Urteil des OLG Brandenburg vom 02.04.2017

OLG Brandenburg: unterhaltsrente, hauptsache, bedingung, rechtskraft, link, quelle, sammlung, familienrecht, zustellung, handbuch

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 2.
Senat für
Familiensachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
10 WF 83/06
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 6 GKG, § 42 GKG, § 63 Abs 3 S
1 GKG
Fälligkeit der Gerichtsgebühren bei Einreichung einer durch die
PKH-Bewilligung bedingten Klage und Änderung des Streitwerts
im Beschwerdeverfahren
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.
Der Streitwert wird für das Hauptverfahren anderweitig auf 6.020 Euro und für
das Verfahren über die einstweilige Anordnung anderweitig auf 3.010 Euro festgesetzt.
Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die Beschwerde ist zulässig. Da die Prozessbevollmächtigten des Beklagten die
Beschwerde damit begründen, der Wert sei zu niedrig festgesetzt worden, ist davon
auszugehen, dass sie die Beschwerde nur im eigenen Namen, nicht auch in demjenigen
der Partei eingelegt haben (vgl. Senat, JurBüro 1998, 421; Hartmann, Kostengesetze,
36. Aufl., § 32 RVG, Rz. 14). Das Beschwerderecht folgt aus § 32 Abs. 2 RVG i. V. m. § 68
GKG (vgl. Hartmann, a.a.O., § 32 RVG, Rz. 22).
Die Beschwerde ist begründet. Der Streitwert ist für das Hauptsacheverfahren
anderweitig auf 6.020 Euro, für das Verfahren über die einstweilige Anordnung
anderweitig auf 3.010 Euro festzusetzen.
Das Amtsgericht hat der Wertbemessung offensichtlich eine monatliche Unterhaltsrente
von 277 Euro zu Grunde gelegt. Dies ist zu Unrecht geschehen, da die Klägerin mit der
Klageschrift monatlichen Trennungsunterhalt von 430 Euro begehrt hat. Allerdings ist ihr
durch Beschluss des Amtsgerichts vom 27.1.2005 Prozesskostenhilfe nur "im Umfang
von 277 Euro monatlichen Trennungsunterhalt" bewilligt worden. Das ändert jedoch
nichts daran, dass die Klage in vollem Umfang, also mit einem geforderten
Unterhaltsbetrag von monatlich 430 Euro, rechtshängig geworden ist. Dabei kommt es,
worauf die Beschwerdeführer zu Recht hinweisen, nicht darauf an, dass der am
15.2.2005 bei gleichzeitiger Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens gemäß § 276
ZPO erfolgten Zustellung der Klageschrift nicht zu entnehmen ist, dass die Klage nur im
Umfang der bewilligten Prozesskostenhilfe als zugestellt gelten soll. Denn selbst wenn
eine solche Einschränkung ausdrücklich erklärt worden wäre (vgl. hierzu
Verfahrenshandbuch Familiensachen - FamVerf -/Schael, § 1, Rz. 324), änderte dies
nichts daran, dass die Gebühren nach dem vollen Wert, also auf der Grundlage einer
monatlichen Unterhaltsrente von 430 Euro, angefallen wären.
Die Gerichtsgebühren, derentwegen der Streitwert gemäß § 63 GKG vorrangig
festgesetzt wird, der gemäß § 32 Abs. 1 GKG grundsätzlich auch für die
Rechtsanwaltsgebühren maßgeblich ist, werden gemäß § 6 Abs. 1 GKG mit der
Einreichung der Klageschrift fällig. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Klage mit
einem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe verbunden wird. Anders liegt es
nur, wenn klargestellt wird, dass eine Klageerhebung noch nicht beabsichtigt sei bzw. der
Klageantrag nur unter der Bedingung gestellt werden soll, dass Prozesskostenhilfe
bewilligt wird (BGH, FamRZ 1996, 1142; FamRZ 2005, 794). Die Klarstellung kann
dadurch erfolgen, dass dem Schriftsatz, mit dem Prozesskostenhilfe beantragt wird, eine
als Entwurf bezeichnete Klageschrift beigefügt ist, die möglichst nicht unterzeichnet ist,
oder, wenn beide Anträge in demselben Schriftsatz gestellt werden, die Erklärung, dass
über das Prozesskostenhilfegesuch vorab entschieden werden soll bzw. dass die
Klageschrift dem Gegner erst nach der Bewilligung von Prozesskostenhilfe zugestellt
werden soll bzw. dass Bedingung oder Voraussetzung für die Klageerhebung die
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werden soll bzw. dass Bedingung oder Voraussetzung für die Klageerhebung die
Bewilligung von Prozesskostenhilfe sei (vgl. Verfahrenshandbuch Familiensachen -
FamVerf -/Gutjahr, § 1, Rz. 147 m. w. N.). Vorliegend ist eine solche Klarstellung nicht
erfolgt. Mit zwei gesonderten Schriftsätzen vom 14.10.2004 hat die Klägerin einerseits
den Klageantrag gestellt und begründet und andererseits um Prozesskostenhilfe für die
Klage nachgesucht. Eine Erklärung dahin, dass eine Klageerhebung noch nicht
beabsichtigt sei, lässt sich keinem der beiden Schriftsätze entnehmen.
Nach alledem ist der Streitwert auf der Grundlage einer geforderten monatlichen
Unterhaltsrente von 430 Euro zu bemessen. Im Hinblick darauf, dass zwei Monate
rückständiger Unterhalt im Sinne von § 42 Abs. 5 GKG, nämlich für die Monate
September und Oktober 2004, neben dem laufenden Unterhalt im Sinne von § 42 Abs. 1
GKG ab November 2004 zu berücksichtigen sind, weil der Monat der Klageerhebung, hier
Oktober 2004, zum rückständigen Unterhalt zählt (vgl. FamVerf/Gutjahr, § 1, Rz. 619),
beträgt der Streitwert für das Hauptsacheverfahren 6.020 Euro (= 14 Monate x 430
Euro).
Entsprechend abzuändern ist auch der Wert für das einstweilige Anordnungsverfahren.
Dabei ist gemäß § 53 Abs. 2 Satz 1 GKG vom sechsmonatigen Bezug auszugehen. Auch
hier erhöht, obwohl es sich insoweit um einen unzulässigen Antrag handelt, geltend
gemachter rückständiger Unterhalt den Wert (Handbuch des Fachanwalts Familienrecht
- FA-FamR/Keske, 5. Aufl., 17. Kap., Rz. 62; FamVerf/Gutjahr, § 1, Rz. 621). Die Klägerin
hat im Wege der einstweiligen Anordnung Trennungsunterhalt ab November 2004
verlangt, wobei dieser Antrag im November 2004 beim Amtsgericht eingegangen ist.
Damit liegt ein Monat rückständiger Unterhalt vor. Der Wert für das einstweilige
Anordnungsverfahren beträgt demnach 3.010 Euro (= 7 Monate x 430 Euro).
Der Abänderung des Streitwerts für das Verfahren über die einstweilige Anordnung steht
nicht der Umstand entgegen, dass das Amtsgericht seinen ursprünglichen Beschluss
vom 20.7.2005 nur hinsichtlich des Wertes für das Hauptsacheverfahren abgeändert und
die Prozessbevollmächtigten des Beklagten nur gegen den letztgenannten Beschluss
Beschwerde eingelegt haben. Denn der Streitwert muss von Amts wegen stets richtig
festgesetzt werden (vgl. Senat, JurBüro 1998, 418; Hartmann, a.a.O., § 68 GKG, Rz. 19).
Das Beschwerdegericht kann gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG, wenn das Verfahren
insbesondere wegen der Entscheidung über den Streitwert in der Rechtsmittelinstanz
schwebt, den Wert entsprechend von Amts wegen ändern. Es gilt lediglich gemäß § 63
Abs. 3 Satz 2 GKG eine Zeitschranke dahin, dass die Änderung nur innerhalb von sechs
Monaten zulässig ist, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt
oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat. Vorliegend ist über den Klageantrag
nicht durch Urteil entscheiden worden. Vielmehr hat die Klägerin mit Schriftsatz vom
2.6.2005 Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache erklärt. Eine Äußerung des
Beklagten hierzu liegt erst mit dem Schriftsatz vom 9.12.2005, mit dem auch die
vorliegende Beschwerde eingelegt worden ist, vor. Selbst wenn man mit diesem
Schriftsatz übereinstimmende Erklärungen dahin, dass der Rechtsstreit in der
Hauptsache erledigt sei, annehmen wollte, wäre eine anderweitige Erledigung des
Verfahrens im Sinne von § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG frühestens mit Eingang jenes
Schriftsatzes am 12.12.2005 eingetreten (vgl. hierzu auch Hartmann, a.a.O., § 63, Rz.
55), sodass die Sechsmonatsfrist noch nicht verstrichen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 68 Abs. 3 GKG (vgl. auch Hartmann, a.a.O., § 32,
Rz. 23).
Die Eingaben bzw. Anträge unter I. und II. des Schriftsatzes vom 9.12.2005, mit dem
zugleich die vorliegende Streitwertbeschwerde eingelegt worden ist, richten sich an das
Amtsgericht, das hierüber nun befinden wird.
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