu
sehen.
Die Terminsgebühr bemisst sich in einem Fall wie dem vorliegenden demnach allein nach dem Wert der
Auskunftsstufe. Bei der Ermittlung des maßgeblichen Streitwerts ist auf den Zeitpunkt der Entstehung der Gebühr
abzustellen. Durch eine spätere Entscheidung kann sich (mit Ausnahme der Spezialregelung zur Hilfsaufrechnung,
§ 45 Absatz 3 GKG) der maßgebliche Wert für eine bereits entstandene Gebühr nicht rückwirkend erhöhen. Eine
Verhandlung zur Leistungsstufe hat nicht stattgefunden. Entsprechend ist in Literatur und Rechtsprechung auch
anerkannt, dass bei einer Stufenklage nach Erledigung der Auskunftsstufe eine Rücknahme des Antrags zur
Leistungsstufe gemäß § 269 Absatz 1 ZPO auch ohne Zustimmung des Gegners möglich ist (Zöller/Greger, ZPO, §
269 Rz. 14, § 254 Rz. 15. MüKo/BeckerEberhard, ZPO, § 269 Rz. 26. OLG Naumburg, OLGR Naumburg 2000, 231
nach Juris Rz. 2). Den Wert der Auskunftsstufe schätzt der Senat ¼ der Erwartung in der Zahlungsstufe.
Piekenbrock Heintzmann Becker
Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Richter am Landgericht Richter am Oberlandesgericht