Urteil des OLG Celle vom 24.01.2000

OLG Celle: vertretung, willenserklärung, mahnung, hauptsache, ausschluss, vormund, abgabe, gefahr, prozess, ergänzung

Gericht:
OLG Celle, 22. Zivilsenat
Typ, AZ:
Beschluss, 22 W 1/00
Datum:
24.01.2000
Sachgebiet:
Normen:
BGB § 181, BGB § 1795 Abs 2, BGB § 1629
Leitsatz:
Die Formulierung in § 1629 BGB, dass „der Vater und die Mutter“ das Kind insoweit nicht vertreten
können, als ein Vormund es nicht könnte, hat die sachliche Bedeutung, dass der Ausschluss des
einen Elternteils von der Vertretung den des anderen bewirkt, soweit es nicht im Interesse des Kindes
liegt, dass der andere seine Vertretung allein übernimmt.
Volltext:
Oberlandesgericht Celle
Beschluss
22 W 1/00
12 O 183/97 LG Hannover
vom 24. Januar 2000
In dem Rechtsstreit
pp.
XXXXXXX
XXXXXX
gegen
XXXXX
XXXXX
hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 17. Dezember
1999 gegen den am 1. Dezember 1999 verkündeten Beschluss der 12. Zivilkammer des Landgerichts Hannover
durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ##### sowie die Richter am Oberlandesgericht ##### und
##### am 24. Januar 2000 beschlossen:
Der angefochtene Beschluss wird geändert. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens
Beschwerdewert: 8.500 DM
Gründe
Das Rechtsmittel ist begründet.
Auch die Kosten, die auf den in der Hauptsache von den Parteien für erledigt erklärten Teil des Rechtsstreits
entfallen, treffen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach und Streitstandes nach billigem Ermessen den Kläger
(§ 91 a Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dabei kommt es nicht darauf an, inwieweit im Zeitpunkt der Zahlung seitens der
Beklagten, auf welche hin die Parteien die Erledigung erklärt haben, der von dem Kläger verfolgte Anspruch auf
Ergänzung seines Pflichtteils nach seiner am 27. September 1994 verstorbenen Mutter ##### begründet war. Die
Beklagten haben nicht durch ihr Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben und den Anspruch des
Klägers im Umfang der Erledigungserklärungen durch Zahlung sofort anerkannt.
1. Zum einen sind die Beklagten für das Zuwarten des Klägers mit Einreichen der Klage bis zum letzten Tag der
Verjährung nicht verantwortlich; zum anderen war die vorprozessuale Aufforderung an die Mutter der Beklagten durch
den Kläger, seinen Anspruch gegen die Beklagten auszugleichen (unwidersprochener Vortrag Seite 4 der
Klagschrift), den Beklagten gegenüber unwirksam (§180 Satz 1 BGB). Die Mutter war in der Entgegennahme der
Mahnung, die als geschäftsähnliche Handlung einer Willenserklärung. gleichsteht, von der Vertretung der Beklagten
ausgeschlossen (§§ 181, 1795 Abs. 2, § 1629 Abs. 2 Satz 1 BGB). Da der Kläger als gleichfalls sorgeberechtigter
Vater der Beklagten zugleich auf Gläubiger und Schuldnerseite der angemahnten Forderung steht, konnte auch die
Mutter die Beklagten bei Entgegennahme der Mahnung nicht vertreten. Die Regelung, dass die Abgabe einer
Willenserklärung, die dem Kinde gegenüber abzugeben ist, nur einem Elternteil gegenüber genügt (§ 1629 Abs. 1
Satz 2 Hs. 2 BGB), ändert daran nichts. Die Formulierung, dass „der Vater und die Mutter“ das Kind insoweit nicht
vertreten können, als ein Vormund es nicht könnte, ist nicht nur sprachlich bedingt, sondern hat die sachliche
Bedeutung, dass der Ausschluss des einen Elternteils von der Vertretung den des anderen bewirkt (vgl.
Staudinger/PuschelGutzeit, BGB, 12. Aufl., § 1629 Rdnr. 316) jedenfalls soweit es nicht im Interesse des Kindes
liegt, dass der andere seine Vertretung allein übernimmt, wie hier. Denn die Mutter der Beklagten hätte deren
Belange möglicherweise weder gewahrt, wenn sie der Forderung des Klägers nachkam, noch, wenn sie dieses nicht
tat. Für den ersten Fall bestand die Gefahr, dass die Forderung nicht oder nicht in voller Höhe berechtigt war, für den
zweiten, dass sie es war und der folgende Prozess die Beklagten mit unnötigen Kosten belastete.
2. Das in der Zahlung liegende Anerkenntnis war ein sofortiges. Unerheblich ist, dass die Beklagten sich bereits
schriftsätzlich gegen die Klage gewehrt hatten, als sie zahlten. Da der Vorsitzende frühen ersten Termin zur
mündlichen Verhandlung bestimmt hatte, blieb den Beklagten die Möglichkeit, den Anspruch des Klägers sofort
anzuerkennen, bis sie zur Hauptsache streitig verhandelten (s. BaumbachHartmann, ZPO, 56. Aufl., § 93 Rdnr. 88).
Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 91 ZPO.
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