Urteil des OLG Brandenburg vom 21.09.2009

OLG Brandenburg: fahrzeug, widerklage, rückgabe, eigentum, verdacht, eigentümer, beschlagnahme, zwischenhändler, wiedergabe, käufer

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 7.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
7 U 158709
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 311 Abs 2 Nr 1 BGB, § 241 Abs
2 BGB, § 280 Abs 1 BGB
Schadensersatzanspruch wegen fehlender Aufklärung über die
Eigentumsverhältnisse beim Verkauf eines Pkw
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts
Potsdam vom 21. September 2009 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Der Kläger nimmt den Beklagten, der als Gebrauchtwagenhändler tätig ist, auf die
Leistung von Schadensersatz aus der fehlgeschlagenen Veräußerung eines gebrauchten
Kraftfahrzeugs des Typs Audi A6 in Anspruch.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 11.917,43 € nebst 5 % Zinsen über dem
jeweiligen Basiszinssatz ab 30.10.2008 und weitere monatliche Zinsen in Höhe von
30,14 € sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.150,49 € nebst 5 %
Zinsen über dem Basiszinssatz ab 31.1.2009 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Landgericht hat durch Urteil der Einzelrichterin vom 21.9.2009 unter Abweisung der
weitergehenden Klage den Beklagten zur Zahlung von 11.894,36 € nebst 5 % Zinsen
über dem Basiszinssatz aus 11.653,24 € ab 30.10.2008 sowie vorgerichtlicher
Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.150,49 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz
ab 1.2.2009 verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Beklagte dem Kläger
aus §§ 280 Abs. 1, 311 a Abs. 2, 437 Nr. 3 BGB zum Schadensersatz verpflichtet sei, weil
er - der Beklagte - nicht das Eigentum am streitgegenständlichen Fahrzeug erworben
habe und das Fahrzeug deshalb nicht dem Beklagten habe übereignen können; ein
fehlendes Verschulden des Beklagten könne nach § 311 a Abs. 2 Satz 2, 276 Abs. 1 Satz
1, Abs. 2 BGB nicht festgestellt werden. Der Beklagte habe dem Kläger den gezahlten
Kaufpreis in Höhe von 10.999 €, die dem Kläger für die Finanzierung des Erwerbs
entstandenen Kreditbearbeitungskosten in Höhe von 314,97 €, die in der Zeit bis
November 2008 entstandenen und gezahlten Zinsen in Höhe von 241,12 €, die vom
Kläger gezahlte Kraftfahrzeugsteuer in Höhe von 94,57 € und die von ihm entrichteten
Beiträge zur Kraftfahrzeugversicherung in Höhe von 244,32 € zu erstatten. Die geltend
gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten seien als notwendige
Rechtsverfolgungskosten ebenfalls zu ersetzen. Nicht erstattungsfähig seien hingegen
die geltend gemachten Stornogebühren in Höhe von 23,05 € und monatlichen Zinsen in
Höhe von 30,14 € für die Zeit ab Dezember 2008.
Das Urteil ist dem Beklagten am 7.10.2009 zugestellt worden. Der Beklagte hat am
7.10.2009 die Berufung eingelegt und diese am 6.11.2009 und 12.11.2009 begründet.
Der Beklagte beantragt,
unter Abänderung des am 21.9.2009 verkündeten Urteils des Landgerichts
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unter Abänderung des am 21.9.2009 verkündeten Urteils des Landgerichts
Potsdam
1. die Klage abzuweisen,
2. widerklagend,
den Kläger zu verurteilen, an ihn vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe
von 1.150,49 € nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 2.5.2008 zu
zahlen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise,
den Beklagten zu verurteilen, ihn von seinen Verpflichtungen aus dem
Darlehensvertrag mit der … AG vom 18.2.2008, Kontonummer: …/51, freizustellen.
Der Senat hat Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugen K… K…, T… S… und
V… R…. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der
mündlichen Verhandlung vom 17.11.2010 verwiesen.
Die Parteien haben durch nicht nachgelassene Schriftsätze vom 26.11.2010, 13.12.2010
und 20.12.2010 ergänzend vorgetragen.
Von der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1
ZPO abgesehen.
II.
Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
1.
Für die Klage kann dahinstehen, ob – wie vom Landgericht angenommen – der Beklagte
dem Kläger das Eigentum am streitgegenständlichen Kraftfahrzeug nicht hat
verschaffen können und deshalb der Gewährleistungshaftung aus §§ 437 Nr. 3, 280 Abs.
1 BGB unterliegt; insbesondere kommt es nicht darauf an, ob der Beklagte über die von
ihm in der mündlichen Verhandlung beim Landgericht dargestellten Maßnahmen hinaus
die Eigentumsverhältnisse am Fahrzeug aufzuklären gehalten gewesen ist. Denn der
Beklagte schuldet die Leistung von Schadensersatz in Höhe des Betrags seiner
Verurteilung durch das angefochtene Urteil bereits aus §§ 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 Abs. 2,
280 Abs. 1 BGB, da er den Kläger nicht gehörig darüber aufgeklärt hat, dass er – der
Beklagte – das Fahrzeug nicht von der in den Fahrzeugbrief eingetragenen
ursprünglichen Eigentümerin N…, sondern von dem Zwischenveräußerer P… erlangt hat.
a)
Der Anwendungsbereich des § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eröffnet, da - unstreitig - die
Parteien in Vertragsverhandlungen eingetreten sind, die schließlich zum Abschluss des
Kaufvertrags vom 18.2.2008 geführt haben. Die vom Kläger unter dem 14.4.2008 und
vom Beklagten im Schriftsatz vom 4.5.2010 erklärten Anfechtungen des Kaufvertrags
stehen der Anwendbarkeit des § 311 Abs. 2 BGB und der daraus folgenden Haftung des
Beklagten nicht entgegen, da die Möglichkeit und Durchführung der Anfechtung die
Schadensersatzpflicht aus vorvertraglichem Verschulden nicht ausschließt, sondern
neben jene tritt (BGH NJW 2006, 845, 847; NJW-RR 2002, 308, 309 f.; Palandt/Grüneberg,
BGB, 70. Aufl., § 311, Rn. 13).
b)
Der Beklagte hat seine vorvertraglichen Pflichten verletzt, indem er den Kläger nicht
gehörig über die Umstände des Erwerbs des Fahrzeugs aufgeklärt hat.
Bei der Durchführung von Vertragsverhandlungen ist jeder Vertragspartner verpflichtet,
den anderen Teil über solche Umstände aufzuklären, die den Vertragszweck vereiteln
können und daher für den anderen Teil von wesentlicher Bedeutung sind, wenn und
soweit der andere Teil die Mitteilung nach der Verkehrsauffassung erwarten kann (BGH
NJW 2010, 858; 2007, 3057, 3059; 2001, 2163, 2164). Ein solcher Umstand liegt bei der
Veräußerung eines gebrauchten Kraftfahrzeugs regelmäßig vor, wenn - wie hier mit dem
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Veräußerung eines gebrauchten Kraftfahrzeugs regelmäßig vor, wenn - wie hier mit dem
Erwerb von dem nicht im Fahrzeugbrief eingetragenen Zwischenveräußerer P…
geschehen - der Verkäufer das Fahrzeug zuvor von einem „fliegenden Zwischenhändler“
erworben hat, weshalb der Verkäufer dies ungefragt dem Käufer mitzuteilen hat; denn
ohne einen solchen Hinweis darf der Käufer davon ausgehen, dass der Veräußerer das
Fahrzeug von der als letztem Halter in den Fahrzeugbrief eingetragenen Person
erworben hat, wohingegen in Fällen des Erwerbs von einem „fliegenden
Zwischenhändler“ stets der Verdacht naheliegt, dass es zu Manipulationen am Fahrzeug
oder sonstigen Unregelmäßigkeiten gekommen ist (BGH NJW 2010, 858; OLG Bremen
NJW 2003, 3713 f.; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 10. Aufl., Rn. 1599). Diese Pflicht hat
der Beklagte verletzt, wobei, nachdem der Beklagte in der Berufung klargestellt und
damit den diesbezüglichen Vortrag des Klägers in der ersten Instanz zugestanden hat,
dass er das Fahrzeug nicht als Kommissionsware verkauft hat, dahinstehen kann, ob die
beschriebene Pflichtenstellung auch im Falle der Durchführung eines
Kommissionsgeschäfts besteht.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass entgegen seiner Behauptung
der Beklagte den Kläger am 18.2.2008 nicht in Kenntnis davon gesetzt hat, dass er - der
Beklagte - das streitgegenständliche Fahrzeug nicht von der im Fahrzeugbrief
eingetragenen ursprünglichen Eigentümerin N…, sondern vom Zwischenveräußerer P…
erhalten hat. Das folgt aus der überzeugenden Aussage der Zeugin K…. Die Zeugin hat
den Vortrag des Klägers, dass eine solche Aufklärung durch den Beklagten nicht erfolgt
sei, bestätigt. Nach ihrer Aussage ist am 18.2.2008 nicht darüber gesprochen worden,
wie der Beklagte an das Fahrzeug gelangt ist; zur Voreigentümerin N… habe der
Beklagte lediglich geäußert, dass es sich um eine ältere Dame handele, die das
Fahrzeug gepflegt habe. Der Senat hat keine Zweifel an der Richtigkeit dieser
Bekundungen. Die Zeugin K… hat den Gang der Geschehnisse am 18.2.2008 detailliert
und anschaulich dargestellt. Aus ihrer Aussage erschließt sich ein in jederlei Hinsicht
nachvollziehbares, ausgewogenes und lebensnahes Bild des Ablaufs des Besuchs des
Klägers im Betrieb des Beklagten und der dabei geführten Verhandlungen sowie der
Durchführung der vom Zeugen S… begleiteten Probefahrt. Dabei hat die Zeugin
zwischen der Wiedergabe eigener Wahrnehmungen und außerhalb ihrer
Wahrnehmungen liegenden Umständen zu trennen gewusst; so hat sie auf die Frage, ob
die Tür zwischen Büro und Werkstatt offen gestanden habe, geantwortet, dass sie das
nicht wisse, weil sie mit dem Rücken zu dieser Tür gesessen habe. Daraus, dass es sich
bei der Zeugin um die Ehefrau des Klägers handelt, kann nicht ihre Unglaubwürdigkeit
oder die fehlende Glaubhaftigkeit ihrer Aussage hergeleitet werden. Dasselbe gilt, soweit
die Zeugin auf die ihr im Rahmen ihrer ergänzenden Vernehmung gestellte Frage nach
sogenannten "Kerzenpartys" ersichtlich überrascht reagiert hat; diese offene Reaktion
auf das Thema der Befragung, mit dem sie nach der ihr mitgeteilten Beweisfrage aus
dem Beweisbeschluss vom 4.8.2010 nicht hat rechnen können und müssen, spricht
nicht gegen, sondern für ihre Ehrlichkeit.
Die Überzeugungskraft der Aussage der Zeugin K… wird durch die Bekundungen der
Zeugen S… und R… nicht beeinträchtigt. Denn deren Aussagen sind nicht glaubhaft,
soweit sie die Anwesenheit der Zeugin R… am 18.2.2008 und die Aufklärung des Klägers
über die Umstände des Fahrzeugerwerbs durch den Beklagten zum Gegenstand haben.
Der Zeuge S… hat die Behauptung des Beklagten über die Aufklärung des Klägers
bereits inhaltlich nicht zu bestätigen vermocht. Danach befragt, hat der Zeuge nur
allgemein und pauschal bekundet, dass das Serviceheft des Fahrzeugs, die Finanzierung
und die Besitzverhältnisse besprochen worden seien. Eine Offenlegung des Erwerbs des
Fahrzeugs vom Zwischenveräußerer P… durch den Beklagten lässt sich dem nicht
entnehmen. Soweit der Zeuge sodann ausgesagt hat, dass der Beklagte wohl später im
Zusammenhang mit dem Fehlen eines Fahrzeugschlüssels den Zwischenveräußerer P…
offenbart haben mag, handelt es sich ersichtlich um eine bloße Vermutung und nicht die
Wiedergabe einer eigenen Wahrnehmung des Zeugen; ungeachtet dessen stünde eine
solche Aufklärung nach Abschluss des Kaufvertrags über das Fahrzeug der Haftung des
Beklagten nicht entgegen.
Die Zeugin R… hat die Behauptung des Beklagten über die Aufklärung des Klägers über
die Umstände des Fahrzeugerwerbs durch ihn zwar inhaltlich bestätigt und dazu
bekundet, dass - entgegen der Aussage der Zeugin K… - auch sie selbst am 18.2.2008
anwesend gewesen sei. Ihre Aussage ist indes mit der Darstellung einer derartigen
Vielzahl von - für das Kerngeschehen häufig unmaßgeblichen - Einzelheiten befrachtet,
dass sie den Eindruck einer zur Begünstigung des Beklagten entworfenen und
zurechtgelegten Schilderung vermittelt. Darauf deutet auch hin, dass die Zeugin die ihr
gestellten Fragen nicht nur stets sofort hat beantworten können, sondern dabei häufig
und insoweit ungefragt weiteres Randgeschehen zur Erklärung und Erläuterung ihrer
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und insoweit ungefragt weiteres Randgeschehen zur Erklärung und Erläuterung ihrer
jeweiligen Antworten dargestellt hat. Im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit der Zeugin und
die Glaubhaftigkeit ihrer Aussage kann schließlich nicht unberücksichtigt bleiben, dass
die Zeugin als Zuschauerin den vorangegangenen mündlichen Verhandlungen in der
Berufung und damit den Erörterungen des Senats und der Parteien zur Sach- und
Rechtslage beigewohnt hat.
Etwas anderes folgt nicht daraus, dass auch nach den Bekundungen des Zeugen S… die
Zeugin R… seinerzeit anwesend gewesen ist. Denn auch dieser Aussage kann nicht
geglaubt werden. Im Rahmen seiner allgemeinen Bekundungen zur Sache zu Beginn
seiner Aussage, die sich häufig im vagen verlieren, hat der Zeuge eine Anwesenheit der
Zeugin R… nicht erwähnt. Erst auf Nachfrage des Prozessbevollmächtigten des
Beklagten hat er sodann ausgesagt, dass die Zeugin ebenfalls zugegen gewesen sei.
Auf die Nachfrage des Senats, ob er eine konkrete Erinnerung daran habe, hat der
Zeuge lediglich ausweichend wiederholt, dass die Zeugin anwesend gewesen sei und
Gespräche geführt worden seien. Dieses Aussageverhalten legt den Verdacht nahe,
dass es sich es sich auch hier um eine zugunsten des Beklagten abgesprochene
Aussage handelt.
Die Vereidigung der Zeugen ist entgegen den dazu gestellten Anträgen nach § 391 ZPO
nicht angezeigt gewesen, da sie weder im Hinblick auf die Bedeutung der Aussagen noch
zur Herbeiführung wahrheitsgemäßer Aussagen geboten ist.
c)
Der Beklagte hat die so geschehene Pflichtverletzung zu vertreten. Es lässt sich dem
Vortrag der Parteien nichts dafür entnehmen, dass er an der Erfüllung der ihn treffenden
Aufklärungspflicht gehindert gewesen ist. Das geht zu seinen Lasten, da er nach § 280
Abs. 1 Satz 2 BGB darlegen und erforderlichenfalls beweisen muss, dass die
Pflichtverletzung unverschuldet geschehen ist (vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 280, Rn.
40, m.w.N.).
d)
Der Kläger hat einen nach § 249 BGB zu erstattenden Schaden in Höhe des vom
Landgericht zugesprochenen Teils der Klageforderung erlitten. Die im angefochtenen
Urteil, auf das insoweit Bezug genommen wird, dazu angeführten Aufwendungen des
Klägers sind ihm zu erstatten, da sie mit der Rückgabe des Fahrzeugs an die
ursprüngliche Eigentümerin N… nutzlos geworden sind und folglich einen Schaden des
Klägers darstellen; dabei ist dem Landgericht auch darin beizutreten, dass die
aufgewendeten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten als Kosten einer
zweckentsprechenden Rechtsverfolgung gleichfalls ersatzfähig sind.
Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagte die Bedienung des aufgenommenen
Darlehens durch den Kläger bestreitet. Dabei kann dahinstehen, ob dieses in der
Berufung neue Vorbringen des Beklagten nach §§ 529, 531 ZPO berücksichtigt werden
kann. Denn dem Kläger steht nach § 250 BGB ein Zahlungsanspruch auch dann zu,
wenn er das Darlehen nicht bedient hat, nachdem er durch das anwaltliche Schreiben
vom 14.4.2008 den Beklagten unter Fristsetzung zur Zahlung an die kreditierende Bank
aufgefordert hat. Dass das Schreiben eine Ablehnungserklärung nach § 250 Satz 1 BGB
nicht enthält, ist - jetzt - unschädlich, da der Beklagte jedenfalls durch seine
Rechtsverteidigung im Prozess unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hat, dass er
eine jede Leistung von Schadensersatz ernsthaft und endgültig verweigert (vgl. BGH NJW
2004, 1868 f.; 1999, 1542, 1544; 1992, 2221, 2222; NJW-RR 1996, 700;
Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 250, Rn. 2).
e)
Der dem Kläger entstandene Schaden beruht auf der in der unterlassenen Aufklärung
über die Umstände des Erwerbs des Fahrzeugs liegenden Pflichtverletzung des
Beklagten.
aa)
Es muss davon ausgegangen werden, dass die unterbliebene Aufklärung zum Abschluss
des Vertrags vom 18.2.2008 und damit zur Schädigung des Klägers geführt hat. Auch
dazu hat sich der Beklagte zu entlasten; denn es ist regelmäßig zu vermuten, dass der
Geschädigte sich „aufklärungsrichtig“ verhalten hätte, weshalb derjenige, der
vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt hat, darlegen und
erforderlichenfalls beweisen muss, dass der Geschädigte den Hinweis im Falle seiner
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erforderlichenfalls beweisen muss, dass der Geschädigte den Hinweis im Falle seiner
Erteilung unbeachtet gelassen und gleichwohl den Vertrag wie geschehen geschlossen
hätte (BGH NJW 2010, 858, 859; 2007, 3057, 3060; 2001, 2163, 2165; 1998, 302, 303;
Palandt/ Heinrichs, a.a.O., § 280, Rn. 39). Dem Vorbringen des Beklagten lässt sich -
ebenso wie dem Vortrag des Klägers - indes nichts dafür entnehmen, dass der Kläger
den Vertrag vom 18.2.2008 auch dann geschlossen hätte, wenn er über die Erlangung
des Fahrzeugs vom Zwischenveräußerer P… aufgeklärt worden wäre.
bb)
Der Kausalität der Pflichtverletzung des Beklagten für den Schaden des Klägers steht die
Rückgabe des Fahrzeugs an die ursprüngliche Eigentümerin N… nicht entgegen. Soweit
diese – was hier letztlich dahinstehen kann – auf einem eigenen Willensentschluss des
Klägers beruht haben mag, ist dieser unschädlich. Denn eine Ersatzpflicht des
Schädigers besteht auch dann, wenn für ein schadenverursachendes oder -vertiefendes
Verhalten des Geschädigten nach dem haftungsbegründenden Ereignis ein
rechtfertigender Anlass bestand oder es durch das haftungsbegründende Ereignis
herausgefordert wurde und eine nicht ungewöhnliche oder unangemessene Reaktion auf
dieses Ereignis darstellt (BGH NJW, 2001, 512, 513; 1993, 1587, 1589; 1988, 1143, 1145;
Palandt/Heinrichs, a.a.O., Rn. 41 vor § 249). Das ist hier der Fall. Denn das durch die
unterbliebene Aufklärung über den Erwerb des Fahrzeugs vom Zwischenveräußerer P…
dem Kläger verheimlichte Risiko von Unregelmäßigkeiten hat sich in der – unstreitigen –
Beschlagnahme des Fahrzeugs am 9.4.2008 wegen des Verdachts seiner
Unterschlagung realisiert, weshalb die sodann erfolgte Rückgabe des Fahrzeugs die
Folge der fehlenden Aufklärung und eine angemessene und nicht ungewöhnliche
Reaktion des Klägers darauf darstellt.
f)
Ein Mitverschulden des Klägers nach § 254 Abs. 1 BGB kann - auch und insbesondere im
Hinblick auf die Rückgabe des Fahrzeugs an die ursprüngliche Eigentümerin N… - nicht
festgestellt werden. Auch dabei bedarf es keiner abschließenden Entscheidung darüber,
ob der Beklagte Eigentümer des Fahrzeugs gewesen ist und dem Kläger das Eigentum
hat verschaffen können. Denn es kann dem Vortrag der Parteien nichts dafür
entnommen werden, dass der Kläger, sollte er Eigentümer des Fahrzeugs geworden
sein, hätte erkennen können und müssen, dass er trotz der Beschlagnahme des
Fahrzeugs zu dessen Herausgabe nicht verpflichtet gewesen ist. Das geht zulasten des
Beklagten, da er als Schädiger die Darlegungs- und Beweislast für ein mitwirkendes
Verschuldens des Klägers nach § 254 Abs. 1 BGB trägt (vgl. BGH NJW 2007, 1063; 1994,
3102, 3105; Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 254, Rn. 72).
g)
Die Zinsansprüche des Klägers bestehen aus §§ 288 Abs. 1, 286, 291 BGB.
2.
Die Widerklage ist zulässig, aber unbegründet.
a)
Der Zulässigkeit der Widerklage steht nicht entgegen, dass sie erst in der Berufung
erhoben worden ist.
aa)
Es kann dahinstehen, ob die Widerklage innerhalb der zweimonatigen
Berufungsbegründungsfrist nach § 520 Abs. 2 ZPO hat erhoben werden müssen. Denn
die Frist ist gewahrt worden, nachdem das Urteil des Landgerichts dem Beklagten am
7.10.2009 zugestellt worden und die Widerklageschrift am 12.11.2009 beim
Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangen ist.
bb)
Den Erfordernissen des § 533 ZPO ist genügt. Die Widerklage ist als sachdienlich zu
erachten, da sie einen weiteren Rechtsstreit der Parteien über eine Nebenforderung im
Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Veräußerungsgeschäft verhindert. Sie
ist mit den Umständen und Folgen des Vertragsschlusses am 18.2.2008 auch auf
Tatsachen gestützt, die ohnehin nach §§ 529, 531 ZPO zu berücksichtigen sind.
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Die Widerklage bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg, da ein Schadensersatzanspruch
des Beklagten gegen den Kläger aus § 280 Abs. 1 BGB nicht besteht. Der Kläger hat
nämlich nicht zu Unrecht, sondern zu Recht den Beklagten in Anspruch genommen, wie
aus den vorstehenden Ausführungen über die Begründetheit der Klage, auf die zur
Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, folgt; demzufolge stellen die
mit der Widerklage geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nicht nach
§ 249 BGB erstattungsfähige Kosten einer zweckentsprechenden Rechtsverteidigung
dar.
3.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach §§ 708 Nr. 10, 713
ZPO.
Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, da weder die Rechtssache
grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543
Abs. 2 ZPO.
Der Inhalt der Schriftsätze vom 26.11.2010, 13.12.2010 und 20.12.2010 gebietet nicht
die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.
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